Warum hört das nicht auf?

venus-pluto

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Ich fühl mich so verdammt schuldig, weil ich ohne irgendwas zu unternehmen, zugeschaut habe, wie sich jemand das Leben nimmt. Ich krieg das nicht aus meinem Kopf raus. Ich hab nix dagegen tun können, das weiß ich. Nein! Ich wäre die Einzige gewesen, die etwas hätte tun können. Ich war mir selber nur näher. Nach allen Androhungen hab ich gedacht: Mach halt endlich! Das war aber nie so gemeint.

Manchmal denke ich, dass das Schnee von gestern ist, doch das kommt immer wieder. Ist ja erst vier Monate her. Bei allem, was ich tue im Moment, ist "er" präsent. Keine Handlung geschieht ohne Gedanken an ihn und was hier passiert ist. Jetzt zieh ich bald um und alles kommt umso mehr wieder zurück, weil ich mich mit Sachen auseinandersetzen muss, die wir zusammen gemacht haben. Das ist alles noch so da...

Ich glaub, ich brauche Hilfe. Das krieg ich sonst nicht geregelt. Ich hab das Gefühl, ich bin ein Monster, das selbst den Tod eines Menschen in Kauf nimmt. Ich weiß, dass es nicht so ist und trotzdem fühle ich mich so. Ich hab über 24 Stunden mit einem toten Menschen in der Wohnung verbracht. Das konnte ich nicht wirklich wissen, doch ich hab es geahnt. Gewusst. Ich hab es gewusst. Ja. Und völlig verdrängt.

Als die Polizei da war, war ich komplett unter Schock. Sagte jedenfalls die Polizistin. Ich hab das erst drei Tage später registriert, nachdem die körperliche Anspannung bei mir nachließ. Vierzehn Tage später war ich auf dem Präsidium, um endlich die Schlüssel wieder abzuholen und der Typ sagte zu mir: Brauchen sie Hilfe? Ich war kurz vorm Umkippen. Kreidebleich und ich hab beim Rausgehen fast nix mehr gesehen.

Manchmal schreib ich hier so, als wäre ich die coolste Sau unter der Sonne. Das bin ich aber nicht.

Die Entscheidung, sich selber das Leben zu nehmen, lasse ich jedem. Möchte ich auch für mich wollen. Bei der Art und Weise, wie er sich umgebracht hat, hätte ich auch mit draufgehen können (und weitere Hausbewohner) - das sei mal dahingestellt.

Warum kann ein Mensch einen anderen dazu bringen, völlige Gleichgültigkeit an den Tag zu legen? Er war mir nicht gleichültig. Ich wollte, dass er im Leben mindestens noch genau so leiden und kämpfen muss wie ich. Wenn wir uns einfach so getrennt hätten, wäre es einfach vergessen gewesen...So niemals. Und das ist echt fies.


:-(

v-p
 
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Liebe Venus-Pluto!

Hol Dir bitte therapeutische Hilfe, unbedingt.

Das ist etwas, was Du alleine nicht schaffen kannst, sowas geht nie aus dem Kopf raus, wenn Du Dir da nicht helfen lässt.

Von meiner Freundin der Mann hatte sich umgebracht und in einem Abschiedsbrief auch deutlich zu erkennen gegeben, dass er sie für seinen Tod verantwortlich macht.

Das ist nun 15 Jahre her und sie kämpft noch immer damit, bei so einem Suizid wird dem anderen was umgehängt, was er alleine einfach nicht bewältigen kann.

Und das war wahrscheinlich zumindest in dem Moment, wo der Suizid geplant wurde, auch so gewollt von ihm - zumindest bei meiner Freundin.

Gute therapeutische Hilfe ist da angesagt, nimm sie Dir, bitte!

Liebe Grüße
Suena
 
Ich kann mich Suena nur anschließen.

Bitte hole Dir Hilfe!

Mein Sohn wurde auch mit der Belastung nicht fertig, dass sich seine Freundin das Leben nahm, weil er sich von ihr trennen wollte.

Sie hat ihn zwar in einem Abschiedsbrief entlastet, aber die Familie und das ganze Dorf gab ihm die Schuld.

Trotz Zuredens meinserseits, sich Hilfe zu holen, lehnte er ab.
Doch er ertränkte seinen Schmerz im Alkohol und schlief mit der Zigarette im Bett ein.
5 Wochen nach dem Tod seiner Freundin war auch er tot.
 
wer ist schon die coolste sau?:)
nimm hilfe an,es kann helfen.es braucht zeit.das vergeben,ihm aber auch dir.
das wird die erlößung sein.
wünsche dir alles gute dabei
 
Ich fühl mich so verdammt schuldig, weil ich ohne irgendwas zu unternehmen, zugeschaut habe, wie sich jemand das Leben nimmt. Ich krieg das nicht aus meinem Kopf raus. Ich hab nix dagegen tun können, das weiß ich. Nein! Ich wäre die Einzige gewesen, die etwas hätte tun können. Ich war mir selber nur näher. Nach allen Androhungen hab ich gedacht: Mach halt endlich! Das war aber nie so gemeint.

