Thomas Evangelium

Das Thomas Evangelium gehört wohl zu den hochwertigsten christlichen Schriften. Dadurch dass es nicht in die offizielle Bibel Einlass gefunden hat, ist es wahrscheinlich weitgehend von umfassenden "Überarbeitungen" verschont geblieben - ein glücklicher Umstand also.

Das sind die geheimen Worte, die Jesus der Allgegenwärtige sprach und die Didymos Judas Thomas aufgeschrieben hat.

1. Und er sprach: Wer die Bedeutung dieser Worte erkennt, der wird den Tod nicht schmecken.

Welchen Tod kann Jesus hier gemeint haben? Natürlich müssen wir alle irgend wann unseren physischen Körper ablegen. Worauf Jesus aber hinaus wollte, ist womöglich die Unsterblichkeit der Seele. Diese Unsterblichkeit können wir solange nicht erfahren bis unsere Seele den Kreislauf der Geburten und Tode nicht durchbricht. Solange dies nicht geschieht müssen wir immer und immer wieder den bitteren Geschmack des physischen Todes schmecken, sei es in dieser oder in jener Form. So lautet das Gesetz! Äonen von Zeitaltern befinden wir uns schon in diesem äußeren Reich! JEDOCH das äußere Leben ist keine Endlosschleife. Jeder Mensch wird ausnahmslos, früher oder später Befreiung erlangen. Und hier kommen die Gottmenschen ins Spiel die zu allen Zeitaltern auf die Erde inkarnieren, um hier alle jene, die ein Verlangen nach Gott haben, auf den Heimweg zu stellen. Ist man so weit, dass man deren Worte und Ausstrahlung aufnehmen kann (vgl. Empfänglichkeit), dann beginnt der Heimweg ... dann wird der Kreislauf der Geburten und Tode durchbrochen.

P.S.1: Die meisten Leute mit denen ich rede wollen aber gar nicht nachhause zu ihrer göttlichen Heimstatt. Sie wollen lieber ein Maximum an weltlichem Vergnügen erleben ... und HIER Glückseligkeit erlangen ... was aber nicht möglich ist und der Natur der äußeren Welt wiederspricht. Hier kann man nur endliches Glück erfahren, aber nicht Glückseligkeit.

P.S.2: Jesus Worte waren wohl damals für einen bestimmten Kreis der Schülerschaft gedacht, weswegen Thomas von "geheimen Worten" spricht. Außenstehende hätten damit sehr wenig anfangen können. Für sie hätte Jesus wahrscheinlich wieder andere Worte gewählt. Zu meinen, es handle sich um eine Art Geheimlehre ist natürlich völliger Irrsinn, weil ein Gottmensch für ALLE Menschen da ist, die dafür offen sind. Wir selbst sind es, die uns dazu den Zugang verwehren.
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Kommentare

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Es gibt keine Geheimnisse! Es gibt nur Wissen, dass den Novizen völlig überfordern würde, und so ist es besser ihm dieses erst auf seiner nächsten Entwicklungsstufe zu offenbaren - genauso wenig würde es Sinn machen einem Volksschüler die Grundlagen der Algebra zu vermitteln. Es könnte sogar so weit führen, dass er eine ablehnende Haltung dagegen entwickelt.


Noch eine Geschichte, wie man Gott finden kann

In Indien lebte ein Weiser, von dem man sagte, er habe die höchster Vervollkommung erreicht. Ein Mann kam zu ihm und sagte: "Ich habe gehört du hast Gott gefunden und auch ich möchte Ihn gerne finden. Weißt du wie ich mein Ziel erreichen kann?" Der Weise antwortete: "Ja, ich kann es dir zeigen!" Darauf begaben sie sich ins Wasser eines Sees, und noch bevor der Mann reagieren konnte drückte der Weise dessen Kopf unter Wasser. Der Mann bekam keine Luft und wurde immer verzweifelter ... bis der Weise ihn wieder loslies. M: "Bist du verrückt ... !" W: "Aber sollte ich dir nicht zeigen, wie man Gott findet?" M: "Ja, aber ...!" W: "Wenn du ein solches Verlangen nach Gott entwickelst, wie du soeben nach Luft hattest, wirst du Gott ganz bestimmt finden!"

