Der Pratfall-Effekt

Neutrino

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Hi... kennt ihr den?

Der Reinfall-Effekt

Pratfall-Effekt (englisch Pratfall effect) ist eine auf den US-amerikanischen Psychologen Elliot Aronson zurückgehende Beobachtung eines positiven Sympathie-Effekts von kleinen Missgeschicken. Sein Original-Experiment fand 1966 statt.

Elliot Aronson spielte zwei Gruppen von Versuchspersonen Tonbänder mit schwierigen Quizfragen und deren Beantwortung vor. Bei der einen Gruppe war auch das Umwerfen einer Kaffeetasse zu hören.

  • Bei richtiger Beantwortung von 92 Prozent aller Fragen erhöhte das Umwerfen der Kaffeetasse die Sympathie gegenüber der Person.
  • Bei nur 30 Prozent richtiger Beantwortung aller Fragen verringerte das Umwerfen der Kaffeetasse die Sympathie gegenüber der Person.
Ein Missgeschick lässt demnach eine ansonsten schon fast unrealistisch perfekt erscheinende Person sympathischer erscheinen. Bei eher durchschnittlich kompetent erscheinenden Personen verringert ein Missgeschick jedoch das Ansehen.

Ab 1970 wurde der Einfluss des Selbstvertrauens der Versuchsperson beschrieben. Bei durchschnittlichem Selbstvertrauen stieg das Ansehen der kompetenten Person durch das Missgeschick. Personen mit geringem oder hohem Selbstvertrauen bewunderten eher die kompetente Person ohne Missgeschick.[1][2]


Was meint ihr? Ist da etwas dran? Kennt ihr diesen Effekt an euch selbst. Passiv? Aktiv? Und nutzt ihr diesen Effekt gar bewusst?
 
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Was meint ihr? Ist da etwas dran? Kennt ihr diesen Effekt an euch selbst. Passiv? Aktiv? Und nutzt ihr diesen Effekt gar bewusst?
Das Prinzip, das das Experiment zeigt, kann ja jeder im Alltagserleben beobachten, nur kann es dann nicht statistisch erfasst werden, sofern er die dazu notwendige kritische Distanz aufbringen kann.

Das Experiment zeigt schön, was passiert, wenn dasselbe nach Sympathie und Antipathie beurteilt wird. Ein Missgeschick wird bei angesehenen Personen eher verlegen als entschuldbarer Ausrutscher angesehen, während es Menschen gibt, deren ganzes Leben sozusagen wie ein einziger Ausrutscher zu sein scheint.
 
Der Teil mit dem Selbstvertrauen der Versuchspersonen ist interessant, bei näherer Überlegung auch durchaus naheliegend. Leute viel Selbstvertrauen fühlen sich durch andere kompetente nicht bedroht, haben daher auch keinen Grund, diese aufgrund eines Missgeschicks als sympathischer wahrzunehmen als ohne Missgeschick.
Leute mit sehr wenig Selbstvertrauen bewundern oft das, was ihnen unerreichbar erscheint und beteiligen sich oft emotional an den Erfolgen (und Misserfolgen) der von ihnen Bewunderten sehr stark, fast schon als ob es ihre eigenen Erfolge bzw. Misserfolge wären.
Während Leuten mit einem "normalen" Ausmaß an Selbstvertrauen oft "zuviel Perfektion" nicht ganz geheuer ist, "zuviel Ungeschicktheit" aber auch.

Zur Frage bzgl. bewusster Nutzung:
Absichtlich Missgeschicke bauen, um bei anderen besser anzukommen, finde ziemlich lächerlich (außer es ist als bewusster Spaß erkennbar). Ich glaub, da gibt es andere Möglichkeiten. Einfach die eigenen Kompetenzen, Kenntnisse und Erfolge nicht dauernd raushängen lassen, sondern nur dort, wo es not tut.
 
