Hallo ihr lieben,
ich danke euch für die freundlichen Worte und Eure Anteilnahme.
Bin wieder etwas stabilisiert inzwischen.
Die Zeit vor der Therapie war die schlimmste und es war und ist auch nicht einfach. Aber ich bin demütig, es geht den Umständen entsprechend und es scheint auch alles positiv zu werden. Der Tumormarker war gering erhöht und ist wieder im Normalbereich. Ich kriege Chemo in Tablettenform und Infusionen eines Antikörpers. Habe Nebenwirkungen, aber vertraue auf mein Bauchgefühl, kostet Energie, aber ich kämpf um die Dinge, die mir gut tun.
Das ist der körperliche Teil.
Die Seele braucht weiterhin Unterstützung und Klarheit.
Was ich nicht erwähnt habe....
und was mich belastet, füge ich mal hier ein unter Auslassung der Personalien:
An das Forstamt in ----
"Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe eine sehr ungewöhnliche Frage und ich hoffe, Sie können mir da weiterhelfen.
Ja, wie fange ich an. Also, es geht um einen Todesfall in ---Ort. Ich weiß mir nicht anders zu helfen. Ein Freund von mir soll Selbstmord begannen haben. Er wohnte in -----. Warum ich nun diesen Weg wähle. Es soll ein Förster ihn gefunden haben. Er hat sich wohl mit einer Insulinspritze sowie Autoabgasen in seinem eigenen Auto (Er hatte einen ----, amerik. KFZ-Marke) das Leben genommen. Das muß etwa Ende August gewesen sein. Es ist wirklich sehr wichtig für mich, dieses bestätigt zu bekommen. Ich will keine Einzelheiten wissen. Ich weiß auch, daß ich normalerweise über diesen Weg gar keine Auskunft bekommen kann. Ich kann so aber keinen Frieden finden. Dieser Mann gab mir ein kleines bisschen Zukunft, wir wollten uns gemeinsam etwas aufbauen.
Er hatte schon unangenehme gesundheitliche Probleme, als wir uns kennenlernten mit den Hornhäuten der Augen durch einen Virusinfekt.
Das Problem ist, er ist nach kurzer Zeit, nachdem wir uns kannten schwer erkrankt. An Prostatakrebs, was wohl ein familiäres Problem ist, sein Vater und sein Bruder haben diese Erkrankung auch, sein Großvater ist sogar daran gestorben.
Da ich selbst 2007 an Krebs (Brustkrebs) erkrankt bin, wußte ich, was er durchmacht und daß er erst Zeit dafür braucht, um damit klarzukommen. Ich habe immer gewartet, daß er Hilfe von mir zulassen kann und es ihm besser geht. Die letzten Zeilen, die er mir schrieb, waren auch so in diesem Sinne. Daß er psychisch und körperlich sehr schlimm zurecht wäre und er sich wieder melden würde, wenn es besser wäre. Ich war also ganz ruhig und geduldig und wartete auf seine Nachricht.
Doch - ich habe nicht damit gerechnet - nach einer Weile bekam ich Nachricht von jemandem, den ich nicht kannte, der mir vom Tod M's berichten mußte und mir erklärte, er wäre sein Freund. M hat ihm wohl meine Kontaktdaten für so einen Fall genannt und er hat wohl auch oft über mich gesprochen und darüber wie wichtig ich für ihn bin.
Sein Freund berichtete mir inzwischen, es sei bei ihm schon inoperabel gewesen, deswegen auch sein Selbstmord.
Nun, die Nachricht von seinem Tode erhielt ich an dem gleichen Tag, an dem ich selbst bei einer Routinekrebsnachsorgekontrolle erfuhr, daß nach 4 Jahren mein Brustkrebs sich in der Leber manifestiert hat und dieser nach Meinung der Ärzte jetzt auch nicht mehr heilbar wäre, wovon ich vorher fest ausgegangen bin. Das war der 31.08.2011. Ein schlimmer Tag für mich. Ich habe inzwischen wieder Chemotherapie und kämpfe um mein eigenes Leben.
Nun, ich kann Ihnen auch noch die Daten des jungen Mannes nennen, die ich weiß. Sein Name war M ----, geb. --.--.70, er stammte ursprünglich aus Thüringen und machte wohl so etwas wie eine Umschulung, weil er nach einem (eigentlich ausgeheilten) Schlaganfall seinen Beruf als Autoschlosser nicht mehr ausüben konnte. Eventuell war dies im -----stift. Ich habe auch noch eine Festnetznummer, die ich jederzeit wieder heraussuchen könnte. Dort war eine ganze Weile kein Anschluß mehr.
Ich habe weiterhin erfahren, daß sein Leichnam in die Schweiz überführt wurde, an den Genfer See, wo seine im Juli verstorbene Mutter auch begraben liegt und sein Vater lebt, wenn diese Angaben eben stimmen. Daß seine Mutter schwer krank ist, daß hatte M mir ebenfalls berichtet. Er hat auch noch einen Bruder mit dem Namen ---. Diese zusätzlichen Informationen habe ich durch einen guten Freund von M bekommen mit dem Namen ---- (aus ----). Allerdings war dies auch sehr schwierig, was ich etwas merkwürdig empfinde. Er war zuerst sehr mißtrauisch, obwohl ihn M wohl damit beauftragt hatte, er wußte von mir. Er sagte, M hätte sehr liebevoll von mir gesprochen und ich war ihm sehr wichtig.
