Serenade
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Phowa-Praxis
(aus Das tibetische Buch vom Leben und vom Sterben von Sogyal Rinpoche)
In meiner Arbeit mit Sterbenden habe ich eine Praxis aus der tibetischen Tradition als besonders kostbar und wirkungsvoll erlebt. Diese Praxis heißt Phowa (po-a gesprochen), was Übertragung des Bewusstseins bedeutet, und ich habe viele Menschen gesehen, die sich ihr mit Enthusiasmus gewidmet haben. Phowa wird für Sterbende von ihren Freunden, Verwandten oder Meistern auch in vielen Teilen der westlichen Welt heutzutage schon recht selbstverständlich praktiziert. Die Kraft dieser Praxis hat bereits vielen Menschen einen Tod in heiterer und klarer Gelassenheit ermöglicht. Es ist mir eine besondere Freude, die Essenz der Phowa-Praxis nun all denen vorzustellen, die Gebrauch davon machen wollen.
Ich möchte betonen, dass grundsätzlich jeder diese Praxis üben kann. Sie ist einfach, gleichzeitig aber ist sie die essentiellste Übung, die wir ausführen können, um uns auf unseren eigenen Tod vorzubereiten. Phowa ist die wichtigste Praxis, die ich meine Schüler lehre, damit sie ihren sterbenden Freunden oder Verwandten beistehen können sowie denen, die bereits gestorben sind.
Erste Übung
Machen Sie es sich zunächst bequem und nehmen Sie die Meditationshaltung ein. Wenn Sie diese Übung zur Zeit ihres Sterbens ausführen, sitzen sie so bequem wie möglich oder machen Sie die Übung im Liegen. Bringen Sie dann den Geist heim lassen Sie los und entspannen sie sich völlig.
1. Rufen Sie im Raum vor sich die Verkörperung der Wahrheit an, so, wie Sie sie sich vorstellen, in Form von strahlendem Licht. Wählen Sie als Gestalt ein erleuchtetes Wesen oder einen Heiligen, zu dem Sie eine enge Verbindung spüren. Wenn Sie ein praktizierender Christ sind, spüren Sie von ganzem Herzen die lebendige, unmittelbare Gegenwart Christi, des Heiligen Geistes oder der Jungfrau Maria. Wenn Sie sich von keiner bestimmten spirituellen Gestalt angezogen fühlen, stellen Sie sich einfach reines goldenes Licht im Raum vor Ihnen vor. Wesentlich ist, dass Sie dem Wesen, das Sie visualisieren oder dessen Präsenz Sie spüren, die Verkörperung der Wahrheit, der Weisheit und des Mitgefühls aller Buddhas, Heiliger, Meister und erleuchteter Wesen erkennen. Machen Sie sich keine Sorgen, wenn Ihre Visualisierungen nicht besonders klar sind. Lassen Sie einfach Ihr Herz sich mit dieser Präsenz füllen und vertrauen Sie darauf, dass sie da ist.
2. Dann richten Sie ihren Geist, Ihr Herz und Ihr innerstes Selbst auf die Präsenz, die Sie angerufen haben, und beten:
Möge durch deinen Segen, deine Gnade und deine Führung, durch die Kraft des Lichts, das von dir ausströmt, all mein negatives Karma, meine zerstörerischen Emotionen, Verdunklungen und Hindernisse gereinigt und beseitigt werden.
Möge ich für alles Unheil, das ich durch Denken und Handeln angerichtet habe, Vergebung finden,
möge ich den tiefgründigen Weg des Phowa vollenden und einen guten, friedvollen Tod sterben,
und möge ich, durch die Überwindung meines Todes, allen Wesen lebendig oder tot wahren Nutzen bringen.
3. Stellen Sie sich jetzt vor, dass die Präsenz aus Licht, die Sie angerufen haben, von Ihrem aufrichtigen und von Herzen kommenden Gebet so angerührt ist, dass sie mit einem liebevollen Lächeln reagiert und Liebe und Mitgefühl in Form von Lichtstrahlen aus ihrem Herzen aussendet. Diese Lichtstrahlen berühren und durchdringen Sie und reinigen so all Ihr negatives Karma. Ihre zerstörerischen Emotionen und Verblendungen, die die Ursache des Leidens sind. Sie sehen und fühlen sich vollkommen erfüllt von Licht.
4. Durch das Licht, das Sie durchströmt, sind Sie nun ganz und gar gereinigt und geheilt. Stellen Sie sich vor, dass sogar Ihr Körper, der ja Produkt von Karma ist, sich jetzt völlig in Licht auflöst.
