Tod im beruflichem Alltag

namensindrauch

Mitglied
Registriert
6. Dezember 2008
Beiträge
31
Ort
Wien
Guten Abend!

Ich möchte euch um einen Rat bitten
Der Hintergrund ist jener...
Ich habe vor einem Monat mein erstes Praktikum im Krankenhaus begonnen (Pflegeperson). Die Patienten meiner Station sind größtenteils multimorbid und befinden sich mitten im Sterbeprozess.

Ich respektiere das Leben und den Tod als Teilaspekt, doch ich schaffe es nicht mich abzugrenzen.
Anfangs habe ich versucht mich in dem Sinn abzugrenzen, dass ich ausgeblendet habe dass ein Mensch vor mir liegt. Ich habe keine andere Möglichkeit gesehen, mit dem Sterben "klar" zu kommen.

Letzte Woche habe ich einen schwer kranken bettlägerigenPatienten gewaschen. Unsere Blicke haben sich gekreuzt und mir ist schlagartig ins Bewusstsein gerufen worden, dass ein Mensch vor mir liegt.. ein Mensch! Ich kann dieses Gefühl nicht beschreiben. Der Blick seiner Augen hat mich den ganzen Abend verfolgt. Zwei Tage später ist dieser Mensch verstorben.
Es war ein sehr schmerzhafter Tod.

Ich habe das Gefühl vermittelt bekommen, dass man als Pflegeperson nicht trauern darf; " Das musst du in diesem Beruf aushalten können."
Natürlich muss ich es aushalten können. Ich versuche mir zu denken "Wir haben den Patienten Zeit geschenkt" oder "das ist Teil des Lebens" aber trotzdem fällt es mir schwer nicht zu trauern. Und die zeit zu trauern hat man während des Arbeiten nichts, es wirkt auf mich so absurd, dass man nach der Totenwaschung in ein anderes Patientenzimmer geht und lächelnd fragt "Kann ich ihnen vielleicht noch etwas zum trinken bringen?"


Ich spüre wie ein Teil Menschlichkeit an mir abstirbt.. und ich zweifle ob dieser Beruf der Richtige für mich ist. Ich nehme die Geschichten der Patienten mit nach Hause und beginne an meinem eigenen Leben abzubauen.
Ich versuche ein "alleine sein" zu vermeiden, obwohl mir das noch vor dem Beginn meiner Ausbildung sehr wichtig war.

Ich frage nicht gerne "Was soll ich tun" denn was ich tun muss, muss ich selber tun ;)
Aber ich bitte euch um einen Ratschlag wie ich mit meiner eigenen Balance wieder in ein Gleichgewicht kommen kann, dass es mir ermöglicht Patienten freundlich zu fragen "..noch einen Tee?" um nicht zu versteinern.



Ich wünsche euch das Beste.
BB
 
Werbung:
Hallo,
auch ich arbeite zur noch in der Pflege und weiß genau,wie du dich fühlst!
Ich weiß,für mich,das ich DAS nicht kann....jemanden beim sterben begleiten und dann im Nebenzimmer das Essen servieren oder ähnliches.

Zum Sterben an sich ,habe ich es so gehalten:Zu erst hatte ich große Angst mit dem Umgang dieser Menschen,die im sterben liegen.Dann habe ich eines Abends an einem Bett gesessen und einer Bewohnerin die Hand gehalten,ihr hin und wieder etwas zu tirnken gegeben...und da saß ich,und dachte:So,jetzt wirst du das erstemal erleben,wie es ist,wenn ein Mensch stirbt!Ich habe es einfach angenommen...wie soll ich dir das erklären...ich habe einfach den Tod aktzeptiert,ihn herein gelassen,so zu sagen.Ich habe versucht einfach auch ihr die Angst zu nehmen!