Ich selbst bin auch erst 43 Jahre alt und habe, wie oben beschrieben, auch einige Probleme mit der Gesundheit.
Wissen Sie, mein Herzenswunsch wäre eigentlich eine Anschrift zu erhalten, um mit seiner Familie, dem Bruder oder dem Vater, Kontakt aufnehmen zu können. Es wäre bestimmt auch in seinem Sinne, denn ich war sicherlich in seinen letzten Gedanken. Ich weiss, wieviel ich da verlange, ich appelliere einfach an Ihre Herzensgüte. Es ist eine sehr tragische Geschichte und ich bin wirklich sehr traurig und möchte irgendwann damit abschließen können.
Wenn das nicht möglich ist, diese Adresse durch Sie zu bekommen, wäre es jedoch vielleicht möglich, daß Sie mir einfach bestätigen, daß es diesen Todesfall dort gegeben hat (und vielleicht noch seinen Todestag, den weiß ich leider auch nicht präzise).
Ich möchte einfach von neutraler Seite eine Bestätigung, daß diese Geschichte der Wahrheit entspricht. Vielleicht konnte ich Ihnen mit diesen Zeilen deutlich machen, wieviel mir das bedeutet und wie wichtig es für mich ist, dort Klarheit zu erlangen."
Es ist wie ein Kitschroman, den man nicht schreiben möchte.
Ich hatte wieder Hoffnung auf Zukunft, ein liebevoller Mann, der auch einiges schon durchmachen musste, sensibel, interessiert an den Themen des Lebens, der den Mut hatte nach dem Schlaganfall, den er überwunden hatte, sein Leben zu ändern und sein Hobby zum Beruf machte, der an Phytotherapie, Homöopathie interessiert war und eine Ausbildung in diesem Gebiet machte, auf meiner Wellenlänge war.
Und - was ich noch nicht oft erleben durfte, er gefiel mir wirklich. Gerade, da ich meinem Herzen wieder erlaubte, jemanden mit ganzem Herzen zu lieben, wird dieser mir wieder weggenommen.
Er tritt in mein Leben und erhellt es. Ich erhelle seines genauso. Ich spürte eine unendliche Sicherheit und diese Hoffnung. - auf morgen
und dies nur ganz kurz, etwa 3 Wochen, bis er krank wurde und ich auf eine Nachricht wartete, dass es ihm wieder besser geht und ich ihn mit meiner Liebe stark machen kann. Dann etwa 8 Wochen...
Und dann das.
Ich musste begreifen, dass ich aufhören kann, aufhören muss, darauf zu warten.
Dass er sich nicht in der nächsten, nicht in der übernächsten Woche, dass er sich nie mehr bei mir melden wird.
Ich las die Nachricht seines Freundes an dem Tag, an dem ich nachmittags die Verdachtsdiagnose in der Leber bekam bei meiner Routinekrebsnachsorge.
Nun konnte ich nicht mehr weinen, ich mußte mich um meine Belange kümmern und hatte fortan genug zu tun, mit meiner eigenen Angst und dem was da auf mich zukommt. Es war kein Platz in meiner Seele, keine Zeit dafür zu trauern. Das kommt alles jetzt.
Warum kommt dieser Mensch in mein Leben, um dann sofort wieder daraus zu verschwinden? War das nötig?
Ich hatte kurz nach dieser schrecklichen Mitteilung der Unheilbarkeit auch für eine Sekunde den Gedanken, er geht voraus und ich kann gewiss sein, dass er dort auf mich wartet, es ist etwas worauf ich mich freuen kann und es macht dieses etwas einfacher für mich. War das der Grund, warum er in mein Leben kommt?
Dann wieder habe ich diesen Gedanken schnell weggeschoben.
Soll ich stattdessen jetzt kämpfen? Das tue ich.
War er mutig oder feige.
Ich finde es gehört schon Mut dazu, sein eigenes Leben zu beenden. Bei aller Angst.
Übertragen auf mich, bin ich da feige. Noch zumindest. Es lohnt sich dafür zu kämpfen, für ein paar gute Jahre. Jeder Tag ist kostbar.
Da bin ich ganz anders. Aber wie gesagt- mutig würde ich mich nicht nennen, ich hänge an meinem Leben.
Wie verzweifelt muss man sein, um diesen Schritt zu tun?
Wie hätte ich reagiert, wenn ich gehört hätte, wir können NICHTS mehr für sie tun?
Ich weiss es nicht.
Jedenfalls ist sein Schritt zu akzeptieren, jeder muss das selbst für sich entscheiden dürfen.
Aber nochmal
warum?
Ich kann sein Wesen immer noch so klar erfassen, wenn ich an ihn denke, (obwohl wir uns nie persönlich kennengelernt haben, das lag alles noch vor uns, dachte ich, es war einfach zu kurz, nur Nachrichten und Telefonate)
Es ist wie ein spezieller Duft, ein Gefühl, wie sich ein bestimmter Mensch "anfühlt".
Und ich vermisse ihn so sehr.
alles Liebe euch
Danny