Neptunmärchen

Teil neun.



Schütze.



Man merkte den Elefanten und ihren Kindern an, wie sehr die Lebensfreude zurückgekommen war. Die Luft wurde wieder etwas wärmer und windiger zugleich. Links war immer wieder das weite Meer zu sehen und die Landschaft vor ihnen zeichnete sich durch sanft ansteigende Hügel aus. Dahinter war ein hohes Gebirge in Sicht. An einer geräumigen Lichtung machte die Herde Rast. Ringsum lagen gegarte Baumfrüchte am Boden, und die Tiere hatten keine Mühe sich die Früchte in Ruhe schmecken zu lassen. Einige waren durch die Gärung berauscht und wankten ein wenig hilflos uns schwerfällig hin und her. Dabei wurden sie fast übermütig und trampelten wie im Tanz auf der Lichtung. Das Leittier hielt sich mit den gegarten Früchten sichtlich zurück und weidete lieber im satten Gras. Simutu ging neben ihn her und dabei erzählte ihm der Elefant von mutigen Kriegern, welche nur die Größe eines Zwergs haben. Sie konnten sich wie leise Raubkatzen durch die Büsche hindurch bewegen und hatten Bögen mit vergifteten Pfeilen. „Aber uns tun sie Nichts!“ sagte der Elefantenanführer zu Simutu. „Wir befinden uns jetzt in einer Gegend, wo viele Jäger unterwegs sind. Auch Raubtiere, nicht nur die zwerghaften Jäger! Auch habe ich an anderer Stelle sonderbare Wesen gesehen. Sie hatten Arme und Gesichter wie die Menschen. Aber ihr Rumpf war der eines Pferdes! Sie scheinen ungemeine Kraft zu haben, aber uns gegenüber sind sie sehr friedlich gesinnt.“ Simutu wurde neugierig und wollte mehr über dieses Hufgetier wissen.



Aber der Elefant meinte, dass es nicht so wichtig sei und so fragte er nicht mehr nach. Das mächtige Tier mit seinen Stoßzähnen aus Elfenbein bemerkte die Neugier und sagte nach einiger Zeit: „Mir kommen diese Wesen so vor, als wenn sie ihre Instinkte überwunden haben und dabei sind Menschen zu werden. Trotzdem, sobald sie sich an den Trauben berauscht haben, führen sie sich im wahrsten Sinne des Wortes wie galoppierende Wildpferde auf. Aber sie trinken nicht so oft und so kann man mit ihnen bestens auskommen. Die Raubkatzen sind für unsere Jungen jedenfalls weitaus gefährlicher. Daher schützen wir sie immer möglichst in der Herde in unserer Mitte. Uns trauen sie sich nicht anzugreifen. Ich habe selber schon öfters mit meinem Rüssel Löwen durch die Luft geschleudert, so dass sie pfauchend das Weite gesucht haben!“



Als sich die Herde gelabt und ausgeruht hatte, blies der Leitelefant zum Aufbruch. So setzte sich die zahlreiche Herde mit ihren Kindern behäbig in Gang, zielsicher auf Orte bedacht, wo es Wasser und Fressen für sie gab. Nach einigen Tagesmärschen kamen sie den Hügeln näher, so dass das Gebirge einen immer mächtigeren Eindruck machte. Simutu zog sein geschliffenes Glas aus der Tasche und schaute hindurch. Am Horizont der Hügel konnte er eine Art Tempel erkennen mit goldener Kuppel, welche das Licht stark reflektierte. „Was ist das für ein Tempel?“ fragte er den Elefanten. „Soviel ich weiß, thront dort der Herrscher auf hoher Anhöhe in dieser Gegend! Er dürfte magische Kräfte besitzen, und sein Ruf zeugt landesweit von seiner Großzügigkeit. Oft feiert er im Tempel seine zeremonielle, magischen Rituale und Feste. Dabei scheint der ganze Hügel die Nacht zu durchleuchten. Viele seiner Untertanen arbeiten in den Weinbergen. Die anderen befassen sich mit allen möglichen Wissenschaften und sind ständig auf Sinnsuche. Alles hinterfragen sie, so dass aus seinem Volk schon viele große Denker hervorgegangen sind. Die Gelehrten treffen sich sehr häufig. Sie sind optimistisch gestimmt und jovial anderen gegenüber!“ sagte der Elefant und versuchte seine Worte mit heftigen Rüsselausschlägen Wirkung zu verleihen. Simutu fragte, ob die Elefanten ihm zu dem Herrscher bringen könnten. Aber der Elefant sagte ihm, dass die Herde die Hügel nur seitlich streifen wird. Und in das Gebirge wollten sie nicht, was Simutu verstehen konnte.



So setzten die Elefanten Simutu am Rande der ansteigenden Hügel ab. Aber sie sagten zu ihm, dass sie in einiger Zeit wieder hier vorbeikommen würden. Dann könnte er jederzeit wieder mit der Herde weiterziehen. Sie markierten die Stelle gut, so dass man sie wieder sehen und finden konnte. Dabei schichteten die Elefanten einige abgestorbene Bäume mit ihren Rüsseln zu einem großen Holzhaufen zusammen. Mit einem lauten Trompeten verabschiedete sich die Elefantenherde mit ihren Kindern von Simutu. Aber sie waren nicht traurig, weil sie wussten, dass es ein Wiedersehen geben wird. Simutu schritt frohen Mutes dem Tempel entgegen. An einem Bach machte er Rast und bemerkte, wie die Vögel stiller wurden. Er hörte in der Ferne ein verdächtiges Geräusch in dieser Stille. Nach einiger Zeit sah er mit Pfeil und Bogen bewaffnete Zwergmenschen aus dem dichten Gestrüpp sich anschleichen. „Kommt nur her, ich bin in friedlicher Absicht unterwegs. Ich wollte euch fragen, ob ihr mir einen kurzen Weg zu diesen schönen Tempel zeigen könntet?“ Die Zwergmenschen wollten sich zunächst wieder zurückziehen. Aber sie sahen, dass Simutu unbewaffnet war. Und so getrauten sie sich schließlich doch sich ihm zu nähern. „Wir sind Krieger vom Stamme der Pygmäen und sind auf Jagd und Nahrungssuche!“ Simutu öffnete seine Tasche und überreichte den zwei Kriegern einige Früchte, die er vom Boden an der Lichtung aufgehoben hatte. Die Krieger waren darüber sehr erfreut und sagten zu Simutu, dass hier sehr selten Menschen vorbeikommen.



Vielmehr wohnten in der Gegend diese Pferdmenschen. Von denen hätten sie immer ihren Frieden und manchmal tauschen sie ihre Beute gegen brauchbare Pfeile und Bogen ein. Er sagte, dass die Pferdmenschen selbst hervorragende Bogenschützen wären und ihre Pfeile fast immer genau treffen. Sie selbst haben schon Unterricht im Schießen bei den Pferdmenschen genommen. Seitdem treffen sie selbst immer öfter ins Ziel. Simutu war beeindruckt und wollte über den Weg Antwort bekommen. Aber er kam nicht zum Fragen, da ihn die Pygmäen vorschlugen mitzukommen. „Unser Dorf befindet sich auf den Weg, welchen du suchst! Komme mit uns und stärke dich in unserem kleinen Dorf. Simutu willigte freudig ein und so kamen sie nach drei Stunden am Dorf der Krieger an. Hinter dichten Büschen und hohen Steckpalmen sorgten Palisaden aus Holz für Schutz. Dabei bildeten geflochtene Hütten einen Kreis, in welchem sich die Feuerstelle befand. Eine Quelle sorgte stets für frisches Wasser und an der höchsten Palme befand sich ein kleiner Ausblick, so dass man die nahe Umgebung immer im Auge haben konnte.



Die vielen Kinder schauten neugierig, als Simutu durch das kleine Holztor durchschritten hatte. Bald scharrten sie sich um ihn und betasteten sein Haupt. Dann warfen sie kleine Steine nach einem Tontopf, und Simutu konnte sehen wie geschickt sie waren und wie oft sie den Topf trafen. Dabei lachten sie und ihre perlend weißen Zähne blitzten hinter roten Lippen hervor. Der Häuptling der Pygmäen bat Simutu an seiner Seite Platz zu nehmen und sorgte für Speisen und ausgepresste Trauben, die in kleinen Silberbechern gereicht wurden. „Wie du siehst, sind wir sehr klein, aber dafür zeigt unser Geist wahre Größe! Unser Geruchsinn ist wie bei den mutigen Löwen ausgeprägt und unseren Augen entgeht keine Spur des Waldes. Wir haben alle Gewohnheiten der Vögel und der Tiere im Wald studiert, kennen die Natur und ihr Wetter. Wir leben nur von dem, was die Gegend hier hergibt. Aber wir haben Verwandte, welche nur umherziehen und den Tieren an ihren Wasserstellen nachstellen.



