Die Acht Stufen des Yoga nach Patanjali lauten:
1 Yama (Moral, Ethik)
2 Niyama (Selbstdisziplin)
3 Asana (Körperhaltung)
4 Pranayama (Atemtechnik)
5 Pratyahara (Zurückziehen der Sinne)
6 Dharana (Konzentration)
7 Dhyana (Meditation)
8 Samadhi (Instase, Alleinheit)
Hallo lieber Energeia!!!
Tja, hm, also ich würde dem von Dir verlinkten Text zustimmen, daß ohne ein
Versammeln! der Sinne keine Konzentration möglich ist. Und in der Folge dann natürlich keine Meditation.
Als ein "Zurückziehen" der Sinne würde ich das aber nicht bezeichnen. Ich halte das für eine Fehlübersetzung. In der Meditation geht es meinem Erleben nach nie "zurück", sondern immer nur vorwärts in Richtung Versammlung. Auch körperlich zieht man sich ja zurück: in einen ruhigen Raum. Dennoch beschreiben wir es so nicht, während wir sitzen, sondern wir "versammeln" uns im Körper. So auch im Geist, und auch in den Sinnen. Auch Konzentration könnte man fälschlicherweise als das Zurückziehen der Aufmerksamkeit von den äusseren Attraktivitäten beschreiben. Konzentration ist jedoch ein Mehren und Füllen, und kein Zurückziehen. Ebensowenig ist die Versammlung der Sinne ein Zurückziehen der Sinne, sondern ein Einbringen, Versammeln, Konzentrieren der Sinne. Auf die Erfahrung des Moments, letztlich.
Die eingehenden Informationen aus den Sinneskanälen erfüllen uns mit Sinn. Kommen wir nicht mit etwas in Kontakt, das uns sinnvoll erscheint, so ziehen wir unsere Sinne zurück: wir gehen in die sogenannte Regression. Meditation jedoch ist Progression - so wie ich es erlebe. Versammlung - und dann weitergehen.
Ganz konkret mache ich Sinneserfahrungen in diesen 8 Stufen, die im Yoga beschrieben sind. Zum Beispiel mache ich täglich die Sinneserfahrung, daß ich mir vornehme zu meditieren. Es beginnt dann in mir eine ethisch-moralische Diskussion (1), z.B. ob ich mir die Zeit wirklich nehmen soll mich zu setzen, oder ob ich es beim Spülen versuche, das noch ansteht. Auch beim Spülen kann man ja meditieren, bzw. man kann meditativ spülen.
Es ist die Selbstdisziplin (2), die mich dann letztlich entscheiden lässt, mich hinzulegen.
... und dann danach meditativ zu spülen.
Die Körperhaltung (3) des Liegens übe ich, seit ich 14 bin und mit dem Autogenen Training begonnen habe. Das Sitzen dagegen übe ich erst seit 12 Jahren, das Meditieren in Bewegung (Taichi) erst seit 10. Daher gelingt es mir im Liegen am Besten, meine Atemtechnik (4) zu beobachten. Das nimmt teilweise eine geraume Zeit ein und führt dazu, daß sich meine Körperhaltung so ändert, daß die Atemtechnik gelingt. Der Atem erschliesst mir so meine Körperräume. Auf diese Körperräume "ziehe ich meine Sinne zurück" (5). In mir drin angekommen konzentriere ich mich dann (6), das heißt ganz konkret, daß ich mich verdichte auf das, was und wo ich wirklich bin: ein reiner, beobachtender, wahrnehmender Geist in einem Körper.
Dieses "Sein im Körper" ist dann auch für mich bereits Meditation (7). Ich erkläre gleich, warum es bei mir so ist. Allerdings verwende ich so, wenn ich da einfach so liege, ja noch keine Meditations-"Technik". Sondern ich habe den Weg des Yogi beschritten, der Erfolg ist, daß mein Geist nun in seinem Körper ruht und daß ich meine kognitiven Funktionen nun bedienen kann, wie ich es möchte.
So kann ich z.B. beginnen, mich zu erinnern. Oder ich kann beginnen zu beobachten, wie mein Geist von Gedankengefühlen der Psyche durchspült wird - wie ich z.B. über den Tag nachdenke, über das, was meine Sinne getroffen haben. Oder ich kann mir eine Maschine konstruieren, ein Gedicht schreiben, ein Lied komponieren. Oder ich kann Energie im Körper verschieben, oder ihn ganz einfach nur kribbelnd spüren oder nur der Raum sein, der ich in ihm bin.
Das, was ich also bereits als Meditation bezeichne, ist vordergründig die Konzentration (6). Die Konzentration gebiert erst die Möglichkeit, die Aufmerksamkeit auf etwas zu richten und sie auf einem einzigen Aspekt zu halten - z.B. im inneren Bild beim Betrachten eines Films oder beim gründlichen Ergründen eines Bildes oder eines Gefühls - letztlich aber stets der Zukunft oder der Vergangenheit.
Aber: natürlich ist dieser Zustand der Konzentration, den ich erreiche, bereits von "Medi" durchflutet. Denn in unserer heutigen Zeit sind wir besonders hier im Westen oft unkonzentriert, oft fahrig in der Aufmerksamkeit, überlastet von der Schnelligkeit der Zeit. Daher ist auch Konzentration schon eine Wohltat für mich, daher erlebe ich Konzentration wohl bereits als Meditation. Es fehlt aber eben das "tat" und das "ion".
Diese meditative Tat, die ein Ion in mir freisetzt - Medi-tat-ion
- muß ich also erst noch vollführen.
Und da, lieber Energeia, sind mir und Dir nun keine Grenzen gesetzt. Was nun Inhalt unserer Meditation ist - was uns also wirklich "gesund" macht als Seelen, Geister, Körper und deren Umgebungen - als was auch immer - das ist ja bei Jedem etwas anderes. Glückseligkeit kennt viele Wege.
Nun ja, und Instase, Alleinheit - habe ich irgendwie bereits nach einer einigermassen gelungenen frühkindlichen Entwicklung erreicht. Daher war es eher die Exstase, von der ich mich habe verlocken lassen.
Liebe Grüsse !
Trixi