Namikwa
Neues Mitglied
Hallo,
im Mai 2005 ist in der Wohnung meiner Grosseltern durch einen Kabelbrand ein Feuer ausgebrochen, an dessen Folgen meine geliebte Grossmutter zwei Wochen nach hartem Kampf starb. Jeden Tag pilgerte ich zu ihr,hoffte auf ein Wunder und weinte mir die Augen aus dem Kopf (obwohl ich nie leicht weinen konnte - höchstens aus Zorn - aber seit dieser Zeit hab ich ständig nah am Wasser gebaut). Rational gesehen war dieser doch recht rasche Tod ein Geschenk des Himmels, denn als man versuchte, sie in Lainz zu operieren und einen Herzschrittmacher einzusetzen, stellte sich heraus, dass der Brustkrebs, den sie 6 oder 7 Jahre zuvor zu überwunden geglaubt hatte, wieder ausgebrochen war und metastasiert hatte.Es wäre ihr also kein "angenehmes" Ende bevorgestanden, hätte alles seinen "natürlichen Lauf" genommen. Das versuche ich mir immer vor Augen zu halten, wenn ich wieder mal ganz fertig bin und sie mir so furchtbar abgeht..
Ich flüchtete gleich nach ihrem Tod in den Urlaub und bei meiner Rückkehr 2 Wochen später ging es mir eigentlich ganz gut und nach einem Monat meinte ich, ich hätte das Ärgste überstanden. Das Begräbnis, vor dem ich mich so gefurchten hatte, was sicher damit zusammenhing, dass ich durch Urlaub und der Zeit, die inzwischen verstrichen war, etwas Distanz dazu gewonnen hatte. Meinte ich. Ich hatte viel einschlägige Lektüre gelesen, ein Trauerseminar besucht, schrieb Omi Briefe, redete viel mit ihr. Das ging ein dreiviertel Jahr ganz gut - bis der Vater einer engen Freundin starb. Das wühlte in mir wieder sehr viel auf und seitdem (das war im Februar oder März) bin ich nicht mehr zur Ruhe gekommen. Ich denke ständig an sie, ihre Person "dominiert" irgendwie mein ganzen Lassen und Tun, ich träume sehr oft von ihr, versuche mitunter immer noch, sie unter der alten Nummer anzurufen etc.
Durch Turbulenzen in meiner Familie bin ich bei meinen Grosseltern aufgewachsen,was nicht ganz konfliktfrei war und während ich mit meinem Opa kaum eine gemeinsame Basis habe, vereinte Omi und mich eine gewisse Hassliebe. Keiner kannte mich so gut wie sie (was mir nicht ganz wurscht war, denn man bewahrt sich ja immer gerne eine gewisse Unvorhersehbarkeit..), keiner war mir vom Temperament und Wesen her so ähnlich, niemand stand mir je näher.Ihre Liebe war nie bedingungslos, sie wollte in mir immer realisieren, was sie, aus einfachen Verhältnissen stammend, nie geschafft hatte (Studium) bzw. auch nicht in ihrer Tochter (meiner Mutter).Unter diesem Druck habe ich als Kind und Jugendliche sehr gelitten und bis zum Schluss hat sie nicht verstanden, wie sehr sie mir damit das Leben zur Hölle gemacht hat. Sie war auch in den letzten Jahren immer eifersüchtig auf meinen Freundeskreis, meine Katzen - weil sie meinte, dass die mir sehr viel Zeit wegnähmen, die ich sonst bei ihnen verbringen würde. Besonders die letzten paar Monate vor ihrem Tod ging ununterbrochen das Telefon oder Handy, x Mal am Tag,ich konnte ihren Namen auf dem Display schon gar nicht mehr sehen und war nur noch bös und gereizt. Wie sehr würd ich mir wünschen, noch einmal mit ihr zu sprechen..
Dazu muss ich sagen, dass ich eine überzeugte 44-jährige Single Frau bin, ein "gestandenes Weib", wie man so schön sagt - die mit beiden Füssen fest im Leben steht und der man eine sehr starke Persönlichkeit und ein überdurchschnittlich grosses Selbstbewusstsein nachsagt, die nicht nur Fassade sind. Ich hab eine gute Ausbildung genossen, ein Job, den ich mag, einen Riesenfreundeskreis, bin viel in der Welt unterwegs und liebe meine Leben.
