Ich habe jetzt mal ein bisschen recherchiert.
Albert Kranz starb 1517. Und seine Geschichte der Wenden erschien 1519. Aus der muss die Geschichte wohl entnommen sein. Kranz verwechselt übrigens die Wenden mit den Vandalen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Wenden#Geschichtsschreibung
Die Oda ist nicht wirklich zu orten. Es gibt eine Oda von Lüchow um das Jahr 1100 herum.
Dann gibt es noch eine Oda von Merseburg, die einen Grafen Mansfeld geheiratet hat. War um 1200.
Muss also eine alte, überlieferte Geschichte gewesen sein. Dazu passt auch die Formulierung: nachdem die Wenden das Christentum übernommen hatten. Das geschah nach dem 12. Jahrhundert.
Ich meine gehört zu haben, dass bei den Inuit, wenn die Nahrung nicht über den Winter reicht, die Alten sich freiwillig zum Sterben zurückziehen. Aber eben freiwillig und aus eigenem Antrieb.
Nun hatten die Wenden in der alten Zeit eine ziemlich schlechte Presse unter den germanischen Abkömmlingen. Als Slaven unterschieden sie sich. Ist vermutlich nur einen schlechte Geschichtsschreibung der Sieger.
Spirituell gesehen ist Mord nicht unbedingt ein Grund für eine seelische Verletzung, also schlechtes Karma. Und wenn Mord im gesellschaftlichen Kontext ein übliches Verhalten war, gab es auch keine Schuldkomponente. Eine seelische Verletzung entsteht nicht durch die Tat alleine. Sondern erst durch die seelische Interpretation der Tat.
crossfire
Ich stelle, zum besseren Verständnis, am besten das komplette Post des bereits angesprochenen Users ein:
Anfang:
Obwohl ich mich hier im Forum nicht mehr einbringen wollte, nun doch noch mal ein Nachklatsch zu diesem Thema, das ich dadurch wieder hochbringen muss. Aber so makaber das Thema auch ist, ich freue mich umso mehr heute endlich nach jahrelangen Suchen zu diesem Thema eine schriftliche Quelle gefunden zu haben.
Durch einen Bekannten habe ich eine Leichenpredigt aus dem Stadtarchiv Braunschweig aus dem Jahre 1710 erhalten. Darin heißt es unter anderem:
"Die am Caspischen Meere wohnenden Völcker haben nach Bonifinii Bericht ihrer Lands-Leute, wenn sie das siebziegste Jahre erreichet durch Hunger getödtet und aus dem Wege geräumet, welches Coelius Rhodiginus mit einigen beygefügten Umständen bekräftiget. So meldet auch Clemens Alexandrinus von denen Hyberoreis, daß sie ihre Alten, wenn sie das siebzigste Jahr zurück geleget vor ihre Thore der Stadt geführet und daselbst abgethan haben. Bey den Wenden, da sie schon zum christlichen Glauben bekehret worden ist diese schlimme Gewohnheit im Brauche geblieben, daß sie denen Alten, die nicht mehr ihr Brod verdienen können gewaltsamer weise vom Brodte geholffen. Albertus Cranzius und aus demselben einige neuere Scribeten erzehlen folgende Begebenheit, ...: Frau Oda des letzten Grafen von Lüchau Tochter, vermählte Gräfin von Manßfeld wolte ihre Eltern besuchen und wie sie ein Ende durch das Lüneburger Land fahren mußte, so hörte sie in einem Holze in den Büschen ein jämmerlich Klagen und Weinen eines alten Mannes...... ...begab sie sich selbst dahin und befand daß einem sehr alter Manne, der nicht mehr arbeiten konnte die Hände gebunden waren, welcher mit vielen Thränen um die Erhaltung seines Lebens bath. Dessen Sohn aber stund bey ihm und machte eine Grube, darein er seinen Vater begraben wollen. Die Gräfin fragte ihn, was er da machte? Worauff er ihr ohn einigen Scheu, weil dergleichen zu thun bey denen Wenden ein alter unstraffbarer Gebrauch wäre, antwortete: Ich habe hier meinen Vater, der ist nun in sein Alter kommen und kann nicht mehr arbeiten noch sich ernehren, deßwegen will ich ihn todtschlagen und begraben. Die Gräfin straffte ihn und hielt ihn das vierdte Gebot vor, die Eltern nach Gottes Befehl zu ehren. ... Er aber antwortete Ihr: Er könnte das Brod nicht seinen Kindern nehmen derer er viele hätte und dasselbe einem alten unnützen Kerl geben. Worüber die Gräfin beweget ward ihm etwas Geld zu seines Vaters Erhaltung mitzutheilen: Bey deßen Annehmung aber der Wende sagte: So lange das Geld währete, wolte er seinen Vater noch leben lassen, wenn aber dasselbe verzehert, müßte er doch dran.
Herr Levin von Schulenburg .... berichtet ...: Unterwegs begegenete ihm vor einem Dorfe, in dem lauter Wenden wohneten eine grosse Menge Volcks mit einbem alten Manne, der sehr kläglich that und bitterlich weinte Er fragte sie wo sie diesen Alten hinführen wollten? Sie antworteten: .... sie wollten ihn, der bey ihnen üblichen Gewohnheit nach todschlagen und begraben, weil er sein Brod nicht mehr verdienen könnte..."
1. Das Gerücht, dass Alte unvermögende Leute "beseitigt" wurden, ist also wahr und hier in der Leichenpredigt nachgewiesen.
2. Der "Brauch" hat sich wohl noch einige Jahrhunderte in abgewandelter Form gehalten und war sicher nicht mehr so brutal wie in vorchristlichen Zeiten
3. Interessanterweise scheint es ein Brauch der Wenden gewesen zu sein und das passt vollkommen zu meinem Foschungsgebiet Coburger Land/ Südthüringen, da dieser Landstrich Siedlungsgebiet der einstigen Wenden war. Alle Ortsnamen, die auf -wind enden beweisen dies noch heute.
4. Ich frage mich gerade, wozu musste eigentlich einstmals das vierte Gebot eingeführt werden? War es auch bei den jüdischen Völkren einst keine Selbstverständlichkeit Vater und Mutter zu ehren?
Ende
crossfire schrieb:Spirituell gesehen ist Mord nicht unbedingt ein Grund für eine seelische Verletzung, also schlechtes Karma. Und wenn Mord im gesellschaftlichen Kontext ein übliches Verhalten war, gab es auch keine Schuldkomponente. Eine seelische Verletzung entsteht nicht durch die Tat alleine. Sondern erst durch die seelische Interpretation der Tat.
Das ist ein interessanter Ansatz, crossfire.....
LG
Juppi