Hallo Api,
danke für den schönen Thread, deine Ehrlichkeit im letzten Satz hat mich berührt.
Ich sehe es so, dass die Kirche die weibliche Spiritualität so heftig unterdrückt hat, weil sie für sie unkontrollierbare Aspekte hatte, die schlichtweg Angst gemacht haben und die männliche Kontrollinstanz gefährdeten.
Für mich persönlich ist es so, dass die männliche Seite die Struktur angibt, während die weibliche Seite den Raum füllt. Das Männliche gibt die Richtung an, das Weibliche verbindet die Ebenen.
Ich bin Schamanin, und du hast nach der schamanischen Sichtweise gefragt. Schamanismus gab es überall auf der Welt in den unterschiedlichsten kulturellen Prägungen, also gibt es keine einheitliche Sichtweise. Und ich kann natürlich auch nicht für alle Schamanen der Welt sprechen, sondern nur davon, wie ich es erlebe und was ich darüber gelesen habe.
Schamanismus zeichnet sich mMn u.A. dadurch aus, dass alles gleichwertig Platz hat. Das Lichte und das Dunkle, das Männliche und das Weibliche. Alles hat seine Aufgabe, und nur in der Harmonie aller Aspekte funktioniert das große Ganze. Daher ist beides gleich wichtig. Das Männliche ist also im Schamanismus nicht so überbetont wie wir es in unserem Kulturkreis kennen. In vielen Kulturen galt ein initiierter schamanischer Mensch als geschlechtslos, also von dem Zeitpunkt an, wo diese Person von Menschen und den "Geistern" fertig ausgebildet war, ließ sie die frühere geschlechtliche Identität völlig hinter sich.
Leider wurden die ersten Überlieferungen über schamanische Praktiken von westlichen Männern übermittelt, und zwar sehr lange, und es waren auch hauptsächlich Männer, die den Schamanismus nach Europa gebracht haben. Dadurch ging viel verloren.
Schamanen wollen die Ordnung herstellen. Das ist ihr Job - fehlt was, wird es hinzugefügt, ist was zuviel, wird es weggenommen. Übertragen auf unsere Gesellschaft in dieser Zeit heißt das: die männlichen Aspekte sind überbetont, also muss das Weibliche mehr Raum kriegen, um die Harmonie wieder herzustellen. Weg vom Denken, hin zum Fühlen, weg vom Strukturieren, hin zum raumfüllenden, "breiten" Erfassen, nicht weil es besser ist, sondern, weil es zu wenig Raum hat.
Konkret erlebe ich es in meiner Arbeit als Schamanin so, dass ich erfasse, worum es geht, das ist die männliche Seite. Ich bringe das Thema auf den Punkt. Um die Harmonie herzustellen (da wird oft das Wort "Heilung" verwendet), geh ich in die weibliche Seite, die weitet sich aus und geht aus der Struktur hinein in den Raum - eine Art Fühlen, was alles da ist, und dann Ausgleich herstellen.
Ich bin aber weit davon entfernt, Weibliches und Männliches in Harmonie zu haben, was das Göttliche angeht. Wenn ich mir vorstelle, dass die weibliche Seite der Schöpferkraft links von mir ist und mich hält, während die männliche Seite der Schöpferkraft mich rechts hält (eine Übung, damit ich selber weiterkomme und Dinge in mir auflöse), spüre ich, dass ich das Göttlich-Weibliche als fremder empfinde. Weil ich mich zwar immer mit dem Göttlichen verbunden habe, aber als Kind unserer Kultur es als Mann gesehen habe. Da bin ich auch grad dran, das in mir in Harmonie zu bringen. Vielleicht magst du auch mal in dieses Bild hineinsinken. Das Göttlich-Weibliche fühlt sich deutlich anders an.
Für mich ist Spiritualität die Harmonie von weiblichen und männlichen Aspekten. So gesehen gibt es weibliche Spiritualität für mich nur unter dem Gesichtspunkt, dass sie zu dieser Zeit unseres Erdenseins vermehrt gebraucht wird, damit echte Spiritualität überhaupt möglich ist, weil die männliche zu präsent ist und ihren Gegenpol braucht.
Liebe Grüße, silberelfe
liebe silberelfe!
ich weiss gar nicht recht, wo anfangen mit antworten, springe drum einfach mal mitten rein und schau, wo's hingeht...
zur zeit merke ich ganz extrem, wie unterschiedlich meine linke und rechte körperhälfte innerviert/bewohnt/benutzt sind (habe deshalb auch im magie-unterforum einen thread aufgemacht, der sich mit dem verbinden beider seiten beschäftigt). ich war bis anhin total rechtsgelagert, und seit neuerem ist da auf einmal die linke seite, riesig, selbstbewusst, sehr hell und strahlend... und die rechte seite hängt so ein wenig verdattert daneben rum...
was hier nun genau männlich oder weiblich ist, finde ich persönlich unheimlich schwierig zu sagen. stand heute würd ich mal meinen, die linke seite ist die "herrscherin" der tarokarten, so wie sie zur zeit drauf ist. vielleicht aber auch der "magier", oder beide? die rechte seite ist zur zeit der "eremit", ev auch der "gehängte". würde ja mit deiner beschreibung von der weiblichen göttlichkeit, die links wohnt, einher gehen... aber dass die so strahlt, und das männliche daneben so hängt, ist ja schon nicht, was man in unserem kulturkreis beigebracht kriegt
wovon ich sicher bin, dass die rechte seite in mir dann schon wieder hinstehen kann, wenn links mal seinen platz finden konnte.
ich bin sehr aktiv daran, die beiden seiten anzuhören, die alte (die nun anders wird) und die neue (die nun sein darf), und versuche, rundherum freundschaft zu schliessen
deinen letzten abschnitt, über die notwendigkeit von weiblicher spiritualität, finde ich wunderschön - ich empfinde es genauso, als weg-abschnitt unterwegs zur balance.
was du über die geschlechtslosigkeit der schamanen, als resultat dieser balance, schreibst, geht ja mit andrs beschreibung des androgynen herrlich einher... mich erschreckt das irgendwie noch ein wenig, mein nickname hier ist wohl doch mehr programm, als mir lieb ist
das heisst, stimmt so nicht, leidenschaft ist mir schon ganz furchtbar lieb!
salz des lebens...
alles in allem fühlt es sich bei mir an, als ob das strukturgebende/richtungsweisende und das raumfüllende/verbindende bis jetzt irgendwie aufeinandergeschachtelt war in der rechten körperhälfte - und jetzt kann es beginnen den raum einzunehmen, den es praktischer- und gesunderweise braucht...
...die "herrscherin" der tarotkarten zeigt übrigens sehr schön das, was ich als aktiv und hell weiblich bezeichnet habe...
ist alles in bewegung hier, verwirrend, aber auch sehr sehr schön!
...aus der verbindung der beiden seiten entstehen im moment der "mond", der "wagen", die "sonne"...
und die "liebenden" in mir
liebe silberelfe, ich danke dir von herzen!
api