Da hast Du recht, das kann man natürlich nicht so ganz genau trennen ... denn auch in sehr vielen Herrscherhäusern ist es um den Wohlstand auf Kosten Anderer gegangen. Wobei man hier aber doch etwas differenzieren muss ... ob es um Reichtum und oder Ressourcen für ein Volk geht, um Landnahme, oder eben "nur" um persönliche Bereicherung einer Einzelperson oder einer Organisation (bestes Beispiel: Mafia). In der Regel kann man es auch über Leistung definieren ... wird für das Geld eine relevante Leistung erbracht (z.B. im Feudalismus im Mittelalter auch ein gewisser Schutz), oder wird nur verdient ohne eine Leistung zu erbingen (Optionenhandel, Aktienspekulation). Die islamische Sharia definiert das recht schön.
In letzterem Fall geht es um Risiko. Risiko ist ein wichtiger Faktor neben Leistung und einer, der auch belohnt werden muss. Ansonsten würden uns die Unternehmensgründer ausgehen. Abgesehen davon habe ich kein Problem damit, Leute mit ihrem Geld machen zu lassen, was sie wollen, soweit sie damit nicht gegen das Gesetz verstoßen.
Na ja, wenn ich es mal ganz spirituell sehe ... Spiritualität umfasst eben auch, sich selber zu leben und umzusetzen. Und dazu braucht man in unserer Gesellschaft einmal Geld.
Das sahen die meisten vergangenen und gegenwärtigen spirituellen Kultfiguren (angefangen von Jesus und Siddharta Gautama bishin zu Pabst Franziskus und dem Dalai Lama) aber ziemlich anders. Spiritueller Wandel vollzieht sich in einem selbst, nicht durch teure Kleidung, Autos und iPhones. Wichtig ist hingegen, dass die elementaren Grundbedürfnisse gedeckt sind. Um diese Grundbedürfnisse geht es beim Begriff der
absoluten Armut - die ich für deutlich sinnvoller halte als die
relative Armut.
Und das Problem das wir heute in Europa haben ist, dass wir auf Grund der "Wirtschaftswunder-Generationen" etwas das Bewusstsein/die Relation dazu verloren haben, dass Leben halt nicht unbedingt mit Geld zu kaufen ist, sondern ganz andere Aspekte wesentlich sind.
Und das wird sich auch nicht ändern, solang wir weiter in der Neidgesellschaft rund um relative Armut ("der hat mehr als ich deswegen bin ich arm") leben und diese absurde Denke sogar von höchsten Stellen in der Politik verbreitet wird.
Und das meine ich auch im Kontext mit Afrika oder auch mit Südamerika ... so lange die Menschen nicht in den Kontakt mit unseren recht zweifelhaften europäisch-amerikanischen Weisheiten gekommen sind, leben sie weitaus glücklicher. Dass wir sie reicher, angezogener, fauler machen wollen ... das ist unsere Denke, unser Thema, das uns letztlich zugrunde richten wird. Und meistens bringen wir halt den anderen Ländern eben nicht die grosse "Kultur", sondern maximal den gleichen Mist den wir auch treiben.
Tatsächlich waren die Menschen in Afrika vorher nicht glücklicher. Welche der höchsten Suizidraten der Welt findest du in welchen der ärmsten Ländern der Welt - wo die Menschen nämlich so arm sind, dass sie sich kein Essen und kein Dach über dem Kopf kaufen können und auch keine Aussicht haben, dass sich das je ändert. Die Suizidrate steigt erst ab einem gewissen Punkt wieder, wenn man in Lebenskrisen durch den Kontakt zu großem Reichtum gerät. Dazwischen gibt es ein ganz gutes Mittelfeld.
Also den Glauben wage ich zu bezweifeln, wenn ich denke wie viele Menschen früher z.B. im Einzelhandel beschäftigt waren bzw. davon gelebt haben. In jedem Ort 1-2 Milchgeschäfte, Fleischhauer etc. die jeweils eine Familie ernährt haben. Heute arbeiten wir zusammen ... haben dort einen Supermarkt stehen der mit 6 Angestellten auskommt, in Zukunft weitgehend automatisiert sein wird, und wo die Angstellten von ihren Löhnen kaum leben können.
Du hast davon geredet, allein in einer Hütte zu leben und dich vom Jagen zu ernähren. Wenn du in einem Dorf mit einem Fleischhauer lebst, bist du bereits in gesellschaftliche Strukturen eingebunden, die du vorher kritisiert hast.
Und zu dem "kaum leben können" ... ich verweise nochmal nach Venezuela, bevor hier wieder die Krokodilstränen ob der großen deutschen Armut fließen.
