Die ersten winterlichen Schritte im neuen Jahr durch einen Forst. Nirgendwo ein Stäubchen Schnee, nur braunes Gras, soweit das Licht des Sommers in den Wald hineinraicht. Aber überall treiben schon Grasbüschel zaghaft ihre frischen Halme nach oben, als suchten sie den Schnee, der sie in anderen Wintern gewärmt, geschützt hat vor den Nachtfrösten.
Ächzendes Knarren tönt durch den Wald und ich bewege mich langsam darauf zu. Ich habe Zeit, und ich habe kein Interesse daran, Reh oder Hase aus ihrer Deckung zu scheuchen. ich achte auf meine Schritte, gehe nicht lauter als nötig, aber auch nicht zu leise - die Tiere kennen den Unterschied zwischen lauerndem Schleichen und harmlosem Geräusch genau. Anstatt fortzuhetzen, drücken sie sich dann meist langsam zur Seite, beobachten, kontrollierend ... genau so wie ich oft ausweiche, wenn ich sie zuerst spüre ...
Das Geräusch wird lauter, und ich stehe vor dem Opfer einer der letzten Windböen irengdwann in den letzten Wochen. Ein gestürzter Baum zeugt von der Anfälligkeit eines Fichtenforstes, dessen Rand unmittelbar, wie mit dem Tortenmesser gezogen, an ein Feld grenzt. Die vom Baum gierig ins Freiland getriebenen Wurzeln von den überschweren Pflugscharen verwundet, zerfetzt ... sie werden krank von Dünger und Gift, schwächen den Baum anstatt ihn zu stützen ... und irgendwann kommt der richtige Wind aus der richtigen Richtung und fällt den hoffnungsvollen Baum, der sich doch so beeilt hat, dem Licht noch schneller entgegenzuwachsen als seine Konkurrenten ....
Es wird Zeit, dass ich wieder in einen richtigen Wald komme, voller Überlebenskampf, aber auch voller Kraft ... wo der Tod eines Baumes nicht "aufräumen" bedeutet, sondern Basis ist für neues, schwellendes, überschäumendes Leben .....
Nachdenkliche Grüße
cerambyx