Zu meinen Zeiten musste man sich den Zivildienst erst mühsam erkämpfen. Da gabs die sog. "Gewissensprüfung", die herausfinden sollte, ob man sich nur drücken wollte, oder ob die Verweigerung eine Gewissensentscheidung war.
In erster Instanz fiel so gut wie jeder durch, wenn nicht gerade Zeuge Jehovas war. In der zweiten noch sehr viele, erst in der dritten gab es reale Chancen auf Anerkennung. Man wollte damit die Kriegsdienstverweigerer zermürben und ihren Verweigerungswillen schwächen. Über die perfiden und absurden Methoden solcher Verhöre hat Degenhardt seinerzeit ein treffendes Lied geschrieben. Wer jetzt denkt, Degenhardt hätte übertrieben, der ist schief gewickelt. Genauso wars!
Das Lied von Degenhardt ist von 1972, da mag das noch so gewesen sein, zu meiner Zeit sah das schon etwas anders aus. Da galten Zivildienstleistende nicht mehr als linke Hippies und Drückeberger, sondern waren gesellschaftlich genauso akzeptiert, wie Wehrdienstleistende. Und um die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer musste ich auch nicht viel kämpfen. Ich hatte mir zwei oder drei Anträge besorgt, die erfolgreich waren, und mir daraus meinen eigenen zusammengebastelt. Der ging dann auch gleich beim ersten Versuch durch.
Ich habe während meines Zivildienst in einem Krankenhaus gearbeitet, was ich ohne Dienstpflicht niemals getan hätte. Aber ich habe dabei Erfahrungen gemacht und Begegnungen gehabt, die ich nicht missen möchte. Im Nachhinein war ich dem "Staat" auch ein bisschen dankbar dafür. Als Sklave habe ich mich jedenfalls nie gefühlt, und so weit ich weiß war das auch bei meinen Mit-Zivis nicht so.
Auf der anderen Seite kenne ich einige Fälle, in denen sich Leute für den Wehrdienst entschieden haben, die sonst nie auf die Idee gekommen wären, zum Militär zu gehen. Dazu muss man wissen, dass der Zivildienst immer ein paar Monate länger dauerte, als der Wehrdienst. Auch als die Dienstzeit nach und nach verkürzt wurde, hat man immer auf diesen Abstand geachtet. Das machte den Grundwehrdienst für viele interssant, die möglichst schnell nach dem Schulabschluss eine Lehrstelle oder ein Studium antreten wollten. Dadurch wurde die Bundeswehr ein wenig bunter. Ich für meinen Teil habe jedenfalls nie so ganz verstanden, warum die Wehrpflicht ausgesetzt wurde. Sie jetzt wieder einzuführen, oder einen Ersatz dafür zu schaffen, ist natürlich schwierig.
Finanziell Bessergestellte konnten sich vom Wehrdienst freistellen lassen, Menschen die vom (Familien-) Betrieb für unabkömmlich erklärt wurden und solche die ein passendes Attest vorweisen konnten, psychisch oder körperlich nicht geeignet zu sein. Der Juniorchef eines Versandhandels für Elektronikartikel hatte mir über die Möglichkeit erzählt. (Er hatte sich trotzdem für den Wehrdienst entschieden, als der kalte Krieg noch aktuell war.) Wehrdienst also nur für die, die sich nicht wehren können?
Solche Fälle wird man nie ausschließen können, trotzdem hat die Wehrpflicht meiner Meinung nach dazu geführt, dass die Bundeswehr mehr ein Abbild der Gesellschaft war, als sie es heute ist. Debei geht es nicht nur um den Wehrdienst an sich. So wie durch den Zivildienst Menschen in Pflegeberufen gelandet sind, die sonst vielleicht etwas ganz anderes gemacht hätten, ist so mancher auch nach dem Grundwehrdienst beim Militär geblieben, haben Leute eine Offizierslaufbahn eingeschlagen, die eben nicht am Lagerfeuer besoffen Nazilieder grölen.
Ich nicht. Es ist einfach nur: Ein Jahr unbezahlte Arbeitskräfte, was natürlich jedes Arbeitgeberherz höher schlagen lässt.
Das kann man auch anders sehen. Die Menschen werden dem freien Arbeitsmarkt für ein Jahr entzogen, um dafür einen staatlich regulierten Dienst an der Gesellschaft zu leisten.
Und eine Wehrpflicht für Frauen ist vollends barbarisch.
Warum eigentlich?
Das haben sich ja nicht einmal die Faschisten damals einfallen lassen.
Na ja, die hatten aber auch ein anderes Frauenbild, als wir es heute haben. Statt selbst in der Armee zu dienen, sollten Frauen zuhause bleiben, viele neue Soldaten gebären und sie zu guten Faschisten erziehen.