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Tucholsky
Guest
Mevlana Jelaluddin Rumi wurde geboren am 30. September 1207 n. Chr. in Wachsch in der Region Balch, Afghanistan. Sein Vater, Baha'eddin Walad war ein Mystiker. Er heiratete Gauhar Chatun und bekam 1226 seinen ersten Sohn Sultan Walad. 1228 ging er mit seinem Vater nach Konya. 1230 wird er Professor für Theologie. Im Januar 1231 stirbt sein Vater. Am Sonnabend den 28. November 1244 trifft er Schamseddin i Täbris, der ihm die spirituellen Welten zeigt, und der ihn nach dem Verschwinden veranlasst Gedichte zu schreiben. Schamseddin verläßt Mevlana am 14. März 1246 das erstemal. Mevlana scheibt Poesie: Divan-e-Shams (über 45000 Verse) in Persisch, das Mathnavi in 7 Büchern und 24660 Doppelversen und das Fihi ma Fihi, eine Einführung in die Metaphysik um 1256. Mevlana starb in Konya am Abend des 16. Dezembers 1273 n. Chr. im Alter von 66 Sonnenjahren oder 68 Mondjahren, wenige Tage nach einem Erdbeben.
Ich bin eine Weile mit den neun Vätern in allen Himmeln gekreist.
Jahre habe ich mich mit den Sternen in ihren Zeichen gedreht.
Eine Zeitlang war ich unsichtbar, denn ich weilte bei Ihm.
*
Der Mensch durchschreitet drei Stufen.
Zuerst verehrt er alles: Männer, Frauen, Geld, Kinder, Die Erde und Steine.
Dann, wenn er etwas weiter fortgeschritten ist, verehrt er Gott.
Schließlich sagt er weder: 'Ich verehre Gott' noch 'Ich verehre Gott nicht'.
Er hat die beiden ersten Stufen passiert und geht nun die letzte.
*
Diese spirituellen Schaufenster-Bummler,
die faul danach fragen, 'Was kostet das? -
Oh - Ich schau mich nur um.'
Sie kommen mit hundert verschiedenen Punkten
und machen sie schlecht, Schatten ohne Wert.
Erschöpfung ist Liebe
und zwei Augen nass voller Tränen.
Aber sie gehen in den Laden,
und in diesem Laden geht ihr ganzes Leben
plötzlich in dem Moment an ihnen vorüber.
Wohin gehst Du? - Nirgends wohin.
Was hattest Du zu essen? - Nicht viel.
Auch wenn du nicht weißt, was du möchtest,
kauf irgendwas, damit Du ein Teil bist
von des Tauschens Strom.
Starte ein riesiges blödes Ding, wie Noah.
Was die Leute von Dir denken,
macht absolut keinen Unterschied aus.
*
Was ist dieser Sinn, Oh Moslems: »Weil ich mich selbst nicht kenne.«
Weder bin ich Christ, Zarathustrier, oder Moslem;
Ich bin kein Orientale noch Abendländer, in keinem Land und auf keiner See:
Nicht aus der Natur, noch aus dem Himmel: Nicht von Indien, China, Bulgarien oder Saqsin;
Nicht aus dem Irak, noch aus dem Land Khorasan.
Mein Ort ist alokal: Mein Zeichen ist kein Zeichen.
Ich habe keinen Körper und kein Leben: Weil ich vom Leben des Lebens bin.
Ich habe Dualität überwunden: Ich habe die zwei Welten als EINE gesehen:
Ich bitte EINEN, ich weiß EINEN, ich sehe EINEN, Ich rufe EINEN.
*
Je mehr jemand erwacht in den weltlichen Dingen,
je mehr schläft er in spirituellen 'Dingen'.
Wenn unsere Seele Gott verschlafen hat,
verschließt eine andere Wachsamkeit die Tür zur göttlichen Gunst.
*
Die intellektuelle Suche,
obgleich so fein wie Perlen oder Korallen,
ist kein spirituelles Forschen.
Dieses spirituelle Forschen ist auf einer anderen Ebene.
Spiritueller Wein ist eine andere Wirklichkeit.