Selten bekommen wir von ihnen Besuch. Aber wenn jemand kommt, erfahren wir alles, was sich in den endlosen Weiten alles abspielt. Wir haben sogar schon von dem Völkern aus Babylon und Ägypten gehört, unendlich weit von hier entfernt! Der Häuptling war offenherzig und liebevoll. Zugleich strahlte er Freude und starke Lebenskraft aus. Die Kinder waren niedlich anzusehen, die kleinsten waren gerademal einen Fuß hoch, und die ausgewachsenen vielleicht deren vier. So ragte er über die Köpfe hinweg, sobald er stand. Daher blieb er lieber sitzen und saß der Runde auf Augenhöhe gegenüber. Aus Knollen und ausgegrabenen Wurzeln, Pilze und Früchte nährten sich diese bescheidenden Menschen. Sie jagten keine Muttertiere und hielten sich zurück, um die Bestände nicht gefährden zu können. Sie waren genügsam, strahlten zugleich eine tiefe Magie aus, sobald man in ihre leuchtenden Augen blickte!



Der Häuptling lud Simutu ein über Nacht zu bleiben, da man vorhatte, nach der Dämmerung eine Zeremonie, ein Ritual abzuhalten. Simutu war gespannt und suchte die Hütte auf, die ihm zugewiesen wurde. Am Abend kam Nanna hinter den Bergen hervor, im Zeichen der Zentauren stehend. Zudem hatte Nanna ihr volles Gesicht bekommen, da Utu genau gegenüberstand. Fledermäuse huschten jagend über das beschauliche Dorf hinweg und schnappten nach den unzähligen Mücken. Frösche quakten in der Nähe ihre Lieder. Das Zirpen der Grillen war laut, aber es hörte sich rhythmisch an, voller Lebensenergie und ständiger Vibration. Jetzt legten die Frauen mehr Holz in das Feuer, so dass alles heller erleuchtet wurde. Nanna stand ganz oben in der Himmelsmitte und sorgte für mystisches, beinahe ein wenig unheimliches Licht. Die älteren Kinder brachten Trommeln aus Holz an den Kreis, die Mädchen Flöten und Rasseln. Dann saßen sie sich auf ihre Plätze und fingen leise zum Summen an. Das Summen der Runde mischte sich mit dem Gezirpe der Grillen, was einen eigenartigen Ton ergab, aber durchaus harmonisch klang. Sie summten lauter und dabei kam aus einer bemalten Hütte ein Krieger hervor, mit einer Löwenmaske versehen. Jetzt setzten zum Gesumme die Trommeln ein. Dazu kamen dir Rasseln und Flöten. Die Melodie war langsam und schwerfällig, und genauso kreiste der Löwenmann um das Feuer. Er setzte immer erst einen Fuß auf und dann erst den nächsten. Allmählich wurden die Trommeln immer schneller, das Gesumme lauter und der Löwenmann beschleunigte seine Schritte. Dabei durchkreuzte er barfüßig immer wieder die heiße Glut des Feuers, ohne Schaden zu erleiden. Seine Augen verklärten sich, und anscheinend war er in Trance gekommen! Simutu schaute gebannt zu. Jetzt kamen andere Krieger und folgten den Schritten ihres Vortänzers. Dabei gewann man den Eindruck, dass die Töne der Trommeln ganz woanders herkommen. Der ganze Raum der Umgebung vibrierte und die Tänzer waren gebadet im Schweiß. Sie tanzten beinahe bis zur Dämmerung hindurch und schliefen neben der Feuerstelle erschöpft ein. Im gleichen Moment setzte ein starkes Gewitter ein, blitzend und donnernd aus den Bergen kommend. Am nächsten Tag sagte mir der Häuptling, dass sein Zauberer und die Krieger um Regen bei Marduk und Nanna gebeten hatten. Anscheinend erhörten die Götter ihr Gebet.



In der folgenden Nacht zeigte der Häuptling Simutu eine Anordnung von Sternen, sie sich in der Nähe des Sternbildes von Pabilsag (PA.BIL.SAG: der Feuerpfeilschütze, der Jäger, Haus des Marduk) befindet). Und er zeigte gezielt auf diese Formation, welche sie „Altar“ nannten. Der Häuptling fuhr fort: „Daher lassen wir unsere Feuer wie ein Opfer zum Altar Marduks immer wieder aufsteigen, um ihn unsere Ehre zu erweisen. So schenkt er uns Freude und Glück! In unseren Tänzen tanzen wir uns in Trance und kommen so den göttlichen Ebenen sehr nahe! Sicher möchtest du bald zu dem Tempel gehen! Aber wir gehen nicht mit, weil wir das Revier der Pferdemenschen achten und dort ihre Heimat ist!“ Am nächsten Morgen bedankte sich Simutu für die Gastfreundschaft des kleinen Zwergvolkes und wanderte in die Richtung des Tempels weiter. Früh am Tag kam er an eine kleine Lichtung und sah drei Pferdemenschen tief im Gespräch versunken. Simutu ging langsam auf sie zu. Aber die Zentauren schienen ihn nicht zu bemerken, so tief waren sie in ihr Gespräch vertieft. Simutu nahm einige Fuß entfernt auf einen Stein Platz und hörte dem Gespräch neugierig zu. Sie diskutierten anscheinend belangloses, redeten davon, dass ihre Hufe abgenützt seien und sie neue bräuchten.


Da keiner von den dreien einen Rat wusste, beschlossen sie Marduk an seinem Tempel um Hilfe zu bitten. Erst jetzt sahen sie, dass Simutu neben ihnen saß und staunend, zugleich fasziniert anblickte! „Seid gegrüßt edle Wesen!“ sagte Simutu mit freundlicher Stimme und fragte, ob er auf einem der Pferdemenschen mitkommen könnte. Dazu richtete er freundliche Grüße vom Stamm der Pygmäen aus, und so wurden die Zentauren offener und sagten zu. Sogleich bestieg er das kräftigste Tier und so machten sie sich auf den Weg zum Tempel. Simutu war froh, da zahllose Bäche und Quellen zum Tal unterwegs waren und das Gelände steiniger wurde. Weiter ansteigend ging es über steilere Hügel, und am höchsten Punkt schimmerte der Tempel in der Sonne glitzernd hervor. Simutu stieg ab und ging zu Fuß weiter, weil der Boden wieder sandiger wurde und von dichtem Gras bedeckt war. So schritt er über die Wiese und sah einen bärtigen Mann mit Umhang aus Samt auf einen Thron sitzen, gefertigt aus reinem Elfenbein! Wilde Tiere, die sich nicht selten bekämpfen, saßen friedlich neben Schafen und Falken und taten sich nichts!


„Sei mir willkommen lieber Simutu!“ Der junge und sanftmütige Krieger der Nächstenliebe war überrascht. „Woher kennst du meinen Namen edler Herr?“ sagte er ehrfürchtig zu dem Herrscher. „Mein Name ist Marduk und ich stehe in ständiger Verbindung mit Inanna, welche ihre Ländereien so liebevoll behütet und gedeihen lässt! Von ihr habe ich erfahren wer du bist! Sei mein Freund und setze dich an meine Seite!“ Marduk erhob sich und holte einen ansehnlichen Stuhl aus geflochtenen Hanf hervor und stellte diesen neben seinen Thron. „Du und die Zentauren habt sicher Durst und Hunger, daher kommt her und nehmt an der reichlich gefüllten Tafel Platz! Dann ließ Marduk Musik aufspielen, da inzwischen zahlreiche Faune und Feen aus dem Bergwald hervorkamen. Beschwingt zauberten sie aus ihren handgemachten Flöten eine perfekte Harmonie und Abfolge von Tönen hervor, begleitet von einer engelhaften Fee, auf einer Harfe mit goldenen Saiten spielend. Dazu tanzten die Tiere und die Zentauren stampften im Takt mit ihren Hufen zur Musik. Marduk freute sich und genoss Speisen und Trank sichtlich und hörbar. Nach der Musik traten drei Feen hervor, und eine jede hatte eine große Kiste zwischen den zarten Händen. So mussten sie immer wieder vibrierend mit ihren kleinen Flügeln das Gleichgewicht halten. Marduk öffnete die Kisten und überreichte jedem Zentaur feierlich vier neue Hufe! Vulkano hatte sie hergestellt, aus reinem Elfenbein. „Ihr habt es verdient meine treuen Freunde! Ihr seid diejenigen, welche sich von der Natur der Tiere zur Natur der Menschen erhoben haben. Und jetzt seid ihr dabei, von der Natur der Menschen zur Natur Gottes zu gelangen, dem höchsten Pfad im Weltall! Schaut auf zur Straße der Milch in dessen Zentrum.


Da ist Utus Reich! Aber wie ihr sicher sehen könnt, sind es unzählige Utus, zahlreich, wie der endlose Strand aus Sandkörnern besteht! Erkennt ihr den Geist im Raume, der alles gänzlich durchdringt liebe Freunde?“ Marduk fuhr fort: „Aus der Dunkelheit des Alls zündete ein Blitz, so dass man sagen kann Licht kam aus der Dunkelheit hervor! Wäre das Licht nicht gekommen, hätte keiner bemerkt, dass es dunkel ist!“ Dabei lachte Marduk etwas verschmitzt und humorvoll. „Aber das Licht kann ja nur scheinen, sobald es sich von der Dunkelheit unterscheiden kann! Aber das ist nur die eine Sache, nicht wahr lieber Simutu? Du hast sicher das Licht der Lichter von der guten Ereschkegal offenbart bekommen, es gesehen, gespürt, geschmeckt und gerochen!“ Simutu fühlte und verstand sofort die Worte Marduks und nickte ein wenig ehrfürchtig und bejahend zu.


