Psychiatrie für alle - Artikel in der taz

Und wieder fischt @Pavel07 selektiv eine Textstelle heraus, die ihm persönlich zusagt - unter jeglicher Missachtung des Zusammenhangs. Es ist schon seltsam: Einerseits schimpft er auf die KI und fordert User auf selber zu antworten - andererseits nutzt er sie selber, was fast ein Witz ist, da ersichtlich ist, dass er seine beeindruckende Zahl an Literaturquellen selber allenfalls überfliegt.
Machen wir uns nichts vor. Er schmeißt in Google ein paar Suchbegriffe ein und kopiert das erste, was er findet. Deswegen ist es , ähnlich wie bei der Elly Lilly-Geschichte, immer das Gleiche. Wenn ich nach Gefahren von Psychopharmaka suche im Internet, dann findet Google Gefahren von Psychopharmaka … Bis man in seiner eigenen kleinen Blase gefangen ist..
 
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Die Hypothese des chemischen Ungleichgewichts


In den 1960er Jahren entdeckten Forscher, wie Antipsychotika und Antidepressiva diesen Nachrichtenübermittlungsprozess störten. Ihre Erkenntnisse führten zu der Hypothese, dass psychische Störungen auf chemische Ungleichgewichte im Gehirn zurückzuführen sind, die dann durch Psychopharmaka „korrigiert“ oder wieder normalisiert werden. So wurde beispielsweise festgestellt, dass Antidepressiva den Serotoninspiegel im Gehirn erhöhen, weshalb Forscher vermuteten, dass Depressionen auf einen Serotoninmangel zurückzuführen seien. Antipsychotika blockierten die Dopaminbahnen im Gehirn, weshalb Forscher vermuteten, dass Schizophrenie auf einen Dopaminüberschuss im Gehirn zurückzuführen sei.


Um diese Hypothesen zu überprüfen, führten Forscher Studien durch, um herauszufinden, ob Menschen mit Depressionen zu wenig Serotonin im Gehirn haben oder ob Menschen mit Schizophrenie regelmäßig zu viel Dopamin aufweisen. Jahrzehntelange Forschung konnte keine bestätigenden Beweise liefern. Kenneth Kendler, Mitherausgeber von Psychological Medicine, fasste diese Forschungsergebnisse 2005 prägnant zusammen: „Wir haben nach einfachen neurochemischen Erklärungen für psychiatrische Störungen gesucht und sie nicht gefunden.“


Ein Paradigma zum Verständnis psychotroper Medikamente


In einem Artikel aus dem Jahr 1996 beschrieb der damalige NIMH-Direktor Stephen Hyman treffend, wie Psychopharmaka tatsächlich „wirken“. Man versteht die Medikamente eher als Substanzen, die Störungen der Gehirnfunktionen verursachen . Psychopharmaka, so Hyman, stören alle die normale Neurotransmitteraktivität im Gehirn. Das Gehirn verfügt jedoch über verschiedene Rückkopplungsmechanismen zur Überwachung seiner Neurotransmitteraktivität und durchläuft als Reaktion auf die Störung seiner normalen Funktion durch das Medikament eine Reihe von „kompensatorischen Anpassungen“. Das Gehirn versucht, seine normale Funktion aufrechtzuerhalten.


Erhöht beispielsweise ein Medikament den Serotoninspiegel, verringert das Gehirn seine eigene serotonerge Aktivität. Blockiert ein Medikament Dopaminrezeptoren, erhöht das Gehirn seine dopaminerge Aktivität. Und so weiter. Am Ende dieses Kompensationsprozesses, schrieb Hyman, funktioniert das Gehirn nun auf eine Weise, die sich sowohl „qualitativ als auch quantitativ vom Normalzustand unterscheidet“.
Viel Spaß, sich selbst zu Grunde zu richten!

 

G. Zusammenfassung der Langzeitbeweise

Deine Zusammenfassung zur angeblichen „Chronifizierung durch Antidepressiva“ ist ein Paradebeispiel für das, was in der Wissenschaft als selektive Evidenzverzerrung bezeichnet wird: Du zitierst einseitig aus einem ideologisch geprägten Umfeld (Robert Whitaker, Madinamerica.com), übernimmst dessen Narrative ungefiltert – und präsentierst sie dann als objektive Langzeitbelege.

Denn was du als „Langzeitstudien“ bezeichnest, sind größtenteils retrospektive, teils schlecht kontrollierte Beobachtungen, aus denen du eine pauschale Kausalität ableitest: Antidepressiva machen Depressionen schlimmer. Diese Behauptung ist so verkürzt wie irreführend.