Gestern war ich wieder mal am Friedhof und hab Rotz und Wasser geheult - dazu kommt noch, dass mein bald 99 jähriger Opa - ihr Mann - noch im Pflegeheim lebt.Obwohl ich ihn nie wirklich sehr mochte und wir uns nicht nah sind, sah ich es als ein Zeichen der Liebe zu ihr an, mich um ihn zu kümmern, 3-4 x in der Woche hinzumarschieren, was nicht nur mein berufliches Leben, sondern auch mein privates ziemlich durcheinandergebracht hat. (alte Leut gehen zeitlich schlafen, also sollte man schauen, dass man tunlichst vor 17h dort ist!)Meine Grosseltern waren fast 70 Jahre lang verheiratet und die Omi hat den Pascha all diese Zeit gehegt und gepflegt. Es war anzunehmen, dass er es nicht lang ohne sie aushalten würde.
Das war ein Irrtum. Seit knapp eineinhalb Jahren ist er nun in der Bettenstation, einmal gehts ihm einigermassen gut, dann ist er wieder knapp vorm Sterben (wie gestern, wo er nicht mehr ansprechbar war, nix mehr gegessen hat, auf meinen Besuch nicht reagiert hat) - und ich bin fast am Ende meiner Kräfte. Meine Gefühle zu ihm sind nicht echt, und wenn ich etwas hasse, dann ist es Heuchlerei. Mir ist schon am Morgen schlecht, wenn ich weiss, ich sollte heute ins Heim gehen (nicht unbedingt ein sehr angenehmes Ambiente) - wenn ich mal 2 Tage nicht komm, regnet es nur mehr Vorwürfe, ich würde ihn vernachlässigen (denn leider hatte ich den 2-Tages-Rhythmus ja selbst eingeführt).
Als er gestern so schlecht beinand war, hoffte ich schon fast auf den erlösenden Anruf! Andrerseits ist er mein allerletzter Verwandter - nicht, dass ich je ein exemplarischer Familienmensch gewesen wäre, aber der Gedanke daran macht mir unheimliche Angst.
Opa hat mich in meiner Trauer nie unterstützt, hat mich immer allein gelassen, hat sich geweigert, aufs Begräbnis mitzugehen, zur Seelenmesse hab ich ihn dann gezerrt, ob er wollte oder nicht. Er hat nie wieder von ihr gesprochen, was auch mir sehr wehgetan hat, weil sie sich noch an ihrem Sterbebett unheimliche Sorgen um ihn gemacht hat.UU macht er sich Vorwürfe, denn er war derjenige, der den uralten Ventilator angeschlossen hatte, durch den dann das Feuer ausbrach..
Jedenfalls bin ich momentan total durcheinander, lass mich teilweise gehen, trink mitunter zuviel und bin von mir selbst enttäuscht, dass ich mich nicht in den Griff bekomm. Ich war nie depressiv oder pessimistisch, aber beim letzten Urlaub - einer halsbrecherischen Busfahrt auf den Kapverden, nahe dem Abgrund - ist mir bewusst geworden, dass es mir eigentlich ganz wurscht wär, wenn mir etwas passieren würde, denn dann wäre ich endlich wieder bei Omi (obwohl ich nicht wirklich religiös bin und ein Leben nach dem Tod glaub). Ist das nicht abnormal? Ich bin nicht lebensmüde, habe noch so viel in meinem Leben vor und komme auf solche Gedanken..
Wenn ich mich so selbst analysiere, war ich nie der "Schmusetyp", aber manchmal fehlt mir so sehr die mütterliche Umarmung und mich frisst fast der Neid, wenn Freunde von ihren Müttern und Grossmüttern sprechen.. (die ihnen teilweise genauso auf die Nerven gehen wie früher meine)
Es tut mir leid, dass das jetzt so ein langes Elaborat wurde, aber mir gehts jetzt etwas besser. Ich würd mich freuen, mich mit Euch austauschen zu können.
