Digitale Nomaden

  • Ersteller Ersteller LynnCarme
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Dazu noch im Speziellen: Im 1. Klasse-Zugabteil bin ich sehr oft vollkommen alleine im Waggon, da fühle ich mich wie jemand, der in eine Andere Welt reist, so still wird es da auf einmal. Ich schlief schon 2-mal ein und verpasste den rechtzeitigen Ausstieg. Auch im Lager ist es, wie wenn ich in eine Unterwelt tauche, so wenige Leute trifft man dort zu bestimmten Zeiten an. Aber ich kann nicht ganz verstehen, wie ihr in den USA etc. keine ruhigen Orte finden konntet, dort ist es doch längst nicht so überbevölkert wie in der Schweiz. Vielleicht hättet ihr Bergtouren unternehmen sollen? Zu den Ureinwohnern oder so.
Wir wollten die Städte in Amerika ansehen und hatten nur ein paar Wochen Zeit (ich war 18, ein Jahr vorm Abi und auf Ferien angewiesen, mein Cousin war 19 und er fing danach sein Studium an).
Da ich nie arbeitslos war und auch neben dem Studium immer gearbeitet habe, blieben auch danach nur wenige Wochen im Jahr zum Reisen.

Mit "Dauerpräsenz" meine ich einfach, dass man nie die Gelegenheit hatte, eine Tür hinter sich zuzuziehen und wetterunabhängig, z.B. ungekämmt im Nachthemd ein paar Stunden zu lesen oder einfach apathisch vor sich hinzustieren^^ und ganz sicher zu sein, dass niemand diesen privaten Raum betritt und auch nicht ungefragt betreten darf.
Es gelingt auch nicht immer, seine wenigen Sachen und sich selbst stets sauber zu halten (nur alle paar Tage ein Motel, Jugendherbergen waren dreckiger als wir, Zelten im Regen ist bei Zeitdruck sehr unangenehm ...) und irgendwann schwinden die Kräfte (stets Gepäck dabei, weite Wege zu Fuß, ggfs. belegte Unterkünfte und weiterziehen) und die Nerven.
Mit 21 hatte ich endgültig gestrichen die Nase voll davon und dann gings im Urlaub mit dem Auto durch die Welt - welch eine Wohltat, die Sachen nicht immer auf dem Rücken haben zu müssen, nicht auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen zu sein, die Strecken und die Pausen selbst bestimmten zu können, einfach mal die Augen für eine halbe Stunde zumachen zu können (in manchen Ländern auch problematisch, da man im Auto nicht schlafen darf, nicht mal bei Tage und außerhalb ist es oft nicht ungefährlich).

Was ich einfach nicht verstehe - du bezahlst für deinen Lebensstil so ungeheuer viel Geld (ein Friseurbesuch, mal ein neues Kleidungsstück, Theater- oder Kinobesuche, Pflegeprodukte, Guthaben für Stick und Handy usw. sind da allesamt noch nicht drin enthalten) und nimmst doch etliche Strapazen auf dich - kannst nie Freunde einladen oder einfach mal ein paar Tage ausruhen.

Warum hast du dich nicht für eine (ganz kleine) Wohnung entschieden? Du würdest dir die Miete für das Lager und die halbe Miete für deinen Neffen sparen - vermutlich wäre das die Summe für so eine kleine Wohnung?
Du könntest bei gleichen (vermutlich deutlich geringeren, weil du dir die Jugendherbergen und das ständige Essen-gehen-müssen sparst) Gebühren auch mit dem Zug unterwegs sein, aber ggfs. auch ein paar Tage ausspannen, wenn du es magst (du schreibst, du habest eine Krankheit, die dir oft Schmerzen verursacht).
Ich weiß nicht, wie es in der Schweiz ist, aber hier gibt es überall ganz kleine Wohnungen (24-34qm) mit Küche und Bad (ich hatte im Studium so eine, sogar mit zwei Kellerrräumen, Waschmaschine und ich habe sie geliebt), die wirklich sehr günstig sind.
Oft mieten sie manche Leute, die eine größere Wohnung haben, zusätzlich als "Gästewohnung" (wenn z.B. regelmäßig erwachsene Kinder zu Besuch kommen oder Freunde von weit her) oder Büro.
Ich weiß nicht, wie dein Lager aussieht, aber hat es auch eine Dusche, ein Fenster, kannst du es heizen und dich richtig wohl darin fühlen?
 
