Hallo Zusammen,
ich würde doch gerne noch einmal auf die Technik des Khecari-Mudra zurückkommen und zur Ehrenrettung (sofern dies überhaupt nötig ist) von Boris Sacharow eintreten.
Khecari-Mudra:
So wie ich es verstehe, beschreibt Boris Sacharow zwei Auffassungsmöglichkeiten bei der Ausführung dieser Technik. Eine körperliche und eine geistige.
// Aus "Das Große Geheimnis" von Boris Sacharow--------------------------------------
Hatha Yoga - oder Ha-Tha-Yoga?
Das ist die Frage, welche jeder, der diese Lehre studiert und zu üben bereit ist, sich selber beantworten soll.
Hatha-Verständnis
Wenn dieser Nada-Yoga als Hatha-Yoga verstanden wird, so muss man sich qualvoll anstrengenden Disziplinen und am Gipfel der selben dem Zunge-Verschlucken unterwerfen.
Aber der Mensch, der sie ausführt, erniedrigt sich, anstatt sich über die Tiere zu erheben, nur um sich an einem kleinen Frosch (der ebenfalls seine Zunge verschluckt, um den Winterschlaf zu überstehen) ein Beispiel zu nehmen. Wenn er dann von seinem Yoga-Schlaf (Yoga-Nidra) zurückkehrt, bleibt er derselbe Mensch, nicht um ein Haar geistiger geworden.
Ha-Tha-Verständnis
Oder man kann denselben Nada-Yoga geistig verstehen. Wenn die Bezeichnung Nada-Yoga (eigentlich Rasananda-Yoga) für diese Art Yoga überhaupt zutreffend ist, selbst dann muss man es anders auffassen: Nada ist Schall und als solcher Offenbarung des OM-Lautes, des "W o r t e s" (Sabda-Brahman) der das ganze Universum schuf und von welchem die indischen Schriften dasselbe - fast im Wortlaut - wie die Bibel -berichten:
Bibel:
"Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott,
und das Wort war Gott." (Joh. I,1)
Indische Schriften:
"OM! Diese Silbe ist die ganze Welt." (Mandukya-Up. I,1)
Wenn der Yogi (Ha-Tha-Yogi) sich auf dieses OM-Wort (auf seinen Nachhall oder "Nada") konzentriert, dann spürt er den Nachhall gerade in dem Raum oberhalb des Gaumens ("Kha") - eine Art Manduki-Mudra, die in Verbindung mit der "Flamme" zur Khecari-Mudra wird --
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// Bis hier S. 237-238 aus "Das große Geheimnis" von Boris Sachrow //
Wenn dieses mystische "Schlangenfeuer" bis zu den Augenbrauen hochgestiegen ist, offenbart sich die "Gottheit Kundalini" dem geistigen Auge des Mystikers in Gestalt einer Flammenzunge, und zwar nicht allegorisch, sondern erscheint vor den (geschlossenen) Augen als eine wirkliche, flackernde Flamme.
Dieser Augenblick kennzeichnet die dritte Meditationsstufe und ebenfalls die dritte Entwicklungsstufe des Mystikers, welcher von nun an Meditation über einen "Punkt" (bindudhyana) auszuführen hat. Was bedeutet dieser "Punkt"? Das indische Wort bindu heißt eigentlich "Tropfen" und deutet auf die Tropfenform der Flamme hin! DIES IST DIE BERÜHMTE KHECARI-MUDRA, das unter dem Anschein des "Zunge-Verschluckens" verborgen gehaltene Stecken der "Flammenzunge" in die Schädelöffnung (kha, das Schädelloch zwischen der Hypophyse und der Zirbeldrüse, im übertragenen Sinne der "Himmelsraum" oberhalb des Gaumens zwischen der Augenbrauenmitte und dem Hinterkopf) - das Betrachten (samadhi) der bereits geschauten Flamme, die als "Betrachtung mit Wonne" (sananda) im Yoga genannt wird und dem Übenden die vollständige Erkenntnis (patyaksa, wirkliche Wahrnehmung "direkt vor Augen") und somit die spontane Entfaltung aller Kräfte (siddhis), sowie Glückseligkeit (ananda) verleiht.
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// Bis hier S. 115 aus "Das Öffnen des dritten Auges" von Boris Sachrow //
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Mir persönlich liegt die 2. Auffassung wesentlich näher. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden. Boris Sacharow ist imho weder eine Niete noch oberflächlich. Für mich war er ein Mensch, der sein Leben der Lehre des Yoga gewidmet hat und der sich tief mit den Original-Quelltexten befasste.
Ich denke, er wußte sehr wohl, dass Khecari-Mudra zum Kriya-Yoga gehört. Obwohl ich nicht in Kriya-Yoga eingeweiht bin, meine ich, ein Teil der Technik beruht auf der Wiederholung des Lautes OM und dem Lauschen auf den Nachhall in den verschiedenen Zentren. Zumindest was den KY nach Yoganada angeht, denn auch Patanjali nennt eine Technik des Kriya-Yoga.
Und übrigens: Ich habe das Buch "Kriya-Yoga" von Boris Sacharow auch gelesen. Ca. 5 Wochen nachdem ich "Autobiographie eines Yogi" von Parmhansa Yogananda gelesen hatte. Jo, ich war megamäßig enttäuscht. Der gleiche Fehler ist mir dann beim Buch von Swami Hariharananda Titel "Kriya-Yoga" noch einmal passiert ;-)
@Priyanath: was macht die Zunge? Noch dran?
Ich hoffe, nach dem Lesen dieser kleinen Zitatsammlung und dem Einschalten des gesunden Menschenverstandes, wird keiner mehr seinen geistigen Fortschritt mit Verstümmelung des eigenen Körpers vorantreiben.
So, Ende des Monsterpostes. Eine Gute Nacht an alle wünscht
Sourcereader