Im zwölften Haus der Fische freute sich Pluto über seine Schwester Ereschkegal, lobte ihre Umsicht und Wachsamkeit. Ansonsten wäre Simutu getötet worden am Grund der ausgelaufenen Magmakammer. Marduk gefiel sich als Herrscher des Kreise der Zentauren und meinte: „Seht, hier richte ich meine Augen auf die Erde und sorge für die Kontakte zwischen mir und ihnen! Aber hier im zwölften Haus weise ich den Weg von innen her. Wer sich nach innen zuwendet, wird Neptun und mich, sowie Pluto immer finden! Wir sind bereit zu erlösen, sobald man diese mit vollem Herzen sucht!“ Neptun – Poseidon: „Er hat unser Haus verlassen um zu erlösen, und so kommt er auch wieder bei seiner letzten Reise zu uns zurück!“


Simutu hatte vor die hohen Gipfel des vor ihm liegenden Gebirges zu erkunden. Marduk wusste dies und daher schickte er am frühen Morgen den stärksten Zentaur mit Simutu, damit dieser ihn zum Gebirge bringen kann. Nach einem sehr herzvollen Abschied machten sich der Zentaur und sein Reiter auf den Weg zum Gebirge. „Die Hufe aus Elfenbein hat mir heute Morgen unser Schmid angepasst, die passen mir hervorragend! Auch kenne ich die steilen Pfade hier bestens, da ich immer wieder an stille Orte gehe und Heilpflanzen einsammle! Simutu: „Ihr seid in der Heilkunst bewandert guter Freund?“ Der Zentaur lachte geschmeichelt und antwortete: „Eines Tages wurde ich versehentlich von einem giftigen Pfeil der Pygmäen am rechten Hinterbein getroffen. Sogleich bekam ich heftige Schmerzen und starkes Fieber. Meine Mutter suchte in den Bergen nach Kräutern und brachte mir schmerzstillende Blüten in meinen Stall. Aber die Verletzung schmerzt mich immer wieder, besonders beim Wechsel der Witterung kommen diese Stiche! Daher kenne ich bereits sehr viele Heilpflanzen und gebe sie an meine Brüder und Schwestern weiter, um möglichste Heilung erzielen zu können. Daher nennt man mich „Chiron“ was so viel wie „Heiler“ bedeutet!“

Fortsetzung folgt! :)

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Teil zehn.


Steinbock.


Simutu zeigte respektvoll seine Eindrücke und war von dem Wissen des Zentaur sehr beeindruckt. Das Menschentier bewegte sich sicher und schnell, und so gewannen sie rasch an Höhe. Der Hochwald war ein Revier der Hirsche und Bären und in der Ferne war das Geheul einer Ansammlung von jaulenden Wölfen zu hören. Doch der Zentaur brauchte nichts fürchten, hatte er doch starke Arme und tödliche Hufe. Daher war Simutu gut geschützt, weil die Raubtiere um die Kräfte eines Pferdemenschen wussten. Am Himmel kreisten Adler einsam ihre Runden und überflogen ihre Reviere. Dazu kamen krächzende Raben, und sie krächzten so laut, als wenn wir sie hätten stören wollten. Bei Einbruch der Dämmerung steuerte der Zentaur in eine Höhle, eher eine Grotte, die mit glasklaren Bergkristallen die bereits untergehende Strahlkraft von Utu anleuchtete. Das Licht ging von zartem Gelb in tiefrote Farben über. Da es kühl war, sammelten sie ausreichend Holz und zündeten für die Nachtruhe ein wärmendes Lagerfeuer am Höhleneingang an. Dies hielt auch die Raubtiere der Nacht fern, und so schliefen die zwei nach einem anstrengenden Aufstieg rasch ein. Der Zentaur begann fürchterlich zu schnarchen, und anscheinend murmelte er immer wieder seltsame Laute, gemischt aus Wiehern und Sprache.


Aber Simutu schlief tief und konnte das Geschnarchte nicht mehr hören. Am darauffolgenden Morgen fiel Simutu die Kristalle auf. So stand er auf und konnte sehen, dass in Teilen der Grotte kristallklares Wasser an den Kristallen entlang nach unten lief. Dabei stellte er fest, dass an einigen Kristallen das Wasser von links nach rechts zum Boden lief und bei den anderen von rechts nach links! Er füllte seine Flaschen jeweils auf uns stellte bald fest, dass das linksgedrehte Wasser „stiller Natur“ war und beruhigte. Das rechtsgedrehte Wasser wiederum machte aktiv und tatfreudig! Freudig wollte er dem Zentaur seine Entdeckung mitteilen. Aber dieser winkte ab und meinte, dass er das schon als Kind von seiner Mutter erfahren hatte.


Sie stärkten sich gut und löschten zuletzt das Feuer vor der Grottenhöhle. Weiter oben angekommen sah Simutu ein großes Rudel Steinböcke, sich in den Steilwänden spielerisch bewegend. Der Zentaur dagegen wusste um den Weg und fand immer wieder sehr schmale Pfade, die sich steil nach oben schlängelten. Durch die Höhe war es hier angenehmer. Die Luft war kühler und klarer und die Sonne sorgte für weite Sicht. Schluchten waren mit stabilen Holzbrücken versehen, welche sich an den ausgetretenen Pfaden als wahrer Segen erwiesen. Der Zentaur sagte mit großem Stolz, dass er und seine Gefährten die vielen Brücken gebaut hatten. In der Stille der Berge konnte man meist nur das Hufwerk des Zentauren vernehmen, und allmählich zog sich der Bergwald zurück. Wind kam auf und das Wetter drehte sich schlagartig. Heftiger Regen durchnässte Simutu bis auf die Haut. Und trotz dieser Umstände fühlte er sich im Geiste glasklar und hellwach.


Der Zentaur hatte nur noch wenig Kraft, da es zum Gipfel sehr steil zuging und er den Steinböcken folgte, da sie den Weg kannten. Aber für ihn als halber Mensch und halbes Pferd war es schwierig die richtigen Stellen zum sicheren Weiteraufstieg ausmachen zu können. So kam er völlig erschöpft weit oben im Gebirge an. Simutu sah, dass eine mächtige Brücke aus Naturstein über eine abgrundtiefe Schlucht führte. Gegenüber sah er ein schlichtes Steintor, welches von beiden Seiten durch mächtige Steinböcke bewacht wurde! Ihre Hörner waren groß und mächtig. Aber sie erkannten den Zentaur und traten zur Seite, als Simutu die Brücke überquerte. Nach dem Tor fand er einen Fels vor, der wie eine Plattform einen großen Kreis bildete und leicht einen Durchmesser von 300 Fuß hatte. Inmitten stand ein Turm, der aus mächtigen Baumstämmen gebaut war. Sie waren uralt und hielten mit Leichtigkeit allen Stürmen stand.


So näherte sich er dem kleinen Holztor, um auf den höchsten Punkt der Gegend gelangen zu können. Doch trat eine Frau vor die Türe. Sie wirkte sehr anmutig und zugleich ein wenig schlicht und bescheiden. Die Frau blieb stehen und winkte Simutu mit einer bestimmten Geste zu sich, während der Zentaur den Rückweg zu Marduk anging. „Willkommen im Reich des Ziegenfisches, im Reich des Steinbocks und im Reich der lupenreinen Klarsicht ( Steinbock – SUCHUR.MASH.KU: Ziegenfisch )! Schaue dich um und du siehst, dass du wahrlich am höchsten Punkt in dieser weiten Gegend angekommen bist!“ Um ihren Hals trug die erfahrene Frau ein wunderschönes Kreuz, bestehend aus roter, grüner, gelber und blauer Farbe. Simutu begrüßte äußerst respektvoll die Frau, welche seine Mutter hätte sein können. Aber sie sah jung und ansehnlich für ihr Alter aus und strahlte eine spürbare Autorität und Reife aus. Simutu trat vor sie und sagte: „Habt ihr keine Angst oder Bedenken hier oben alleine zu weilen? In diesen Höhen kann es sehr einsam sein! Und, wenn ich euch fragen darf: Was tragt ihr da für ein so wunderschönes Kreuz aus Kristallen? All die Farben mischen sich und scheinen sich wieder in durchsichtiges Licht zu verwandeln, sobald ihr euch bewegt!“ Die Frau sagte, er solle ihr auf den hohen Holzturm folgen. So betrat Simutu den Turm und fand bequeme Treppen aus Stein gefertigt vor. Das Geländer zeichnete sich durch feinste Holzarbeiten aus. Und an jeder Ecke war ein herausgeschnitzter Ziegenfisch zu erkennen. Simutu: „Wieso nennt ihr diese Gegend das Land der Ziegenfische, liebe Frau?“


