Die Heinsbergstudie wurde stark kritisiert.
Jain.
Christian Drosten und andere haben einige mögliche methodische Mängel genannt. Das ist sehr üblich in den Wissenschaften, wenn vorläufige Ergebnisse genannt werden.
Normalerweise läuft das so, dass auf Fachkonferenzen die Wissenschaftler einige ihrer mehr oder weniger vorläufigen Ergebnisse zeigen. Und auf diesen Konferenzen fragen dann andere Wissenschaftler kritische Fragen - eben u.a. zur Methodik. Das kann schonmal eine Art erster Peer Review sein, bevor Ergebnisse zu einem Journal zur Veröffentlichung eingereicht werden (und dabei auch einem Peer Review unterzogen werden).
Nun hat Streeck seine vorläufigen Ergebnisse schon der breiten Öffentlichkeit in einer Pressekonferenz mitgeteilt. Da ist es nur richtig und wichtig, dass andere Wissenschaftler diese Fragen auch öffentlich stellen, zumal die Ergebnisse ja auch stark als Grundlage für politische Entscheidungen gehypt wurden.
Christian Drosten stellte auch klar, dass seine Anmerkugen KEIN Verriss sein sollen, sondern eben Teil des wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses. Und auch letzte Woche hat er in seinem Podcast verkündet, dass er davon ausgeht, dass die Studien von Streeck solide gemacht ist und einen guten Platz in einem Journal mit hohem Impactfactor verdient, und dass er sich auf die Veröffentlichung freue. Dass Streeck auf die Fragen etwas verschnupft reagiert hat, ist dabei auch durchaus normal - auch das passiert sonst fern der Öffentlichkeit auf den Fachtagungen. D.h. der große Expertenstreit, den einige Medien daraus reingedeutelt haben, findet nicht wirklich statt. Streeck und Drosten sind vielleicht nicht beste Freunde, aber Feinde sind sie sicher auch nicht.
Kommen wir dazu, was die Studie aussagt. Sie wurde ja von einigen als "Anlass zur Lockerung der maßnahmen" o.ä. gefeiert. Und DAS ist sie definitiv nicht.
Streeck auch selbst betont, dass sich die Ergebnisse für ein Covid19-Hotspot nicht auf ganz Deutschland so ohne weiteres übertragen lassen. D.h. wir können daraus nur eine Obergrenze der bestehenden Immunität für Deutschland ableiten.
Und die Sterblichkeit... tja, vor der Studie war die Angabe: "Irgendwo zwischen 0,1% und 1,5%" - ich glaube von der John Hopkins Universität. Die 0,37%, die Streeck gefunden hat, liegen voll in diesem bereicht - bestätigen das also. Der springende Punkt an Covid19 ist allerdings nicht, wie hoch die Sterblichkeitsrate tatsächlich genau ist, auch nicht, wieviele Menschen nun woran genau sterben, sondern wie viele Menschen in wie kurzer Zeit (schwer) krank werden bzw. ohne Eindämmungsmaßnahmen würden. Das hängt u.a. von der schon oft erwähnten Reproduktionsrate ab. Und darüber geben die Zahlen von Streeck keinerlei Entwarnung. Nach wie vor gilt: Wenn zu viele Menschen innerhalb zu kurzer Zeit (schwer) krank werden, gibt es ernste Probleme, die auch die Sterblichkeit in die Höhe schnellen lassen.