Die wenigen "rassistischen" Stellen in Steiners Vorträgen (In seinen Schriften gibt es meines Wissens keine) waren und sind sind in der Tat für jemand wie mich, der Steiner seit Jahrzehnten liest, ein Schlag ins Gesicht. Und zwar vor allem deswegen, weil sie so grundlegend der Gesamtkonzeption der Anthroposophie widersprechen. Anthroposophie war konzipiert als eine kosmopolitische Weltanschauung, auch die Mitgliedschaft in der Anthroposophischen Gesellschaft war von Anfang an für jedermann, ohne Unterschied des Standes, der Nationalität oder Hautfarbe, offen. Der Rassebegriff verliert laut Steiner, wie oben schon jemand angedeutet hat, sowieso seine Bedeutung und hat in der Zukunft (das heisst heutzutage) nichts mehr zu suchen.
Falls diese betreffenden Stellen in den Vorträgen tatsächlich richtig mitstenographiert wurden (was durchaus angesichts der sehr unterschiedlichen Qualität der Stenogramme in Zweifel gezogen werden kann) wären es unverzeihliche Ausrutscher, geradezu Ausfälle.
Ausser Zweifel steht für mich, dass die Aufarbeitung dieser Problematik seitens der Anthroposophen zu lange auf sich warten liess. Ausser Zweifel steht für mich auch dass es unter den Anthroposophen leider tatsächlich Antisemiten und Rassisten gibt, ich habe solche schon persönlich kennengelernt. Allerdings distanziert sich die Anthroposophische Gesellschaft deutlich von solchen Personen, der russische Schriftsteller Bondarew z.B. wurde aufgrund seiner antisemitischen Haltung aus der Gesellschaft ausgeschlossen.
Oft falsch eingeschätzt wird Steiners Haltung zu den Juden. Steiner war kein Antisemit, er hat sogar eifrig für die "Mitteilungen aus dem Verein zur Abwehr des Antisemitismus" Aufsätze geschrieben:
http://www.dreigliederung.de/archiv/455-461.html
Er war aber wohl Antizionist und hat sich gegen Theodor Herzls Bestrebungen zur Gründung eines jüdischen Staates ausgesprochen. Diese Haltung versteht sich aus einer grundsätzlich anti-nationalistischen Einstellung heraus, Steier hielt auch den Nationalstaat an sich für eine überholte Sache.
Unter Hitler wurden die Waldorfschulen geschlossen und verboten und Hitler hat sich deutlich gegen die Anthroposophie ausgesprochen, da sie eine individualistische Weltanschauung sei und völkischen Bestrebungen zuwiderlaufe.