Mirjam wandert einsam und allein (nicht ganz, denn sie hat zwei Leibesfrüchte in ihrer Gebärmutter) durch das einsame Land. Es gab noch nicht so viele Siedlungen und vor allem keine großen. Mirjam suchte Unterschlupf und vielleicht auch ein bisschen Arbeit, die sie gerade noch verrichten konnte mit ihrem riesigen Ballon von Bauch. Man kann nicht direkt sagen, auf welchem Land sie wanderte. Auf jeden Fall war es die einstige Erde des einstigen Universums.
„War es nicht Luzy?“ fragt Sila, als sich die beiden wieder bewusst (!) in Arimas Parkanlage mit den schönen weißen Pavillons und der schönen riesigen Villa befinden.
„Diesmal nicht und ich weiß, du spürst es auch.“
Sila nickt.
Es sind winzige Aspekte aller (!) Emanationen der Quelle, die sich in ein und denselben Traum träumen. Es ist, als würden die Kinder (Emanationen) spielen gehen, aber die Mutter (Quelle der Kraft) sie warnt: „Vergesst nicht, dass es nur ein Spiel ist!“
„Diesmal sind wir alle daran beteiligt. Seltsam, nicht wahr?“ rätselt Arima und spürt, wie etwas an ihm zieht, das ihm sagt, dass sich sein winziger, abtrünniger Aspekt abermals vervielfältigt hat.
„Und wieder ist es dasselbe Spiel wie damals – nur etwas anders – nur ein klein wenig anders“, setzt er hinzu, als er spürt, wie ihn seine Mutter an ihre Brust drückt.
Irgendwo in einer alten Hütte am Waldesrand ist das Geschrei von Neugeborenen zu hören. Aber niemand hört es, weil niemand in der Nähe ist. Mirjam hat ganz alleine zwei Babys auf die Welt gebracht. Das erste war blau. Ganz blau – vom schwarz gelockten Kopf bis zu den kleinen Zehen blaue Haut. Und es schrie bereits, als nur der Kopf aus Mirjams Schoß herausragte. Das zweite Baby ließ sich Zeit. Es wirkte erhabener, als es seinen Kopf heraus steckte. Es blickte um sich und lächelte, was Mirjam aber nicht sehen konnte. Zum Glück sah sie aber das Baby, das diesmal nicht unsichtbar war, wie im letzten Universum.
Dazu muss ich aber was sagen! Luzy, Joshuas Zwillingsbruder, war nicht immer unsichtbar, sonst hätte er die Pharisäer nicht zu Säuen machen können, wobei ich anmerken muss, dass er sie nicht zu derartigen Tieren verzauberte, sondern so sehr beschimpfte, dass sich die Pharisäer wünschten, sie wären Schweine. Und das ist eine Leistung, denn kein Jude möchte ein Schwein sein, geschweige denn eines essen. Gut, sage ich, das ist wirklich gut. Und die Hindus essen keine Kühe. Könnte man nicht diese beiden irgendwie vereinen? Dann hätten Schweine und Kühe endlich ein wirklich artgerechtes Leben.
Was nun das Unsichtbarsein Luzys betrifft – es schien, als würden sich die beiden (Luzy und Joshua) absprechen (was sie aber nicht taten), ohne dass je jemals jemand herausfand, dass es da zwei gleich aussehende Männer gab, die sich nur – nein, das mit dem Muttermal unterm linken Auge war später, - das waren Kim und Luzy. Aber egal auf jeden Fall glichen sich Joshua und Luzy wie ein Ei dem anderen und der eine tauchte nie dort auf, wo der andere war.
Das andere Baby, das noch immer grinste, obwohl es wie das blaue Baby an Mirjams Brust (der anderen!) saugte, war von normaler Hautfarbe. „Gott ist doch blau“, murmelte Mirjam und drückte ihren kleinen, blauen Liebling etwas fester und auch sanfter an sich. Das andere Baby bemerkte es, war aber keineswegs sauer deswegen, denn es sagte sich: „Wer sich ernst nimmt, ist selber schuld“, und brachte damit eine der ersten neuen Gebote der ersten neuen Religion ans Licht.
Der alte Mann und der kleine Michel setzen Segel und schippern wieder ruhig durch das Meer, während Delphine sie begleiten und ihnen allerhand erzählen. Sie erzählen unter anderem von Mirjam und ihren beiden Zwillingen, auch was sich in der kleinen, feinen Stadt tut und dass Menschenwesen singend und tanzend auf den Feldern Pamas Land arbeiten und nach getaner Tat sich auf machen in den Vergnügungspark, wo sie ein höchst attraktiver junger Mann in Frack und Zylinder begrüßt und sie zu allen möglichen Kunststücken und Veranstaltungen einlädt. Natürlich passieren noch viele andere Dinge, die uns aber (noch) nicht interessieren.
