Siehst du das heute noch genauso? Immerhin haben allein hier im Forum über 70% für den Brexit gestimmt.
Gute Frage... Ich sehe es etwas differenzierter, also manches sehe ich noch so und manches doch auch anders.
Was ich eher prinzipiell sagte war ja, dass ich daran glaube das es zuerst Eskalation braucht damit sich eingefahrene Strukturen ändern. Das glaube ich nach wie vor. Was ich damit meine, etwas konkreter: Sehr viele Menschen, vielleicht die Mehrheit in den westlichen Ländern, haben das Vertrauen in jene verloren die uns "leiten", die die lautesten Stimmen haben. Nicht nur betreffend Politiker sondern auch betreffend der Medien. Es ist sogar mehr als nur Vertrauensverlust, es ist eher zwischen Frustration bis Wut. Der Brexit, die Wahl von Trump, die Tendenz zur extremeren Wahl insgesamt (also hier z.B. AfD) sind m.A.n. alles nicht so sehr Ausdruck des "Dafür-seins" sondern eher des Dagegen-Seins. Viele wollen dem Establishment zeigen wo der Hammer hängt und wählen daher das wovon sie annehmen das es "denen da oben" Schmerzen verursacht.
Das Problem dabei ist: Die grundlegende Wut ist m.A.n. verständlich. Aber die Reaktion, noch größere Lügner und noch korruptere Leute zu wählen ist tragisch, denn das ist was passiert. Viele Menschen glauben jenen, von denen sie sich belogen fühlen und zum Teil ja auch tatsächlich belogen wurden, gar nichts mehr. Und dann glauben die auf einmal Demagogen die noch extremer sind.
Gleichzeitig ist das nicht nur negativ, denn es ist eine extreme Nachricht die ankommt. Es braucht ein "neues Establishment". Meine Hoffnung ist, dass jene die jetzt jung sind ihre Ideale nicht verlieren.
Was ich mittlerweile anders sehe als 2016: Ich war extrem EU-kritisch und der Ansicht, dass eine gute Partnerschaft zwischen national vollkommen eigenständigen Staaten besser wäre als ein Staaten-Verbund. Das sehe ich mittlerweile anders, denn man sieht in vielen Krisen dass die EU könnte was National-Staaten nicht können. Anders gesagt: Deutschland alleine hat international kaum Einfluss. Die EU wiederum könnte viel mehr Einfluss haben.
Was ich in dem Kontext aber immer noch genauso sehe: Ich halte den Euro für eine sehr schlechte Währung und m.A.n. ist das Ding die Soll-Bruch-Stelle. Es kann eigentlich nicht anders sein, als das es wieder zu extremen Problemen kommt, extremer als die letzte Finanzkrise die nie wirklich überwunden wurde.