:D

Und jetzt sehe man sich einmal an, was wir tun ... Wir verbringen > 99 % eines Jahres mit bloßen weltlichen Dingen. Manche sagen: "Ja sicher. Ich will Gott finden!" Aber sie wollen es nicht wirklich und widmen sich fast 24 Stunden am Tag weltlichen Dingen. Und deswegen machen wir auch kaum Fortschritte. Wem wollen wir dafür einen Vorwurf machen?
 
Am Ende des Interviews der BBC-Doku geht es nocheinmal um die Gnostiker und ihre Unterscheidung vom "allgemeinen" Christentum:

"[...] Nach den traditionellen Kirchenanhängern steht Befreiung für ALLE Menschen offen: sozial hochstehend und niedrig, intelligent und unintelligent, reich und arm - praktisch für jeden, der an den Tod und die Wiederauferstehung Jesus glaubt. Aber nach diesem Text [Anm.: Thomasevangelium] gibt es einen inneren Kreis an Wissenden, die esoterisches Wissen besitzen. Und nur jene können Erlösung erlangen. Das ist ein ganz anderes Konzept von Erlösung [...]"

Das stimmt so nicht.

Ich habe schon über "Erlösung" geschrieben. Sie steht JEDEM offen, aber die wenigsten interessieren sich dafür und wollen etwas davon erfahren ... und viele sind dermaßen verloren in ihren weltlichen Verlangen und Bestrebungen, dass sie sowieso alles Göttliche ins Lächerliche ziehen und es verhöhnen. So ist es auch in unserer Kultur nicht üblich einen Volksschüler an die Universität zu schicken. Die Gnostiker waren sich dessen völlig im Klaren, auch wenn es im Laufe der Zeit Abspaltungen gegeben haben mag, die mangels kompetenter Führung, immer weiter vom Kern des Wissens abgerückt sind.

Dementsprechend sagte Jesus auch:

Matth. 7 schrieb:
Gebt das Heilige nicht den Hunden, und werft eure Perlen nicht den Schweinen vor, denn sie könnten sie mit ihren Füßen zertreten und sich umwenden und euch zerreißen.

Jeder hat das sicherlich schon selbst erlebt, dass man vertrauliche/intime Sachen nicht allen Menschen erzählen sollte,
und so hüteten sich die Gnostiker davor den Leuten ihr Wissen über Erlösung aufzudrängen. Und obendrein hatten sie mit Verfolgungen zu rechnen.
 
Aber sogar ein großer Sünder (und übler Mensch, wie wir sagen würden) kann den Weg zu Gott einschlagen. Es ist mehr eine Sache des Herzens und der Ausrichtung, als eine Angelegenheit des Verstandes. Deswegen kann der herzenswarme, mittellose Landbauer, dem intellektuell-hochstehenden Professor bei weitem überlegen sein.

Was 'Erlösung' betrifft wussten die Gnostiker: Ohne eigene Willensanstrengung, ohne eigenes Verlangen nach Liebe und Geliebtwerden, nach Heimkehr ins Göttliche, kann es keine Erlösung (Heimkehr ins Absolute) geben. SEINE Gnade kann sich erst über uns ergießen, wenn wir uns dafür entscheiden sie anzunehmen und wirken zu lassen. Dann bekommen wir immer mehr und mehr ... and Er wird sich um die Abwicklung unserer Karmas kümmern, die die Seele an die unteren Ebenen binden. Wären sie nicht vorhanden würde die Seele unmittelbar nach dem Abstreifen des physischen Körpers zu Gott zurück kehren. Die Karmas aber wirken wie eine Last und ziehen die Seele nach außen, sodass sie gezwungen ist die Früchte aller Saaten zu ernten, seien sie nun wohlschmeckend oder von bitterem Geschmack.

Mehr über die gnostische Sichtweise von Erlösung erfährt man im Nag Hammadi Text: Die Exegese der Seele. Hier wird sehr genau beschrieben, wie das Göttliche fortwährend seine Diener in diese Welt entsendet, um die Seelen auf den Heimweg zu stellen.
 