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@Ireland
Bei uns sind die Wohnungen schon sehr teuer, da musst Du mit 1000 Schweizer Franken im Mimimum rechnen. Mein Neffe, den ich aufgezogen habe, ist kaum aus der Lehre raus und braucht meine Unterstützung, also zahle ich etwas weniger als die Hälfte, nämlich 500 Fr, und darf dafür bei ihm übernachten inkl. Duschen, Waschen und mich über ihn anmelden. Der beheizte Lagerraum kostet etwas unter 300 Fr. Inkl. Strom, Toilette, sogar eine Dusche wäre dabei. Fenster hat es auch überall und somit Sonnenlicht und Luftzufuhr. Wenn mein Neffe mich nicht mehr braucht und will, weil z. B. ein Kumpel oder eine Freundin bei ihm einziehen will, werde ich mir etwas Anderes überlegen, da ich irgendwo angemeldet sein muss. Den Lagerraum will ich aber behalten, weil ich dort gut hinkomme, ist in Bahnhofnähe, auch weil dort alles Wichtige mit dabei ist. Ich bin auf eine solche unmittelbare Erreichbarkeit angewiesen, weil ich immer wieder Schmerzen beim Gehen habe. Gerade deshalb möchte ich diese Einschränkung ausgleichen durch Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel. Das Lebensgefühl mit dem Auto ist mir fremd. Ich wuchs ohne Auto auf. Nur Bus und Bahn.

Es stimmt zwar, dass ich nicht mehr so ohne Weiteres im Nachthemd rumlaufen kann, aber das ist gut so, weil ich vorher ein richtiger Joggingkleidermensch war, jetzt bin ich wenigstens immer ordentlich angezogen, weil ich muss. Es gibt sicher bequemere Wege, aber ich darf nicht so bequem leben, sonst gerate ich gleich wieder in den Teufelskreis der Schonhaltungen. :)

Der Lagerraum ist übrigens auch von innen verschließbar. Es kommt nur sehr selten jemand, der einen Schlüssel zum Gesamtraum hat. Da kann nicht jeder reinkommen.
 
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@Ireland
Bei uns sind die Wohnungen schon sehr teuer, da musst Du mit 1000 Schweizer Franken im Mimimum rechnen. Mein Neffe, den ich aufgezogen habe, ist kaum aus der Lehre raus und braucht meine Unterstützung, also zahle ich etwas weniger als die Hälfte, nämlich 500 Fr, und darf dafür bei ihm übernachten inkl. Duschen, Waschen und mich über ihn anmelden. Der beheizte Lagerraum kostet etwas unter 300 Fr. Inkl. Strom, Toilette, sogar eine Dusche wäre dabei. Fenster hat es auch überall und somit Sonnenlicht und Luftzufuhr. Wenn mein Neffe mich nicht mehr braucht und will, weil z. B. ein Kumpel oder eine Freundin bei ihm einziehen will, werde ich mir etwas Anderes überlegen, da ich irgendwo angemeldet sein muss. Den Lagerraum will ich aber behalten, weil ich dort gut hinkomme, ist in Bahnhofnähe, auch weil dort alles Wichtige mit dabei ist. Ich bin auf eine solche unmittelbare Erreichbarkeit angewiesen, weil ich immer wieder Schmerzen beim Gehen habe. Gerade deshalb möchte ich diese Einschränkung ausgleichen durch Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel. Das Lebensgefühl mit dem Auto ist mir fremd. Ich wuchs ohne Auto auf. Nur Bus und Bahn.

Es stimmt zwar, dass ich nicht mehr so ohne Weiteres im Nachthemd rumlaufen kann, aber das ist gut so, weil ich vorher ein richtiger Joggingkleidermensch war, jetzt bin ich wenigstens immer ordentlich angezogen, weil ich muss. Es gibt sicher bequemere Wege, aber ich darf nicht so bequem leben, sonst gerate ich gleich wieder in den Teufelskreis der Schonhaltungen. :)

