Wie Gläubig sind SchamanInnen

Im Wesentlichen schließe ich mich auch dem Gedanken von Ahorn an. Zu den Betrachtungen zu den Göttern und dem Heil möchte ich aber noch ein paar Gedanken anfügen:

Die Könige gab es erst relativ spät in der Menschheitsgeschichte, denn dazu sind größere Strukturen erforderlich, die auch einen gewissen Besitz ermöglichen (also erst ab 8.000 v.Chr.).

In unserem Kulturkreis war die Stellung des Königs auch meist vom spirituellen Führer getrennt. Bei den Kelten waren das es die Druiden und bei den Germanen die Hagazussen, auf deren Wort die jeweiligen Stammesfürsten hörten.

Man muß die Dinge verstehen, um sie gestalten zu können und deshalb war gerade das vermehren von Wissen eine zentrale Aufgabe für diese spirituelle Führer. Nicht umsonst bezeichnete man die Druiden auch als Meister des Wissens.

Diese Leute waren aber nicht der Ausgangspunkt der Götter und Geistwesen, denn mit ihnen wurden Kräfte und Phänomene erklärt, denen die Menschen ausgesetzt waren. Diese transzendenten Wesen hatten und haben aber heute noch eine andere wichtige Funktion für den Menschen:

In archaischen Zeiten mußten wir erfahren, daß unsere natürlichen Feinde aus der Tierwelt uns an Kraft und Schnelligkeit weit überlegen waren und wir nur in einer Gemeinschaft überleben konnten.

Es ist logisch, daß die Stärke einer Gemeinschaft von den Fähigkeiten der einzelnen Mitglieder abhängig ist. Diese Erkenntnis ist tief in uns verwurzelt, so daß wir unbewußt die einzelnen Fähigkeiten einer Gemeinschaft auf uns selbst übertragen und das bekannte Wir-Gefühl produziert wird.

Einzelne starke Persönlichkeiten in einer solchen Gemeinschaft signalisieren uns also Geborgenheit, Schutz und Stärke und je größer deren Potential ist, je größer wird auch unsere eigene Zuversicht zu diesen Werten.

Wenn ich also mich einem Wesen anschließe, welches außerhalb unserer realen Welt existiert und über Kräfte verfügt, die jenseits der menschlichen Fähigkeiten liegen – wird auch verständlich, warum in unserem Unterbewußtsein ein entsprechendes Wir-Gefühl generiert wird.

Aus diesem Gefühl heraus entsteht in unserem Unterbewußtsein auch immer das Empfinden einer Gesellschaft, die uns zu umgibt. Gesellschaft ist jedoch auch nur ein abstrakter Gedanke und nicht faßbar, sondern transzendent. Aus der Summe dieser Gefühle und Emotionen entstehen diese Geistwesen aus der Bildersprache unserer Seele und berühren uns deshalb auf besondere Weise. Wir sollten uns auch daran erinnern, daß wir mit den Geistwesen über einen sehr langen Zeitraum gelernt haben die Welt zu verstehen und zu erklären.

Aus diesem Gedanken heraus entstanden auch die Vorstellung von den Heiligen. Mit dem Wort Heil ist ursprünglich etwas gemeint, das geheilt im Sinn der Vollkommenheit ist.

Die Germanen glaubten, daß bestimmte Menschen diese Heil in sich tragen und dieses auch auf jene ausstrahlt, die sich ihm anschließen. "Diesem Anführer schließe ich mich an, weil seine Kräfte und sein Glück auch auf mich übergehen!" Man sieht da auch den Grundgedanken, der mit den Geistwesen zusammenhängt. So wird auch die Funktion der Heiligen verständlich, die mit dem Heil ausgestattet waren und deren Kräfte bis über Tod hinaus erhalten bleiben.

Den etwas negativen Hauch des Heils entstand aber erst mit den Nationalsozialisten, welche den Heilsgedanken der Germanen für ihre Zwecke mißbrauchten.

Es ließe sich sicherlich noch mehr zu diesem Thema schreiben, aber das würde hier den Rahmen sprengen.

Merlin :zauberer2

Danke für Deine detaillierte und in die Tiefe gehenden Auführungen.

Es ist nur Schade, dass Du den Rahmen hier nicht sprengen willst.

Ich könnte Tage lang, Deine geschrieben Gedanken hier lesen.

Spreng doch bitte den Rahmen!

LG
 
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Hallo Nasruddin,

danke für Deine Blümchen und Dein Interesse. Ich habe einmal ein paar Gedanken zu den Druiden und den Hagazussen zusammengetragen, die ich an verschiedenen Stellen schon einmal geschrieben hatte.