LG aus Wien
Namikwa
im Mai 2005 ist in der Wohnung meiner Grosseltern durch einen Kabelbrand ein Feuer ausgebrochen, an dessen Folgen meine geliebte Grossmutter zwei Wochen nach hartem Kampf starb. Jeden Tag pilgerte ich zu ihr,hoffte auf ein Wunder und weinte mir die Augen aus dem Kopf (obwohl ich nie leicht weinen konnte - höchstens aus Zorn - aber seit dieser Zeit hab ich ständig nah am Wasser gebaut). Rational gesehen war dieser doch recht rasche Tod ein Geschenk des Himmels, denn als man versuchte, sie in Lainz zu operieren und einen Herzschrittmacher einzusetzen, stellte sich heraus, dass der Brustkrebs, den sie 6 oder 7 Jahre zuvor zu überwunden geglaubt hatte, wieder ausgebrochen war und metastasiert hatte.Es wäre ihr also kein "angenehmes" Ende bevorgestanden, hätte alles seinen "natürlichen Lauf" genommen. Das versuche ich mir immer vor Augen zu halten, wenn ich wieder mal ganz fertig bin und sie mir so furchtbar abgeht..
Ich flüchtete gleich nach ihrem Tod in den Urlaub und bei meiner Rückkehr 2 Wochen später ging es mir eigentlich ganz gut und nach einem Monat meinte ich, ich hätte das Ärgste überstanden. Das Begräbnis, vor dem ich mich so gefurchten hatte, was sicher damit zusammenhing, dass ich durch Urlaub und der Zeit, die inzwischen verstrichen war, etwas Distanz dazu gewonnen hatte. Meinte ich. Ich hatte viel einschlägige Lektüre gelesen, ein Trauerseminar besucht, schrieb Omi Briefe, redete viel mit ihr. Das ging ein dreiviertel Jahr ganz gut - bis der Vater einer engen Freundin starb. Das wühlte in mir wieder sehr viel auf und seitdem (das war im Februar oder März) bin ich nicht mehr zur Ruhe gekommen. Ich denke ständig an sie, ihre Person "dominiert" irgendwie mein ganzen Lassen und Tun, ich träume sehr oft von ihr, versuche mitunter immer noch, sie unter der alten Nummer anzurufen etc.
Durch Turbulenzen in meiner Familie bin ich bei meinen Grosseltern aufgewachsen,was nicht ganz konfliktfrei war und während ich mit meinem Opa kaum eine gemeinsame Basis habe, vereinte Omi und mich eine gewisse Hassliebe. Keiner kannte mich so gut wie sie (was mir nicht ganz wurscht war, denn man bewahrt sich ja immer gerne eine gewisse Unvorhersehbarkeit..), keiner war mir vom Temperament und Wesen her so ähnlich, niemand stand mir je näher.Ihre Liebe war nie bedingungslos, sie wollte in mir immer realisieren, was sie, aus einfachen Verhältnissen stammend, nie geschafft hatte (Studium) bzw. auch nicht in ihrer Tochter (meiner Mutter).Unter diesem Druck habe ich als Kind und Jugendliche sehr gelitten und bis zum Schluss hat sie nicht verstanden, wie sehr sie mir damit das Leben zur Hölle gemacht hat. Sie war auch in den letzten Jahren immer eifersüchtig auf meinen Freundeskreis, meine Katzen - weil sie meinte, dass die mir sehr viel Zeit wegnähmen, die ich sonst bei ihnen verbringen würde. Besonders die letzten paar Monate vor ihrem Tod ging ununterbrochen das Telefon oder Handy, x Mal am Tag,ich konnte ihren Namen auf dem Display schon gar nicht mehr sehen und war nur noch bös und gereizt. Wie sehr würd ich mir wünschen, noch einmal mit ihr zu sprechen..
Dazu muss ich sagen, dass ich eine überzeugte 44-jährige Single Frau bin, ein "gestandenes Weib", wie man so schön sagt - die mit beiden Füssen fest im Leben steht und der man eine sehr starke Persönlichkeit und ein überdurchschnittlich grosses Selbstbewusstsein nachsagt, die nicht nur Fassade sind. Ich hab eine gute Ausbildung genossen, ein Job, den ich mag, einen Riesenfreundeskreis, bin viel in der Welt unterwegs und liebe meine Leben.