Der Typ war krank. Er hat dich zum Mitopfer gemacht.
Du hast völlig richtige reagiert. Die meisten drohen nur zu erpresserischen Zwecken.

Hol dir wirklich Hilfe, damit auch dein Bauch weiß, dass du nix dafür kannst.
 
hallo... was du gerade fühlst ist ganz normal weil dieser mensch eine schwache seele hatte und dich zum mitopfer gemacht hat was auch nur eine ganz grosse angst war jemanden dafür zu bestrafen für das was nicht in deiner macht stand. er hat sich das leben genommen und es war sein weg. wenn er eine wirkliche hilfe gesucht hätte dann hätte er sich einen verbündeten gesucht der ihm einen weg aufzeigt.

das geht aber nur auf einem weg, einer der um hilfe bittet und einer der hilft. da er nicht um hilfe bat konntest du da wirklich gar nichts tun. es ist schade einen menschen zu verlieren aber wenn jemand dann so etwas instruiert (jemand mit in seine unfähigkeit mit sich selbst zu kooperieren zu ziehen) dann ist es nicht deine schuld, weil jeder für sich selbst seines glückes schmied ist. es war seine problematik und nicht deine, ziehe da eine grenze dazwischen. jeder ist für sich verantwortlich und wenn man diesen weg wählt dann muss man ihn selbst gehen.

ich wünsche dir viel kraft das für dich zu verarbeiten
 
Ihr Lieben,

danke für Eure Antworten. Suena schrieb "umhängen". Das spürt man ganz arg. Wie ein alter Mantel, den man nicht los wird. Wer soll denn auch wollen?

Es gab auch für mich einen Abschiedsbrief. In dem Stand: Jetzt haste endlich deinen Willen. Ich fühle mich jedoch deswegen schuldig, weil ich die Situation forciert habe, in die er dann geraten ist. Ich hab gelogen.

Ich weiß, dass jeder Mensch für sich selber verantwortlich ist. Er war ja auch erwachsen und sonst im Leben rücksichtslos genug. Da nahmen wir uns nix. Vielleicht ist das deswegen auch eskaliert?

Die minutiöse Planung des Suizides begann zu Pfingsten. Da war ich grad in Österreich. Er muss ein ganzes Wochenende mit seinem besten und einzigen Freund telefoniert haben und der hat dann spaßig gesagt: Na wenn du keinen Bock mehr hast, bring dich halt um. Das derjenige die noch größeren Schuldgefühle hat, ist ja klar. Er brachte ihn sogar auf die Art und Weise, die ich hier nicht erwähne, weil selbst die Polizei diese Art des Suizids in der Statistik verschweigt, weil die Nachahmung zu verlockend wäre.

Als ich wieder da war, ging auch für mich der Terror los. Ich bin jeden Tag mit einem mulmigen Gefühl zur Tür rein. Ist noch jemand da? Das war täglicher Horror. Er redete jeden Tag davon. Sein Kumpel ist in seiner Heimatstadt von Pontius und Pilatus gerannt, um Hilfe anzufordern. No way. Ich hab mich damit sowieso überfordert gefühlt. Hab eher meine Scherze gemacht. Aber was will man machen?

Dann war hier in Berlin die Pyronale. Das Feuerwerk konnte wir von hier aus sehen und auch die Musik hören. Er war durch seinen Entschluss so gut drauf, dass wir uns ausnahmsweise sogar mal Nachts verabschiedet haben. Friede, Freude, Eierkuchen und dann kein Mucks mehr.

Das Problem an der ganzen Sache ist für mich nachwievor: wir waren ja mal zusammen und haben uns auch irgendwie zusammengerauft - auch als nix mehr lief. Er war halt da. So wie ich da war. In gewisser Weise waren wir ein eingespieltes Team und selbst wenn es mal Streit gab, war spätestens am nächsten Tag wieder alles okay. Ich hab ihn nicht gehasst. Er hat viel für mich getan und ich hab ihn letztlich einen Tritt verpasst. Dafür hasse ich mich. Ego gegen Ego. Und es ist dieser Ego-Fight, der mir ein normales Leben auch jetzt noch nicht wieder möglich macht. Ich hab das Gefühl, ich bin ein Monster, das über Leichen geht.

Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an ihn denke. Keine Woche, dass ich nicht fürchterlich heulen muss. Manchmal spüre ich auch Anwesenheit. Das Schlimmste waren die Telefonate mit seiner Mutter, deren Mann (sein Vater) sich auch in der eigenen Wohnung selbst getötet hatte. Ich werde ihre Worte beim ersten Anruf niemals in meinem Leben vergessen. Wie konnte das passieren? Ich konnte nur noch heulen. Ich muss jetzt auch mal wieder anrufen. Doch ich schieb es von einem Tag auf den nächsten.