Ich bin noch am Rechnen ;) ... .
1000 Schweizer Franken entsprechen ca. 918 Euro - dafür gibts hier 2,5 Zimmer Wohnungen (Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche, Diele, Bad) im "Luxusformat" oder "normale" 3,5- 4,5 Wohnungen (also mit einem oder zwei Kinderzimmern) - alles warm (also inklusive Heizung).
(alles nur Richtwerte - es gibt auch deutlich Günstigeres und Teureres)
So ganz kleine Wohnungen liegen bei 180 bis max. 400 Euro (bei zweiterem hat man aber schon was ganz Feines).
Du schreibst, dass man in der Schweiz deutlich mehr verdient als in Deutschland, also sind die Wohnungspreise den Verdiensten doch ein wenig angepaßt?
Ich lese im Netz etwas von 30% höheren Lebenshaltungskosten als in Deutschland, allerdings ist das Gehalt entsprechend höher bis vergleichsweise "noch" höher (?) https://gehaltsreporter.de/gehaelter-im-ausland/, daraus:
Allgemein gilt: 15% - 20% mehr Brutto sind angesichts der rund 30% höheren Lebenshaltungskosten für Wohnen und Lebensmittel in jedem Fall anzupeilen. Aufgrund der erheblich niedrigeren Steuern und Abgaben bleibt in den oberen Gehaltsregionen dennoch überproportional mehr netto übrig, sodass die höheren Lebenshaltungskosten (z.B. gutes Kantinenessen 15 CHF, Big Mac bei McDonalds 12 CHF, Pizza im Restaurant 20-25 CHF, 40qm Studio ausserhalb Zürich 1.700 CHF warm/Monat, Haushaltshilfe 30 CHF pro Stunde etc.) locker kompensiert werden.

Irgendwie ist mir nicht wohl dabei, dass du kein richtiges Zuhause hast ... .
So ein "geduldetes Leben" zum Übernachten bei dem Neffen stelle ich mir nicht besonders angenehm vor.
Hat man da nicht immer das Gefühl, irgendwie zu stören und schnellstmöglich wieder weg sein zu müssen?
Ich weiß nicht, welche Krankheit du genau hast, aber wenn es etwas Arthitisches ist, dann kann so ein Leben zur Qual werden, zumindest in den Schüben.
Es ist ja nicht nur das reine Gehen ein Problem, auch das Sitzen und gar das Tippen kann mitunter problematisch werden?
Ich weiß nicht, ob es sich rechnen würde, wenn ihr beide jeweils eine kleinere Wohnung hättet - eigentlich verdient man doch nach der Lehre einigermaßen? (zumindest so viel, dass man allein leben kann s.o.)
Oder ein Leben als gleichberechtigte WG ... .
Ich kann auch schlecht abschätzen, wieviel du durch selber Einkaufen und selber Kochen sowie eine eigene Waschmaschine sparen würdest, aber tägliches Essen-gehen müssen (mindestens einmal täglich und dann möglichst gesund!) ist ein Kostenfaktor, den man auch in Deutschland als Normalverdiener nur ganz schlecht "gewuppt" bekommen würde.

(sry, ich bekomme dein Lebensmodell immer noch nicht ganz in den Kopf)

Naja, ich bin gespannt, wie du in einigen Wochen darüber denkst. :)
 
@Ireland
Da hast Du schon Recht: Ich will meinen Neffen tatsächlich nicht stören und werde wirklich nur dort übernachten, waschen, duschen, wenn es nicht anders geht. Aber wir kommen so wirklich am billigsten weg, denn klar könnte ich mir ein WG-Zimmer in der Stadt suchen, doch muss auch mein Neffe eine gesicherte Bleibe haben. Er muss über 1000 CHF zahlen für eine 2-Zimmer-Wohnung. Als Lehrling verdient man nicht viel und bis er einen gutbezahlten, sicheren Job hat, können noch einige Unsicherheiten folgen. Deshalb will ich flexibel bleiben. Aber es gefällt mir auch so, weil ich in meiner Jugend zwischen all den Anforderungen den Weg in die Freiheit der Mobilität suchte und den nötigen Freiraum fand. Es tat mir gut und so ist es auch jetzt. Damals war ich noch gesund und das will ich wieder werden. Meine psychosomatische Anhaltende somatoforme Schmerzstörung begann, als ich damals meinen mobilen Lebensstil aufgab. Und jetzt kehre ich zu meinem gesunden Leben zurück, indem ich dieses mobile Leben wiederaufnehme. Vorher legte ich mich schmerzerfüllt hin und konnte teilweise tagelang nicht aufstehen. Jetzt bleibe ich mobil und handlungsorientiert und verlasse für immer die festgefahrene Lageorientiertiertheit meines alten Lebens. Lieb von Dir, dass Du Dir Sorgen machst, aber ich hab da gar keinen Leidensdruck. Mit dem Geberalabo 1. Klasse steht mir die ganze Schweiz offen. Nie mehr ein Billet lösen, einfach einsteigen in den ruhigen, bequemen 1. Klasse-Waggon, für mich ist das ein Luxus, wofür ich gern anderweitig spare. :)
 