Bei mir löst das Anhören eines Tonbands weder Sympathie, noch Bewunderung aus. Da ändert auch das Klirren von Geschirr nichts. Es kann ja jeder dafür verantwortlich sein: Derjenige, der die Fragen stellt, der Kameramann, eine Assistentin... Und wenn die Quizfragen sowieso sehr schwer waren, mach ich mir auch keinen Kopf, weil das eh kaum jemand hätte beantworten können. Wenn schon, dann ist es die Stimme, die bei mir Sympathie oder etwas anderes auslöst.

Sodele, und was sagt das jetzt über mein Selbstvertrauen aus? Nichts.
 
Was meint ihr? Ist da etwas dran? Kennt ihr diesen Effekt an euch selbst. Passiv? Aktiv? Und nutzt ihr diesen Effekt gar bewusst?

Lustigerweise ist mir das grad gestern passiert: Ich kam am Telefon bei einer Dame kurz ins Stocken, warum ist eigentlich egal, aber die Dame war äusserst freundlich. Ich hatte es tatsächlich so aufgefasst, dass es eine Art Sympathiebonus war. Andrerseits - vielleicht hatte sie auch einfach einen besonders guten Tag, die wechselseitige Sympathie war sowieso vorhanden, oder sie ist einfach generell so freundlich. 🤷‍♀️
 
Bei mir löst das Anhören eines Tonbands weder Sympathie, noch Bewunderung aus. Da ändert auch das Klirren von Geschirr nichts. Es kann ja jeder dafür verantwortlich sein: Derjenige, der die Fragen stellt, der Kameramann, eine Assistentin... Und wenn die Quizfragen sowieso sehr schwer waren, mach ich mir auch keinen Kopf, weil das eh kaum jemand hätte beantworten können. Wenn schon, dann ist es die Stimme, die bei mir Sympathie oder etwas anderes auslöst.

Sodele, und was sagt das jetzt über mein Selbstvertrauen aus? Nichts.
Sowas sagt einiges über das Selbstvertrauen aus. Bei niedrigem Selbstvertrauen würdest du die Schwere der Quizfragen subjektiv anstatt objektiv beurteilen, d.h. dass du der Meinung wärst, dass es an fehlender Bildung deinerseits liegen würde, dass sie für dich so schwer waren, anstatt dass du sie als allgemein sehr schwer einstufen würdest. Es wäre ein persönliches Versagen, sie nicht beantworten zu können.
 
Was meint ihr? Ist da etwas dran?
Ich meine, es ist logisch, wir suchen immer nach entsprechenden Bestätigungen unseres Eindrucks von den Menschen, sofern wir nicht gelernt haben, bewusst damit umzugehen.
Bei einer scheinbar inkompetenten Person suchen wir nach Dingen, die diesen Eindruck bestärken, und bei scheinbar kompetenten Personen ebenfalls. Wir sind uns ja nicht sicher und wollen eben auf Nummer sicher gehen. Auch wenn das letztlich nur eine eingefärbte Brille ist und keine wirkliche Überprüfung.
Bei einer kompetenten Person wird also ein Missgeschick als eine "die Regel bestätigende Ausnahme" gesehen, bei einer inkompetenten Person wiederum als "die Regel".

Das ganze sagt also nicht mehr aus, als dass wir halt ständig nach Bestätigung unserer Eindrücke suchen und diese entsprechend unserer Voreingenommenheit (die schon innerhalb weniger Momente entstehen kann) auch finden.
Je schneller wir also urteilen, desto beeinflussbarer werden wir dadurch, und die meisten Menschen fällen ihre Urteile verfrüht, wodurch der Pratfall-Effekt messbar und auch aussagekräftig wird.
 
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Ich gebe mich geschlagen und reihe mich jetzt stillschweigend unter die Gilde der Selbstbewussten.
Das meinte ich nicht auf dich persönlich bezogen, sondern allgemein. Wir sind hier ja nicht in der Situation selbst. Insofern betrachten wir es aus einer theoretischen, alles überblickenden Perspektive - da ist Objektivität natürlich viel leichter - und es sagt daher nichts über unser Selbstbewusstsein aus; es sagt aber sehr viel darüber aus, wenn wir uns in der betreffenden Situation befinden.
Je selbstbewusster wir sind, desto leichter fällt es uns, die Situationen zu reflektieren, bevor wir sie persönlich nehmen.
 
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