Die Frau schien nachzudenken und holte nach einer kurzen Pause aus: „Die Ziege und der Fisch trägt die Wahrheit in sich, dass alles Leben aus den unendlichen Wassern Neptuns hervorgegangen ist! So besiedelten sie im Laufe von Zeitäonen allmählich die Mutter Erde. Daher bin ich auch die Mutter der Ziegenfische. Und das Kreuz um meinen Hals steht für das Kreuz der Materie! Alles, was du rundum sehen kannst ist nichts anderes als auskristallisierter, gewordener Geist. Nimm dein Glas zu Hand Simutu und schaue hindurch!“ Simutu zog das geschliffene Glas aus seiner Tasche, reinigte es an seinem vom Regen saubergewaschenen Hemd und sah hindurch! Der Horizont schien wie auf einen großen Kreis zu verkommen. Ganz unten sah er seinen Ausgangspunkt im Revier des Widders (Widder – (LU) CHUN.GA: Der Knecht, Feldarbeiter (Enkidu), LU = Mensch, Haus des Mondes ( Nanna ). Die Landschaft schien im tiefen Rot, so, als wenn alsbald die Sonne aufginge! Er erinnerte sich an seine Flucht und daran, wie ihn der Widder sicher über das Gebirge zu Inanna brachte. Dabei erkannte er, dass die Frau des Ziegenfisches unzertrennbar mit dem Stier (Stier – GU.AN.NA: Himmelsstier ( auch Haus der Venus als Hure – Schamchat ) sowie mit dem Haus der Jungfrau fortwährend verbunden war (Jungfrau – AB.SIN: Jungfraugöttin mit Ähre ( Shala, Shubultum ), Haus der Venus )! Er sah sich, wie er das mystische und verborgene Aratta finden konnte und wie sich der Kontrast zu der großen Stadt Alexandria ergab. Dazu der fast gelbliche Sand der Wüste!


Er sah die blauen Fluten des Nil und die hitzige Savannen. Die Abfolge der Farben ergab sich regelmäßig in Rot, Grün, Gelb und Blau. Dann begann sich um ihn alles zu drehen, und die Frau sagte zu ihm: „Erkennst du dieses Rad? Du kannst es immer mit Fortune selbst in Schwung bringen und über das Auf und Ab im Leben den wahren Aufstieg finden und verstehen! Du hast sicher viel Kraft und Mut einsetzen müssen, Erfahrungen sammeln, um bis hierher gelangen zu können! Und das hast du meisterlich vollbracht edler Jüngling! Hier ist der Ort, wo Wissen, Erfahrung und Reife zur wahren Weisheit führen. Und dein Ziel wird sein, zur Quelle deiner Herkunft zurückzukehren!“ Dabei strahlte das Licht ihrer Kristallkette weiß wie die Tautropfen auf dem Gras, und die Kette wirbelte kreisrund um sich. So brach sich das Licht und wurde hell weiß! Simutu schaute wie in Trance auf die kreisende Kette. Saturn bemerkte dies und sagte: „Hier ist der Ort, wo das göttliche Licht sich in das irdische verwandelt! Kehre diesem Licht wieder den Rücken und bringe es unter die Menschen! Ich bin nicht nur die Mutter der Erde, sondern aller manifestierten Erscheinungen, trage höchste Verantwortung und sorge dafür, dass alles immer wieder seinen Ausgleich zum Wohle aller der Fall ist! Daher herrsche ich auch hierarchisch über die Zibaanna (Waage – ZI.BA.AN.NA ( Zibanitum ): die Waage ( Gleichgewicht zwischen Sommer und Winter ), Herbst – Äquinoktium), damit alles wahre Gerechtigkeit erfahren wird!“


Simutu wusste, dass er hier gar nicht so lange verweilen sollte. Er sah wieder durch sein geschliffenes Glas und bemerkte, dass er noch zwei Weite Reisen vor sich hatte! Er wandte sich nach Osten und blickte über ein weites Meer. Dahinter sah er Land, anscheinend einen großen Kontinent. Doch wusste er nicht, wie er dort hingelangen sollte. Er überlegte und entschloss sich zu Fuß nach einen Hafen zu sehen. Und da hätte er sicher die Möglichkeit das Meer überqueren zu können. Saturn sorgte ganz fürsorglich dafür, dass der größte und stärkste Steinbock Simutu sicher hinunter zu den Tälern führen möchte. Zuletzt übereichte er der Herrin der Ziegenfische seine letzten, aber wertvollsten Samen, welche er in den Kraterrändern an sich genommen hatte. Dann umarmte er sie und kehrte ihr den Rücken. Der Steinbock hatte keine Mühe ins Tal zu gelangen und so wurde auf der anderen Seite zum Meer hin von dem Horntier gebracht. Hier war die Gegend nicht so fruchtbar wie auf der anderen Seite landeinwärts. Der Wuchs der Sträucher war eher spärlich und schroffes Gestein war nur für den Steinbock kein Problem. Simutu wollte absteigen, aber der Steinbock sprach: „Gedulde dich mein Freund, ich kann dich nicht mehr weiterbringen. Aber du selbst bist hier schutzlos der Gegend auf dieser Seite ausgeliefert. Geröll löst sich hier oft aus hohen Höhen und könnte dich erschlagen! Ich weiß auch nicht weiter im Moment, aber Frau Ziegenfisch befahl mir, solange zu warten, bis du abgeholt worden bist!“


Simutu konnte sich kaum vorstellen, dass er seinen Zielen hätte hier näherkommen können. Karge Sträucher, und weiter unten wurde es dichter. Aber er sah, dass dicke Dornen sich um mächtige, fleischfressende Pflanzen rankten. Auch hatte er kein Schwert bei sich, um das Gestrüpp überwinden zu können. Er dachte nach, über alle seine bereits gemachten Erfahrungen. Der Steinbock blieb an seiner Seite, und so fühlte er sich gut beschützt. Nun wollte er seinen geschliffenen Stein hervorholen und musste feststellen, dass er ihn wohl beim Abstieg aus dem Gebirge verloren haben muss. So schloss er die Augen und stellte sich vor, wie er den Stein davorhielt! Im gleichen Moment durchdrang ein lautes Rauschen die Luft. Er sah einen Phoenix mit mächtigen Flügeln, und sie maßen zusammen mehr als 20 Fuß! Der Greif landete gezielt am Boden und sagte zu Simutu: „Steig auf mein Freund, ich werde dich über das weite Meer hinweg fliegen, damit du dein nächstes Ziel sicher erreichen kannst!“ Freudig begrüßte er den mächtigen Greifvogel und nahm bequem hinter dem Kopf des Tieres auf dessen weichen Federkleid Platz.

Fortsetzung folgt! :)

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Teil elf.


Wassermann.


Der Greif hatte noch ausreichendes und bestes Futter mit seinen Krallen mitgebracht, der Steinbock freute und bedankte sich, beinahe eine Verbeugung machend. Simutu streichelte das Tier und drückte seinen Kopf an ihn, als Zeichen des Dankes und tiefer Verbundenheit. Nach einer herzlichen Verabschiedung hob sich der Phoenix zusammen mit Simutu beinahe senkrecht gegen den Himmel. Als sie an guter Höhe gewonnen hatten, so um die 3000 Fuß, schoss der Greifvogel blitzartig senkrecht zum Boden hin! Wie ein abgeschossener Pfeil beschleunigte das Tier und Simutu hatte große Mühe sich an seinem Hals festzuhalten. Kurz vor dem Boden griff der Vogel den geschliffenen Stein von Simutu auf und startete nach oben senkrecht hin wieder durch! Simutu bemerkte, wie sehr der Phoenix aus der gesamten Übersicht über die Berge und Täler einen kleinen Stein sehen konnte! Dabei sah er die feuerrote Energie aus den Augen des Vogels wie Strahlen hervorkommen. Sie gewannen sehr rasch an Höhe, und weit oben, über den Wolken fühlte sich Simutu frei wie sich nur ein Vogel frei fühlen kann! Durch Wolkenfetzen hindurch spiegelte sich das blaue Meer, so dass sich sogar die Gischt mancher hoher Wellen erkennen ließ. Die Luft war hier oben beinahe warm und so konnte der Greifvogel ohne größere Anstrengungen sehr schnell vorankommen. So flogen sie den ganzen Tag über das weite Meer. Simutu schaute über den Horizont und erkannte eine große Insel, inmitten des Meeres. Hier ragten beinahe noch höhere Berge über das Meer, höher als der Gipfel bei der Ziegenfischfrau! Als sie näher kamen rankten sich in luftiger Höhe die Wolken um die Berge. Der Greif landete, nein er segelte langsam auf die Insel zu. So konnte Simutu eine kleine Stadt anfliegen, welche in oder über den Wolken zu sehen war. So landete er kurz vor Dunkelheit auf einen übersichtlichen Platz. Allmählich war das Sternbild des Gulaea über den Wolken zu sehen (Wassermann – GU.LA.EA: Gott Ea mit Wasser des Lebens ( Süßwasser ). Rechts unten schien der violette Stern des Antares, welcher den Skorpion förmlich aus dem Meer hervorzukommen scheinen ließ (Skorpion – GIR.TAB: Ishachara, „Herrin aller Länder“, Haus der Venus). Auch ging im Osten Nanna auf und spendete so viel Licht, dass Simutu die Konturen seiner Umgebung gut wahrnehmen konnte. Der Ort schien ihm außergewöhnlich und man bekam das Gefühl, zu den Wolken hinübergehen zu können. Sie sahen aus wie gewonnene Baumwolle und umragten im nahen Hintergrund einen rundlichen Berg, aus deren Mitte ununterbrochen Wasser herunterfloss.