hallo @LynnCarme,
bewegung - beweglichkeit - ist leben -
und das bedürfnis kann besonders stark sein, wenn vergangenes nicht gänzlich abgeschlossen und neues noch nicht gefunden ist.
in meinen augen nicht der schlechteste weg -
ich bin ihn auch gegangen, wenn auch in anderer form.
zu überdenken wäre - dafür ist die zeit aber wahrscheinlich nicht reif - in wieweit opferbereitschaft das bedürfnis nach lebendigkeit noch dominiert.
die lösung wird sich finden, und ich wünsche dir das allerbeste auf deinem weg - deinen wegen -
hin zu deiner mitte.
es ist dein individueller weg -
respekt vor deinem mut.:)
 
Liebe @LynnCarme !

Für mich liest sich das überaus spannend ...
ich selbst könnte mir das in ähnlicher Form auch für mich vorstellen, nur müsste man das digital wegstreichen ;).
Ich lebe zwar sesshaft, aber arbeitstechnisch bin ich ja auch so etwas wie eine kleine Nomadin, denn ich habe ja keine Festanstellung sondern arbeite als Freelancerin. Habe in den letzten Jahren mehrmals feste Anstellungen angeboten bekommen und mich dagegen entschieden, denn mir gefällt es, dass ich immer wieder an verschiedenen Plätzen arbeite. Digital kommt bei meinem Job nicht in Frage, nicht , weil es nicht machbar wäre, aber für mich wäre es nicht machbar weil ich den Kontakt und das Zusammensein mit den Menschen bevorzuge. Was ich allerdings nicht bevorzuge, wäre eine Anstellung in einem Haus , oder selbst ein Studio zu eröffnen mit all dem Ballast, der daran gekoppelt wäre. Zumindest jetzt und heute noch nicht. Entweder kommt das irgendwann noch, oder das Gegenteil tritt ein und wenn meine Tochter größer ist, werde ich den Arbeitskreis erweitern und nicht nur regional reisen sondern in einem größeren Radius. Aber keine Ahnung , wie sich das entwickeln wird. Mir gefällt es jedenfalls, mich diesbezüglich frei zu fühlen, denn zumindest war es die letzten Jahre so, dass mein Leben einem stetigen Wandel unterworfen war, wobei ich unterworfen eigentlich als nicht passendes Wort dafür empfinde.
Mir gefällt es, sich dem Fluss hinzugeben und nicht das Gefühl von Starrheit erleben zu müssen :)

Alles Liebe für dich!
 
ich sag mir einfach,
wenn jemand sich damit wohlfühlt, dann ist es doch ok,
selbst wenn er sich nicht wohlfühlt, seine Entscheidung.

Es muss ja alles nicht immer sein, vielleicht eine Phase.

Es hat alles zwei Seiten. Als ich heute Morgen im Lager räumte und mich das ewige Konzentrieren und Aussortieren von veraltetem Papierkram zu nerven begann, machte ich eben schnell einen kleinen 2-stündigen Abstecher in der S-Bahn mit der schönsten Bergpanorama-Sicht, die man sich denken kann. Für mich ist das Alltag, wofür andere den Atlantik überqueren. Mein Leben ist schön und spannend! :)
 
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zumal nomadentum - zu gegebener zeit - sehr viel leichter zu beenden ist, als besitzanhäufung und sesshaftigkeit.

Beenden muss man es auch dann nicht, wenn man sesshaft wäre. Ich grub mich all die Jahre in einem viel schlimmeren Kellerbunker ein, um im sesshaften Rückzug Freiraum zu finden. Jetzt wag ich mich nach oben wie das Erdmännchen im Disney-Film König der Löwen. :)
 
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