Was ich wirklich schlimm finde, sind meine eigenen Gedanken. Durchs "Vormachen" isses so einfach geworden. Das muss weg! Die Gedanken an den Tod sind täglich da und das zieht mich immer weiter runter - trotz wirklich guter Perspektiven.

Ich fühle mich massiv schuldig, weil ich genau weiß, dass ein gutes Gespräch das verhindert hätte. Aber ich war zu keinem Gespräch bereit. Er hat es ganz oft probiert, stand heulend vor meiner Tür und ich hab ihn weg geschickt. Da ging es um keine Beziehungsproblematik, es ging um den Umgang mit dem Leben. Ich hab früher immer allen geholfen - wo und wie ich nur konnte. Und hier hab ich mich komplett gesperrt. Dabei war er trotzdem irgendwie ein Mensch, mit dem ich es ausgehalten habe. Augenhöhe war da. Ich hab mit seinem Freund oft und lange drüber diskutiert. Und das Ergebnis war klar: was auch immer mir mein Ex-Lover und Wohnungsgenosse auf dem Kerbholz hatte...ich war keinen Deut besser. Wir sind beide durch harte Schulen gegangen, die nicht immer sauber waren, waren eigensinnig und haben drauf beharrt, auch so zu bleiben. Menschen mit solchen Vitas kriegt man kaum mehr ins normale Leben zurück. Nie mehr, eigentlich.

Damit muss ich grad leben lernen. :o
 
Ich fühle mich massiv schuldig, weil ich genau weiß, dass ein gutes Gespräch das verhindert hätte. Aber ich war zu keinem Gespräch bereit.

Liebe Venus-Pluto!

Das ist ein Irrtum. Den müsstest Du erkennen, denn dieser Irrtum hält Dich an der "Schuld" fest.

Wenn EIN gutes Gespräch fähig wäre, einen Menschen, der im Suizid die Erlösung sieht, davon abzuhalten, gäbe es keine Selbstmorde mehr.

Du schreibst, der Entschluss dazu hatte ihn beflügelt. Ein Mensch, der im Suizid die Lösung sieht, kriegt bei dem Entschluss dazu diesen "Kick" der ihn sogar lachen lässt. Er sieht das in diesem Moment als einzig wahre Lösung aller Probleme. Du hättest mit einem Gespräch da nichts erreichen können, er hätte therapeutische Hilfe benötigt und das massiv und längerfristig - therapeutische Hilfe von einem Menschen, der NICHT in sein Umfeld verstrickt war, so wie Du und die Freunde.

Da Du schreibst, sein Vater wäre denselben Weg gegangen, wäre eine Familienaufstellung da auch sicher aufschlussreich.

Der Onkel des Mannes, der sich umgebracht hatte, hatte sich auf ähnliche Weise umgebracht, auch dessen Vater, also sein Großvater. Da gibts Verstrickungen, die man ansehen könnte.

Bitte hol Dir therapeutische Hilfe, das Paket, das Du trägst, ist eindeutig zu schwer für einen Menschen. Hast Du Adressen von Therapeuten?

Liebe Grüße
Suena
 
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Ihr Lieben,


Es gab auch für mich einen Abschiedsbrief. In dem Stand: Jetzt haste endlich deinen Willen.

Liebe venus-pluto,

um Gottes willen.

Das ist das LETZTE, bitte, das ist wirklich das LETZTE. Sicherstellen, daß man jemand anderen auch posthum noch weitermanipulieren wird. Ich krieg einen solchen ZORN, wenn ich sowas lese. So eine Unverschämtheit, wirklich. Was ist das bittschön - ich beschließe, meinem Leben SELBST ein Ende zu setzen - und nicht einmal für diesen Scheiß bin ich bereit, Verantwortung zu übernehmen???? Das muß ich auch noch wem anderen überstülpen?????


Ich bitte dich, mach eine Therapie. Befreie dich von dieser irrsinnigen Anschuldigung.

Das wäre nicht mit "einem" Gespräch zu verhindern gewesen, bitte steigere dich nicht in diese Selbstanklage hinein. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich hatte eine nahestehende Person, mit der WURDEN genau die Gespräche geführt. Sie hat sich dennoch umgebracht. Du kannst als Laie ganz sicher niemanden vom Suizid abhalten - und manchmal könnens auch die Geschulten nicht.

Liebe venus, das ist das Wichtigste, was einer in seinem Leben lernen sollte: daß er für den ganzen Mist, den er baut, selbst eine Verantwortung hat. Das heißt "erwachsen werden". Der Typ hat das erfolgreich verweigert. Bis in die letzte üble Konsequenz. Niemand, bitte niemand hat das Recht, dir dermaßen seelische Gewalt anzutun.

Ich wünsche dir eine gute therapeutische Begleitung (übrigens auch dem Freund, der auf diese fatal mißglückte Art vielleicht auch durch Absurdität zu helfen versucht hat), damit du dich aus diesen Fallstricken befreien kannst.

Liebe Grüße
Kinny
 
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