Flugzeugabsturz in Madrid

Hi, Star et al.

Die Maschine hatte jedenfalls technische Probleme.

Die letzte Meldung zu dem Thema, die allerdings noch kein offizielles Ergebnis der Untersuchung darstellt, lautete, dass es danach aussieht, als wären die Klappen an den Flügeln (aus welchen Gründen immer) nicht in der korrekten Startposition gestanden. Es wird vermutet, dass die Piloten vergessen haben, die Klappen zu setzen…

Ein bisschen Flugphysik:
Ein Flugzeug fliegt, weil der Vortrieb (die Motorleistung) durch das aerodynamische Profil des Flügels in Steigleistung bei gleichzeitig erhöhtem Luftwiderstand umgesetzt wird. Ganz genau sind das die Faktoren:
Vortrieb vs. Luftwiderstand und Auftrieb vs. Gewicht.

Wenn irgendwas fliegen soll, muss der genutzte Auftrieb gleich dem Gewicht des Objekts sein. Der Auftrieb entsteht durch Vortrieb, dem der Luftwiderstand entgegensteht. Das nennt man das aerodynamische Kräfteparallelogramm.

Damit überhaupt Auftrieb (über das Flügelprofil) entstehen kann, muss die anströmenden Luft eine gewisse Geschwindigkeit haben. Wird diese "Stall-Geschwindigkeit" (engl.: Stall: stehen bleiben) unterschritten, reißt die Strömung ab, der Auftrieb ist Null und die Maschine fällt mir Erdbeschleunigung dem Mittelpunkt der Erde zu.

Damit ein Flugzeug steigt, muss der Auftrieb (deutlich) größer als das Gesamtgewicht sein. Da die Geschwindigkeit beim Rollen aber vergleichsweise gering ist, wird der Auftrieb durch eine Veränderung des Flügelprofils durch die Klappen vorgenommen: das Flugzeug fliegt dann zwar bei gegebener Motorleistung nicht so schnell (weil der Luftwiderstand zunimmt), dafür ist der Auftrieb aber viel größer und damit die Steigleistung. Auf Reiseflughöhe angekommen, nimmt man dann die Klappen zurück, macht damit das Flügelprofil flacher und kann dann bei höherer Geschwindigkeit die Flughöhe halten und Energie sparen.

Auswirkung:
Wenn nun tatsächlich die Klappen auf "Reisegeschwindigkeit" gestellt waren, so konnte das Flugzeug nicht so schnell steigen, wie das die Crew "gewohnt" ist und es von der Maschine fordert, in dem die Nase mit einem gewissen Winkel nach oben gezogen wird. Wenn aber die Motorleistung nicht ausreicht, den dafür erforderlichen Auftrieb (wegen des flachen Flügelprofils ohne Klappen) zu erzeugen, wird die Maschine "überzogen", die Strömung an den Tragflächen reißt ab, es kommt zu einem "Stall" und die Maschine bleibt in der Luft stehen, um danach auf eine Seite (meistens nach rechts) wegzukippen und im freien Fall mit Erdbeschleunigung nach unten zu gehen.
 
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Hi, Pluto et al.

heute kam in den Nachrichten, dass ein technischer Defekt den Unfall ausgelöst hat. Das Flugzeug war eigentlich gar nicht flugtauglich gewesen.

Die offiziellen Untersuchungen sagen etwas anderes:

Erstens, dass die Untersuchung noch wenigstens 12 Monate bis zu einem vollständigen Ergebnis brauchen wird.

Zweitens, dass nach den gefundenen Trümmern die Klappen nicht ausgefahren waren und dass auf den nicht durch das Feuer beeinträchtigten Hydraulikzylindern keine Fehlfunktion festgestellt wurde.

Drittens, dass keine Warnung wegen der Fehlkonfiguration ausgegeben wurde (TOWS - Take Off Warning System).

Was zurzeit nahe legt, dass die Piloten die Klappen nicht ausgefahren hatten -- was einen klaren Pilotenfehler darstellen würde. Dass das Warnsystem nicht funktioniert hat, macht den Fehler nicht weniger unfallrelevant. Das wäre so, wie wenn man im Auto mit offener Heckklappe herumfährt, weil der Warnsummer für die offene Klappe augefallen ist.

In den Untersuchungsberichten (den Link habe ich weiter vorn schon mal geposted) wird ganz klar keine Ursache für den Unfall zu diesem Zeitpunkt gegeben. Was die Medien aus den veröffentlichten Fakten an Schaum schlagen, ist nicht nachvollziehbar und keinesfalls auf dem Stand der Untersuchungen begründet.

Zurzeit fehlt noch das Transskript des Cockpit Voice Recorders -- erst wenn das vorliegt, wird man zweifelsfrei feststellen können, ob die Piloten die Checklist wie vorgesehen abgearbeitet oder z.B. die Klappen "überlesen" haben.

Damit das Resumeé für heute:
  • Die unmittelbare Unfallursache war ein Stall ("Stehenbleiben" und abkippen des Flugzeugs) auf 40 Fuss Höhe nach dem Start.
  • Der Stall wurde durch nicht gesetzte Klappen verursacht, das Flugzeug war eindeutig nicht korrekt für den Start konfiguriert.
  • Die Warnung für die Fehlkonfiguration war (wahrscheinlich wegen eines defekten Relais) ausgefallen.
  • Die Hydraulik zur Klappenbetätigung war nach heutigem Stand funktionsfähig.

Warum die Klappen nicht gesetzt waren, ist Gegenstand weiterer Untersuchungen. Derzeit scheinen zwei Möglichkeiten gegeben:
  • Die Piloten haben die Klappen vergessen zu setzen, oder
  • die Klappen am Flügel haben den Steuerbefehl aus welchen Gründen immer (Kabelunterbrechung, Leitungsleck, z.B.) nicht erhalten.
Das ist nach meiner Lesung der offiziellen Berichte Stand der Dinge und damit die Frage nach der tatsächlichen Unfallursache auch für die nächsten elf oder so Monate offen. Dass die Medien den Bericht nicht selbst lesen und/oder stattdessen ungerechtfertigt eine "Ursache" ausposaunen, macht mir die Aasgeier-Branche nur ein weiteres mal unsympathischer.
 
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