Hallo Gina, ich kenne dich nicht und kann also nur anhand deines Beitrages etwas dazu sagen. Dieser gibt aber schon einige Hinweise, wie du die Dinge siehst. Ich versuche mal, zu zeigen, was ich meine:
Natürlich? Das war also für dich schon klar, es hätte gar nicht anders kommen können?
Da hast du deine Freundin innerlich selbst schon festgenagelt. Es hätte doch auch anders kommen können, oder?
Und die Affaire ist doch auch nur der Aufhänger, sie hatte doch von Anfang an den Ehemann nicht gewollt, wie du sagst.
Und er hat ihr kein Kind angehängt? Es gehören doch immer zwei dazu, oder nicht?
Ist es nicht so, dass er seine Freundin schon vorher verlassen hatte, indem er sich deiner Freundin zuwandte?
Überhaupt kann man doch nicht wissen, was in seiner Beziehung los war. Vielleicht war sie ja schon kaputt? Man beginnt auch nicht einfach so eine Affaire, wenn man den Partner liebt, und da völlig klar ist, oder?
Du gibst zu, dass du die Dinge nicht neutral sehen kannst. Dass du zuhörst, ändert ja nichts daran. Und das erkennt wohl auch deine Freundin.
Es ist in der Tat schwierig, mit jemandem über solche Dinge zu sprechen, wenn derjenige schon von vornherein ein Urteil gefällt hat.
Hast du mal nach ihren inneren Beweggründen für ihre Handlungsweise gefragt? Warum sie sich immer wieder in solche Situationen bringt? Wie es denn mit der Selbstliebe deiner Freundin bestellt ist, wenn sie sich einem Mann zuwendet, der sie nicht liebt? Warum sie einen Mann geheiratet hatte, den sie eigentlich gar nicht wollte?
Das sind doch Fragen, die eine Freundin sich stellen würde, oder nicht?
So, wie ich das hier lese, ist deine "Freundin" der alleinige Verursacher der Situationen. Die Männer oder auch die ander Frau werden da gar nicht angeschaut. Du siehst nur Fehlverhalten deiner Freundin, die größeren Zusammenhänge interessieren dich da offenbar nicht.
Wenn deine Freundin dir dann sagt, dass du nicht zuhörst, hat sie damit Recht, denn du hörst zwar ihre Worte, siehst aber nicht in ihr Herz. Deine Einstellung zu Affairen macht es dir schwer, da Freundin zu sein.
Und üblich ist es in unserer Gesellschaft auch, bei einer Affäire der Frau die Schuld (!) zu geben, der Mann wird dann von der Freundin verlassen (er verließ sie doch auch, oder?).
Merkst du was? Allein deine Wahl der Worte zeigt schon, dass du da auch sehr geprägt bist.
Die Frage ist jetzt, kannst du Freundin sein, obwohl du da in bestimmten Vorstellungen gefangen bist?
Kannst du Freundin sein, obwohl du das Verhalten deiner Freundin ablehnst?
Ob du in der Lage oder willens bist, deinen Blick zu erweitern, um die Situation und das Verhalten deiner Freundin zu verstehen, das ist jetzt die nächste Frage.
Versteh mich nicht falsch, ich will hier deine Freundin nicht verteidigen, ich versuche, die Situation objektiv zu sehen anhand dessen, was und wie du schreibst.
Ich mache auch dir keinen Vorwurf, es ist nicht meine Sache, dich oder deine Freundin zu beurteilen.
Es geht doch darum, dass dir das Herz gerade schwer ist, weil dir das alles zu schaffen macht. Es ist wohl ein Konflikt zwischen dem, was du für deine Freundin empfindest und dem, wie sie sich verhält, bzw, wie du das siehst.
Wenn dich ihr Verhalten abstößt, und dir Energie raubt, wenn es deinen innersten Wertvorstellungen widerspricht und das die Gefühle zur Freundin beeinflusst, dann ist es naheliegend, die Freundschaft zu beenden.
Die Frage ist, warum sie seit 10 Jahren deine Freundin ist, obwohl du doch ihr Verhalten schon so lange beobachten kannst. Da seid ihr euch doch auch irgendwie ähnlich, wenn sie einen Mann heiratet, den sie eigentlich nicht will. Vielleicht ist das auch ein Punkt, der es schwer macht? Denn wenn du das bei dir selbst nicht sehen kannst, ist es klar, dass du mit ihr Probleme hast, wenn sie dir dein eigenes Verhalten spiegelt.
Ich kann dir deine Entscheidung nicht abnehmen.
Ich denke, es ist wichtig, ehrlich zu sich selbst und auch zu ihr zu sein.
Vielleicht hilft es ja, mit deiner Freundin mal über ihre tiefen Beweggründe zu sprechen? Vielleicht wartet sie genau darauf? Sicher hat sie nicht viele Menschen, mit denen sie darüber reden kann, denn viele Menschen machen sofort dicht, wenn es ums Fremdgehen geht, und weisen sofort Schuld zu. Das macht es für deine Freundin nicht einfacher, sich zu öffenen, vielleicht weil sie selbst im Innersten auch so denkt.
Also Thema Selbstliebe.
Ist sie es deiner Meinung nach wert, einen Versuch zu starten, ihr bei der Reise ins Innere beizustehen? Ist sie überhaupt willens dazu?
Und was ist das nun mit deinem inneren Kind? Erinnert dich das alles vielleicht an irgendwas aus deiner eigenen Geschichte? Wo wurde dir denn vielleicht deine eigene Meinung verboten? Spielen solche Dinge da mit hinein?
Da steckt einiges an Arbeit drin für euch beide.
Aber dann vielleicht auch mehr Klarheit.
Insofern kann es für beide ein Gewinn sein, da tiefer hinzuschauen.
Das kannst du auch tun, wenn du dich entschließt, die Freundschaft zu beenden.