Ruhepol: Ich bemühe mich christlich im Sinne der Gnostiker zu leben.
anbei das von mir dokumentierte Schicksal meines Freundes
Der Selbstmord eines Priesters belastet mein Gewissen
Ein Freund von mir, er war von Beruf gelernter Müller, entschied sich im Alter von 28 den mühsamen Weg Priester zu werden auf sich zu nehmen. Nach seiner Weihe übernahm er im Stift seines Ordens die Betreuung der wirtschaftlichen Angelegenheiten. Ein großer Forst- betrieb mit Sägewerk stellen das wirtschaftliche Rückgrad des Stiftes dar. Im Stiftsgebäude ist unter anderem eine Schule mit Internat untergebracht. Dem Stift stand ein sehr konservativer Abt vor, der dem aufgeschlossenen und weltoffenen Denken meines Freundes wenig Sympathie entgegenbrachte. Eines Tages wurde er von ihm beauftragt die Vorarbeiten für die Realisierung einer neue Stiftsheizung vorzunehmen. Es war für ihn selbstverständlich, dass diese Heizung optimal ist um die vom Sägewerk anfallenden Rindenabfälle, Sägespäne und Holzreste zu verwerten. Nach der Konzeption der neuen Anlage eröffnete ihm der Abt, dass er dafür von ihm keine Zustimmung bekommt. Gleichzeitig bekam er vom Abt die Order die neue Heizung an die Ferngasleitung anzuschließen und so wurde sie auch realisiert. Die Rinden- Sägemehl und Holzabfälle wurden vom Sägebetrieb weiterhin in einer Waldschlucht zur Verrottung deponiert.
Meinem Freund war das eindeutig zu viel an nicht nachvollziehbarer Ignoranz wirtschaft- licher Selbstverständlichkeiten seines Abtes und ließ sich, mit Zustimmung des Abtes, als Religionslehrer in eine weiter entfernte Handelsakademie versetzen. In dieser Schule blühte er auf und die Schüler waren von der offenen Art seines Unterrichtes sehr angetan. Es war für ihn selbstverständlich, sich auch für andere Religionen wie auch für die „schwarzen Zeiten“ der eigenen Kirche zu interessieren. Die Schulleitung zog daraus die Konsequenz durch seine Pragmatisierung ihn für immer auf der Schule als Religionslehrer zu haben. Gegen dieses Vorhaben stellte sich sein Abt quer. Er gab ihm die Order in das Stift zurückzukehren.
Zu diesem Zeitpunkt besuchte er mich, erzählte mir von seinen Bedenken in das Stift zurück zu gehen und wie gerne er in der Schule bei den Schülern wäre. Er fragte mich anschließen um meinen Rat, was er tun solle, bleibt er in der Schule wird er wegen Gehorsamverweiger- ung vom Orden ausgeschlossen. Ich mach mir bis heute Vorwürfe, statt klare Worte ihm eine diplomatische Antwort gegeben zu haben. Es war einfach der Respekt und die Achtung vor dem Priesterstand, was mich daran hinderte, ihm den Abschied vom Orden zu empfehlen. Ich sagte bedauerlicherweise „dies sei seine persönliche Entscheidung und er soll das tun, was er für richtig hält“.
Leider unterwarf er sich der Order seines Abtes, von dem er als Seelsorger einem Alten- und Pflegeheim zugeteilt wurde. Für ihn war dies ein Kontrastprogramm wie Tag und Nacht. Die Konsequenzen ließen auch nicht lange auf sich warten, da er weder die Art seines Vorgängers in der Praxis spielen und somit auch nicht die Erwartungen diverser Betschwestern erfüllen konnte. In der Folge bekam der Abt Beschwerdebriefe in denen die Damen sich entsetzt darüber äußerten, dass der Nachfolger nicht so sehr das Heiligste Herz Jesus und die Heilige Muttergottes verehrt wie sein Vorgänger. Auch spricht er nicht so schön über den Heiligen Vater, wie sie es gewohnt sind.
Als Konsequenz daraus wurde er vom Abt vor das Kirchengericht zitiert. Als er mich das letzte Mals besuchte teilte er mir mit, dass er zum zweitem Mal vor dem Kirchengericht stand und wieder schwören musste, von den Lehren der Kirche nicht abzuweichen. Besorgt teilte er mir mit, dass er im Falle einer dritten Vorladung auf der Straße steht.
Als nächste Information erhielt ich die Pate seines Ablebens und somit Begräbnistermin.
Vor dem Kirchengericht darf er von keinem Anwalt vertreten werden. Alles obliegt in den Händen einer unmenschlichen Amtskirche. Unterordnung der Hierarchie, Gehorsam und Demut sind die Hauptforderungen dieser Institution. Ein Widersprechen und das Wiedergeben eigener Ansichten werden dort so unnötig wie ein Kropf empfunden.
