mitsy schrieb:
hallo xyto,
(...) bis jetzt wurden die meisten menschen hauptsaechlich von aussen reguliert. (...) ich denke ein zb goethe wusste zu seiner zeit alles das schon, was ein nach innen gewandter mensch auch heute erfahren kann. das hat einfach gueltigkeit.
jetzt ist im letzten jahrhundert sozial extrem viel passiert, so rasant wie nie zuvor in der (westlichen) menschheitsgeschichte. die regulierenden elemente (vor allem die kirche, die primaer als soziales ordnungssystem gedient hat) sind weggefallen.
die menschen haben keine anhaltspunkte. (...)
mitsy
Hallo mitsy
Also ich stimme dir in deiner Einschätzung zu. Auch was die "echten Menschen" anbelangt, die es wohl immer schon gegeben hat, mal mehr, mal weniger. Ich glaube übrigens, dass die Epoche in der wir jetzt leben, grundsätzlich sehr positive Voraussetzungen diesbezüglich hat, weil wir zumindest in unseren Freiheitsgraden (theoretisch) freier sind als je zuvor. Den Wegfall dieser regulierenden Elemente, nehme ich persönlich also als positiv wahr. Freilich stellt sich die Frage, wieviel Freiheit ein "durchschnittlicher Mensch" (falls es sowas gibt) verträgt, oder ob er nicht eher davor flüchtet, sei es in Sekten, Kirchen, Konsum oder sonstige Einschläferungen.
Es fällt mir aber schwer diese "gesellschaftlichen" Entwicklungen wirklich adäquat einzuschätzen, deshalb kann ich auch nicht viel darüber sagen.
Hi Kvatar
Zunächst mal danke für die Blumen
Naja es ist natürlich eine wichtige Frage, was das ganze nun konkret bedeutet. Du schreibst z.B. es fällt dir schwer konsequent danach zu handeln. Alleine in dieser Aussage steckt schon das meiner Meinung nach Wichtigste drinnen: Du versuchst eben mehr zu werden, als du bist. Darum geht es. Der Punkt ist nicht, ideal zu sein, sondern zu versuchen ideal zu werden.
Es ist ja ganz so wie im Leben: Jeder fällt mal hin, jeder ist mal wütend, jeder hat seine Sünden. So ist es nunmal. Der große Mensch ist nicht der, der nie hinfällt, nie wütend ist und keine Sünden hat. So jemanden gibt es nämlich nicht. Der große Mensch ist der, der aufsteht nach dem Fall, der die Ursachen der Wut bei sich selbst sucht, der aus seinen Sünden lernt.
Ich denke jeder hat einen authentischen Sensor für diese "Größe", für das, was zählt, für das, worauf es ankommt.
Die Frage, wie man sein soll, ist meiner Meinung nach erstens überflüssig zweitens sinnlos und drittens einfach nur verstandesmäßige Konstruktion, der nicht viel Handeln folgt.
Sie ist deswegen überflüssig, weil man, wie Irfan richtig erwähnt hat, nicht jemand anders sein braucht und sie ist sinnlos, weil man auch gar kein anderer sein kann. Darunter fällt auch, sein gesamtes Wesen zu ändern. Das geht ja auch gar nicht. Du bist der du bist. Das ist in Ordnung. Und nun werde mehr, als du bist, oder: werde der, der du wirklich bist. Nicht indem du überlegst, wie das richtige Verhalten für irgendeine Situation ist, sondern indem du auch tatsächlich machst, von dem du weißt, dass es richtig ist. Dann geschieht Verwandlung, und dieses Verwandeln selbst ist das Ziel, es selbst ist es, dass wichtig ist, es weiterzugeben.
Als Beispiel: der Vater sitzt spät Abend am Schreibtisch um noch ein paar Arbeiten zu erledigen. Die Kinder stürmen heran, zerren an der Hose "Papa, Papa, lies uns doch was vor!". Da er schon seit fünf Stunden an einer nervenaufreibenden Aufgabe sitzt, wird er laut und ermahnt die Kinder ihn in Ruhe zu lassen. Die Kinderchen laufen dann beleidigt weg. Schon beginnt er es zu bereuen. So sollte er nicht sein. Das nächste Mal, sollte er anders handeln, sagt er sich.
Die Frage ist nun einzig die, ob es dabei bleibt - bei diesem "anders sein wollen". Er will geduldiger sein, schön. Aber er wird nicht geduldiger sein, er wird genau so sein, wie er jetzt ist, weil er nichts dagegen macht. Es geht nicht darum, dass er sich zu einem geduldigen Menschen wandelt. Das funktioniert nicht, und das braucht er nicht. Es geht darum, dass er aufsteht und den Kindern was vorliest. Oder am nächsten Tag es wieder gut macht. Oder den Kindern die Situation erklärt. Da gibt es kein Patentrezept, weil es darum auch nicht geht. Worum es geht, ist jedesmal anders, und jedesmal _weiß_ man es, man braucht es nur noch zu tun.
liebe Grüße