[YOUTUBE]uejLOP9tnrA[/YOUTUBE]

- Lange Zeit glaubte man es gäbe nur 4 Evangelien
- aber 1886 fand man das Petrus Evangelium (kenn ich selber noch nicht :D) wodurch man annahm, dass es noch weitere verbotene (apokryphe) Schriften gibt

P.S.: kurzer Blick ins Petrus Evangelium: Schaut euch mal 50. an. Da wird Maria Magdalena als "Jügerin des Herrn" bezeichnet ;) Es gibt nicht den geringsten Grund, außer natürlich den der männlichen Herrschsucht und Versklavung der Frau, warum eine Frau nicht auch Schülerin von Jesus gewesen sein soll. Auch im Buddhismus machte man es den Frauen lange Zeit streitig überhaupt "Erleuchtung" erlangen zu können. Erleuchtung ist aber keine Frage des Geschlecht sondern ausschließlich der Reinheit und Empfänglichkeit.

- 1945 gab es dann einen bedeutenden Fund: eine große Sammlung verloren gegangener Evangelien (P.S. wahrscheinlich versteckt vor der Zerstörung durch die Machthaber)
- ein ägyptischer Bauer und sein Freund haben eine verschlossene Höhle entdeckt
- darin war ein Behälter mit 52 verschiedenen Texten, darunter z.B. auch "das Werk von Petrus" (in Griechisch verfasst) (the acts of peter) ... (Wikipedia) eine, wie mir scheint gewaltige Gschichterl-Druckerei. Die Leute liebten das damals ... es gab ja nicht so viel Unterhaltung wie heute. Wir haben ja TV, Radio, Internet, ... jedenfalls ist nicht jede gefundene alte Schrift auch wirklich 'spirituell wertvoll'
 
- ja und das Thomasevangelium war eben auch dabei
- die Schriften sollen vergraben worden sein nachdem Kaiser Konstantin die Macht übernommen hat (da gabs wohl eine größere 'Schriften-Säuberung')
- jedenfalls ... das Thomas Evangelium brachte mitunter die größten Überraschungen
- obwohl das Thomas Evangelium als gnostisch angesehen wird, findt man viele Überschneidungen mit den uns bekannten Evangelien

Dann erfährt man mehr über die Gnostiker selbst

- sie waren eine Gruppierung des Christentums mit starker Betonung der Mystik
- sie vertraten vom christlichen Mainstream abweichende Ansichten

P.S.: man muss ja bedenken, dass der "Retter des Christentums" Kaiser Konstantin das Christentum nicht aus Großherzigkeit zur Staatsreligion machte sondern aus reinen machtpolitischen Überlegungen. Ursprüngliche Ansichten, die nicht zu seinem Konzept passten wurden einfach eliminiert. Die Gnostiker sind die wahren Christen, die am Kern der einstigen Lehre Jesus festhielten und dafür sogar mit ihrem Leben bezahlten. Aber man darf auch zurecht annehmen, dass es auch in ihren Reihen machtpolitische Interessen gegeben hat, denn wo viele verschiedene Menschen zusammen kommen lässt sich das kaum vermeiden. Wenn der Meister den Körper verlässt bleiben die Schüler oft im Chaos zurück. Deswegen ist nicht überall wo "Gnostik" draufsteht, auch Gnostik drinnen.
 
- Gnosis ist ein griechische Wort und bedeutet Wissen
- ein Gnostiker ist ein Wissender, jemand der weiß (P.S.: echtes Wissen bedeutet immer Können ... und etwas praktisch erfahren zu haben ... zu beherrschen)
- "Wenn sie den einen Teil Gottes/die Wahrheit in sich selbst finden konnten ... wozu brauchten sie dann Priester oder Bischöfe?

P.S.: Wenn der wahre Petersdom der menschliche Körper ist ... :)

- Und dann gehts in dem Beitrag eben weiter mit dem Inhalt des Thomas Evageliums: Jesus war ein Kind Gottes und WIR sind es auch. Wir können tatsächlich Jesus nachfolgen.
- Jesus hat nichts, was wir nicht auch haben können

P.S.: Jesus nachzufolgen bedeutet aber nicht das, was die Christenheit im allgemeinen tut: Nämlich nichts! Sich auf die eigene Erlösung verlassen, weil ja eh Christus am Kreuz für jeden Getauften gestorben ist!"

Was bedeutet nun aber Jesus nachzufolgen?
Es bedeutet seine Gebote zu beachten und kontinuierlich an sich selbst zu arbeiten ... und sich dem Göttlichen zuzuwenden.

