Schnee, der auf Gräber fällt.

nakano

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Linz Oberösterreich
Ein Zeitungsartikel vom Sonntag, der sehr viel aussagt.
lg nakano

Zum ersten mal allein am Heiligen Abend. Letzte Weihnacht, da war der geliebte Mensch noch da. Schmerz, der das Herz zerreissen will, und Schmerz, der sich in tiefe innige Liebe verwandelt. Wie stark manche Menschen sein müssen, am Heiligen Abend.

Last christmas, das fröhliche Folterlied, das aus allen Geschäften, Passagen und Radios dröhnt. Kann ich nicht mehr hören, sagen jene, die es den ganzen tag hören müssen. Aber wirklich weh tut es denen, die es plötzlich ganz anderes hören müssen.

Last christmas. Wenn es die letzten Weihnachten waren, die man noch miteinander hatte. Wenn jetzt der erste Heilige Abend kommt, an dem ein geliebter Mensch fehlt in der Familie. Der erste Heilige Abend ganz allein, für viele.

Jeder Einkauf eine Tour der Schmerzen. was sich der Mensch, der nicht mehr da ist, vielleicht gewünscht hätte. Was man dem Menschen, der nicht mehr da ist, schenken möchte. Strassen der Lichter und des vermeintlichen Glücks funktionieren nicht mehr. All der Glitter, die Pracht und die Fröhlichkeit. Und wenn man alles Geld der Welt hätte, es würde nichts nützen.

Ich möchte Weihnachten am liebsten nie mehr feiern. Nie mehr. Sagen Menschen, die der Heilige Abend plötzlich mit einer Überdosis Schmerz bedroht. Alles, alles wird an den geliebten Menschen erinnern. Die Erinnerung wird sein, wie eine einzige offene Wunde. Nie mehr Weihnachten? Irgendwann wird wieder Weihnachten sein.


Weit fortgehen, irgendwohin wo nicht Weihnachen ist wie daheim. Kein Schnee, keine Lichter, keine Lieder. Allein unterm Christbaum, allein mit den Bildern und Gerüchen in denen sie mit ihren Liebsten verwoben waren. Nichts mehr, was man miteinander tun kann. Man hat doch, als wär’s gestern gewesen, alles miteinander geteilt.

Mütter und Väter, die zum ersten mal Weihnachten ohne ihr Kind durchstehen müssen. Grausam, wenn sie den Geschwistern des verlorenen Kindes Weihnachten trotzdem irgendwie schön machen wollen, noch grausamer, wenn sie ihr einziges Kind verloren haben. Weil sie ihr Kind an einen Raser verloren haben, an einen Unfall, an eine schreckliche Krankheit. An ein Drama, das man nie, nie, nie verstehen möchte.

Familien, denen die Mutter oder der Vater herausgerissen wurde. Die Kinder die auf alle Wünsche verzichten würden, wenn nur die Mama wieder käme. Die Kinder, die ihrer Mama oder ihrem Papa Zeichnungen aufs Grab legen müssen. Liebe Mama…..

Alte Menschen die plötzlich lernen müssen, was es heißt, ganz allein zu sein. Das Leben war bisher nicht leicht, aber es war leichter, weil man zu zweit war. bis dass der Tod uns scheidet…. Ein Satz, der ein Treuegelübte im Glück war. und dann kommt der Tod und hält Wort.

Schnee der auf Gräber fällt wie ein kleines Zeichen des Trostes. Der weisse Mantel über allem. Die Hand, die in der Totenstille ein Streichholz entzündet und eine Kerze. Das wesentliche, das von der Liebe bleibt. Nicht die Geschenke, nur das Licht und das Lächeln.

Die Toten, die den Lebenden so viel voraus haben. Sie haben keine Schmerzen mehr, keine Wut, keine Angst, keine Trauer. Keine Eitelkeit, keine Gier, keinen falschen Trubel in der Stille. Tröstlich der Gedanke, wenn es gelingt, wenn er über den Schmerz hinausgewachsen ist.

Wen man die Toten nur fragen könnte. Wenn man sie nur fragen könnte nach dem Weihnachtswunsch. Manchmal kann man sie fragen. Ihre Antwort tief drinnen in sich selber hören. Nicht weinen, nicht verbittern, nicht verzagen. Weihnachten begreifen als das Fest des Lichtes, das viel heller leuchtet als alle Kaufhausketten der Welt.

Schnee der auf Gräber fällt. Die Lichter, die dort flackern am Heiligen Abend. Die Nähe die auf einmal da ist. Ein Bild das auftaucht von einem wunderschönen Augenblick, den man gemeinsam hatte. So schön, dass Tränen in den Schnee tropfen.

Das Fest der Liebe, wenn die Liebe in eine andere Ebene gewechselt ist. Innig, schmerzhaft und nah und schön. So nah sind einander die meisten Lebenden nicht, wie die Menschen einander nahe sind, die der Tod trennte.
 
