Fünftens. Im Zusammenhang mit dem Treffen in Paris hat die Kommission erklärt,
dass sie in den Beihilfeverfahren zum Beispiel, wenn Landesbanken Stützungen
erhalten die Spielräume voll und flexibel ausschöpfen will. Ich glaube, das ist
in diesem Zusammenhang ein ganz wichtiges Signal.
All diese Maßnahmen dienen nicht etwa der Rettung von Institutionen als
Selbstzweck deshalb gibt es keine Blankoschecks oder dem Schutz von Managern, die
Fehlleistungen erbracht haben. Nein, alle diese Maßnahmen dienen dem
Funktionieren unserer Wirtschaft und vor allen Dingen den Bürgerinnen und Bürgern
in unserem Land.
Dazu gehört auch die am Sonntag vom Bundesfinanzminister und mir abgegebene
Erklärung im Namen der Bundesregierung, dass kein Sparer um seine Einlagen
fürchten muss. Ich sage hier noch einmal: Diese Erklärung gilt. (King Merkel ?)
Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um das Vertrauen in unsere
Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Die soziale Marktwirtschaft das ist meine
feste Überzeugung ist das beste Wirtschafts- und Sozialmodell, das es gibt.
Wie jede Krise bietet auch diese Krise des Finanzsektors eine Chance. Sie bietet
die Chance, dass alle innerhalb und außerhalb Deutschlands die internationale
Dimension der sozialen Marktwirtschaft erkennen, verstehen lernen und den
Anspruch erheben, sie gestalten zu wollen. Dafür haben wir während unserer
G-8-Präsidentschaft, konkret beim Gipfel in Heiligendamm, gekämpft. Damals das
muss man im Rückblick sagen war es vergebens; jetzt erkennt aber eigentlich auch
der Letzte, wie nötig es schon damals gewesen wäre, Vorschläge zu unterbreiten
und Maßnahmen zu treffen. Deshalb sind die gleichen Vorschläge natürlich
ausgeweitet Teil der Langfriststrategie der Bundesregierung für die Gestaltung
der sozialen Marktwirtschaft in ihrer internationalen Dimension.
Wir wissen deshalb können wir hier nicht nur national handeln , dass dafür ein
abgestimmtes europäisches und internationales Handeln erforderlich ist. Dies
haben wir immer wieder betont, zum Beispiel bei der Transparenz-Initiative,
vertreten durch die Finanzminister sowie die Staats- und Regierungschefs.
Wir haben im September mit dem französischen Staatspräsidenten in einer
gemeinsamen Erklärung Deutschlands und Frankreichs alle europäischen und
internationalen Positionen zur Lösung der Probleme festgeklopft und sie dann in
einem Treffen mit dem britischen Premierminister und dem italienischen
Ministerpräsidenten konkretisiert.
Wir haben uns für Maßnahmen im internationalen Bereich eingesetzt. Dabei berufen
wir uns in besonderer Weise auf das, was von den Finanzministern mit
ausgearbeitet wurde: die Vorschläge, die das Forum für Finanzmarktstabilität im
April 2008 den G-7-Finanzministern, die ein wenig an der Ausarbeitung beteiligt
waren, vorgelegt hat. Daraus ergeben sich die entsprechenden Ziele.
Es geht um die Verbesserung des Liquiditätsmanagements. Es geht um die Behandlung
außerbilanzieller Risiken; wir haben bei der IKB schmerzhaft miterlebt, welche
Folgen sich daraus ergeben. Es geht um die Bewertung illiquider
Vermögensgegenstände. Es geht um Transparenzregeln auf den Finanzmärkten, und es
geht um den Umgang mit Ratings.
Die G-8-Staats- und Regierungschefs haben im Juli 2008 einen Fortschrittsbericht
des Forums entgegengenommen und gebilligt. Allerdings muss ich sagen: Auch im
Sommer war der Enthusiasmus über diese Regeln zumindest auf der Ebene der Staats-
und Regierungschefs noch nicht so groß, wie er hätte sein müssen.
Wir können allerdings feststellen, dass bei der Umsetzung bereits erste und auch
wesentliche Fortschritte zu verzeichnen sind. Zahlreiche weitere Vorschläge des
Forums sollen bis Ende 2008 verwirklicht werden. Der Bundesfinanzminister wird in
den nächsten Tagen nach Amerika reisen und diese Diskussion natürlich fortsetzen.
Die Bundesregierung wird also an der Spitze derjenigen stehen, die solche
Regelungen fordern.
Bis Ende 2008 müssen vergleichbare Arbeiten auf europäischer Ebene abgeschlossen
werden. Dazu gehört insbesondere die neue Regulierung von Ratingagenturen; denn
diese haben einen erheblichen Anteil an den falschen Bewertungen, wie wir sie
jetzt erleben.
Man muss vor allem darauf achten, dass das Finanzsystem selbst die richtigen
Anreize setzt. Wir brauchen Finanzmärkte und adäquate Mechanismen, die nicht nur
aus Regulierungen, sondern auch aus Anreizen bestehen. Diese Anreize müssen so
gesetzt werden, dass eine einseitige Fokussierung der Banken auf kurzfristige
Unternehmensstrategien verhindert werden.