*
Der spirituelle Weg bringt den Körper zum Scheitern
und danach lässt er ihn wieder gesunden.
Er zerstört das Haus um irdischen Reichtum
in nichtirdischen zu wandeln,
und mit diesem Reichtum baut es sich besser als vorher.
*
Du bist verschwunden in die verborgene Welt.
Auf welchem Weg?
Du zerbrachst den Käfig und bist geflohen.
Du hörtest die Trommel, sie rief Dich heim.
Dies erniedrigende Lager hast Du verlassen.
Diese verwirrende Wüste,
wo uns falsche Orientierungen gegeben werden.
Welchen Sinn hat jetzt ein Herrscher?
Du bist die Sonne geworden.
Brauchst keinen Gurt: Bist aus Dir geschlüpft.
Ich habe gehört dass nahe dem Ende
Du die Augen warst, die die Seele schauen.
Jetzt ist kein Schauen, Du lebst im Innern der Seele.
Du bist die seltsame Rose,
die den Winterwind einließ zum Verwelken.
Du bist Regen, der alles tränkt,
Von der Wolke zum Boden. Keine Worte stören.
Strömende Ruhe und süßer Schlaf neben dem Freund.
*
Komm nur, ja komm nur, wer immer Du bist;
Sucher, Verehrer, Freund des Verlassens.
Es ist kein Problem, was es auch ist,
mit Zweifeln müssen wir uns nicht befassen.
Du hast Eide gebrochen? Und das tausendmal?
Auch dann komme wieder, beginne noch mal.
*
Alles andere, als die Liebe für den allerschönsten Gott
ist 'ne Qual für jede Seele, auch naschen aus dem Zuckerpott.
Was ist die Qual der Seele dann?
Zum Tode vorzudringen, nicht vergebens,
ohne dass man dabei dann,
Besitz ergreift vom Wasser des Lebens.
*
Die Seele empfängt Erkenntnis allein
durch die Seele und nicht durch das Denken.
Aus Sprache und Büchern kann Erkenntnis nicht sein,
sie kommt nach der Leerheit im Denken.
Mysterien erkennen, das kommt so wie Licht von viel Kerzen,
das erleuchtet die Seele der Menschen
und in ihnen auch ihre Herzen.
*
Ich starb als Stein, wurde als Pflanze geboren.
Ich starb als Pflanze und wurde Tier.
Ich starb als Tier, als Mensch wurd' ich erkoren,
jetzt bin ich hier.
Warum dann Furcht vor dem Verschwinden
nur wegen diesem Sterben?
Das nächste mal wenn ich sterben soll,
dann braucht ihr mit Flügeln der Engel nicht werben;
ich werde danach mich erheben
und höher als die Engel sein,
Und was Du Dir nicht vorstellen kannst,
Ich werde das sein.
*
Du brauchst Geld, die Liebe von Freunden,
Du brauchst Deine Gesundheit,
Du brauchst das Lachen.
Aber am meisten brauchst Du das, was nur Er gibt:
Die lebende Gegenwart von göttlicher Gunst.
*
Wenn Du das ewige Leben entdecken willst
und lebst in der sengenden Wüste der Stille,
dann schreite mutig voran auf dem Weg und
fürchte nicht Schmerzen, Leid und Verlust.
Nimm Schritt für Schritt gewissenhaft
und riskiere dein ganzes Sein bewusst.
*
Unser Tod ist unsere Hochzeit mit der Ewigkeit. Was ist das Geheimnis? Gott ist Eins.
Das Sonnenlicht spaltet sich, wenn es das Fenster des Hauses trifft.
Diese Vielheit ist in der Traube vom Wein; aber sie ist nicht im Saft aus dem Wein.
Für den, der im Licht Gottes lebt, ist der Tod der fleischlichen Seele eine Wohltat.
Ihn zu beachten, bedeutet weder Schlechtes noch Gutes,
weil er sich jenseits des Guten und Schlechten befindet.
Konzentriere Deine Augen auf Gott und sprich nicht über das, was nicht sichtbar ist,
so dass er Deinen Augen eine andere Sicht ermöglicht.
