Hallo ladyofthedawn,
ladyofthedawn schrieb:
ich frage mich (und jetzt dich) gerade: was ist eigentlich das unterbewusstsein?
Das Unterbewußtsein ist für mich ein Hilfskonstrukt. Ich nutze eine Definition, die an die Gestalttheorie angelehnt ist.
Wenn das Bewußtsein die Spitze des Berges ist, ist das Unterbewußtsein der Rest des Berges. Das Bewußtsein beschäftigt sich mit dem, was derzeit wahrgenommen wird. Das Bewußtsein umfasst genau eine Ich-Sicht. Das Unterbewußtsein hält all die Eindrücke und Empfindungen, die einst vom Bewußtsein aufgenommen wurden, es ist sozusagen der große Speicher all unserer Wahrnehmungen. Das Unterbewußtsein ist aus einer nahezu unmessbar großen Menge an Ich-Sichten definiert, die bei einem gesunden Menschen allerdings nie die Stelle des aktuellen Ich des Bewußtseins einnehmen können. Die unterbewußten Ich-Sichten sind Teile unseres eigenen Bewußtseins, die Ängste, Wünsche, Komplexe und Paradigmen darstellen. Diese Unmengen an Ich-Sichten treffen wir in Träumen als Traumcharaktere, alle diese Traumcharaktere definieren bestimmte Teile der eigenen Persönlichkeit, die allein nicht als Bewußtsein lebensfähig sein könnten.
Das Unterbewußtsein ist getrennt vom Bewußtsein, es gibt zwei Wege, die durch Zensoren (oder auch Filter) zu erreichen sind. Da gibt es zum einen den Zensoren des Vergessens, welcher z. B. bestimmte starke Eindrücke nicht passieren läßt nach außen, wenn diese Eindrücke den Menschen zu sehr von seinem aktuellen Bewußtseinszustand abbringen könnten, oder wenn der Mensch dadurch geistigen Schaden nehmen könnte. Der Zensor des Vergessens ist z. B. dann aktiv, wenn wir schlafen, und träumen, uns aber am Tage danach nicht mehr an die nächtlichen Träume erinnern können.
Ein weiterer Zensor ist der Zensor der Metapher. Alles, was an Bildern hinausgeht, wird in Metaphern gewandelt. Hat man z. B. ein geringes Selbstbildnis von sich, so wandelt dieser Zensor diesen Eindruck z. B. vielleicht in ein Haus, welches schief und krumm gebaut ist. Hat man Angst vor etwas, so generiert das Unterbewußte daraus Bilder dessen, wovor wir metaphorisch Angst haben. Metaphern dieser Art trifft man auch immer wieder in Träumen, nicht umsonst sind Traumdeutungen so beliebt, da viele Menschen eben diese Metaphern nicht zu deuten wissen.
Das Unterbewußtsein hat eigene Bewußtseinsstrukturen, schon anhand dieser genannten Zensoren, die dafür sorgen, daß kraftvolle Erkenntnisse vergessen werden oder als Metaphern dargestellt werden, teilweise aber eben auch deswegen, weil das Unterbewußtsein die Wohnstätte all unserer unterdrückten Persönlichkeitsteile sein könnte, die meist nicht glücklich mit den Entscheidungen des eigenen Ichs sind. Generell gibt es Teilunterbewußtseinsstrukturen, die einerseits immer zur Ordnung rufen, und ein bestimmtes Weltbild durchsetzen wollen, andererseits gibt es Teilunterbewußtseinsstrukturen, die hauptsächlich an der Erfüllung von Bedürfnissen interessiert sind. Keine von beiden ist generell schlecht, aber es gibt halt Ordnungskriterien oder Weltbilder, die falsch sind, genauso gibt es Bedürfnisse, deren Erfüllung nicht im Gesamtinteresse der Person ist. Freud nannte diese Unterteilung "Es" (Bedürfnisse), "Ich" (Bewußtsein) und "Über-Ich" (die Forderung nach Ordnung). Die Gestalttheorie nennt diese Charaktere Topdogs und Underdogs, sie machen jedoch nur einen kleinen Teil der Gesamtheit aller Bewußtseinsteile aus.
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Ich könnte noch mehr dazu schreiben, belasse es aber erstmal dabei. Weiteres gern auf Nachfrage
Gruß,
lazpel