Eine Ursache der Krise war, dass Kredite vergeben wurden, die erst nach Jahren
fällig waren. Die Bonuszahlungen wurden aber bereits nach einem Jahr
ausgeschüttet, ohne dass man wusste, ob für dieses Produkt nach seiner
Bewährungsprobe überhaupt eine Zahlung eingeht. Das ist ein Unding und darf so
nicht sein.
Daraus resultiert, dass für die Vergütung der Manager der langfristige
Unternehmenserfolg und nicht die Kurzfriststrategie das entscheidende Kriterium
sein sollte.
Ich bin zuversichtlich, dass durch die Umsetzung der Empfehlung des Forums, die
Vorschläge der Europäischen Union und das Setzen richtiger Anreizstrukturen die
Grundlage dafür geschaffen wird, dass eine vergleichbare Krise in Zukunft nicht
mehr entstehen kann. Das heißt, dass wir eine Architektur bekommen, in der sich
solche Fehler verbieten.
Wir müssen in dieser Situation kritisch hinterfragen, ob die Bankenaufsicht ihren
Aufgaben gerecht geworden ist.
Wir brauchen eine vorausschauende Aufsicht, die sich aufbauende Fehlentwicklungen
rechtzeitig erkennt und die dann auch handelt. Dafür müssen Strukturen überprüft
und gegebenenfalls verbessert werden.
Das gilt für den nationalen Bereich, aber natürlich auch für den europäischen und
für den internationalen Bereich.
Deshalb wird die Bundesregierung überlegen in Bezug auf die nationale Ebene , ob
das Zusammenspiel zwischen BaFin und Bundesbank noch effizienter gestaltet werden
kann. Es muss auch sichergestellt werden, dass die internen
Entscheidungsstrukturen schnelle Reaktionen möglich machen. Wir sollten an dieser
Stelle keine Schnellschüsse machen, aber wir sollten konsequent an dieser Frage
arbeiten.
Diese Krise bietet die Chance, besser zu verstehen, dass auf der einen Seite
Freiheit und auf der anderen Seite Ordnung keine Gegensätze sind, sondern dass
sie in der sozialen Marktwirtschaft zusammengehören. Wir wollen die menschliche
soziale Marktwirtschaft. Das ist eine Marktwirtschaft, die dem Menschen und dem
Einzelnen dient.
Es gibt wahrlich nichts zu beschönigen. Dafür bietet die Lage keinen Anlass. Die
langfristigen Auswirkungen der Finanzmarktkrise sind heute noch nicht absehbar.
Das gilt auch für die Auswirkungen auf unser Wachstum und unser Land. Wir sind
eine exportorientierte Wirtschaft. Wir müssen uns mit gestiegenen Energie- und
Nahrungsmittelpreisen auseinandersetzen.
Ich sage in dieser schwierigen Stunde aber auch: Deutschland ist stark.
Deutschland hat sich in den letzten Jahren sehr gut aufgestellt. Daran haben
viele mitgewirkt. Deutschland ist für den globalen Wettbewerb gerüstet. Ich bin
der festen Überzeugung, dass uns das helfen wird, die Folgen der
Finanzmarktkrise, auch wenn es nicht einfach wird, zu meistern.
Der Reformkurs der Bundesregierung war und ist dafür unabdingbar, und er macht
sich bezahlt. Das umfasst die Haushaltskonsolidierung, die Senkung der
Lohnzusatzkosten (hö ? Gesundheitsfond vergessen, Gedächtnisschwund ?), die Reaktionen auf die demografischen Veränderungen unserer
Gesellschaft ich erinnere an die Rente mit 67 und die konsequenten Investitionen
in Bildung und Innovation. Ich glaube, dass auch die Ergebnisse der Sitzung des
Koalitionsausschusses in der letzten Woche ein weiterer Beleg dafür sind. (auweia)
Ich sage ausdrücklich: Gerade in dieser Situation werden wir diesen Weg
konsequent fortsetzen. Es wäre das allerfalscheste Signal, jetzt von dem Kurs
abzuweichen. Das Ziel ist, Vertrauen zurückzugeben, Vertrauen zu stärken; denn
Vertrauen, das ist die Währung, in der gezahlt wird. Ich glaube, dass jeder von
uns wir in diesem Hause, vor allen Dingen aber die Akteure im Lande einen Beitrag
dazu leisten kann, dass Vertrauen wiederhergestellt wird.
Die Bundesregierung ist entschlossen, diesen Weg ruhig und besonnen, aber mit
aller Entschlusskraft zu gehen.(erninnert irgendwie an Helmut Kohl, er hat auch alles ausgesessen)
Lassen Sie mich zum Abschluss eines sagen: In diesen Tagen der Krise gibt es
viele, die bis an den Rand der Belastbarkeit arbeiten. Ich möchte all denen zum
Schluss dieser Regierungserklärung noch einmal ein Dankeschön sagen.
Ob es in der Bankenaufsicht, in den Ministerien oder zum Teil auch in den
privaten Banken ist wir brauchen Akteure, die sich für unser Land einsetzen. Es
ist gut, dass es sie gibt. Deshalb bin ich auch optimistisch, dass wir diesen Weg
weitergehen können.
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Nr. 104-1 (62 KB)
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