Es ist die Sicht der physischen Augen, dass keine unsichtbaren oder geheimen Dinge existieren.
Aber wenn sich die Augen auf das Licht Gottes richten,
welches Ding kann verborgen bleiben in so einem Licht?
Obgleich alles Licht aus dem Göttlichen Licht strömt, nenne nicht alle diese Lichter Das Licht Gottes,
es ist das ewige Licht, welches das Licht Gottes ist.
Das Tageslicht ist eine Eigenschaft des Körpers und des Fleisches.
Oh Gott, wer gibt die Gnade der Einsicht!
Der Vogel des Sehens fliegt zu Dir mit den Flügeln des Verlangens.
*
Wir sind wie die Flöte, und die Musik in uns ist von Dir;
Wir sind wie die Berge und das Echo in uns ist von Dir.
Wir sind wie die Schachfiguren beschäftigt mit Sieg und Fall:
Unser Sieg und unsere Niederlage sind von Dir, O Du, dessen Werte erreichbar sind.
Wer sind wir, O Du Seele aller Seelen, dass wir neben Dir bleiben sollen?
Wir und unsere Existenzen sind wirklich Nicht-Existenz.
Du bist das absolute Sein das das Vergängliche offenbart.
Wir sind alle Löwen, jedoch Löwen auf einem Plakat:
Von Zeit zu Zeit hetzen sie vorwärts gemäß dem Winde.
Ihre Vorwärts-Jagd ist sichtbar, aber der Wind ist es nicht:
Möge das, was nicht sichtbar ist, uns nicht im Stich lassen!
Unser Wind durch den wir bewegt werden und unser Sein sind Deine Gabe;
unsere ganze Existenz, die uns in das Sein gebiert, ist von Deiner Gabe.
*
O Liebende, Liebende, es ist soweit,
aus der Welt auszusteigen ist es nun Zeit.
Ich höre die Trommel im Ohr meiner Seele,
sie kommt aus den Weiten der Sterne.
Vom Kameltreiber hör' ich Befehle,
die Karawane wartet nicht gerne.
Er fragt uns, ob wir ihm vergeben,
dass er uns gestört hat in unserem Schlafe,
und warum wir Reisende schlafen, nicht leben.
Überall in diesem Camp murmelt man 'Abreise' leise
und Sterne gleich Kerzen hinter blauen Schleiern vertrauen uns auf ihre Weise.
Und auf der unsichtbaren Ebene im Sein
kamen - nun schon gut zu sehen -
erstaunliche Leute zum Vorschein.
*
Man sagt dass nach Muhammad und des Propheten Offenbarung
niemand anderer herabgestiegen ist.
Warum nicht?
Natürlich sind das andere auch,
aber dann wird das nicht 'Offenbarung' genannt.
Es ist das, auf was der Prophet verweist, wenn er sagt,
' Die Gläubigen sehen mit dem Licht Gottes.'
Wenn der Gläubige mit Gottes Licht sieht, dann sieht er alle Dinge:
Das Erste und das Letzte, die Gegenwart und das Abwesende.
Wie sollte irgendetwas verborgen sein vor Gottes Licht?
Und wenn etwas verborgen ist, dann ist es nicht das Licht Gottes.
Deswegen existiert die Bedeutung der Offenbarung,
sogar wenn sie nicht Offenbarung genannt wird.
*
Es schlägt die Trommel der Erkenntnis auf Verheißung,
Wir stürmen die Straße des Himmels.
Heute ist Deine Freude hier, aber was bleibt Dir für morgen?
Die Armeen vom Tage verfolgen die Armee der Nacht,
Himmel und Erde ist voll Reinheit und Licht.
Oh! Freude für ihn, der aus dieser Welt aus Parfüm und Farbe flüchten konnte!
Denn hinter diesen Farben und Parfüms sind diese anderen Farben im Herzen und in der Seele.
Oh! Freude für diese Seele und dieses Herz, das flüchten konnte von der Erde aus Wasser und Lehm.
Auch wenn dieses Wasser und dieser Lehm die Kochstätte des philosophischen Herdes enthält.
