Liebe Christina
kennst du den Spruch "Arbeit ist die Faulheit des Westens"? Meines Wissens ist er von Dudjom Rinpoche, einem Meister der tibetisch-buddhistischen Tradition. Er fiel mir ein, als du deinen Urlaub erwähntest. Wer immer tätig ist, der kann nicht zu sich finden. Selbst wenn es Dinge sind, die er / sie gern tut.
Ich war Patientin in jener Klinik. Und ich war damit konfrontiert, nichts zu tun zu haben. Mir war langweilig, es gab nicht viel Gelegenheit, von mir abzulenken. Das fand ich zunächst schrecklich. Ich habe immer viel gearbeitet - und dann war ich der Untätigkeit ausgesetzt. Was ich hätte tun können, gefiel mir nicht. Nach und nach aber fand ich Geschmack daran, mit mir herumzutüddern. Und ich merkte auch, dass ich mich mit Aktionismus nur immer wieder ins Aus katapultierte. Das war ätzend - aber es war auch gut.
Nach und nach lernte ich, mich auch in Alltagssituationen zurückzuziehen. Zunächst war für mich undenkbar, mich während der Bahnfahrten zur Schule zurückzuziehen, bis ich mir einen MP3-Player besorgte. Mit dem schotte ich mich morgens und am späten Nachmittag ziemlich ab und es tut mir gut (ich habe auch einen 12er-Mond).
Es ist meiner Ansicht nach gut, dass du gegen das Funktionieren rebellierst. Die Leere spürst, auch wenn es nur schwer auszuhalten ist. Es gibt Dinge, die kann man nur aushalten. Als ich das begriff, wurde manches leichter. Es ist immer noch unangenehm, aber ich will solche Zustände nicht immer gleich "wegmachen". Und dabei wächst meine Fähigkeit, Frustrationen auszuhalten. Nach und nach werde ich belastbarer und rückblickend sehe ich, dass ich eigentlich nur Überbelastung kannte.
Es ist sehr schön, mir selbst zusehen zu können und zu sehen, wie weit ich gekommen bin - zu mir gekommen bin. Bis hierher zu kommen war allerdings kein Zuckerschlecken. Auch bei mir sprach Pluto ein gewichtiges Wörtchen mit. Ich habe aber auch die "Gnade" von Uranus und Neptun im Zusammenspiel erleben können. Das war der Wendepunkt.
Niemand kann nur funktionieren - deshalb ist es gut, wenn das Chaos hereinbricht. Es macht deutlich, dass es so eben nicht weitergeht. Und das spürst du ja auch. Aber es geht immer weiter und meistens ganz anders, als wir uns ausmalen. Es kann auch sehr gut werden.
Alles Liebe
Rita