5. Als reiner Lichtkörper schweben Sie nun empor und verschmelzen untrennbar mit der glückseligen Licht-Präsenz.
6. Ruhen Sie so lange wie nur möglich in diesem Zustand der Einheit mit dem Licht.
Zweite Übung
1. Um diese Übung noch weiter zu vereinfachen, fangen Sie an wie vorher, indem Sie still ruhen, und rufen Sie dann die Präsenz der Verkörperung der Wahrheit an.
2. Stellen Sie sich Ihr Bewusstsein als ein Licht in Ihrem Herzen vor, das wie eine Sternschnuppe aus Ihnen herausschießt und in das Herz der Licht-Gestalt vor Ihnen eingeht.
3. Es löst sich auf und verschmilzt mit dieser Präsenz.
Durch diese Übung legen Sie ihren Geist in den Weisheitsgeist des Buddha oder eines erleuchteten Wesens, was dasselbe ist, wie Ihre Seele in der Natur Gottes aufgehen zu lassen. Dilgo Khyentse Rinpoche sagt, es sei so, als würde man einen Kiesel ins Wasser werfen. Stellen Sie sich vor, wie er immer tiefer im Wasser versinkt. Seien Sie gewiss, dass Ihr Geist durch die Inspiration in den Weisheitsgeist der erleuchteten Präsenz verwandelt wird.
Dritte Übung
Die essentiellste Art, diese Übung auszuführen, ist diese: Lassen Sie einfach Ihren Geist mit dem Weisheitsgeist der reinen Präsenz verschmelzen. Nehmen Sie an: Mein Geist und der des Buddha sind eins.
Von diesen drei Methoden können Sie sich diejenige auswählen, die sich im jeweiligen Moment für Sie am geeignetsten anfühlt. Manchmal können gerade die einfachsten Übungen die wirkungsvollsten sein. Welche sie auch wählen mögen, vergessen Sie nie, dass Sie sich unbedingt die Zeit nehmen müssen, mit der Übung vertraut zu werden. Wie sonst können Sie die Zuversicht erlangen, die Sie brauchen, um sie im Sterben für sich selbst oder für andere ausführen zu können? Mein Meister Jamyang Khyentse schrieb: Wenn du stets auf diese Weise praktizierst und meditierst, dann gelingt es dir im Augenblick des Todes wie von selbst.
Phowa-Praxis
(aus Das tibetische Buch vom Leben und vom Sterben von Sogyal Rinpoche)
In meiner Arbeit mit Sterbenden habe ich eine Praxis aus der tibetischen Tradition als besonders kostbar und wirkungsvoll erlebt. Diese Praxis heißt Phowa (po-a gesprochen), was Übertragung des Bewusstseins bedeutet, und ich habe viele Menschen gesehen, die sich ihr mit Enthusiasmus gewidmet haben. Phowa wird für Sterbende von ihren Freunden, Verwandten oder Meistern auch in vielen Teilen der westlichen Welt heutzutage schon recht selbstverständlich praktiziert. Die Kraft dieser Praxis hat bereits vielen Menschen einen Tod in heiterer und klarer Gelassenheit ermöglicht. Es ist mir eine besondere Freude, die Essenz der Phowa-Praxis nun all denen vorzustellen, die Gebrauch davon machen wollen.
Ich möchte betonen, dass grundsätzlich jeder diese Praxis üben kann. Sie ist einfach, gleichzeitig aber ist sie die essentiellste Übung, die wir ausführen können, um uns auf unseren eigenen Tod vorzubereiten. Phowa ist die wichtigste Praxis, die ich meine Schüler lehre, damit sie ihren sterbenden Freunden oder Verwandten beistehen können sowie denen, die bereits gestorben sind.
Erste Übung
Machen Sie es sich zunächst bequem und nehmen Sie die Meditationshaltung ein. Wenn Sie diese Übung zur Zeit ihres Sterbens ausführen, sitzen sie so bequem wie möglich oder machen Sie die Übung im Liegen. Bringen Sie dann den Geist heim lassen Sie los und entspannen sie sich völlig.