Weiter im Bericht:
- Das Thomas Evangelium besagt, dass jeder seine persönliche Beziehung zu Gott in sich selbst finden kann, ohne Notwendigkeit irgend einer Organisation, einer Priesterschaft oder etwa Bischöfen

P.S.: Den Machthabern hat das natürlich nicht geschmeckt. Aber man muss da ganz klar anmerken, dass heute auch die Kirchen ein Ort sind, indem sich das Göttliche in besonderer Weise ausdrückt und eine besondere spirituelle Energie erfahrbar ist. Schließlich ist es jener reduzierte Bereich in unserer modernen Gesellschaft, wo sich die Menschen noch bewusst Zeit nehmen, um an Gott zu denken.
 
Also brauchen wir keine Priester, keine Bischöfe, keine spirituellen Führer? :)

Genauso könnte man fragen:
"Also brauchen wir keine Erziehung, keine Lehrer, keine Trainer?"

Sogar Jesus hatte spirituelle Lehrer. Warum glauben wir nun, keinen spirituellen Lehrer zu benötigen? Vermutlich weil wir gelernt haben, uns auf die eigenen Beine zu stellen und uns nur auf uns selbst zu verlassen. Aber mit dieser Ansicht, alles aus eigenem Tun heraus steuern zu können, betrügen wir uns nur selber. Wir haben bei weitem nicht alles unter Kontrolle, wie wir uns das vormachen und sind auf äußere Unterstützung angewiesen. Jedes Kind weiß das. Nur der Erwachsene glaubt weiter zu sein als die Kinder.

ALLES hängt von der Wahl des richtigen Lehrers ab, und so heißt es, dass der Lehrer seinen Schüler nur soweit führen kann, wie er selber steht. Wir benötigen deswegen einen möglichst kompetenten Lehrer. Viel hängt vom eigenen ehrlichen Verlangen nach dem Göttlichen ab ... und dementsprechend erhalten wir weltliche Führung in diesem Leben ... und es kann auch von Vorteil sein darüber hinaus immer wieder um Führung zu bitten.
 
ja, man spürte förmlich die Begeisterung dieses Expertengespräches :)

Dann wollen wir mal mit dem, offenbar begeisternden Thomasevangelium weitermachen:

49.
Jesus sprach:
Selig die Einzelnen(1) und die Erwählten, denn ihr werdet dem Königreich angehören, denn ihr befindet euch außerhalb davon, und ihr werdet dahin zurückkehren.

(1) Im koptischen Original scheint es tatsächlich um die "Einzelnen" (allein sein) zu gehen und hier kommen wir nicht darum herum es interpretativ auszulegen. Es könnte schon sein, dass Jesus hier Menschen meint, die EINS sind, aber ich denke, dass ist hier nicht der Fall, denn in diesem Fall spricht Jesus die Apostel selbst an. Man muss bedenken, dass die Apostel ihre Familien zurück ließen, um bei Jesus zu sein. Normalerweise wäre es bestimmt üblich gewesen verheiratet zu sein und Kinder zu haben. Aber die Apostel waren alleine und die Gegenwart von Jesus war so erfüllend, dass sie sich wahrscheinlich nichts anderes ersehnten. Das ist hier gemeint.

Buddha drückte es so aus:
Buddha schrieb:
Rotte die Selbstsucht und alles, was selbstsüchtig macht, aus. Habe weder Weib, Kind noch Familie. Sei nicht von der Welt. Werde vollkommen selbstlos.
 
Auch Thomas 55. (folgt) steht in engem Bezug zu 49. Seht euch das an.

Die Sache ist natürlich sehr schwer zu verstehen, aber Zeiten der Einsamkeit (bzw. des Einzelgängertums) können ganz wichtig sein, um seine spirituelle Ausrichtung zu kräftigen - "nicht von der Welt zu sein". Wenn wir für uns selbst sind, dann haben wir ZEIT uns mit spirituellen Fragen, insbesondere aber auch mit der spirituellen Praxis (Meditation) auseinanderzusetzen. Wer aber in ein vielfältiges soziales Geflecht eingebunden ist hat Verpflichtungen! Eine Familie ist eine große Herausforderung und Verantwortung ... und es KANN vorteilhaft sein diesem natürlichen Wunsch keinen Ausdruck zu verleihen. Selbstverständlich hängt das von unserem eigenen karmischen Hintergrund ab.