Versuche nicht es zu verdrengen.Gehe raus und heule...mir hat sich manchesmal die Kehle zugeschnürt,wenn ich zum Dienst kam und die Kollegen sich über den toten hernn.... unterhielten.Ich kann die Menschen nicht betrachten,wie eine Sache.
Vielleicht ist man dann nicht für den Pflegealltag geschaffen....ich bin es nicht.
Und ich kann mir auch nicht vorstellen,das ich in 20 Jahren abgestumpft bin,so wie die Kollegen mir das immer sagen!Dann will ich das erst recht nicht mehr machen!
Es wäre anders für mich,wenn ich nur im Hospitz arbeiten würde oder eben nur Sterbebegleiter wäre.Dann hätte ich auch die Chance,für mich Abschied zu nehmen.Aber so muss man gleich weiter....nein,ich kann das auch nicht!
Fühl dich umarmt!

Liebe Grüße
AnimaMea:umarmen:
 
Grüß dich!

Vielleicht liegt der Schlüssel darin, den Tod als Teil des Lebens anzusehen?!
...als Übergang in einen neuen Lebensabschnitt. Richtig gelesen... "Lebensabschnitt". Sieh das Leben doch als ewig an; sieh im Patienten vordergründig die Seele, welche im Begriff ist, sich bald von ihrem Körper zu trennen. Begib dich in eine Illusion, in welcher der vor dir liegende tote Körper nun endgültig nicht mehr gebraucht wird und somit verlassen wurde und damit sämtliche Schmerzen zurückließ und jetzt dadurch von seinem Leid befreit ist.

Sieh dich in deiner Illusion als Freund dieser Seele, freu dich für sie und wünsche ihr für ihre "Reise" das Beste.

Wenn du mal Zeit hast, lies dir mal das Buch "Zuhause in Gott" vom Walsch, letzter Band der Gespräche mit Gott-Reihe, in dem es über das Sterben, den Tod und das Leben danach geht. Dieses Buch könnte dir für die Bewältigung deines beruflichen Alltags helfen.

lg, Khalil
 
Erstaunlich...
Ich trage dieses Problem schon seit Beginn meines Praktikums mit mir herum. Ich habe versucht mit meinem Umfeld darüber zu reden..aber entweder ist der Tod ein Tabuthema oder er wird abgetan. Aber jetzt ist es ein bisschen besser.

Es hilft mir sehr was ihr mir geschrieben habt.
Danke!
 
Erstaunlich...
Ich trage dieses Problem schon seit Beginn meines Praktikums mit mir herum. Ich habe versucht mit meinem Umfeld darüber zu reden..aber entweder ist der Tod ein Tabuthema oder er wird abgetan. Aber jetzt ist es ein bisschen besser.

Es hilft mir sehr was ihr mir geschrieben habt.
Danke!

Das freut mich!:trost:
Alles Liebe
AnimaMea
 
Hallo Namensindrauch!
Bevor du vorzeitig dein Praktikum beendest, möchte ich dich auf eine homepage verweisen und zwar www.eft-info.com. Mit dieser Technik kannst du all deine Ängste, Sorgen usw. auf sehr feine Art und Weise entstressen. Kommst du alleine nicht weiter, gibt es bereits viele ausgebildet EFt-Practitioner, die dich professionell begleiten können. Erst dann, wenn dein negativer Stress zu gewissen Situationen sich in Frieden aufgelöst hat, kannst du wirklich stressfrei herausfinden, ob dieser Beruf für dich auch wirklich das Richtige ist.
Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig weiterhelfen.
Alles Liebe Gabiho
 
Hallo BB,

du hast bereits schöne Antworten erhalten zu denen ich zwei Dinge beitragen möchte: Erstens als Buchtipp die Werke von Elisabeth Kübler-Ross, die ebenfalls sehr viel mit Sterbenden gearbeitet hat und in deren Worten du dich bestimmt sehr stark wieder finden wirst.

