Ja, wenn ich so überlege ... doch, es ist eine ganz tolle Sendung, was die da machen.
Da wird den Leuten so einiges klar.
Vor allem den Flüchtlingen, die da live miterleben können, wie die Westler sowas sehen. Was die westliche Welt als tolle Unterhaltung sieht. Das da ein paar Figuren kommen, und mal Flüchtling sein wollen ... so ein bisserl auf Zeit natürlich. Doch nicht im Ernst.
Das man solche Erfahrungen nicht simulieren kann ist klar, schon gar nicht mit einem Kamerateam an der Seite. Das ist sicher keine Stärke des Formats, aber es ist auch keine Schwäche, weil es nicht das ist was beeindruckt. Beeindruckend sind v.a. die Gespräche mit Flüchtlingen. Daraus wird schon verdammt viel klar. Nicht nur über deren Situation sondern auch aus welchen Situationen heraus sie überhaupt zu Flüchtlingen wurden. Und es ist eine Stärke der Sendung, dass diese Gespräche nicht von Journalisten geführt werden, sondern von ziemlich normalen Menschen. Denn die Kandidaten sind ja nicht Dschungel-B-Promis die nur dummes Zeug labern. Die sind durchaus interessant zusammengewürfelt und zum Teil ja sehr normale Persönlichkeiten, wie etwa die türktische Streetworkerin oder der Ex-NPDler (dem im Übrigen selbst einiges klar wird).
Das zu sehen, klärt die richtigen Flüchtlinge sicherlich darüber auf, wie sie von der westlichen Welt wahrgenommen werden - nicht wirklich wichtig, aber gut als Hintergrund für so eine "Reality-Show", wo die Teilnehmer jederzeit abbrechen können - nur der Hintergrund, der muß dort bleiben wo er ist. Ist ja nur ein Hintergrund.
Auch das ist Blödsinn. Die Flüchtlinge sind nicht einfach die Kulisse für eine Art Pseudo-Survival-Sendung. Wie gesagt: Deren Schicksal wird verdammt authentisch und mit Respekt gezeigt. Und auch noch deutlich dichter als bei normalen Dokumentationen, die immer eine Art Distanz zum Geschehen haben. Gerade das Aufheben der Distanz, dass es eben nicht wirkt wie die Tagesschau, ist hier eine Stärke und keine Schwäche.
Die empfinden das sicherlich auch als besonders befriedigend, da so Hintergrund spielen zu dürfen.
Dann sind sie wenigstens mal für was gut, dienen zur Unterhaltung - ansonsten interessiert sich die westliche Welt ja eh nur für sie, wenn sie es geschafft haben, zu überleben und bei uns anzukommen ... dann sind sie nämlich lästig.
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Du projezierst hier extrem viel und hast ja bisher offenbar die Sendung nicht mal angesehen, stimmts? Mein Eindruck ist, dass die Flüchtlinge sich eher darüber freuen dass sich überhaupt jemand für ihr Schicksal interessiert. Vielleicht denken sie auch mal "Die müssen ja bescheuert sein ne Nacht in einem Flüchtlingsunterkunft zu verbringen". Aber das ist doch kein Schaden.
Du liest irgendwelche Artikel die mal mehr und mal weniger gut darstellen worum es geht und zauberst noch ein bisschen Pseudo-Moral dazu. Im Grunde ist das genau das Prinzip, dass Du kritisierst: Aus sicherer Entfernung den Zeigefinger erheben ohne Dir wirklich selbst ein Bild zu machen.
Mein Vorschlag wäre, dass Du Dir die Sendung zuerst mal anschaust und Dir dann u.a. folgende Fragen stellst:
Welcher Eindruck entsteht bei Dir ganz persönlich aus dem Gespräch zwischen dem Afrikaner und dem Ex-NPDler?
Welcher Eindruck entsteht für Dich aus dem Gespräch zwischen den "Kandidaten" und der irakischen Familie?
Oder aus dem Gespräch mit dem jungen Mann, der sich die Fingerkuppen abschnitt um seine Identifikation zu erschweren, weil er in Deutschland bleiben und nicht (als Asylant) nach Italien will (wo er ursprünglich ankam und deshalb dort bleiben sollte)?
Welcher Eindruck entsteht insgesamt, wenn Du mal Deine Projektionen weglässt sondern einfach nur das nimmst was Du da siehst und was geredet wird...?
Für mich ist die Sache sehr simpel:
Kann man an dem Format etwas kritisieren? Klar... kann man immer. Aber:
1. Was entsteht Schlechtes daraus?
2. Entsteht vielleicht etwas Gutes daraus?
Zu 1) Solche Kritik hier z.B. ist eher hysterisch:
Das Essen, das sie echten Flüchtlingen in einer echten Suppenküche wegessen, ist echt.
Das ist Blödsinn... Und der Streit den sie zwischen echten Flüchtlingen hervorrufen.... das wurde bisher noch nicht gezeigt. In der ersten Folge kann das keine Rolle spielen. Soll heißen: Das textet irgendein Journalist und Du übernimmst es einfach mal schnell ohne das Du wissen kannst worüber Du sprichst und was Du kritisierst.
Unterm Strich für mich: Ich kann bisher nicht erkennen, dass da etwas wirklich Negatives geschieht. Nicht alles ist superintelligent, manchmal hätte ich ganz andere Fragen als sie dort gestellt werden. Und manchmal hätte ich gerne mehr von den Gesprächen und weniger vom Drumherum. Aber daraus entsteht noch nichts Negatives.
Zu 2) Wie ich schon sagte: Meiner Ansicht nach wird die Situation von Flüchtlingen verständlicher, weil sie direkter dargestellt wird und weil sie selbst zu Wort kommen. Wenn ein Schwarzer, der als 17jähriger nach Deutschland kam von seiner Geschichte erzählt und auch von Erfahrungen in Deutschland, und sich mit einem Ex-NPDler unterhält, dabei mit unglaublicher Souveränität beeindruckt, während der Ex-NPDler nicht so genau weiß was er sagen soll, aber selbst erstaunlich offen über seine Vergangenheit spricht, dann ist das durchaus beeindruckend und wird sicherlich manchem zu denken geben. Oder auch der Streit zwischen dem Ex-NPDler und der Streetworkerin etc.
Noch mal mein Tip: Bevor man etwas kritisierst sollte man sich vielleicht selbst ein Bild machen und nicht nur aus Artikeln zitieren. Denn das ist natürlich auch verdammt simpel... als satter Westler hinter dem Computer nen paar Zeilen zu tippen, alles zu kritisieren, ne Petition zu unterschreiben und sich dann auf der "guten Seite" zu wähnen. Nicht weniger zynisch.