Gestern war ich wieder mal am Friedhof und hab Rotz und Wasser geheult - dazu kommt noch, dass mein bald 99 jähriger Opa - ihr Mann - noch im Pflegeheim lebt.Obwohl ich ihn nie wirklich sehr mochte und wir uns nicht nah sind, sah ich es als ein Zeichen der Liebe zu ihr an, mich um ihn zu kümmern, 3-4 x in der Woche hinzumarschieren, was nicht nur mein berufliches Leben, sondern auch mein privates ziemlich durcheinandergebracht hat. (alte Leut gehen zeitlich schlafen, also sollte man schauen, dass man tunlichst vor 17h dort ist!)Meine Grosseltern waren fast 70 Jahre lang verheiratet und die Omi hat den Pascha all diese Zeit gehegt und gepflegt. Es war anzunehmen, dass er es nicht lang ohne sie aushalten würde.
Das war ein Irrtum. Seit knapp eineinhalb Jahren ist er nun in der Bettenstation, einmal gehts ihm einigermassen gut, dann ist er wieder knapp vorm Sterben (wie gestern, wo er nicht mehr ansprechbar war, nix mehr gegessen hat, auf meinen Besuch nicht reagiert hat) - und ich bin fast am Ende meiner Kräfte. Meine Gefühle zu ihm sind nicht echt, und wenn ich etwas hasse, dann ist es Heuchlerei. Mir ist schon am Morgen schlecht, wenn ich weiss, ich sollte heute ins Heim gehen (nicht unbedingt ein sehr angenehmes Ambiente) - wenn ich mal 2 Tage nicht komm, regnet es nur mehr Vorwürfe, ich würde ihn vernachlässigen (denn leider hatte ich den 2-Tages-Rhythmus ja selbst eingeführt).
Als er gestern so schlecht beinand war, hoffte ich schon fast auf den erlösenden Anruf! Andrerseits ist er mein allerletzter Verwandter - nicht, dass ich je ein exemplarischer Familienmensch gewesen wäre, aber der Gedanke daran macht mir unheimliche Angst.
Opa hat mich in meiner Trauer nie unterstützt, hat mich immer allein gelassen, hat sich geweigert, aufs Begräbnis mitzugehen, zur Seelenmesse hab ich ihn dann gezerrt, ob er wollte oder nicht. Er hat nie wieder von ihr gesprochen, was auch mir sehr wehgetan hat, weil sie sich noch an ihrem Sterbebett unheimliche Sorgen um ihn gemacht hat.UU macht er sich Vorwürfe, denn er war derjenige, der den uralten Ventilator angeschlossen hatte, durch den dann das Feuer ausbrach..
Jedenfalls bin ich momentan total durcheinander, lass mich teilweise gehen, trink mitunter zuviel und bin von mir selbst enttäuscht, dass ich mich nicht in den Griff bekomm. Ich war nie depressiv oder pessimistisch, aber beim letzten Urlaub - einer halsbrecherischen Busfahrt auf den Kapverden, nahe dem Abgrund - ist mir bewusst geworden, dass es mir eigentlich ganz wurscht wär, wenn mir etwas passieren würde, denn dann wäre ich endlich wieder bei Omi (obwohl ich nicht wirklich religiös bin und ein Leben nach dem Tod glaub). Ist das nicht abnormal? Ich bin nicht lebensmüde, habe noch so viel in meinem Leben vor und komme auf solche Gedanken..
Wenn ich mich so selbst analysiere, war ich nie der "Schmusetyp", aber manchmal fehlt mir so sehr die mütterliche Umarmung und mich frisst fast der Neid, wenn Freunde von ihren Müttern und Grossmüttern sprechen.. (die ihnen teilweise genauso auf die Nerven gehen wie früher meine)
Es tut mir leid, dass das jetzt so ein langes Elaborat wurde, aber mir gehts jetzt etwas besser. Ich würd mich freuen, mich mit Euch austauschen zu können.
LG aus Wien
Namikwa