Die Druiden hatten der keltischen Kultur und Gesellschaft eine tragende und bestimmende Rolle. Die Macht ergab sich aus ihrem Wissen, das sie aus diesem Grund auch sorgfältig hüteten. Einer der Gründe, warum einem Druiden die Würde entzogen werden konnte, war die Preisgabe ihres geheimen Wissens.

Es geschah in dieser Gesellschaft nichts ohne ihre Zustimmung – selbst die Könige beugten sich dem Recht der Druiden, daß ihr Rat allen anderen vorgezogen werden mußte. Es gibt heute in unserer Gesellschaft keine Persönlichkeit, die man mit dem damaligen Status der Druiden vergleichen könnte.

Ein Druide durfte bis zu drei Schüler (Ovyd) um sich scharen und ausbilden. Darüber hinaus wurden sie bereits im Kindesalter an Schulen in den Dingen der sichtbaren und unsichtbaren Welt ausgebildet, wobei Mädchen und Jungen getrennt wurden. Eine dieser Schulen lag in Anglesey in Britannien.

Das enorme Wissen durfte nur mündlich weitervermittelt und gelernt werden, das war dann auch der Grund warum ihre Ausbildung bis zu 20 Jahre dauerte, ehe sie von ihrem Druiden freigesprochen wurden. Von dem römischen Geschichtsschreiber Plinius weiß man, dass nur ein Drittel der Schüler den Anforderungen gewachsen waren.

Erst als Druide war man frei und unabhängig und übte sich in der Meisterschaft des Wissens. Es lag also an ihm, in welchem Wissensbereich er sich besondere Fähigkeiten aneignete, sie kannten also damals schon die freie Lehre.

Die größte Wertschätzung, die ein Druide durch andere erfahren konnte, war das Prädikat eines Zauberers. Sie bezeichneten sich aber nicht selbst als solchen, sondern überließen dies ihren Mitmenschen.

Mit der Verfolgung der Druiden durch die Römer und den Übergang in den christlichen Glauben in Britannien ist auch deren Wissen verloren gegangen. Das Wenige, das wir noch von ihnen wissen, stammt aus aus der Zeit des Niederganges und nicht aus der Blüte dieser Weltanschauung.

Die letzten Druiden dürften in Irland zu finden gewesen sein. Da sehr viele ethische und spirituelle Elemente im Christentum zu finden waren, ist für die Druiden der Schritt in die neue Religion nicht besonders groß gewesen. Von Sankt Patrick, dem Schutzheiligen der Iren, wird vermutet, dass er wohl der letzte bedeutende Druide gewesen sei. Darin wird auch klar, welches immense Ansehen diese Leute genossen hatten.

Die besondere Rolle Irlands in der keltischen Welt sollte sich dann auch mit der Missionierung Deutschlands niederschlagen.

Durch die letzten Druiden (z.B. der Heilige Patrick) und den Heiden wurde sehr viel in den christlichen Glauben transformiert, nur ist das alles sehr verschwommen und verdeckt. Daraus nun zu einer Meisterschaft von den Dingen in dieser Welt und der unsichtbaren Welt (Anderswelt) abzuleiten, wäre nach meinem Verständnis wohl etwas zu kühn. Was wir heute noch von dieser Welt sehen, ist leider wie ein schwaches Wetterleuchten eines längst vergangenen Glanzes.

Sicherlich lohnt es im Hier und Jetzt den einen oder anderen alten Faden aus der Vergangenheit wieder aufzunehmen und mit dem heutigen Wissen um die Dinge neu zu bewerten. Hinter manchen scheinbaren und märchenhaften Kräften und Ritualen der Druiden verbergen sich oft ganz reale Dinge, die wir aus unserer rational geprägten Wissenschaft unter einem anderen Namen nochmals neu entdecken mußten.

Ja, wir können schon wie die Druiden Sterne auf unsere Schuhsolen heften, aber zu Druiden werden wir dadurch leider nicht.

Ach ja, fast hätte ich es vergessen, es gab auch weibliche Druiden. Eine solche Druidin lebte lange Zeit als Seherin in einem Wohnturm in der Nähe von Köln.

Im germanischen Kulturkreis gab es in ferner Vergangenheit Hof- und Schutzgeister, die alles Böse vom Anwesen fernhalten sollten. Diese Wesen wurden als Hagazussen bezeichnet, aus dem dann später das Wort Hexe gebildet wurde. Man kann das Wort Hagazussen im Sinne von „die auf dem Zaun Reitende“ übersetzten (Hag = Zaun).

Aus diesem Gedanken heraus wurden dann die weiße Frauen (Seherinnen) bezeichnet, die sich mit der Wirkung von Heilkräutern, Schutzritualen für Haus und Hof, aber auch zu den Schwellenzeiten in Verbindung mit der Anderswelt und den Geistern treten konnten.