Fakt ist: Die seriöse klinische Forschung zeigt klar, dass Antidepressiva – insbesondere bei mittelschwerer und schwerer Depression – Rückfälle verhindern helfen können. Ja, viele depressive Verläufe sind chronisch. Aber: Das liegt an der Erkrankung, nicht an der Medikation. Wer häufiger Antidepressiva erhält, ist oft schon im Ausgang schwerer betroffen. Diese Menschen dann mit „Behandlung = Chronifizierung“ gleichzusetzen, ist nicht nur unredlich, sondern auch gefährlich.

Dein Verweis auf nationale Statistiken, in denen du aus steigender Verschreibung steigende Behinderungszahlen ableitest, ist eine klassische Scheinkorrelation. Das ist keine Kausalitätsaussage, sondern ein Fehlschluss. Wissenschaft funktioniert so nicht.

Und nein: Einzelmeinungen oder ideologisch gefärbte Internetportale ersetzen keine belastbaren Meta-Analysen und randomisierten Studien.

Deine Botschaft lautet: „Psychopharmaka machen krank – die Patienten wären ohne besser dran.“ Damit verunsicherst du Menschen, die ohnehin unter Leidensdruck stehen, und trägst aktiv zur Stigmatisierung medizinischer Hilfe bei. Das ist nicht aufklärend – das ist verantwortungslos.
 
Vom NIMH finanzierte Forscher untersuchten die Langzeitergebnisse von Schizophreniepatienten, die in den 1980er Jahren in zwei Krankenhäusern im Großraum Chicago diagnostiziert worden waren. Sie fanden heraus, dass nach 15 Jahren 40 Prozent der Schizophreniepatienten, die die Antipsychotika abgesetzt hatten, genesen waren. Bei den Patienten, die die Medikamente weiter einnahmen, waren es nur 5 Prozent. Sie stellten außerdem fest, dass es den Patienten ohne Medikamente in allen Bereichen langfristig besser ging: Auftreten psychotischer Symptome, Rückfallquote, Angstniveau, kognitive Leistungsfähigkeit und Beschäftigungsquote.
Du wiederholst hier erneut ein Narrativ, das auf dramatische Weise mit Zahlen jongliert – aber ohne methodisches Fundament. Die angebliche „Chicago-Studie“, auf die du dich berufst, wird in anti-psychiatrischen Kreisen wie MadinAmerica regelmäßig zitiert – aber fast nie korrekt.

Du behauptest, 40 % der PatientInnen mit Schizophrenie seien nach 15 Jahren genesen, wenn sie keine Antipsychotika mehr eingenommen hätten – gegenüber nur 5 % mit Medikation. Das klingt spektakulär. Nur: Du vergisst zu erwähnen, dass diese Beobachtung auf einer winzigen, retrospektiven und nicht-randomisierten Stichprobe basiert. Kein Peer-Review-Journal der Psychiatrie zieht aus solchen Daten eine kausale Schlussfolgerung, wie du es hier machst.

Du verschweigst: Wer Medikamente absetzt und „gesund bleibt“, tut das meist, weil der Verlauf von Anfang an milder war oder weil andere schützende Faktoren vorlagen (z. B. gute soziale Integration, frühe Intervention, Therapiebereitschaft). Wer dauerhaft Medikamente braucht, hat in der Regel schwerere Verläufe, häufigere Psychosen, höhere Rückfallraten. Wenn du nun aus dem bloßen Unterschied im Langzeitverlauf eine Wirkschädigung durch Antipsychotika ableitest, ist das ein klassischer Selektionseffekt und kein Therapiebeweis.

Noch gravierender ist, dass du Antipsychotika – ohne jede Differenzierung – als hinderlich für Genesung darstellst. Dabei zeigen kontrollierte Studien (z. B. OPUS, RAISE, CATIE), dass Antipsychotika in der Akutphase nachweislich helfen, Suizidrisiken senken und Rückfälle verhindern. Ihre langfristige Wirkung muss differenziert betrachtet werden – aber sie pauschal als Genesungshemmnis darzustellen, ist irreführend und gefährlich.

Menschen mit Psychoseerfahrung haben natürlich das Recht, Medikamente kritisch zu hinterfragen. Es ist aber unverantwortlich Menschen pseudowissenschaftliche Halbwahrheiten zu verkaufen. Du klärst nicht auf, sondern verzerrst.
 