Die Nichteinmischung des Staates in kirchliche Angelegenheiten hat dort aufzuhören, wenn Menschenrechte durch eine Religion verwehrt oder in Frage gestellt werden. Es gibt keinen Beruf, der vergleichbaren Repressalien ausgesetzt ist, wie der Priesterstand. Der Zölibat zum Beispiel, eine religiös nicht begründbare Vorgabe der römisch katholischen Amtskirche, hat schon einer beachtenswerten Anzahl von Personen menschliches Leid und Existenzprobleme verursacht. Ebenso wenig einsehbar ist die berufliche und gesellschaftliche Diskriminierung der Frau. Welche Achtung der Heilige Stuhl für Frauen erübrigt erkennt man in seiner Untersagung einer Abtreibung, wenn Frauen durch Vergewaltigung oder Inzest geschwängert wurden. Wie man eine derart menschenverachtende Haltung, ausgerechnet jenen gegenüber, die Verständnis, Hilfe und Zuneigung brauchen, rechtfertigen kann, wird seine unmenschliche „Heiligkeit“ wohl für immer schuldig bleiben.
Das Begräbnis im Stift war von besonderer Feierlichkeit. Der Abt unterwarf sich in seiner Würdigung des Lebens und der Werke seines lieben Mitbruders keiner Beschränkung.
Wie es der Zufall wollte ging ich beim Friedhofsgang neben einer Berufskollegin des Lehrpersonals von ihm. Sie erzählte mir, wie gerne das Lehrpersonal und die Schüler ihn hatten, sowie die Neuigkeit für mich, die vom Stift geheimgehalten wurde, dass er sich aus Verzweiflung in der Wohnung erhängt hatte. Seine Mutter war mit dem Pfarrer seines Heimatortes zum Begräbnis gekommen. Ich stellte mich ihm bei der anschließenden Bewirtung im Stiftskeller vor und ersuchte den Pfarrer mir einige Fragen zu beantworten. Seine Antwort: bitte fragen sie mich nichts, ich darf beim besten Willen ihnen nichts darüber sagen! Man sah ihm förmlich an, dass er die Order bekam zu schweigen.
Warum hat man so unmenschlich gehandelt und ihn nach dem Erkennen, dass er im Pflegeheim fehl am Platz ist, nicht wieder in den Lehrberuf zurückgehen lassen? Wo findet man in der gesamten Handlungsweise auch nur einen Funken an Logik und Hausverstand, von christlicher Nächstenliebe ganz zu Schweigen ?!
Als Andenken von ihm habe ich ein vom ihm geborgtes Buch. Er lieh es mir mit den Worten „lies das Buch, es ist einfach schockierend was die Kirche sich alles zu schulden kommen hat lassen!“. Der Titel: „Das Kreuz mit der Kirche- eine Sexualgeschichte des Christentums“. Das Buch wurde von mir nie fertiggelesen, da ich es nach wenigen Seiten immer wieder angewidert beiseite legen musste. Heute steht es als Erinnerung an ihn in meinem Bücherschrank. Wie ist es zu verstehen, das die katholische Kirche zu deren schweren Vergehen der Vergangenheit, insbesondere gegenüber den Frauen, bis heute schweigt? Der verlorene Freund hat sich als Priester sehr mit der historischen Entwicklung der katholischen Kirche wie auch mit den fernöstlichen Religionen, besonders dem Buddhismus, beschäftigt. Seine Offenheit zur Wahrheit gegenüber seiner eigenen Kirche, sowie sein Interesse zu anderen Religionen, waren mit ein Grund für seine Beliebtheit als Religionslehrer.
Heute ist es mir schwer nachvollziehbar wie eine Person, der Priester werden möchte, nach dem Studium der historischen Entwicklung der katholischen Kirche und den Glaubens- bedingungen nach den Urkunden und Lehrverkündigungen noch bereit ist, sich zum Priester weihen zu lassen. Entweder hat er sich nie ernsthaft damit befasst oder er wurde vom Lehrprogramm der theologischen Universität und dem persönlichen Verlangen, das Ziel den Priesterberuf zu erreichen, voll eingenommen. Diese Überzeugung setzt aus geistiger Sicht die Akzeptanz eines diktatorischen Regimes voraus, wobei eigenes Denken und Logik schon a priori zu unterdrücken sind. Das ist die Voraussetzung für diese berufliche Entscheidung, da eigene Erkenntnisse, sofern sie von den Glaubensvorgaben abweichen, mit dem Ausschluss (früher mit der ewigen Verdammnis) bestraft wird. Oder wurden diese Herrn bei ihrer theologischen Ausbildung nicht einmal mit den verbindlichen Glaubenstexten der Kirche nach den Urkunden ihrer Lehrverkündigung konfrontiert? Ebenso könnte man auch der Fremdenlegion beitreten, auch hier wird man zum bedingungslosen Befehlsempfänger und Befehlsausführer degradiert.
Bevor sie sich als Leser darüber voreilig ein Urteil erlauben, nehmen sie sich Zeit zum Studieren der Kirchengeschichte, dem Lesen der Dogmen sowie des Buches „Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung“. Wenn sie danach noch der Ansicht sind, diese Kirche vertritt die Lehre Jesus, dann beleidigen sie Jesus Christus und sind unfähig durch voreingenommene „Gläubigkeit“ analytisch und kritisch zu denken!
Ich persönlich verlor durch dieses Erlebnis jede Achtung vor der Institution Amtskirche und ihrer oft menschenverachtenden Handlungsweise.