Sie waren auch Hebammen, ein Umstand, der dann die späteren Hebammen im ausgehenden Mittelalter in die gefährliche Nähe der Hexenverfolgung führten. Diese Hagazussen hatten großes Ansehen bei den Germanen, was in den römischen Klassikern an mehreren Stellen konkret beschrieben wird. Wie bei den keltischen Druiden wurde ihr Rat selbst von den Stammesführern sehr ernst genommen (siehe die Schlacht des Suebenfürsten Ariovists gegen die Römer).

Obwohl mit der Christianisierung der eigentlich religiöse Hintergrund für die Hagazussen weggebrochen war, blieb sehr zum Unmut des christlichen Klerus das ursprüngliche Ansehen dieser Frauen im Volksglauben erhalten und führte letztlich zur Hexenvorstellung des Mittelalters. Daß sich die Hexenkünste zumindest in Fragmenten über diese lange Zeit hartnäckig erhalten hatten, liegt wohl an der besonderen Nähe dieser Dinge zum Menschen.

Die besondere Freiheit und Unabhängigkeit der Hagazussen setzte sich auch noch nach der Christianisierung mit den Hexen fort. Diese Freiheit und Unabhängigkeit barg aber auch große Gefahren, wie man dann bei der späteren Hexenverfolgung im ausgehenden Mittelalter sehen konnte.

Letzteres ist dann auch der Grund, warum gerade der Hexenkult mit der Emanzipation ihre Urständ in der Wicca-Religion gefunden haben. Wie man sehen kann, hat die Sehnsucht nach Spiritualität in der alten Religion alle Widerstände überstanden – sie hat sich lediglich der Zeit angepaßt und darin liegt auch ihre Zukunft.

"Der Bambus beugt sich dem Wind und widersteht ihm", ist eine alte fernöstliche Weisheit.


Merlin :zauberer2
 
Hallo Nasruddin,

danke für Deine Blümchen und Dein Interesse. Ich habe einmal ein paar Gedanken zu den Druiden und den Hagazussen zusammengetragen, die ich an verschiedenen Stellen schon einmal geschrieben hatte.

Ich danke Dir, das Du bereit warst uns an Deinem Wissens-Schatz Teilnehmen zu lassen.

Soweit ich richtig informiert bin - nicht nur jetzt über Asterix und Obelix -, hatten gewisse Druiden die Heilzentren führten, ihre Assistenten, welche als Fachkräfte und eventuell auch nach Instruktion den Druiden zu Hand gingen.

Unsere Heutigen Mediziener seien eben aus dem Kreis von denjenigen Fachkräften entstanden.

Ich könnte jetzt naiv behaupten, dass die Druiden den Keim für die Zukünftige Entwicklung der Heilkunde in diese Menschen hineinlegten, welche sich dann bis in unsere Zeit auswirkte und entfaltete.

Heute sind Mediziner richtige Zauberer. Die Medikamente bauen und wirken aufgrund von Untersuchungen am Tier und am Mensch auf, die nichts mehr mit den früheren "Versuch und Irrtum" Methodiken gemein haben.

Ich sehe es als eine der Hauptaufgaben von SchamanInnen an, die Zukunft zum Wohle ihrer Gemeinschaft ( auch die Natur ist Teil davon ) präventiv " voraausseherisch" zu gestalten.

Die Druiden hatten der keltischen Kultur und Gesellschaft eine tragende und bestimmende Rolle. Die Macht ergab sich aus ihrem Wissen, das sie aus diesem Grund auch sorgfältig hüteten. Einer der Gründe, warum einem Druiden die Würde entzogen werden konnte, war die Preisgabe ihres geheimen Wissens.

Es ist und bleibt heute noch gefährlich unvorbereiteten bzw. nicht geschulten Wesenheiten die Möglichkeit des Gebrauchs von Kräften zu erkennen zu geben.
Eigentlich ist das Wissen nicht geheim.
Doch jemanden anderen, ohne vorherige Eignungskontrolle und vorbereitende Massnahmen nebst den Begleitenden Massnamen, darauf anzusetzen ist ein Manipulatives dem Ego entspringendes "Ich-bin-ein-Gott-Spiel".

Ich kann diese strengen Regeln verstehen.

Es geschah in dieser Gesellschaft nichts ohne ihre Zustimmung – selbst die Könige beugten sich dem Recht der Druiden, daß ihr Rat allen anderen vorgezogen werden mußte. Es gibt heute in unserer Gesellschaft keine Persönlichkeit, die man mit dem damaligen Status der Druiden vergleichen könnte.

Beruhte diese Macht, auf dem vorenthalten von Wissen ( eine Manager-Krankheit übrigens ) oder auf einem absoluten Vertrauen.