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hallo!
Hast Recht! Der Artikel sagt sehr viel aus!! Meine Tochter wünscht sich heuer auch nichts,außer das der Papa zurück kommt!
Wir werden Weihnachten mit meinen Mann verbringen! Wir haben einen Christbaum fürs Grab!! Meine Tochter spielt mit ihrer Gitarre"Last Christmas",weil das meinen Mann sehr gut gefallen hat!!! Sie übt ganz schön fleißig..
Danach werden wir es uns bei meiner Schwiegermutter gemütlich machen und wer weiß vielleicht ist mein Mann auch in der Runde.... Liebe Grüße
 
Nicht umsonst gibt es um Weihnachten rum die meißten Selbstmorde.

Weihnachten ist für etliche Menschen grauenhaft.

Viele laufen herum, ganz im Weihnachtsrausch, shoppen, glücklich, man schenkt und wird beschenkt, alles passt, heissa.....und anderen graut es vor dem Tag.

Überall fröhliche Stimmung, in nahezu jedem Haus kann man Abends den Weihnachtsbaum durch die Fenster sehen, und Familien die zusammen feiern.
Und einige sind allein, oder auch nahezu allein, haben Sorgen, es passt nichts, jemand ist gestorben, oder es gibt einfach keine glückliche Familienidylle, oder es gibt einfach gar niemanden.
Für die Menschen ist die "friedlichste Zeit", die "grauenvollste Zeit".
 
Da hatte ich mal ein Gedicht geschrieben:


Der Baum bleibt ungeschmückt.
Die Geschenke bleiben ungeöffnet.
Die Gans, erkaltet fast unberührt.

Weihnachten wird allein geblieben.
Trist und grau der Heilig Abend,
Einsam und freudlos die folgenden Tage.

Letztes Weihnachten war schön,
Da war der andere noch da.
Geblieben sind die Tränen,
Die man zum Abschied vergoss.
Fast überwunden, ist die Trauer wieder da.

Weihnachten kann so grausam sein.


© by Ingo Borm (Jimmy Voice)
 
Liebe Nakano,

du hast mir aus dem Herz gesprochen. Für uns ist es das erste Weihnachten ohne unseren Mann/Vater und wir würden alles dafür geben was wir haben, wenn wir ihn damit zurückholen könnten. Mir ist als ob man mein Herz in zwei Teile gerissen hätte und ein Teil fehlt. Ich habe das Liebste verloren was ich besessen habe. Aber Weihnachten macht auch vor uns nicht halt, wir müssen schauen, dass wir die Tagen überstehen. Mit seiner Hilfe wird uns das gelingen.

lg. Elli
 
Halo,

dieser Zeitungsartikel ist sehr gefühlvoll geschrieben - einfach wunderschön.

Seit dem Tod meines Sohnes kann ich Weihnachten auch nicht mehr viel abgewinnen.
Ich feiere dieses Fest der Liebe eigentlich nur noch wegen der Liebe zu meinen anderen Kinder.
Wir werden aber auch am Grab ein wenig feiern und ich hoffe dass uns Angelis, so wie schon voriges Jahr, auch heuer wieder einen Besuch abstattet.

So könnte es vielleicht doch noch ein schöner Abend werden.

lg
Susanna
 
ich bin ganz sicher, daß unsere lieben bei uns sind in dieser zeit, wissen sie ja, daß wir traurig sind ohne sie.
was ich aber mehr als weihnachten fürchte, ist silvester. weihnachten weiche ich aus, indem ich mir keine filme anschaue, die auf das gemüt gehen, ich habe auch nicht dekoriert. ich habe "das glück", daß ich alleine bin und mich nicht damit konfrontieren muß. silvester kann man nicht ausweichen, der dargestellten fröhlichkeit der menschen, der knallerei ist man ausgesetzt. naja, heulen tue ich bei beiden festen, da greift die einsamkeit fest zu. ich kann aber auch nicht zu freunden gehen, das halte ich gar nicht aus, wenn dort heile welt herrscht.
es ist das 4. weihnachten und silvester, aber weh tut es noch immer.
lg nakano
 
Liebe Nakano,

wir haben ja auch schon über PN geschrieben. Mir graust es defintiv auch, vor weihnachten und auch vor silvester. Wir haben dieses jahr auch überhaupt nichts geschmückt und gar nichts. für uns werden dies tage sein wie jede andere auch. Hoffentlich !!!! Genauso bei Silvester, die gespielte Fröhlichkeit und so das wollen wir alles nicht. Aber meine Kids wollen um 12 Uhr auf ihn anstossen und Raketen in den Himmel für ihn schiessen, aber da ist die trauer schon wieder vorprogrammiert, obwohl sie sowieso da ist. Das fliessen wieder die tränen. Aber ich bin mir auch sicher, dass unsere Lieben da sind und uns helfen diese Sch......tage zu überstehen.

lg. elli
 
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mein name ist jutta ich komme aus wien und habe diesen zeitungsartikel aufgehoben weil mein geliebter mann am 17okt2008 verstorben ist meine kinder und ich sehen hl.abend mit grauen entgegen. uns zerreisst es fast vor trauer und schmerz, lg juttah
 
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