Dennoch ist Familie keine spirituelles Hindernis ... aber wie gesagt kann es aus zeittechnischen Gründen von großem Vorteil sein, sich nicht zu viele weltliche Verpflichtungen aufzuerlegen. Warum glaubt ihr ziehen sich Nonnen & Mönche in Klöster zurück? Damit sie sich dort ungestörter Gott widmen können ... und sich keine etwaigen anderen gesellschaftlichen Verpflichtungen aufzuerlegen. Alles ist eine Frage der Zielsetzung und des Lebenssinnes.

Aber nicht nur die "Einzelnen", wie die Apostel, erreichen das Himmelreich, sondern wie wir von Jesus erfahren auch die "Auserwählten". Man kann es sowieso nicht erfassen, aber das Göttliche soll vor langer langer Zeit, als es die Seelen in die materiellen Ebenen ausgeschickt hat, Versprechungen des Heimkehrens gemacht haben, und dementsprechend holt Es uns zurück ... und die Verköperung Gottes hat den Auftrag sich um diese Menschen anzunehmen ... und beginnt uns mit Seiner Liebe anzustecken, sodass wir heimkehren können. Deswegen sagt Meister Eckehart, dass das Göttliche uns zuerst liebt, und wo auch immer wir stehen ... Es offenbart sich dermaßen klar, dass wir davon stark angezogen und gezeichnet werden.
 
Im Folgenden handelt es sich um Anweisungen, wie die Jünger am besten mit grundsätzlichen Fragen von Leuten umgehen sollten.

Offizielle Version:

50.
Jesus sprach:
Wenn sie euch fragen: 'Seid ihr aus dem Nichts entstanden?' (1), dann sagt folgendes zu ihnen:
'Wir kommen aus dem Licht, jenem Ort, wo das Licht aus sich selbst [Ihm] hervorgeht.
Es erschafft sich fortwährend aus eigener Kraft, und Er verkörpert sich über uns.'
Wenn sie euch fragen sollten: 'Wer seid ihr?', dann antwortet:
'Wir sind Seine Söhne, und wir sind die Auserwählten des lebendigen Vaters.'
Wenn sie euch fragen: 'Wie offenbart sich der Vater in euch?', sagt ihnen:
'Es ist Bewegung und Ruhe.'

Anfangs war ich mir überhaupt nicht sicher, ob sich die Fragen auf die Person und Legitimität der Apostel bezogen haben, oder ob die Fragesteller nicht doch mehr daran interessiert waren:

a. woher der Mensch kommt
b. wer wir sind und
c. wie wir den Vater in uns erkennen können.

Meiner Meinung nach hat letzteres nämlich viel größere Relevanz, wodurch ich die folgende Fassung bevorzuge:
 
Toppers Version:

50.
Jesus sprach:
Wenn sie euch fragen: 'Sind wir aus dem Nichts entstanden?', dann sagt folgendes zu ihnen:
'Wir kommen aus dem Licht, jenem Ort, wo das Licht aus sich selbst [Ihm] hervorgeht.
Es erschafft sich fortwährend aus eigener Kraft, und Er verkörpert sich über uns.'
Wenn sie euch fragen sollten: 'Wer sind wir?', dann antwortet:
'Wir sind Seine Söhne, und wir sind die Auserwählten des lebendigen Vaters.' (1)
Wenn sie euch fragen: 'Wie gibt sich das Göttliche in uns zu erkennen?', sagt ihnen:
'Durch Tätigsein und Geschen-Lassen.' (2)

Die Fragen a., b. und c. werden beantwortet.

(1) Letztlich sind wir ALLE die Auserwählten und höchst begnadet, weil wir die menschliche Geburt bekommen haben. Wir alle sind seine Jünger ...
(2) Hier bewege ich mich zugegebener Maßen auf interpretativem Untergrund. In der engl. Übersetzung des koptischen Originals ist von "Bewegung" und "Ruhe" die Rede. Das Göttliche ist Ruhe in seinem nichtmanifestierten, nichtmateriellen Zustand. Und sobald es sich ausdrückt findet Bewegung statt.

Wie gibt sich das Göttliche in uns zu Erkennen?

Im Menschen gibt es ebenso das Prinzip der "Anstrengung" und des "Geschehen-Lassen", des aktiven schöpferischen Tätigseins und des Seins & Annehmens. So drückt sich das Göttliche über uns aus. Es sind diese zwei Komponenten, die gegenseitig zusammenwirken, insbesondere auch, wenn es um die Praxis der Meditation geht. Dementsprechend weiterentwickelt könnte es sogar noch heißen: "Durch eine anstrengungslose Anstrengung (in der Meditation)". Das ist eine Kunst.
 