Zunächst seitwärts zu beiden Flanken des Berges und dann gleichmäßig und senkrecht ergoss sich ein tosender Wasserfall in einen kleinen See. Von dort bildeten sich erneut Wasserfälle und stürzten die Steilhänge hinab, bis zum Boden der Insel. Ein Teil des Wassers hatte jemand umgeleitet, so dass man mit den Schleusen Straßen aus Stein und verdreckte Tierställe reinigen konnte. In kleinen Becken wurde das Wasser über Kaskaden geleitet, so dass das Wasser vor Sauerstoff nur perlte! Die Häuser hatten Fenster aus geschliffenem Glas, Bäder, wo das Wasser unter dem Boden wärmte. Alles war für Simutu faszinierend, und er kannte viele Dinge noch nicht, hatte sie zuvor noch nie gesehen! Kinder vergnügten sich auf Rutschen, welche in die Wasserbecken führten. Das Wasser sorgte für blühende Sträucher und Bäume, welche mit unzähligen exotischen Früchten behangen waren. So ging Simutu durch das Dorf und betrat einen Platz, wo sich ältere Männer, Jünglinge und auch Kinder aufhielten. Die jungen Männer hatten sich auf den Kopf stehend unterhalten, während die älteren gelassen zuschauten! Die Kinder machten es nach und hatten dabei Spaß und Unterhaltung, da es nicht so einfach war das Gleichgewicht zu halten. Simutu fragte einen älteren Mann, was es damit auf sich hätte, weil die jungen Männer so lange auf den Kopf stünden. Der alte Mann lachte und antwortete: „Wie du siehst lieber Freund ist hier viele anders als anderswo! Wir sind schon ein außergewöhnliches, wenn auch kleines Volk. Aber das weite Meer trennt uns von den Kontinenten, die sicher einige von uns schon bereist haben. Aber zu uns findet sehr selten jemand, da wir mitten in den Ozeanen für uns sein können. So konnten wir uns über Generationen in Ruhe so entwickeln, wie wir es uns vorstellten.“


Der alte Mann redete weiter: „Wir hatten hier schon immer sehr gute Bedingungen, und sie ermöglichten uns alles Mögliche auszuprobieren. Manches funktionierte nicht, aber ab und zu konnten wir tatsächlich neue Erkenntnisse einfließen lassen!“ Dabei zeigte er auf die Häuser, welche nach oben durch Terrassen wie Pyramiden angeordnet waren. Winzige Bäche wurden über die Terrassen geleitet, so dass die Bewohner viel Obst und Gemüse mühelos ernten und vor der Türe stehen hatten. Simutu hörte wissensdurstig zu und kam wieder auf die jungen Männer zurück. Inzwischen hatte sich einer mit einem Fuß an einen Baum gehängt, dessen Äste wie ein Kreuz zur Seite ragten. „Ja, das ist unser hängender Mann! Er ist so etwas wie ein Forscher und er kommt immer auf die besten Ideen, sobald er die Welt von unten anschaut, sozusagen abstrakt betrachtet! Natürlich stehen die alle freiwillig auf den Kopf, und der Mann weiß, dass er jederzeit wieder mit den Beinen auf den Boden landen und stehen kann! Aber schaue mal zu dem hohen Seil auf, welches wir hoch an den Häusern über dem Platz gespannt haben! Siehst du den Mann? Er hat hohes Risiko, aber er ist geübt das Gleichgewicht zu halten. Er ist ein wahrer, kreativer Geist! Ab und zu kommt starker Wind ganz unerwartet und plötzlich auf, und dann ist er schon öfters aus der Balance gekommen und abgestürzt! Aber, dabei spannt er ein großes Tuch über seinen Kopf auf und segelt wie ein landender Falke zu Boden! Der starke Wind hatte ihn auf diese geniale Idee gebracht!“


Dann ging der Mann zu einem kleinen Bach, schöpfte mit einem beschlagenen Eimer Wasser, ging zu einem Brunnen und goss es dort langsam, beinahe liebevoll hinein! Simutu war beinahe etwas verwirrt und fragte den alten Mann: „Was tust du da? Der Ziehbrunnen ist doch selbst voller Wasser!“ Der alte Mann lächelte in seinen silbernen Bart hinein und antwortete: „Wie du sehen wirst, bin ich das Wasser des Lebens, bereit auszugießen für alle Dürstenden in dieser Welt! Mein Name ist Aquarius und über den Ziehbrunnen speise ich alle Quellen dieser Welt! Ich sorge für Frau Ziegenfisch für notwendiges Klima, so dass Utu und Nanna gerecht zum Zuge kommen können! Hier oben in wolkigen Höhen kann ich wie der Phoenix jeden kleinen Stein auf dieser Erde ausmachen, und mein esoterischer Freund Marduk sorgt dafür, dass wir nicht nur kühle Rechner und Erfinder sind, sondern Sinn und Herzlichkeit in uns tragen! Wir bringen auch immer die Möglichkeit, manches zu verbessern und einfacher zu gestalten. Aber unsere Fähigkeiten bestehen auch darin, dass wir durch das Verstehen vieler Dinge das große und Ganze darüber erkennen. Wir studieren auch Kunst und Musik, sind Bildhauer, Künstler gewissermaßen. Frau Ziegenfisch blickt zu Utu und ich zu Nanna. Aber ich kann Tag und Nacht zugleich erkennen; die Nacht mit geschlossenen linken Auge und den Tag mit dem offenen rechten Auge! Dann öffnet sich in mir ein Auge, welches sich in der Mitte der Stirn befindet! Und dann, ja dann schaue ich in das so feine sekundäre, klare Licht der Gottheiten, werde beleuchtet und erleuchtet zugleich! Aber da ich einen Körper habe, verlasse ich die Ebenen wieder, suche sie aber jeden Tag zweimal, manchmal dreimal für eine halbe oder ganze Stunde auf; so wie der Tag es erlaubt. Ich hatte gedacht, ich traue meinen Augen nicht, als ich mein drittes Auge spielerisch entdeckt habe! Neugier bringt Fortschritt! Andere prügeln sich und bekommen ein blaues Auge!“ sagte er mit humorvollem Sarkasmus.


Der alte Mann kam immer mehr in Fahrt: „Daher hat der gute Taurus dieses Auge auf seiner Stirn! Durch den esoterischen Herrscher Marduk verbinden sich Vulkano und Inanna zu einer schöpferischen Einheit, wissend um die innere Schau und um den Geist, der die Erde beseelt! Frau Ziegenfisch war erfreut, als vor langer Zeit meine geschickten Leute Steinmeißel mitbrachten und aus dem Granit diese wunderschöne Steintreppe wie eine Statue aus dem Berg meißelten!“ Dabei schaute er sehr stolz, aber bescheiden und freundlich. „Aber uns interessieren vor allem die geistigen Dinge! Zum Beispiel kannst du in den Regenbogen das gebrochene Licht mit sieben Grundfarben benennen. Die Natur sorgt für prachtvolle Mischungen, aber bleiben wir zunächst bei dem Regenbogen. Wir haben festgestellt, dass sieben Strahlen heilige Botschaften der Götter aufzeigen! Schau, wie unterschiedlich die Farben sind. Wir haben diese Farben auf einer runden Kristallplatte genau aufgeteilt, also in sieben Abschnitte. In der Mitte siehst du ein Loch, so dass man die Platte auf einen harten Holzstift legen kann und schnell drehen!“ Der alte Mann hatte ein gerät, ähnlich einem Spinnrad und drehte mit großem Schwung die kreisrunde Platte. Simutu sah, wie die bunten Farben in ein leuchtendes, durchsichtiges Weiß übergingen! „Alle Strahlen zusammen kommen aus einem klaren Licht lieber Simutu!“ sagte der Alte mit glasklarer und zugleich freundlicher Stimme. Weiter fuhr Aquarius fort: „ Dem ersten Strahl haben wir Pluto und Ereschkegal zugwiesen, da sie göttlichem Willen und göttlicher Macht entsprechen! Viel Menschen haben diesen Strahl zugewiesen bekommen, und manche missbrauchen diese Macht nicht. Vielmehr lassen sie die göttliche Macht und den Willen selbstlos wie einen Keim der Liebe heranwachsen und sind wahre Anführer im Sinne der höchsten göttlichen Instanz!