1. Rufen Sie im Raum vor sich die Verkörperung der Wahrheit an, so, wie Sie sie sich vorstellen, in Form von strahlendem Licht. Wählen Sie als Gestalt ein erleuchtetes Wesen oder einen Heiligen, zu dem Sie eine enge Verbindung spüren. Wenn Sie ein praktizierender Christ sind, spüren Sie von ganzem Herzen die lebendige, unmittelbare Gegenwart Christi, des Heiligen Geistes oder der Jungfrau Maria. Wenn Sie sich von keiner bestimmten spirituellen Gestalt angezogen fühlen, stellen Sie sich einfach reines goldenes Licht im Raum vor Ihnen vor. Wesentlich ist, dass Sie dem Wesen, das Sie visualisieren oder dessen Präsenz Sie spüren, die Verkörperung der Wahrheit, der Weisheit und des Mitgefühls aller Buddhas, Heiliger, Meister und erleuchteter Wesen erkennen. Machen Sie sich keine Sorgen, wenn Ihre Visualisierungen nicht besonders klar sind. Lassen Sie einfach Ihr Herz sich mit dieser Präsenz füllen und vertrauen Sie darauf, dass sie da ist.
2. Dann richten Sie ihren Geist, Ihr Herz und Ihr innerstes Selbst auf die Präsenz, die Sie angerufen haben, und beten:
Möge durch deinen Segen, deine Gnade und deine Führung, durch die Kraft des Lichts, das von dir ausströmt, all mein negatives Karma, meine zerstörerischen Emotionen, Verdunklungen und Hindernisse gereinigt und beseitigt werden.
Möge ich für alles Unheil, das ich durch Denken und Handeln angerichtet habe, Vergebung finden,
möge ich den tiefgründigen Weg des Phowa vollenden und einen guten, friedvollen Tod sterben,
und möge ich, durch die Überwindung meines Todes, allen Wesen lebendig oder tot wahren Nutzen bringen.
3. Stellen Sie sich jetzt vor, dass die Präsenz aus Licht, die Sie angerufen haben, von Ihrem aufrichtigen und von Herzen kommenden Gebet so angerührt ist, dass sie mit einem liebevollen Lächeln reagiert und Liebe und Mitgefühl in Form von Lichtstrahlen aus ihrem Herzen aussendet. Diese Lichtstrahlen berühren und durchdringen Sie und reinigen so all Ihr negatives Karma. Ihre zerstörerischen Emotionen und Verblendungen, die die Ursache des Leidens sind. Sie sehen und fühlen sich vollkommen erfüllt von Licht.
4. Durch das Licht, das Sie durchströmt, sind Sie nun ganz und gar gereinigt und geheilt. Stellen Sie sich vor, dass sogar Ihr Körper, der ja Produkt von Karma ist, sich jetzt völlig in Licht auflöst.
5. Als reiner Lichtkörper schweben Sie nun empor und verschmelzen untrennbar mit der glückseligen Licht-Präsenz.
6. Ruhen Sie so lange wie nur möglich in diesem Zustand der Einheit mit dem Licht.
Zweite Übung
1. Um diese Übung noch weiter zu vereinfachen, fangen Sie an wie vorher, indem Sie still ruhen, und rufen Sie dann die Präsenz der Verkörperung der Wahrheit an.
2. Stellen Sie sich Ihr Bewusstsein als ein Licht in Ihrem Herzen vor, das wie eine Sternschnuppe aus Ihnen herausschießt und in das Herz der Licht-Gestalt vor Ihnen eingeht.
3. Es löst sich auf und verschmilzt mit dieser Präsenz.
Durch diese Übung legen Sie ihren Geist in den Weisheitsgeist des Buddha oder eines erleuchteten Wesens, was dasselbe ist, wie Ihre Seele in der Natur Gottes aufgehen zu lassen. Dilgo Khyentse Rinpoche sagt, es sei so, als würde man einen Kiesel ins Wasser werfen. Stellen Sie sich vor, wie er immer tiefer im Wasser versinkt. Seien Sie gewiss, dass Ihr Geist durch die Inspiration in den Weisheitsgeist der erleuchteten Präsenz verwandelt wird.
Dritte Übung
Die essentiellste Art, diese Übung auszuführen, ist diese: Lassen Sie einfach Ihren Geist mit dem Weisheitsgeist der reinen Präsenz verschmelzen. Nehmen Sie an: Mein Geist und der des Buddha sind eins.
Von diesen drei Methoden können Sie sich diejenige auswählen, die sich im jeweiligen Moment für Sie am geeignetsten anfühlt. Manchmal können gerade die einfachsten Übungen die wirkungsvollsten sein. Welche sie auch wählen mögen, vergessen Sie nie, dass Sie sich unbedingt die Zeit nehmen müssen, mit der Übung vertraut zu werden. Wie sonst können Sie die Zuversicht erlangen, die Sie brauchen, um sie im Sterben für sich selbst oder für andere ausführen zu können? Mein Meister Jamyang Khyentse schrieb: Wenn du stets auf diese Weise praktizierst und meditierst, dann gelingt es dir im Augenblick des Todes wie von selbst.