Was mich am meisten an diesem Gerede über "Jugend" und "Alte" stört ist die Implikation, die Jungen wüssten was Sache ist und die Alten seien einfach nur dumme Nostalgiker. Keine Ahnung wozu ich mit meinen 36 Jahren zählen würde, wobei das ja eher nicht "alt" ist, aber meine Erfahrung ist das ich mit den Jahren eher mehr Durchblick bekomme als ich mit z.B. 20 oder 25 hatte. Man wird ja nicht dümmer sofern man sich grundlegend für solche Dinge interessiert.
Oder anders gesagt: Ich würde zwar nie behaupten die "Älteren" wüssten was gut für die Gesellschaft ist. Aber die Jugend weiß das nicht besser. Sehr oft ist deren Verständnis sehr oberflächlich und einfach nur übernommen und etwas das ich als "pseudo" bezeichne. Damit meine ich simple Schlussfolgerungen die mehr intellektuelle Mode sind als wirklich durchdacht. Es gilt ja z.B. als nationalistisch (und das ist eine Art Stigma) Souveränität zu fordern. Das die Alternative aber ist, Souveränität immer weiter auszulagern und welche Konsequenzen das hat, das wird dabei nicht bedacht. EU und Gemeinschaft und Friedensprojekt und "fit für die globalisierte Welt" etc. sind oberflächliche Überschriften die genau so an Propaganda grenzen wie die Angstkampagnen der tatsächlich rechten Seite. Und mit dieser Art der Politik fängt man natürlich v.a. junge Menschen die auch tatsächlich in der Mehrzahl tolerant und weltoffen und optimistisch sind und auf gar keinen Fall als rechts und nationalistisch und rückwärtsgewandt und verstaubt wirken wollen.
Es ist ein hinterlistiges Spiel mit der Naivität aller Menschen um Interessen durchzusetzen die auf den ersten Blick allen zugute kommen sollen, in Wirklichkeit aber eine viel zu hohe Anzahl als totale Verlierer zurücklässt, deren Frustration und verzweifelte Reaktionen wieder gegen sie verwandt werden. Denn wenn man die Formel bis aufs Wesentlichste bringt, führt das in Zirkelschlüsse. Jene, die gegen das Establishment stimmen sind tendenziell alles was ein aufgeklärter Mensch eigentlich nicht sein möchte (z.B. rechts etc. - Stigma) und sie sind es weil sie Verlierer sind (Stigma).
Und DAS sehe ich als das eigentliche Problem. Die ständigen moralisierenden Wertungen die total überdecken, dass es unterm Strich immer und überall um ganz natürliche Interessen-Konflikte geht. Würde das einfach nur nüchtern durchdacht, dann gäbe es Möglichkeiten Kompromisse zu finden die dann tatsächlich für nahezu alle eher gut als schlecht wären und mehr kann man im Grunde auch nicht erwarten. Aber da mittlerweile alles immer mehr zu Gesinnungsfragen aufgeblasen wird womit ja eine umfassende Beurteilung in "gut" oder "schlecht" stattfindet, also Menschen moralisch kategorisiert werden, spaltet das natürlich die Gesellschaften.