Neptun schickt den zweiten Hauptstrahl, dem Strahl der unendlichen und göttlichen Liebe und der göttlichen Weisheit! Auch du liebster Simutu scheinst Träger dieses Strahles zu sein!“ Simutu weinte vor Freude, die göttliche Urquelle der höchsten Ekstase und Liebe spürend! Der Alte lachte und sagte beinahe etwas trocken: Ja, und ich trage natürlich den Strahl des messerscharfen Verstandes, der errungenen Intelligenz in mir, den Strahl geistiger und somit schöpferischer Aktivität! Und alle meine Mitbewohner auf dieser wunderbaren Wolkeninsel sind immer um inneren und äußeren Fortschritt bemüht! Leider mussten wir sehen, dass der Erfindergeist in Alexandra mehr auf äußerem Reichtum zu einseitig gerichtet ist und die Menschen dort auf den Weg sind, ihre inneren, sprudelnden Quellen versiegen zu lassen! Der vierte Strahl ist ein Nebenstrahl. Aber diese sind genauso notwendig und bedingt! Er wird von der göttlichen Inanna beherrscht, welche die Natur kennt und beherrschen gelernt hat. So können die Menschen über ihre Konflikte zur wahren Harmonie, zum Gleichklang kommen! Der fünfte Strahl untersteht GuudGudud (Gu.ud.Gud.ud, sumerisch: der Springende; Name für den Planeten Merkur. Der auch „Stier der Sonne“ genannte Merkur steht im Helden – Epos synonym für den die Welt umwandernden Gilgamesch. Außerdem wurde dem Gott Gu.ud. die Erfindung der sumerischen Keilschrift zugeschrieben). Dieser bringt ein sehr konkretes Wissen durch Handeln und dadurch gemachte Erfahrungen. Und der sechste Strahl lieber Simutu ist der Strahl, der von Idealismus und Hingabe getragen wird! Der siebte wird durch Marduk besetzt. Er ist ein wahrer Magier der Zeremonien und einer, der Wissen schafft und im Organisieren alles Möglichen ein Meister ist. Ja, und die ersten drei Strahlen bilden sich durch die Säulen der Götter, die sie mit dem Himmel und der Erde verbunden haben! Alle Strahlen kommen aus einem großen Licht hervor und bilden eine Leiter zum göttlichen Urgrund, der schon vor allen Anfängen ewig existiert!“



Simutu erkannte die Prinzipien der Götter, welche sich wie in aufgereihten Mustern immer wieder auf der Erde spiegelten. Aquarius sah mit Freude, wie sehr sich der Geist des idealistischen Kriegers der Nächstenliebe immer mehr aufhellte. Er ging nun selbst zu diesem Ziehbrunnen und schaute in das Wasser. Dabei sah er Inanna, wie sie mit ihren Stieren im Schatten alter Ölbäume saß und den Tieren Kränze aus Blumen flocht. Alles schien sich in eine Form zu ergießen, seit er in den Gipfeln der Frau Ziegenfisch dieses überirdische Licht schauen durfte! Aquarius hielt eine leuchtende Schriftrolle in den Händen, und darauf standen alle Symbole der Smaragdina Tarabula, die Schriften der Regenbogenbrücke. In ihr stand der Weg über die sieben Brücken bebildert. Der Weg war unendlich, da er durch einen vollständigen Kreis abgebildet war, und er wurde von der großen Uroboroschlange vollständig umschlungen! Der Kopf war beim Widder und der Schwanz umschlang den ganzen Kreis und reichte bis zum Kopf zurück. Simutu fragte: „Steht diese Uroboroschlange für den endlosen Kreislauf von Tod und Geburt, geschätzter Aquarius?“ Der alte Mann entgegnete: „Schaue dir die große Schlange genau an! Auch sie trägt den Kopf eines Drachen, und Drachen können sehr weise Tiere sein! In der Schlange stecken auch alle nur möglichen Verlockungen dieser irdischen Welt, wie Gier, Machtstreben, Missgunst, Eifersucht und Egoismus! Diese wollen das Austreiben aller göttlichen Keime für sich beanspruchen, und dabei erfrieren diese Keime im Frost des Egos, bevor sie austreiben können! So schaffen sich die Menschen immer wieder durch ihre Leidenschaften Leid und müssen erst lernen manche Triebe des Egos beherrschen und überwinden zu können! Wie du siehst, steht der große Drache für die gute Ereschkegal, auch für eine Göttin, welche dort Kali genannt wird. Aber jetzt folge mir in meine Werkstatt! Dort habe ich etwas für dich bereitgestellt, damit du unsere Insel verlassen und nach Tibet kommen kannst!“ Simutu folgte dem alten Mann ganz aufgelöst und neugierig, während der Alte im raschen Schritt vorwärts ging. Sie betraten eine kleine Halle, in der von oben das Licht durchschien, da die Decke aus lupenreinen Diamanten bestand! „Frau Ziegenfisch hat mir diese Steine gebracht. Sie hat sie aus den verborgenen Höhlen ihres Gebirges geholt. Und die Steine haben sich über ewige Zeiten aus Kohle in Diamanten gewandelt; der Druck der Zeit sozusagen!“ Dabei lächelte Aquarius verschmitzt und zog einen tiefblauen Vorhang am Ende der Werkstatt auf. Ein geflügelter Drache kam zum Vorschein, ein Flugdrache! Die mächtige Spannweite kam der des Phönixes gleich. An der genialen Konstruktion befanden sich Metallstangen, so dass man daran einen Sitz befestigen konnte. Unter dem Sitz waren so etwas wie Pedale angebracht. An diesen waren seitlich goldene Ketten angeordnet, welche die übertragene Kraft auf die Flügel übertrugen! Aquarius bestieg das geniale Gerät und begann mit den Pedalen langsam mit seinen Füßen die Flügel in Schwung zu setzen. So hob er vom Boden ab und flog langsam zum Eingangstor seiner Werkstatt. „Sobald du mit ein wenig mehr Schwung in die Pedale trittst, kannst du überall hinfliegen. Mit deinen Händen kannst du an den Schnüren ziehen und die Richtung bestimmen!“ Simutu konnte es beinahe nicht fassen, so eine geniale Erfindung als Geschenk überreicht bekommen zu haben!



Der beseelte Jüngling konnte vor Aufregung nicht mehr einschlafen. Und so unterhielt er sich bis in die Morgendämmerung hinein angeregt mit Aquarius. So blieb er doch noch einen ganzen Tag und konnte ausgeruht nach einem herzlichen Abschied seine letzte Reise antreten. Simutu gewann rasch an Höhe und auch der Wind blies in die Richtung nach Osten. Die Insel wurde immer kleiner hinter ihm. Zugvögel begleiteten ihn und hatten ihren Spaß und Abwechslung mit dem außergewöhnlichen Fluggerät. Noch nie hatten sie einen Menschen gesehen, der es ihnen gleichtat und sich über die Lüfte erheben konnte.

Fortsetzung folgt! :)

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Zwölfter und letzter Teil.



Fische.





Mit dem Wind im Rücken kam Simutu beinahe anstrengungslos voran. Er flog nicht so hoch, und so konnte er große Wale sehen, die ihre Fontänen hoch in den Himmel spritzten. Solch große Tiere des Meeres hatte er noch nie gesehen. Er war fasziniert und flog nur 30 Fuß hoch über das ruhige Meer. Delfine kamen in Schwärmen vorbei und taten so, als wenn sie Simutu begrüßen wollten! Mit den Wassern verband ihn ein großes, inneres Band und es war ihm danach in die Fluten zu tauchen. Doch sorgte sein gesunder Instinkt dafür, dass er zuerst die Geheimnisse seiner Reise finden wollte. Doch war es noch weit zum Ziel, so landete er auf einem kleinen Atoll inmitten des Ozeans. Ein perlenweißer Sandstrand bot Simutu einen optimalen Landeplatz an. Er zog sein Fluggerät ein wenig mehr zum Inneren des Strandes und band es zwischen Palmen fest. Der stille Platz bot reichliche Früchte an, und aus dem Urwald flossen Bäche mit Süßwasser. Langsam setzte die Dämmerung ein und Simutu hatte sich aus abgefallenen Palmenblättern ein kuscheliges Nachtlager gefertigt. Der Strand war sehr belebt! Überall sah er unzählig viele Krabben, welche ihm mit ihren Scheren zuwinkten, so, als wenn sie Simutu begrüßen wollten. Neugierig stand er auf und ging näher zur Brandung hin. Das Meer war ruhig und kleine Wellen schäumten Simutu entgegen. In dem Meerschaum spiegelte sich das Licht von Nanna und sorge für eine erlöste Stimmung. Aus dieser Stille heraus hörte Simutu in der Ferne wunderschöne Lieder und Gesänge, so dass er lauschend der Musik folgte.



Zunächst dachte er, dass jemand auf diesem Atoll sich aufhalten müsste. Aber er fand niemanden. So folgte er mehr dem Gehör als dem Verstand und ging den harmonischen Melodien nach. Er bemerkte beinahe nicht, dass er mit halben Körper im Wasser stand. Und dann sah er auf einem aus dem Wasser ragenden Felsen drei Nixen! Sie saßen anmutig dar und kämmten sich mit Kämmen aus auskristallisierten Meerschaum sich gegenseitig ihre goldenen Haare. Dabei kamen über ihre sinnlichen Lippen die schönsten Tonfolgen hervor und ihr Gesang war wunderschön und voll Erfüllung durchdrungen!



