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Garuda sucht und findet einen Ort, der seine Lasten tragen kann


Sauti sprach:

Sogleich als des gewaltigen Garudas Füße den Ast berührten, brach er ab. Doch bevor er zu Boden stürzte, fing ihn Garuda auf. Er ließ seine Blicke schweifen und entdeckte voller Staunen, daß an dem abgebrochenen Ast kopfüber viele Valakhilya Rishis hingen, die in asketischer Buße vertieft waren. Er überlegte, daß, wenn der Ast hinunterfallen würde, diese Rishis sterben würden, und so hielt er sowohl den Ast in seinem Schnabel, als auch Elefant und Schildkröte fest in seinen Klauen. Er fürchtete den Tod der Rishis und wollte sie retten.


So lüftete er seine Schwingen und die großen Rishis wunderten sich sehr bei diesem Anblick. Denn die von Garuda gezeigte Kraft überstieg die der Götter bei weitem. So gaben sie dem mächtigen Vogel einen Namen: „Dieser Wanderer der Himmel erhebt sich mit seinen Flügeln trotz seiner schweren Last. Dieser Beste aller Vögel, die sich von Schlangen ernähren, soll Träger schwerer Lasten, Garuda, heißen.“ Mit seinen Flügeln ließ Garuda die Berge erzittern und langsam durchmaß er die Himmel. Auf seinem Weg erblickte er viele Länder und suchte nach einem Ort zum Sitzen, damit er die Valakhilyas retten konnte. Schließlich kam er zu diesem Besten der Berge, Gandha-madana genannt.


Dort sah er seinen Vater Kasyapa, wie er asketische Hingabe übte. Auch Kasyapa erblickte seinen Sohn, diesen Wanderer der Lüfte in göttlicher Gestalt, von großem Glanz, mit Energie und Stärke ausgestattet, so schnell wie der Wind oder der Gedanke, so riesig wie ein Bergesgipfel, ein allseits Ergreifender, wie der Fluch eines Brahmanen, unvorstellbar, unbeschreiblich, schrecklich für alle Wesen, heldenmütig, furchtbar, so strahlend wie Agni, und nicht besiegbar, weder von Göttern und Danavas, noch von unsichtbaren Rakshasas.


Er war fähig, eine Bergesspitze zu spalten, den Ozean selbst auszutrinken oder die drei Welten zu zerstören, so heftig war er und glich Yama (Herr des Todes) selbst. Der ruhmreiche Kasyapa sah seinen Sohn kommen, wußte sogleich um dessen Absichten und sprach zu ihm: „Mein Sohn, begehe keine vorschnelle Tat, denn das wird dir Schmerzen bereiten. Die Valakhilyas ernähren sich von den Strahlen der Sonne und könnten dich, wenn sie ärgerlich werden, einfach fortblasen.“

 

Sauti fuhr fort:

Als nächstes besänftigte Kasyapa um seines Sohnes willen die äußerst glücklichen, sündenlosen und asketischen Valakhilyas: „Oh ihr Weisen, deren Reichtum Askese ist, die Geburt Garudas gereicht allen Wesen zum Guten. Er müht sich um die Vollbringung einer großen Tat. Gewährt ihm eure Unterstützung.“ Nach diesen Worten des ruhmreichen Kasyapa verließen die Asketen den Ast und begaben sich zu den heiligen Bergen im Himavat (Himalaya), um dort ihre asketische Buße fortzuführen. Nachdem die Rishis fort waren, fragte der Sohn Vinatas seinen Vater Kasyapa mit gepreßter Stimme, wegen des Zweiges in seinem Schnabel: „Oh du Ruhmreicher, wohin soll ich diesen großen Ast werfen? Nenne mir einen Ort, an dem keine Menschen leben.“


Da erzählte ihm Kasyapa von einem menschenleeren Berg mit Höhlen und Schluchten, welcher allseits von Schnee bedeckt war und von gewöhnlichen Wesen nicht einmal in Gedanken erklommen werden konnte. So trug der riesige Vogel Elefant, Schildkröte und den gewaltigen Ast, welcher nicht einmal mit einer Kordel aus hundert Kuhhäuten umschlungen werden konnte, mit großer Schnelligkeit zu diesem Berg. Und in kürzester Zeit flog Garuda, dieser König der Vögel, hundert Yojanas weit. Er folgte dem Weg, dem ihn sein Vater gewiesen hatte, und erreichte in einem Moment den Berg. Dort ließ er den mächtigen Ast mit großem Lärm fallen. Der König der Berge erbebte vom Sturm, den Garudas Flügel verursachten. Seine Bäume ließen Schauer von Blüten fallen, und seine mit Gold und Edelsteinen verzierten Felsengipfel wurden losgeschüttelt und rollten den Berg hinab. Der aufprallende Ast schmetterte zahllose Bäume zu Boden, welche mit ihren goldenen Blüten im dunklen Laub aussahen wie Gewitterwolken mit Blitzen. Die golden schimmernden Bäume fielen zur Erde, welche mit Edelmetallen eingefärbt war, und glänzten, als ob sie in den Strahlen der Sonne badeten. Dann ließ sich dieser Beste der Vögel auf der Bergesspitze nieder und aß sowohl Elefant als auch Schildkröte auf.


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