hört sich gut an
hi, ja, dachte mir daß Du Freude daran hast. War ja fast eine schamanische Handlung. Aber: heute ist ja der Tag, nachdem ich das Federbüschel weggeworfen habe. Und es ist ja immer superinteressant, was dann am Rest des Tages passiert, nachdem man so ein Ding weggeworfen hat. (also: nachdem man sich nachhaltig davon getrennt hat.) Ich erzähl Dir von meiner Sache und vielleicht leitest Du davon etwas für Deine eigene Situation ab:
als ich das Büschel aus dem Fenster warf, fuhr ich gerade zu meiner Mutter, die ich mir mit ihrem Lebensgefährten einlud, um sie zu einem Konzert 120km weiter entfernt zu kutschieren. Wir fuhren zu einem Abschiedskonzert eines Chorleiters und über 70-jährigen international bekannten Professor für Chorleitung. Meine Mutter hat über 20 Jahre bis zum Jahr 2001 in diesem Chor gesungen, der international eine Vielzahl von Reisen gemacht hat und der vielerlei Preise auf Chorwettbewerben auf aller Welt eingesammelt hat. Wirklich einer der besten Chöre Deutschlangs - also auch für mich ein musikalisches Fest. Etwas, das ich gerne tue, meine alten Herrschaften da hin zu kutschieren. Die Besonderheit war, daß nach dem Konzert ein Abschiedsfest war, an dem wir dann teilgenommen haben.
Ich habe heute festgestellt, daß es für mich sehr wichtig war, dort hin zu fahren. Denn nachdem ich mit 8 Jahren meinen Vater verlor, "rettete" meine Mutter ihr Leben - ich weiß das heute - mit der Musik und vor allem mit dem Engagement in diesem Chor. Für mich brachte es mit sich, daß ich ab dem Alter von 10 zusätzlich zum Vater an vielen Wochenenden des Jahres auch auf die Mutter verzichten musste. Ich fühlte mich verlassen, und auf diesen Herrn Dirigent da war ich eifersüchtig.
Gestern habe ich aber gesehen, was mit meiner Mutter passiert, wenn sie ihre alten Bekannten wiedersieht. Wenn sie als tatsächlich eine der wohl besten Wegbegleiterinnen dieses schwierigen Herrn von ihm den ganzen Weg von der Kirche in das Gemeindehaus im Arm begleitet wird. Wie sie während des ganzen Festes mit ihrem Partner direkt neben ihm sitzen darf und der Mittelpunkt des Raumes ist, weil dieser Chor der Mittelpunkt ihres Lebens war. Länger als ich.
Das aus der Distanz, eher am Rande stehend, zu beobachten, hat mir noch einmal die Augen über meine kindlichen Gefühle geöffnet und ich heule natürlich gerade, weil ich jetzt meiner Mutter verzeihe, und ihr das sagen kann, wenn ich möchte. Sie weiß nämlich- das habe ich ihr bereits gesagt, daß ich auch darunter gelitten habe.
Und jetzt ist die Sache natürlich die, Topper: mit Federbüschel im Auto wäre das nicht geschehen. Nicht so, nicht in mir, nicht in dieser Vernetzung zu Deinem Thread hier. Denn es ist selbstverständlich so, daß ich meinen Partner als junger Erwachsener eher als "Auffüllmittel" meiner inneren Sehnsucht mißbraucht habe. Und: als ich ihn kennenlernte, war er ein Punk. Also so überhaupt nicht an klassischer Musik interessiert und so gänzlich anders als ich und meine Familie.
Hm. Du verstehst was draus, für Dich, gell? Ich kann nur mich selber verstehen, Dich leider nicht. Du wirst das schon selbst herausfinden, was da noch zu tun ist.
lg