Die Meerjungfrauen sahen sehr anmutig aus, und die silbernen Schuppen ihrer Flossen glänzten im Licht der Nanna. „Seid uns willkommen edler Simutu! Wir haben euch landen sehen sind zum Strand geschwommen um dich kennenzulernen! Leider können wir nicht völlig an Land kommen, da unsere Flossen dafür nicht taugen. Wir leben meistens unter Wasser. Dort ist unsere Heimat, in einem Dorf, durchsetzt mit allem, was Neptun zu bieten hat! Korallen zieren unsere Gärten, in denen wir wertvolle Perlen ziehen! In den Tiefen unserer Meere herrscht Gleichklang, Stille und auch Muse, und die gefährlichen Raubfische holen sich nur die alten und schwachen Tiere zur Nahrung. Unser Herrscher aller Meere nennt sich Aruru (Fisch – Aruru (Antu/Anumtium): Mutter des Enkidu ( Widder ), Haus der Venus ( Aruru bringt LU.CHUN.GA hervor ). Er trägt eine goldene Krone aus Seetang gefertigt. Dazu hat er einen dreizackigen Speer, den er selten aus der Hand nimmt! Sobald er mit seiner zwölfspännigen Meereskutsche auf Reisen geht, die von zwölf Seepferden gezogen wird, begleiten wir ihn und viele andere Meeresjungfrauen! Dabei kommen wir durch alle Meere dieser Welt, kommen an Orte, wo aus dem Meeresboden mächtige Vulkane herausragen. Sie schaffen immer neue Inseln und Land. Um diese Magmakammern findet man die besten Nährstoffe, sowie wertvolle Mineralien und Erze, bis hin zu mächtigen Goldvorkommen!“



Simutu hörte mit offenen Mund zu und war über die Worte der Meeresnixen total angetan! Dabei zog eine der anmutigen Meerjungfrauen eine Perle hervor und überreichte sie mit lieber Geste den Helden! Simutu nahm die Perle in die Hand und sagte: „So eine große Perle habe ich nicht einmal den Nil entlang angetroffen! Sie ist viel größer, und wie kann ich euch drei hübschen Frauen danken?“ Die Nixen meinten, dass sie zu Hause ganze Gärten davon hatten, in denen die Muscheln in Ruhe leben konnten. Und zum Dank hierfür bekamen sie diese Perlen geschenkt!



„Doch nun werden wir uns gleich wieder von dir verabschieden, unser König will mit uns und seinem Hofstaat verreisen, und da kommen wir gerne mit! Kurz darauf wurde das Meer unruhiger und bei den Felsen tauchte der Herr der Meere auf. Er saß in seiner zwölfspännigen Meereskutsche und lachte zu Simutu herüber! So schnell er aufgetaucht war, so schnell verschwand er wieder in den Tiefen des Meeres. Simutu blickte verzaubert nach und betrachtete die herrliche Perle unter dem Licht der Nanna. Alsbald ging er zu seinem Lager und in der Stille des Apolls ein. Am nächsten Morgen brach er mit seiner Flugmaschine auf, drehte noch einige Runden um das Apoll, weil es aus der Luft so schön anzusehen war. Kreisrund sah er die farbig schimmernden Korallenbänke, Palmen und tropische Pflanzen sorgten für ein idyllisches Bild. Der Kreis in der Mitte des Apolls hatte türkisfarbenes Wasser, das tiefen Frieden spiegelte. Dann setzte Simutu seine Reise zum indischen Kontinent fort. Er flog einfach einem Verband von Störchen nach, die auf dem Flug zum Festland waren. Am späten Nachmittag sah er in weiter Entfernung Sandstrände und Palmen. Rasch kam er näher und landete mit seinem Fluggerät kurz nach den Stränden in einem Fischerdorf. Simutu landete bedächtig ein wenig abseits des Dorfes zwischen schützenden Büschen, um die Bewohner nicht zu verschrecken. Dann sicherte er seinen Flugdrachen und wandte sich über einen Feldweg zum Dorf. Inmitten des Dorfes fand sich ein schattenspendender Palmenhain vor. Alte Männer saßen an einem Feuer und brieten duftenden Fisch.



„Setze dich nur her fremder Mann! Vielleicht hast du Hunger und möchtest Fisch essen. Dazu haben wir gutes Brot und Käse unserer Ziegen. Wir sind hier bescheidene Fischer und leben am und mit dem Meer! Wir fahren jeden Tag mit unseren kleinen Booten raus und werfen unsere Netze aus. Manchmal haben wir großes Glück und der Fang war groß und ein anderes Mal ist die Ausbeute spärlich. An Land flicken wir unsere Netze und sitzen beisammen. Und wie du siehst spielen unsere Kinder, weil sie frei sind und am Meer groß werden können. Das Meer lehrt uns Fischern die Zeitlosigkeit und auch den unendlichen Raum. Manchmal kommen große Schiffe vorbei, und wir sehen sie zuerst an ihren hohen Masten! So wissen wir, dass die Erde eine Kugel sein muss; wir haben das genau beobachtet!“



Simutu setzte sich erfreut in die Runde der Fischer und stellte sich höflich vor. Dann erzählte er lange über seine bisherige Reise. Die Fischer lauschten ganz fasziniert seinen Worten. Nachdem Simutu tiefes Vertrauen hatte, berichtete er von seiner einem Phoenix gleichkommendes Fluggerät! Die Fischer lachten und sagten: „Du warst sicher bei Aquarius auf seiner Insel! Er macht immer die verrücktesten Dinge! Erst vor kurzer Zeit war er mit einem Schiff bei uns, das unter Wasser schwimmen kann! Er hat mit getrocknetem Meerschaum eine Kuppel angefertigt, und mit Rudern und einem Steuerrad kann er sich in die Tiefen bewegen. Aber, ab und zu muss er wieder aufsteigen an die Wasseroberfläche und frische Luft in seine kleine Kuppel lassen. Das will er noch verbessern. Doch ist er so etwas wie ein genialer Erfinder! Aber sein Fluggerät haben wir noch nicht gesehen, zeige uns die Flugmaschine, an solchen Dingen sind wir sehr interessiert!“ So gingen sie über den Feldweg und konnten die neueste Erfindung von Aquarius aus der Nähe anschauen.



Währenddessen schauten Marduk, Pluto, Uranus und Neptun aufmerksam die ganze Zeit über zu, wie es Simutu erging. Neptun, jetzt wird er bald in Tibet eintreffen, auf dem Dach der Welt!“ Uranus konnte seinen Stolz wegen des Erfindergeistes seines Freundes Aquarius nicht verbergen und strahlte aus seinem göttlichen Gesicht. Und Marduk bemerkte, dass die Erfindungen nur dann welche seien, sobald sie auch Sinn machten. Pluto: „Simutu hat sein Haus verlassen und ist jetzt dabei endlich zurückzukehren!“



Die Fischer wussten, dass der Jüngling es ein wenig eilig hatte, war er doch so gespannt auf die heilige Stätte, hoch im Himalaja Gebirge sich befindend. Simutu verabschiedete sich und startete wieder in die Lüfte. Nach vielen Stunden musste er an Höhe gewinnen, da das göttliche Gebirge majestätisch vor ihm lag. Die Luft wurde dünner und so musste er sich anstrengen in gewünschte Höhen kommen zu können. Utu schickte seine Strahlen durch Bergzinnen hindurch und unten sah er sehr kleine Dörfer mit bunten Farben vieler kleiner Fahnen sich dem Wind entgegenstrecken. Schnee bedeckte die Gipfel, der zartblau unter der Sonne glitzerte. Jetzt wurde es kälter, aber Simutu verspüre eine starke innere Wärme und war angetan von dieser traumhaften Kulisse des Himalajas. Hier schienen die Götter vor langer Zeit gelandet zu sein, vielleicht als Urgeschlecht der Menschenwesen. Hier fand sich manches nicht und doch schien alles vorhanden zu sein. Die Energien des mächtigen Gebirges strahlten über alles still und erhaben. So landete der Held auf einer flachen Ebene, welche von steilen Bergen umgeben und geschützt war. Die Menschen hier waren gezeichnet von dem rauen Klima, hatten Falten in ihren bräunlichen Gesichtern. Aber sie strahlten liebevolle Lebenskraft aus! Ihre Augen blitzten freundlich und schienen das Licht der Gebirge zu spiegeln. Die Kinder strahlten beinahe um die Wette, als Simutu auf eine Gruppe Hirten zuging, die Schafe mit dicker Wolle behüteten.



Davon erstellten sie sich bunte Kleider und schmückten ihre Häuser mit Reihen von Fähnchen, aneinandergereiht wie auf Perlenschnüre. Freudig luden die Hirten den Helden ein zu sich ins Dorf. Diese Menschen verstanden den Umgang mit Farben, und so hingen wärmeschützende Wandteppiche in allen Farbtönen in den Zimmern der beschaulichen aber bescheidenen Häuser. Meist stand in der Mitte ein Feuerkessel, wo man gerne Tee mit runzeliger Butter reichte. Dazu erfüllte Räucherwerk die Zimmer. Simutu sah Seidenteppiche, auf denen viele Gottheiten erkennen zu waren. Und sie waren aus einem Kreis in der Mitte heraus nach außen angeordnet. Aus diesem Zentrum heraus umrahmte ein Viereck den Kreis und darin saß ein erhabener Urgott. Er war von acht zornigen und sieben friedvollen Gottheiten umgeben. An jeder Ecke saß ein Buddha, also nach Süden, Osten, Westen und Norden ausgerichtet.