51.
Seine Jünger sagten zu ihm:
An welchem Tag werden die Toten zur Ruhe kommen (1), und wann kommt die neue Welt? (2)
Er sprach zu ihnen:
Das wonach ihr Ausschau haltet (3) ist längst gekommen, aber ihr erkennt es nicht.

Ist sehr anspruchsvoll ... anspruchsvoller als ich vorher gedacht hätte.

(1) Wer, wie, was? Haben denn die Toten keine 'Ruhe'? ;) Genauso könnte man fragen: Wann hat das Spiel des Sterbens und Geboren-Werdens (Kreislauf der Wiedergeburt) ein Ende?

(2) Ist hier von der kommenden neuen physischen Welt(ordnung)/Zeitalter die Rede oder geht es hier um die spirituellen Welt? :) Ich denke schon, dass hier vom wahren, unvergänglichen Leben die Rede ist. Die Apostel und Menschen haben dazu über Jesus den Zugang, ohne dass sie sich dessen bewusst sind. Jesus sagt: JETZT hat das Spiel ein Ende, wenn ihr meine Anweisungen befolgt. Ich bringe euch nach 'oben'.

Wir sind nicht in der Lage einen wahren Meister, geschweige denn Gott, zu erkennen. Es heisst: "Nur ein Meister kann einen Meister erkennen." Dazupassend auch Matth. 11, 27:

Matth. 11 schrieb:
Mir ist von meinem Vater alles übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.

Wir brauchen also jemanden, der uns Gott erfahrbar macht. Wir wissen nicht das Geringste über solche Gottmenschen.

(3) Ich fand "Ausschau halten" als die treffende Übersetzung, im Englischen "to look outward for", könnte man aber auch so auffassen: "das, wonach ihr im Äußeren sucht". Es entspricht jedenfalls der Problematik, dass der Größteil unsrer Seelenenergie über die physischen Augen in die äußere Welt fließt. Von den inneren Vorgängen bekommen wir nicht das Geringste mit.
 
Wenn Buddha sagt "Sei nicht von der Welt!" so findet man eine ähnliche Aussage im Thomas-Evanglium:

42.
Jesus sprach:
Seid Vorübergehende!

Wir sollen uns nicht zu sehr mit der Welt, dem physischen Körper und all den weltlichen Idealen identifizieren, weil wir uns dadurch sehr stark in ihnen verhaften. Das ist alles worauf es ankommt.

Die Meisten von uns führen ein Leben, als würden wir für immer auf diesem Planeten bleiben. Unsere Ausrichtung ist dermaßen stark materiell geprägt, als hätten wir völlig darauf vergessen, dass wir diesen Körper in nicht allzu ferner Zeit wieder ablegen müssen. Geld und Besitztümer werden uns von keiner Hilfe mehr sein.

"Vorübergehend zu sein" bedeutet, sich immer wieder klar zu machen, dass man werder Körper noch Intellekt oder Persönlichkeit ist. "Vorüberzugehen" bedeutet sich immer wieder zu bemühen, eine Perspektive des Beobachtens einzunehmen ... und sich nicht zu stark vereinnahmen zu lassen ...
 
46.
Jesus sprach:
Von Adam bis Johannes dem Täufer wird unter den Kindern der Frauen niemand über Johannes den Täufer erhoben, solange er nicht seine Blicke senkt (1). Aber ich habe gesagt: Wer gering unter euch sein wird (2), der wird das Königreich erkennen und über Johannes erhoben.

(1) wortwörtlich: "die Augen brechen [od. senken]". Kann auch eine andere mystische Bedeutung haben.
(2) wortwörtlich: "ein Kleiner" ... kann genauso bedeuten, wie ein "Kind" zu werden.

Bei diesem Vers geht es ausschließlich um den Aspekt der REINHEIT. Jesus liefert dazu 2 Ansätze, indem er ein Beispiel eines Gottergebenen liefert, nämlich Johannes, und geht dann noch näher darauf ein, wie wir so werden können wie er ... aber sogar weiter kommen können als Johannes - eigentlich unglaublich, aber das bedeutet, dass Johannes nicht die höchste Gotterkenntnis hatte. Wir können weiter kommen als Johannes selbst zu diesem Zeitpunkt stand.