Ein Druide durfte bis zu drei Schüler (Ovyd) um sich scharen und ausbilden. Darüber hinaus wurden sie bereits im Kindesalter an Schulen in den Dingen der sichtbaren und unsichtbaren Welt ausgebildet, wobei Mädchen und Jungen getrennt wurden. Eine dieser Schulen lag in Anglesey in Britannien.

Wie weit entfernen sich Wissende von ihren ehemaligen Wissens-Zentren?

Das enorme Wissen durfte nur mündlich weitervermittelt und gelernt werden, das war dann auch der Grund warum ihre Ausbildung bis zu 20 Jahre dauerte, ehe sie von ihrem Druiden freigesprochen wurden.

Inklusive einem Schweige-Gelübde und Pflicht während dieser 20 Jahre für die Aspiranten?

Erst als Druide war man frei und unabhängig und übte sich in der Meisterschaft des Wissens. Es lag also an ihm, in welchem Wissensbereich er sich besondere Fähigkeiten aneignete, sie kannten also damals schon die freie Lehre.

Es ist übrigens eine überraschende Wende, den StudentInnen erfahren, wenn sie von strengem "angeleitet sein" in das Studium inkl. "freiem Denken" eintreten.

Die "Reifeprüfung" - Matura - war wohl dazu die Voraussetzung.

Ich kann leider nicht auf Deinen gesamten Text als Diskussions-Basis eingehen, da es dann zu unübersichtlich würde.

Diesen Spruch kenne ich:

"Der Bambus beugt sich dem Wind und widersteht ihm", ist eine alte fernöstliche Weisheit.

Wie Wahr.

Einen schönen Gruss aus der Schweiz an Dich
"Zauberer" Merlin
 
Hallo Nasruddien,

die Wissensbereiche, mit denen sich die Druiden beschäftigten, war sehr umfangreich und reichte von der Medizin über Astronomie, Philosophie, Musik, Erzählkunst, Rechtssprechung, Diplomatie bis hin zur Psychologie und den spirituellen Dingen.

Über irgendwelche Helfer ist außer ihren Schülern, den Ovyds nichts überliefert. Ich kann mir aber nicht vorstellen, daß sie da irgendwelchen Menschen Einblick in ihr Wissen ermöglichten, zumal dies es ja gegen ihr Pflicht der Verschwiegenheit verstoßen hätte. Nein, das war schon ein ein exclusiver Zirkel – welcher sich seines Einflusses bewußt war.

Die Kelten waren mit ihrer Kultur ja nicht nur in Britannien verbreitet, sondern auch in weiten teilen Europas (Frankreich, Süddeutschland, Österreich, Schweiz/Helvetier). Über die Strukturen auf dem Festland ist nur wenig überliefert, weil dort schon sehr früh mit der Verfolgung der Druiden begonnen wurde, um die Kelten unterwerfen zu können. Man weiß aber, daß das alljährlich große Treffen der Druiden am Stein Gargantuas im Land der Carnuten stattgefunden hat (an dessen Stelle heute die Kathedrale von Chartres steht).

Die heutigen Ärzte stehen in Bezug zur Wissenschaft der Aufklärung, die Druiden hingegen verfolgten mehr eine ganzheitliche Heilmethode. Das ist auch mit ein Grund, warum ich Ärzte nicht in Zusammenhang mit einem Zauberer sehen kann.

Ihr Einfluß entstand durch ihre Wertschätzung und ihrem enormen Wissen über die Dinge. Ich kann Dir da keine Vergleiche mit Persönlichkeiten unserer Zeit anführen, da es solche Positionen in unserer Gesellschaft einfach nicht mehr gibt. Man sagte ihnen nach, daß sie einen Bezug zur Anderswelt hatten und über magische Kräfte verfügten, schon alleine diese Fähigkeiten stellten sie einfach über alles.

Die Freisprechung zum Druiden und die Meisterschaft des Wissens läßt sich nicht mit einem heutigen Studium vergleichen, sondern mehr mit jemandem der schon promoviert hat und sich nun der freien Forschung zuwendet. Die Freisprechung ist hier auch im wörtlichen Sinne mit einer ganz persönlichen Freiheit gegenüber der Landesherrn gemeint: sie waren also niemandem mehr verpflichtet.


Merlin
 
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Das ich zutiefst gläubig bin, kann ich nicht sagen. Es ist was anderes. Es geht nicht um ein Glauben, sondern um das Wissen.

Ich kann nicht an ein Geist glauben bevor ich ihn zum ersten mal treffe. Wenn ich ihn getroffen habe - glaube ich nicht, sondern kenne ihn. Also ist es ein anderes Phänomen, nämlich auf Erfahrungen basiertes Wissen.

Am anfang steht aber Offenheit für Erfahrungen, eine Voraussetzung für jeden schamanischen Trancezustand.
 
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