*
*
In jedem Augenblick und von allen Seiten widerhallt der Ruf der Liebe:
Wir gehen zum Himmel, wer möchte mit uns kommen?
Wir gingen zum Himmel, wir wurden die Freunde der Engel,
und nun wollen wir dorthin zurück, weil es unser Land ist.
Wir sind höher als die Himmel, edler als Engel:
Warum also nicht weiter gehen als sie?
Unser Ziel ist die höchste Majestät.
Was hat eine Perle zu tun mit der vernebelten Welt?
Warum kamest Du hier her?
Nimm dein Hab zurück.
Was ist das hier für ein Platz?
Das Glück ist mit uns, mit uns ist der Verlust!
Wie die Vögel des Meeres, kam der Mensch aus dem Ozean - dem Ozean der Seele.
Wie kann dieser Vogel, geboren aus dem Meer, hier sein Nest bauen?
Nein, wir sind die Perlen vom Grunde des Meeres, dort wohnen wir:
Wie könnte andernfalls die Welle der Welle nachfolgen, die von der Seele kommt?
Die Welle mit dem Namen 'Bin Ich nicht dein Herr' ist da,
sie hat das Gefäß der Körpers durchbrochen;
und wenn das Gefäß zerbrochen ist,
dann kommt die Sicht wieder und die Einheit mit Ihm.
*
Wenn Du nicht munter den Garten der Liebe führst,
nimm Dir einen Moment Zeit um zu sehen warum das so ist.
Warum liebst Du nicht? Warum wirst Du nicht geliebt?
Sei intelligent im Leben, sei mutig und löse Dich von Überfüllung,
das schützt dich vor dem Geschmack und dem süßen Geruch der Liebe.
Erlaube dem Zauber seine Magie zu betreiben und bringe deine Seele in den Garten.
Wenn Du meinst, dass Du nicht willentlich dort hin möchtest,
dann lass Dich wenigstens von deinem Herz und deiner Seele führen.
Warte nicht. Mach' es jetzt.
*
Spreche immer aus dem Herzen, niemals aus dem Verstand.
Deine Aufrichtigkeit und dein Mut werden auch für andere ein Beispiel sein,
und wenn sie Dir zuhören, dann werden sie begeisternd
ihr gewonnenes Herz offenbaren.
Dieses Sprechen des Herzens ist spirituelle Tat.
Es bedeutet, dass Du Wahres nur sprechen musst,
und innerhalb deiner eigenen Grenzen und Dimensionen leben musst,
ohne jemals zu prahlen über Dinge, die Du nicht selbst leben kannst,
oder die Du anderen nicht geben kannst.
Das Sprechen des Herzens bringt Dir ein Geschenk,
wann immer du sprichst, bist Du immer im Recht.
Das Herz kennt die Wahrheit, kann nichts erzählen;
dem Verstand fehlt Erkenntnis, erzählt aber viel.
Lehne Dich aus und sprich aus dem Herzen und meide das Denken,
dann siehst Du die Wunder, die zu dir zurückkommen in dein Leben.
*
Es kam jemand zur Tür des Geliebten und klopfte.
Ein Stimme fragte: Wer ist da?'
Er antwortete: 'Ich bin es.'
Die Stimme sagte: 'Hier ist kein Platz für mich und Dich.'
Die Tür wurde geschlossen.
Nach einem Jahr Einsamkeit und Entzug kam der Mann wieder an die Tür des Geliebten.
Er klopfte.
Eine Stimme von drinnen fragte: 'Wer ist da?'
Der Mann sagte: 'Du bist es.'
Die Tür wurde für ihn geöffnet.
Übertragungen ins Deutsche by 'T.'
Literatur:
Rumi, The Masnavi - Teachings of Rumi, The Octagon Press, ISBN 0 863040 67 5, 1979, 1994
Annemarie Schimmel, Rumi, Eugen Diederichs, ISBN 3-424-00580-0 , 1995
Annemarie Schimmel, Rumi, Herder spektrum, ISBN 3-451-05093-5
Rumi, Fihi Ma fihi, Eugen Diederichs, ISBN 3-424-01297-1, 1988,1995
love
T.