Hallo Fantastfisch
du hast Fragen gestellt, mit denen ich auch ins Grübeln komme. Zwingen will ich ihn ganz sicher nicht, ich will aber auch nicht, dass er geht. Wie soll ich das erklären, wenn er einen anderen Weg nun gehen will, dann soll er das tun, ich habe nur solche Angst mit dem abzuschließen. Sagen wir mal so: ich wünsche es mir von Herzen, dass er bleibt. Ich weiss aber, dass ich es nicht erzwingen kann.
Die Beziehung zu meinem jetztigen Freund ist schwer zu erklären, er WILL bei mir bleiben, ich würde es aber verstehen wenn er das nicht täte. Wir leben zusammen und haben unsere Katzen gemeinsam aufgezogen. In diesem Sinne haben wir eine starke Bindung. Ich habe Angst dieses Leben mit ihm aufzugeben, meine letzte Stabilität zu verlieren. Er ist sehr sensibel und als ich damals mich von ihm trennte ging es ihm auch sehr schlecht. Ich habe monatelang die Menschen um mich herum verletzt, und Bruno ist eben daran gestorben. Ich weiss, dass ich es hätte ändern können, wenn ich zu ihm gestanden wäre und nicht so feige abgehauen wäre. Ich kann nicht sagen, was ich mir erhoffe, ich bin einfach ratlos
Danke für deine Antwort. Ich lese daraus, dass es dir sehr wichtig ist, deinen jetzigen Freund nicht zu verletzen, dass du eure gemeinsamen Verantwortungen sehr ernst nimmst und es dir am Herzen liegt, wie es ihm geht. Aufschluss über dein Gefühl gibst du aber nicht; liebst du ihn? Magst du ihn? Und magst du ihn vielleicht lieber als dich - so sehr, dass du bei ihm bleibst, auch wenn du dir vielleicht was "Schöneres" vorstellen könntest?
Du scheinst dir viele Gedanken darum zu machen, wie du es anderen recht machen kannst. Ist Schuld ein Thema bei dir, hast du Angst "Schuld" zu sein?
Ich frage deshalb, weil ich einen Zusammenhang diesbezüglich vermute....du hast Bruno getroffen, er hat es dir so angetan, dass du auf Konventionen gepfiffen hast. Du hast auch den Versuch gestartet, mit ihm zusammenzusein, aber bist zu deinem Freund zurück - vielleicht doch Liebe, vielleicht Bequemlichkeit oder das Gefühl von Schuld. Auf jeden Fall irgendwas, was stärker war als deine Zuneigung zu Bruno.
Es ging trotzdem weiter und wieder stecktest du in dieser Zwickmühle - zwei Männer, beide wurden weiter verletzt und du mittendrin. Jetzt ist Bruno tot. Und wieder fühlst du Schuld....jetzt, wo er nicht mehr da ist, trauerst du auch vermutlich um die verpasste Gelegenheit. Und trotzdem bietet sich jetzt die Chance, ihn immer bei dir zu haben, ohne deinen Freund verlassen zu müssen....
Ich will dir nicht damit vermitteln, du seiest schuld, im Gegenteil. Aber vielleicht legst du so viel Aufmerksamkeit auf die Bedürfnisse anderer, dass du dich selbst hintenan stellst - und erst, wenn die Hütte brennt, folgst du deinen Impulsen. Sei es eine Affäre oder ein Todesfall. Und dann tut es richtig weh, mehr als es hätte wehtun müssen....Ich denke, es ist ganz gut, wenn du dir mal Gedanken machst, ob es wirklich so wichtig ist, das immer die anderen glücklich sind. Und ob sie es wirklich sind. Meinst du, deinem Freund reicht es, dass du anwesend bist, dein Herz aber nicht? Das es dir gut tut, im Tod eine Erfüllung zu finden, wo du doch noch lebst?
Du willst Bruno nicht zwingen und das glaube ich dir. Du willst nur endlich auch mal bekommen, was du dir wünschst. Das ist verständlich. Vielleicht liegt die Erfüllung deines Wunsches aber gar nicht im Jenseits oder in einer Person, sondern in dir. Wenn du darüber nachdenken magst, kannst du mir auch gerne privat schreiben, falls es dir öffentlich nicht gefällt.
Zum Schluss möchte ich dir sagen, ich nehme deinen Wunsch sehr ernst und will auch mit meinen Fragen deine Bindung in keinster Weise entwerten. Aber vielleicht findest du Wege, wie du ganz unabhängig deine Trauer verarbeiten und dein Leben für dich angenehm gestalten kannst?
Alles Liebe dir.