Als Zweites möchte ich AnimaMea und auch dir in einem Punkt widersprechen und quasi mit deinen Kollegen ein Stück weit überhalten. Der Punkt den dabei meine ist der, das du das Sterben zu sehr in dein Leben hinein lässt im Sinne von "Mit-Leiden" und übermäßiger emotionaler Beteiligung. Es geht um den Selbstschutz den du unbedingt aufbauen musst! Du MUSST für dich eine Grenze ziehen zwischen dem einfühlsamen Umgang mit den Leuten und deiner geistigen Gesundheit. Oder mit anderen Worten wird dich dieser Job umbringen wenn du dein Inneres nicht zu schützen beginnst.

Dir muss klar sein das du da eine echte Leistung vollbringst an der viele andere scheitern. Damit du das schaffst und nicht daran zerbrichst musst du einen Weg für dich finden damit umzugehen. Dabei hast du die Wahl abgestumpft zu werden wie deine Kollegen und viele andere Menschen in diesem Beruf, den medizinischen Bereich entnervt völlig zu verlassen oder deine persönliche Balance zwischen Anteil nehmen und Selbstschutz zu finden und damit richtig gut in deinem Job zu werden.

Sorry das ich dir keine besseren Zeilen schreiben kann. Aber ich finde das du dich dieser Wahl bewusst sein und dich dem aktiv stellen solltest. Darum schreibe ich dir dies so offen wie es ist und drücke dir die Daumen das du den für dich richtigen Weg findest. :umarmen:

LG
Trekker

:morgen:




.
 
da kann ich trekker nur zustimmen,stimmt vollkommen!
jeder geht anders,andere umstände.es ist wichtig,sich was gutes zu tun,als ausgleich..sieh dich als wegbegleiter,ein stückchen:)
 
Werbung:
Hy,
Distanz und Nähe, das ist der Schlüssel überhaupt bei jeglichen Formen der arbeit mit Menschen.
Es kann nicht sein, dass einen das Schicksal von XY bis nach Hause begleitet und einen effektiv nicht mehr loslässt. Stumpft man ab, verliert5 man auch ein stückweit seine Authentizität.
Also muss man ein gesundes Mittelmass finden.
Ich hab privat oft dem Tod gegenüber gestanden und auch schon einige aus meiner familie verloren. Aus meiner arbeit und diesen Erfahrungen weiss ich aber auch, dass ich begleiten komnnte, das gefühl geben konnte, dass alles gut ist wie es ist und alles weiterhin glatt laufen wird. Es gilt Ängste zu nehmen, Tod ist übrigens natürlich ein Tabuthema, wer möchte denn wirklich an die eigene Endlichkeit erinnert werden?
Aber es ist eine frage der Ansicht.
Der Tod kann durchaus als Freund gesehen werden, besonders wenn Krankheiten dazu kommen. Es ist auch nicht Perfide oder dergleichen, dem nächsten Patienten nebenan Kakao einzuschenken oder Mahlzeiten anzureichen.
Sieh es mal so: die meisten, die Sterben, wissen es vorher, instinktiv.
Wenn dann aber jemand da ist, der einem sozusagen die Hand hält und sei es auch nur für kurze Zeit, ist das sehr viel wert.

Du hast eine Möglichkeit das Leben und den Tod zu sehen. Beides als das was sie sind. Vorübergehende Zustände, mehr nicht.
Denn, ich weiss nicht wie du das siehst, aber ich bin davon überzeugt, es gibt ein Leben danach.
Und da braucht man diesen Körper nicht mehr, das materielle ist nicht mehr wichtig.

Mach dein Praktikum fertig, ziehe dann das Resümee, und sei ehrlich. Wenn du merkst, dass du das nicht die nächsten Jahre machen kannst und willst, dann mach ein weiteres Praktikum in einem anderen Bereich.
Was das fertigwerden angeht mit den Erlebnissen:
Du kannst den Vertsorbenen eine Kerze anzünden, meist gibt es in Krankenhäusern oder Pflegestellen eine kleine Kapelle.
Dann musst du diese Energien nicht mitnehmen.

LG
Leprachaunees
 
Zurück
Oben