Ganz ehrlich? Es würde sich nichts verändern.
Mann, bist du optimistisch. Eigentlich beneidenswert

Aber ich denke, es würde sich einiges ändern.Menschen sind sehr sensibel. Allein der Verlust des Arbeitsplatzes entwurzelt viele - der Verlust eines ganzen Weltbildes greift umso tiefer.
Wenn sich eine höhere Macht zeigen würde ... wären wir unserer Unbefangenheit beraubt. Wir alle würden danach streben, von dieser höheren Macht anerkannt zu werden .... um jeden Preis.
Das ist auch ein interessanter Gedanke. Man hätte keine Wahl mehr, welchen Weg man geht. Ich dachte in eine ähnliche Richtung: es würde sich alles relativieren, es gäbe kaum noch Konflikte und Reibungen. Die Grundlage um sich zu entwickeln. Denkbar wäre auch etwas wie positive Selbstversklavung und Fanatismus - da wären Gruppendynamiken am Werk.
Aber ich dachte in erster Linie an Selbstbestimmung und Selbstverantwortung. Ein Teil würde wohl damit einen Kontrollverlust erleiden - man ist ja hilflos etwas mächtigeren ausgeliefert. Kontrollverlust hat Hilflosigkeit, Rückzug, Apathie, depressive Verstimmungen zur Folge. Ein anderer Teil würde die Tatsache wohl verwechseln mit einem Wunschkonzert: Man kann ja immer erst mal die höhere Macht um etwas bitten, sie würden sich abhängig machen und den freien Willen und ihre Verantwortung aufgeben - erfüllt die höhere Macht die Wünsche und Gebete nicht, ist sie ungerecht und Mensch endet in einer Position der Deprivation. Diese menschlichen Mechanismen sind auch nicht aus den Fingern gesogen, sondern basieren auf Martin Seligman, Walter Runciman und vielen weiteren Forschern.
Egal wie ich die Vorstellung drehe und wende - es kommt einfach kein gutes Szenario dabei heraus. Daher ist es wohl sinnvoll, dass sich eine höhere Macht, eine spirituelle Welt was auch immer sich in seiner Enthüllung stark zurückhält. Nun gibt es die Menschen, die nicht glauben und sehr materialistisch eingestellt sind, die Menschen die glauben und die Menschen, die bereits einige Erlebnisse hatten und so eher "wissen" (erfahren?) statt "nur" glauben. Ich weiß dass die Versuchung groß ist, erste, die Materialisten, davon zu überzeugen, was für ein ungeahntes Feld sich ihnen eben nicht erschließt. Die beiden letzteren - die Gläubigen und die Wissenden - sollten den scheinbaren Wunsch der geistigen Welt aber respektieren und nichts transportieren, was nicht sein soll und sich in Zurückhaltung üben. Und da ist man wieder bei Entweihung und Bestimmung. Es ist manchen Menschen einfach nicht bestimmt, es zu erfahren. Nicht weil sie "nieder" sind, sondern weil sie vermutlich nicht damit umgehen könnten und für sich und ihr Leben keinen Nutzen daraus ziehen könnten. Es würde ihnen eher schaden als helfen weil sie in ihrer psychischen Konstitution einfach so sind - sie benötigen ein hohes Maß an Erklärbarkeit und Kontrollierbarkeit, weil es Sicherheit impliziert - und daran ist auch nichts negatives.
Würde es eine höhere Macht für richtig halten, würde sie sich enthüllen. Tut sie es nicht, hat das einen Grund. Gegenüber dem einzelnen Individuum sowie der gesamten Menschheit.
Das Argument, Gläubige würden einen seelischen Nutzen aus ihrem Glauben ziehen, funktioniert eben auch in die andere Richtung: auch Materialisten ziehen aus ihren Glauben einen Nutzen, um ihre seelische Gesundheit zu stabilisieren.
Die Diskussion um den Glauben ist völlig sinnlos - man sollte das annehmen, was für einen A, nützlich und hilfreich ist und B, was man in seinem Leben erfährt.