Aus vielen Häusern hörte man das Murmeln bestimmter Mantras, Trompeten und Schellen aus reinem Messing. Dazu bliesen an den Hängen Mönche in Hörner mit einer Länge von 10 Fuß. Die ganze Gegend war in einer fortwährenden Schwingung. Alles wirkte heilig, so natürlich und in tiefem Frieden verharrend. Simutu ging wieder ins Freie und erblickte Mönche, die sich auf eine Art Prozession vorbereiteten. Sie hatten vor am nächsten Tag eine heilige Stätte hoch oben aufzusuchen und sich heilenden Segen bei einem uralten Mann zu erbeten, der schon 60 Jahre dort in einer Höhle verbracht hatte! Dabei richteten die Mönche liebevoll Geschenke für den Mann her, der in der Gegend als Heiliger einen Ruf hatte. Der älteste der Mönche bemerkte rasch den fremden Simutu und bat ihn zu sich: „Deine Erscheinung kommt mir fremd vor, aber deine Seele kenne ich seit langer Zeit! Du bist beinahe um die halbe Welt gereist, bis du uns endlich gefunden hast!“ Dann nahm er Simutu in seine knochig alten Arme und umarmte ihn sehr herzlich. In der Zwischenzeit hatten die Kinder des Gebirgsdorfes die Flugmaschine entdeckt, die Flügel abmontiert und daraus eine Fähnchen Kette gebastelt. Das Gestänge verwandten sie als Zeltstangen für die Hirten.



„Lasse die Flugmaschine frohen Herzens zurück! Die Kinder haben erkannt, wofür wir das alles nutzen können. Du hast dieses Gerät nicht mehr notwendig liebster Freund, da du jetzt unter uns weilst!“ sagte der alte Mönch und lud ihn ein, am nächsten Tag mit zur Pilgerstätte mitzugehen. Simutu willigte freudig ein. Am nächsten Morgen machten sich die Mönche mit Simutu und vielen anderen Bewohnern auf zum Gipfel. Eine Menge Leute war gekommen, so dass sie 144 Personen zählten. Utu glitzerte sich förmlich in den weißen Schnee und spiegelte sein eigenes Licht in die Gesichter der großen Gruppe. Die Mönche schritten mit ihren gelbroten Gewändern voran und summten in einem Fort ihre Mantras wie an einer Schnur herunter. Zur Mittagszeit standen sie vor der Höhle des Eremiten. Der alte Mann hatte schulterlanges Haar und war nur mit einem Schurz bekleidet, so dass er beinahe gänzlich nackt war. Er saß mit gekreuzten Beinen im Diamantsitz auf einem Fell im Schnee und hatte die Augen geschlossen. Schweigend nahm der heilige Mann die Gaben der Mönche an, welche aus Räucherwerk, Marzipan und alter, runzeliger Butter bestand. Einer nach dem anderen schritt an dem Heiligen Mann vorbei und beugte sich dabei fast bis zum Boden. Simutu war bescheiden und ging als Letzter zu dem weisen Mann. Der Mann hatte nach wie vor die Augen geschlossen. Als sich Simutu wieder abwenden wollte, flüsterte der Alte: „Simutu, du sollst bei mir bleiben diesen Tag, da ich dir etwas offenbaren möchte!“



Als Utu die Dämmerung einleitete, stand der heilige Mann von seinem Platz auf und bat Simutu, ihm in die Höhle zu folgen. Der alte Mann schnippte dreimal mit seinen Fingern und sofort erwärmte ein violettes Licht den Raum. Dort waren einige Felle und der Heilige bat den Jüngling Platz zu nehmen. „Mein Freund und geliebter Weltendiener, du hast zwölf lange Reisen hinter dich gebracht! Aber nun möchte ich dir das zeigen, was die dreizehnte Reise betrifft. Dabei zeigte sich messerscharf die kosmische Spalte. Nach vorne ging es in das irdische Leben, nach hinten sah man die Phase vor der Geburt, und in der Mitte war ein Tor, welches Raum und Zeit aufhob. „Gehe durch dieses Tor hindurch tapferer Krieger der Nächstenliebe!“ flüsterte der alte Mann Simutu in das Ohr. Dann wurde es ihm ganz schwarz vor den Augen und alles wurde total dunkel! Die Stille war fast ein wenig gespenstisch, alles wurde leer und hatte keinen Inhalt mehr. Plötzlich zeigte sich das Licht und Simutu sah sich, wie er aus einem viereckigen Behälter, einem Sarg von drei Engeln befreit wurde. Sie brachten ihn zu einem weiteren Tor, welches von dunklen Dämonen bewacht wurde.



Es waren die Wächter der Göttin Kali, das weibliche Prinzip, die Hervorbringerin von allem Leben. Furchtlos ging Simutu auf die Dämonen zu und schaute sie ohne Angst an. Dabei bemerkte er, dass alles was um ihn war, alles was um ihn geschah, sein eigener Geist zum Leben erweckte! Dann sah er einen unendlichen Strom von Menschen, wie sie sich leidenschaftlich paarten, Kriege untereinander führten, und wie sich seit Urzeiten an das Rad von Tod und Geburt stetig bewegte. Simutu ging unbeirrt an den Dämonen durch die heilige Pforte. Göttliche Trompeten beschallten dass Licht. Dort gab er seine Persönlichkeit endgültig auf. Sein Geist vereinte sich mit dem göttlichen Urlicht, in sich selbst schauend und leuchtend. Er hatte schon so viele Leben hinter sich gebracht, ist immer wieder durch den Tierkreis gewandert und hatte die göttliche Nächstenliebe in die Welt hinausgetragen. Aber er konnte sich zwischen den höchsten Ebenen der Schöpfung frei bewegen und zog es vor, seine göttlichen Freunde im zwölften Haus aufzusuchen. In seiner Zerstreutheit hatte er vergessen, dass er von Anfang an dort seine Heimat hatte. So saß er da und beobachtete das Rad des Lebens. Und jeden, der kurz vor seiner Geburt und Inkarnation stand flüsterte er ins Ohr: „Oh Edelgeborener, vergiss es nicht, Gott ist ein Licht! Wer es nicht wird, der sieht es nicht!“ Hier endet die lange Reise des heldenhaften Simutu!



C by Arnold Buchenrieder

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Das im Neptunmärchen von Simutu gefundene Aratta hat es tatsächlich gegeben! Erst um 2000 konnte man mit Grabungen beginnen und hat dabei den legendären Palast entdeckt! Bruno Huber hätte die größte Freude daran gehabt, weil es wahrscheinlich ist, dass Aratta lange vor Sumer und Babylon existiert hat! Wer Interesse hat, der kann auf youtube auf Arte den Dokumentationsfilm anschauen!
 
Hallo ihr Lieben, ich bin der Mond, mich zu beobachten es sich sehr lohnt!



Man sieht mich lachen, auch mal weinen, sorge für Gefühle die uns vereinen.



Ich bin das schnelle Prinzip, mal bin ich launisch, dann wieder lieb.



Der Tierkreis ist meine Bahn, ich lade ein, seht sie euch an!



Im Widder bin ich forsch beseelt, auch impulsiv und keck,



Hier ist das Ich was für mich zählt, sehr launisch und auch frech!



Im Stier genieße ich den Tag, und möchte auch, dass man mich mag.



Im Zwilling geht’s mir um Kontakt, möglichst intensiv und auch kompakt.



Im Krebs schätz ich mein Nest, zusammen mit meiner Familie, ohne den Rest.



Im Löwen zeige ich mein Herz, für Kinder besonders, dies ist kein Scherz!



Im Zeichen Jungfrau bin ich bedacht, dass man sehr gerne seine Arbeit macht.



In der Waage such ich Harmonie, den Ausgleich und viel Sympathie!



Der Skorpion bringt mir sehr viel, hier sehe ich von allen ihr Profil.



Im Schützen bin ich gern im fernen Land, entspanne mich dort gern am Strand.



Im Steinbock erkenn ich manche Pflicht, denke hier auf weite Sicht.



Im luftigem Zeichen Wassermann, da treffe ich meine echten Freunde an.



Im Fisch da tauche ich gerne ab, bin mit mir selbst den ganzen Tag!



Ich bin der Mond, das innere Kind, reise durch den Tierkreis ganz geschwind. Mein silberner



Faden hängt an meiner Seele, von dort sprießt meine Liebes – Quelle….



Wer über diese Verse lacht, dem wünsch ich eine gute Nacht!
 
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Klasse Faden, Arnold, vielen Dank. Werde mir das im Cafe ausdrucken und in Ruhe lesen... habe jetzt nur den ersten Beitrag gelesen. Ich freu mich schon! :)
 
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