Hi, Caressa!
Zuerst einmal beeinflussen die Sterne nix und niemanden. Die sind nur wie eine große Bahnhofsuhr -- wenn ich da drauf schaue, kann ich dir sagen, dass du große Schwierigkeiten haben wirst, den 18:25 nach Berlin zu kriegen. Weil ich weiß, dass die Uhr 18:23 zeigt und der Bahnsteig 22 zwei Treppen und 400 Meter entfernt ist.
Aber auch, wenn wir nun diesen einfachen Sachverhalt gegen einen komplexen tauschen: im Herzen bleiben wir immer die selben. Es gibt niemanden, der sein Leben von Grund auf wandeln könnte -- deine Anlage schleppst du immer mit. Das beinhaltet aber auch schon die Gedanken, die du überhaupt denken kannst. Es mag in einer Situation 48 mögliche Auflösungen geben, aber du findest davon nur 20 -- die anderen 28 entsprechen nicht deiner Art zu denken, also sind das objektiv mögliche, für dich aber im wahrsten Sinn des Wortes uneinsichtige Wege.
Das mit der Prophezeiung, es wäre nächstes Jahr mit Schwierigkeiten zu rechnen -- nun, wann wäre das nicht der Fall? Du könntest ja dem Sterndeuter mitteilen, dass du nur die "good news" willst und einäugig ins nächst Jahr gehen -- aber wieso gehst du dann überhaupt zum Sternenfuzzi?
Mit der Zukunft haben viele ein Problem, es ist auch auf den ersten Blick wenig lustig zu wissen, dass man schnurstracks auf ein Gewitter zusteuert, wo man sich doch so an der Sonne freut. Ich habe da weniger Hemmungen -- ich freue mich dann halt ein bisschen mehr an der Sonne und packe auch gleich den Regenschirm ein... Und im Gewitter weiß ich, dass es nicht der Weltuntergang ist, sondern nur ein Gewitter, das sich schon bald verzieht.
Richtig benutzt, verschafft mir die Prognose einen Vorteil, weil ich die verschiedenen Zeitqualitäten besser einschätzen und nutzen kann. Prognose findet ja überall und immer statt, je vorhersagbarer etwas ist, desto mehr Vertrauen wird dem geschenkt. Das ist nicht nur bei der Wetterprognose der Fall, das gilt auch für Landkarten, die mir z.B. eine enge und steil steigende Straße ankündigen. Das sind auch die Fahrpläne, Stundenpläne und Kalender, die jeder benutzt. Astrologie bedient sich eines "übergeordneten" Kalenders, der sich aber in Symbolen äußert, die erst gedeutet werden wollen.
Dabei schleichen sich dann alle Fehler ein: Der Sterndeuter kann zuwenig Erfahrung haben, er kann etwas übersehen, es kann die Art, wie er sich ausdrückt, ungeschickt sein, es kann schwierig für dich sein, zu verstehen, was dir vorausgesagt wird -- aus all dem fast wie ein kleines Wunder, dass dann doch ab und an etwas so eintrifft, wie es prognostiziert wurde, nicht?
Das alles ändert aber nichts an der "Wahrheit" der Astrologie oder besser ihres Mediums, des Laufs der Sterne. Der Astrologe kann prognostisch irren, metagnostisch (im Nachhinein) sind aber immer alle Einflüsse minutengenau im Horoskop zu finden. Wie bei der obigen Bahnhofsuhr: wie wahr ist die denn? Meine Aussage, du würdest Schwierigkeiten beim Erreichen deines Zuges haben, hat mit der angezeigten Zeit nur mittelbar zu tun, und nur weil ich nicht weiß, dass du Weltmeister im 400 Meter Lauf bist, liegt die Anzeige der Uhr trotzdem nicht falsch...
Damit einen schönen Abend noch.
P.S.:
Die Meteorologie ist eine anerkannte Wissenschaft und hat eine Trefferquote von etwa 80% bei ihren kurzfristigen (3-5 Tage) Voraussagen. Die Astrologie ist seit der Aufklärung nur noch als Scharlatanerie anerkannt, also besteht objektiv doch gar kein Grund, deren langfristigen Prognosen zu trauen, oder?