In den 1960er Jahren entdeckten Forscher, wie Antipsychotika und Antidepressiva diesen Nachrichtenübermittlungsprozess störten. Ihre Erkenntnisse führten zu der Hypothese, dass psychische Störungen auf chemische Ungleichgewichte im Gehirn zurückzuführen sind, die dann durch Psychopharmaka „korrigiert“ oder wieder normalisiert werden. So wurde beispielsweise festgestellt, dass Antidepressiva den Serotoninspiegel im Gehirn erhöhen, weshalb Forscher vermuteten, dass Depressionen auf einen Serotoninmangel zurückzuführen seien. Antipsychotika blockierten die Dopaminbahnen im Gehirn, weshalb Forscher vermuteten, dass Schizophrenie auf einen Dopaminüberschuss im Gehirn zurückzuführen sei. (...)

Du begibst dich hier erneut auf gefährliches Terrain, wenn du die „chemische Ungleichgewichtshypothese“ als gescheitert darstellst und auf das verzerrte Bild zurückgreifst, dass Psychopharmaka nur „den Neurotransmitterhaushalt stören“ und letztlich nichts Positives bewirken. Deine Argumentation basiert auf selektiven Zitaten und einer stark verkürzten Darstellung wissenschaftlicher Realität. Es ist bemerkenswert, wie du aus einem so komplexen und facettenreichen Thema eine einfache und einseitige Schlussfolgerung ziehst.

Zunächst einmal: Ja, es stimmt, dass die chemische Ungleichgewichtshypothese ursprünglich als eine zentrale Erklärung für psychische Erkrankungen galt, und ja, diese Theorie hat sich als zu simpel herausgestellt. Aber daraus eine generelle Ablehnung von Psychopharmaka abzuleiten, ist schlichtweg nicht gerechtfertigt. Die Forschung hat sich weiterentwickelt. Psychische Erkrankungen sind multifaktoriell, das bedeutet, sie sind nicht nur das Resultat eines „Serotoninmangels“ oder eines „Dopaminüberschusses“. Dennoch gibt es verlässliche Belege, dass Medikamente wie Antidepressiva und Antipsychotika in vielen Fällen signifikant zur Symptomlinderung beitragen.

Du zitierst den renommierten Psychiater Kenneth Kendler, aber du lässt dabei eine wichtige Tatsache außen vor: Kendler spricht sich gegen die Vereinfachung aus, dass ein einziger Neurotransmitter für psychische Störungen verantwortlich ist, nicht gegen die Wirksamkeit von Psychopharmaka. Der gesamte Kontext seiner Arbeit zeigt, dass wir uns eher auf ein komplexes Zusammenspiel von Genetik, Umweltfaktoren und neurobiologischen Prozessen konzentrieren müssen. Medikamente sind ein Teil des Puzzles, aber keine einfache Lösung. Dies führt uns zu dem Zitat von Stephen Hyman, das du bringst: Ja, Psychopharmaka haben eine "störende" Wirkung, aber das bedeutet nicht, dass sie schädlich sind – ganz im Gegenteil: Sie bewirken in vielen Fällen eine notwendige Anpassung der Gehirnchemie, die den Patienten hilft, ihre Symptome zu bewältigen. Komplexität erfordert differenzierte Betrachtung.
Was du hier als „Störung“ darstellst, ist nichts anderes als eine kompensatorische Anpassung, die das Gehirn auf die medikamentöse Intervention vornimmt, um die Balance wiederzufinden – ein äußerst komplexer, aber auf lange Sicht hilfreicher Prozess. Das Gehirn ist keineswegs passiv; es reagiert auf die Medikamente und passt sich an. Dass du dies als „sich selbst schädigen“ darstellst, zeigt wieder einmal die gefährliche Simplifizierung, mit der du ein unglaublich komplexes Thema behandelst.

Und dein Spruch zum Schluss – „Viel Spaß, sich selbst zu Grunde zu richten“ – ist in der Tat irreführend und unverschämt. Menschen, die sich in psychischer Not befinden, können durch deine pseudowissenschaftlichen Texte in ernste Gefahr geraten.
 
Falls sich der Admin je mal dazu entscheiden sollte, den pavel Account mitsamt den ganz speicherplatzraubenden auf Ärzte- & Pharmazie-bashing fixierte Posts zu entfernen, werden mit 1 Schlag um die 30 % Speicher fürs Forum wieder frei.
Die Zeit (und den Nerv) dürfte er momentan nicht haben.
Aber Weihnachten ist ja nicht mehr so weit.
Vielleicht wird da wieder aufgeräumt :D
 
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