Schau, wir brauchen ja nur das Thema Griechenland nehmen, um den Unterschied aufzuzeigen. Griechenland war immer beides ... Produzent (vorweigend Gemüse und Kleidung) und Dienstleister (Urlaubsdestination). Griechenland hat aber schon sehr zeitig (wieder Wirtschaftswunder) auf den Urlauber gesetzt. Gute Einnahmen und realtiver Wohlstand, Gemüse wird aufgegeben, weil man im Tourismus mehr verdient, um die Hotels entstehen Städte.
Und dann ... dann kommt die EU. Alles wird so teuer, dass es sich die Griechen nicht mehr leisten können. Und sie gibt unrealistische Ziele vor, und richtet dieses fragile und gerade mal nach dem Krieg eingeschwungene System zugrunde. Und erlaubt diesem Land auch nicht, seine eigene Währung zu haben um damit die eigene Wirtschaft über gezielte Kurssenkungen wieder ankurbeln zu können. Das ist dann halt Zusammenarbeit á la EU .... Natürlich nicht ganz unbegründet ... denn durch die dadurch künstlich geschaffene Krise können sich internationale Unternehmen billig in ganz Griechenland einkaufen, die Banken verkaufen teure Kredite (Senkung des Ratings) ... alle gewinnen ... nur nicht der Betroffene.
Deine Darstellung der Griechenlandkrise hat sehr wenig mit der Wirklichkeit zu tun.
Wenn du dich mit der EU auskennen würdest, würdest du auch wissen, dass es sehr wohl möglich ist, ohne den Euro Mitglied zu sein (Norwegen, Tschechien, Polen, Ungarn, Dänemark und viele mehr machen das etwa so).
Und die Griechenland-Krise basiert nicht darauf, dass "alles so teuer geworden ist", sondern darauf, dass dieses Land einen unglaublich aufgeblasenen und vor allem korrupten (und damit ineffizienten) Staatsapparat hat, dem aber auf der anderen Seite keine ordentliche Finanzierung gegenübersteht, weil ein unvorstellbar großer Teil des eigentlichen BIP komplett am Fiskus vorbeiläuft.
Griechenland hätte keine Chance gehabt, für seine Urlaubsdienstleistung neue Märkte zu aqurieren ... wo denn? Die Märkte die möglich wären können es sich nicht leisten und sind teilweise auch zu loyal (Ostblockstaaten) um grossartig Urlaub zu machen. USA ist zu weit, Araber kommen kaum weil Griechenland recht Islam-inkompatibel ist.
Und in der Savanne wirst du keine Heizstrahler verkaufen können. Das sagt aber nichts über den generellen Unterschied zwischen Industrie und Dienstleistung aus.
Gutes Beispiel dafür ist Island. Die sind eine kleine, freundliche Insel irgendwo im nirgendwo, die Anfang der 90er ziemlich arm war. Dann haben die Liberalisierungsreformen durchgeführt und ihren Finanzmarkt angekurbelt, womit das kleine Land (nur ein Viertel der Bevölkerung von Österreich) in kurzer Zeit sehr reich wurde. Mit der Subprime-Krise 2008 ist dann das gesamte Bankensystem kollabiert. Schlimme Situation, oder? Island hat sich einen Notkredit vom IWF geholt und ist dann eine strenge Austeritätspolitik gefahren und 2011 sah die Welt schon wieder ganz anders aus. Und stell dir vor, Island hat nach dem Crash eine neue Nische entdeckt: Die isländische Regierung hat aggressive Datenschutzregelungen eingeführt, das Land gilt weltweit als Datenschutzhafen. Und weil Island immer schon einen Energieüberschuss hatte, hat man dort angefangen, riesige Server aufzustellen - die praktischerweise vom Nordwind gekühlt werden. Diese Server erfreuen sich international großer Beliebtheit, eben aufgrund der politischen Lage. Der Rest der Energie soll in Zukunft über eine Unterwasserleitung nach Großbritannien verkauft werden.
Seit 2011 hat sich das BIP nochmal verdoppelt. Für 2018 prognostiziert man, dass Island seine Staatsschulden auf unter 60% senken kann, also unter dem Level von Deutschland. Das ist absolut erstaunlich.
Na ja, nur gibt's da dann für dein Land halt wieder den Nachteil, dass in dich so um die 25 Jahre Ressourcen investiert wurden, die dann nicht mehr zurückkommen.
Deswegen bin ich auch strikt pro Studiengebühren. Auch das ist übrigens ein Eingriff des Staates in einen Markt, der eigentlich frei sein könnte.