Zuerst zur Person Johannes des Täufers. Er war bekanntlich Elia, einer der alten Weisen und Propheten, der nach damaliger Überzeugung inkarnierte, um das Kommen einer großen Seele vorzubereiten:

Markus 1 schrieb:
So steht geschrieben beim Propheten Isaias: Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der dir den Weg bereiten soll. Eine Stimme ruft in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, macht eben seine Pfade.

Wir erfahren, dass Johannes von "Heuschrecken und wildem Honig" lebte (vgl. Mk 1, 6), meines Erachtens ein klarer Übersetzungsfehler. Heuschrecken und Honig passen nicht zusammen :) Viel eher schon Honig und die Früchte des Johannisbrotbaumens mit ihrem süßen, karamelligen Geschmack. "Haruvim" heißen sie auf Hebräisch und "hagavim" sind die Heuschrecken.

Das sollte dem Leser nur eines verdeutlichen, nämlich dass Johannes eine pflanzliche Ernährungweise bevorzugt hat.
 
In Luk (1, 13ff) erfahren wir dann weiteres vom Engel Gabriel (spricht zu Zacharias):

Luk 1 schrieb:
Deine Frau Elisabeth wird dir einen Sohn schenken, und du sollst ihm den Namen Johannes geben. Er wird dir Freude und Wonne sein, und gar viele werden sich über seine Geburt freuen. Er wird groß vor dem Herrn sein. Wein und berauschendes Getränk wird er nicht trinken, aber schon im Mutterschoß wird er vom Heiligen Geist erfüllt sein. Viele von den Söhnen Israels wird er zum Herrn, ihrem Gott, bekehren Er wird vor ihm einhergehen im Geist und in der Kraft des Elias.

Johannes Lebensweise steht für Reinheit und Gottnähe. Wir erfahren hier dass Johannes weder Wein noch anderes berauschende Getränk zu sich genommen hat. Es stünde wahrscheinlich im Widerspruch zu seiner Nähe zu Gott. Wie auch immer man es auch dreht und wendet ... irgendwann erscheint es recht vorteilhaft den Alk ganz abzusetzen :) Er wirkt bewusstseins-zerstörend. Man braucht ja nicht alles von heute auf morgen umzusetzen. Alles step by step und easy. Nur hat das eben seinen Grund, warum Johannes keinen Alk getrunken hat. Mit anderen Worten: Es gibt eine Stufe, wo wir besser die Finger davon lassen ... weil es uns daran hindert uns selbst zu erkennen.
 
Interessant: Auch an anderer Stelle finden die Früchte des Johannisbrotbaumes in der Bibel Erwähnung, nämlich in der Geschichte des verlorenen Sohnes, wo wir erfahren, dass sie gerne von den Schweinen gefressen wurden (Tierfutter?). Das passt natürlich auch perfekt zur asketischen Lebensweise Johannes :)

Luk 15 schrieb:
Gerne hätte er seinen Hunger mit den Schoten gestillt, die die Schweine fraßen, aber niemand gab sie ihm.

oder auch ganz nett

Reisebericht schrieb:
"Niemand, der sich je an ihrem Duft aus nächster Nähe ergötzte, wird das Aroma der sonderbaren Früchte des Johannisbrotbaumes vergessen. An immergrünen Bäumen wachsend, könnte man sie für Feuerbohnen halten, wenn sie noch jung und grün im frühen Sommer wie aufgereiht von den Ästen herabhängen. Später dann werden sie hart und schwarz, etwas wie Honig tropft heraus und ihr unvergleichliches Aroma erfüllt die Häfen am Mittelmeer... Kaum zu glauben, wie vielseitig sie zu verwenden sind! Einmal bearbeitet, können die Früchte zu allem werden - vom Nahrungsmittel bis zum Gesichtspuder."

mehr über den Baum

Mit den Heuschrecken wär der arme Johannes sicher verhungert, wenn nicht grad eine Heuschreckenplage hereingebrochen wär ... *ggg*

Ebenso interessant:

Die griechische Bezeichnung für Johannisbrot (keratia) ist jedoch in unseren Sprachgebrauch eingegangen. Denn das konstante Gewicht der Johannisbrotsamen nutzen die Griechen als Maßeinheit; daher kennen wir heute die Gewichtseinheit Karat, die 200 Milligramm ausmacht und für Gold und Diamanten verwendet wird.
Quelle
 
Ja ich bin noch immer beim 46er Vers des Thomas-Evangeliums. Und es geht darum, wie wir über jene Stufe erhoben werden können, über die Johannes damals stand :)

Neben der Lebensweise von Johannes, wo ein spiritueller Sucher das Eine oder Andere herauslesen kann, gibt es noch andere Faktoren, die wichtig sind, um das "Königreich" erkennen zu können. Das hat natürlich weniger mit körperlichem Kleinsein zu tun, als mit der Reduktion von Selbstsucht und ichzentriertem Denken. Meister Eckehart beschrieb das in einer seiner Predigten sehr schön, dass nämlich dort, wo Ego fehlt der Mensch sehr klein ist, aber zugleich füllt Gott diese Leere mit sich selbst auf, und dadurch gewinnt dieser Mensch an wahrlicher Größe, denn Gott vertraut so einem Menschen all seine Mächte an.

Das Kind als Symbol von Reinheit und Fehlen von Ichsucht

Matthäus 18 schrieb:
In jener Stunde traten die Jünger zu Jesus und sagten: Wer ist denn der Größte im Himmelreich? Da rief er ein Kind herbei und stellte es in ihre Mitte. Er sprach: 'Ich versichere euch, wenn ihr euch nicht anders besinnt und werdet wie die Kinder, werdet ihr sicherlich nicht ins Himmelreich eingehen. Wer sich also erniedrigt wie dieses Kind hier, der ist der Größte im Himmelreich.'

Dieses Ringen mit der "Ichzentriertheit" begleitet uns das gesamte Leben. Wir sind hier sehr anfällig und begehen unentwegt "Verfehlungen" oder wie man das nennen will ... aus Angst, aus starkem Verlangen und Wunsch nach endlicher Erfüllung/Geliebtwerden ... oder aus welchem Grund auch immer? Die wenigsten Menschen durchschauen sich selbst und ihr eigenes Verhalten. Wir verbringen Jahre damit, um Produkte oder Dienstleistungen in Unternehmen zu verbessern, aber wieviel Zeit bringen wir für die Verbesserung unserer Persönlichkeit auf? Das ist die entscheidende Frage. Ich kann nur jedem Raten tägliche darüber Nachzudenken, wie die Dinge des Tages gelaufen sind und wo man sich verbessern kann ... in Gedanken, in Worten und in Taten.
 
Dazu passt wohl gut das Lied 'Save me from myself' von Vertical Horizon ... also 'Rette mich vor mir selbst' :D

[YOUTUBE]1IxdwRUZ3rk[/YOUTUBE]
 
Johannes würde wohl auch an folgender Musik Gefallen finden, schließlich war er ja ein Mann des Universums *ggg*

[YOUTUBE]my1qYsbtv_U[/YOUTUBE]

Ist ein Lied das man so im Hintergrund laufen lassen kann ... während dem Lesen ... mit 480p ;)

47.
Jesus sprach:
Es ist unmöglich, dass jemand zwei Pferde besteigt, noch dass er zwei Bögen spannt; und es ist unmöglich, dass ein Diener zwei Herren dient, es sei denn, er schätzt den einen mehr, und achtet den anderen geringer. Niemand trinkt alten Wein und wünscht zugleich, neuen Wein zu trinken. Und man gießt nicht neuen Wein in alte Schläuche, damit sie nicht brechen; und man gießt nicht alten Wein in neue Schläuche, damit sie nicht verschwendet werden. Man näht nicht einen alten Flicken auf ein neues Gewand, denn ein Riss würde darauf entstehen.

Hier fehlt aber die wesentliche Passage, praktisch die Moral aus dieser Gschicht, wie wir sie in den anderen Evagelien vorfinden:

Matthäus 6 schrieb:
Niemand kann zwei Herren dienen; denn entweder wird er den einen hassen und den andern lieben oder er wird dem einem anhangen und den andern hintansetzen. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.

Der Ausdruck Mammon bedeutet ursprünglich, "das was man hinterlegt hat". Das Streben nach vermeintlich sicheren Gütern (meist Rang, Name und Besitztümer) ist ein Hindernis auf dem spirituellen Pfad. Wer all seine Zeit damit verbringt, hat keine freien Kapazitäten mehr, um nach dem Göttlichen zu streben. Dann haben wir unsere Chance vertan. Bei Matthäus erfahren wir darüber noch mehr
 

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