Das sehe ich ganz anders.
Weil ich Vertrauen in die göttliche Gerechtigkeit habe, folge ich Christus nach
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Sicherlich hat Jesus sehr viel von der Gerechtigkeit geredet, aber was ich an ihm Schätze ist seine Botschaft von der Nächstenliebe. Völlig unabhängig davon ist er diesen Prinzipien leider auch nicht immer ganz treu geblieben, aber wer ist schon unfehlbar.
Ist es nicht so, dass Gerechtigkeit mit einem Ausgleich von Schuld und Sühne verbunden ist? Streng genommen folgt man damit also dem Gesetzt Moses vom Auge um Auge, Zahn um Zahn. Was Jesus dazu sagt, steht sehr treffend bei Matthäus:
Matthäus 5 [37] Eure Rede soll sein: ja, ja; nein nein. Was darüber ist von Übel. [38] Ihr habt aber gehört, dass da (von den Richtern) gesagt wird: „Auge um Auge, Zahn um Zahn.“ [39] Ich sage aber euch, dass ihr nicht wiederholen sollt dieses Übel, sondern so dir jemand einen Streich gibt auf deine rechte Wange, dem biete auch die andere dar.
So erzählt er auch die Geschichte von dem barmerherzigen Samariter. Wie ist es nun aber mit der Nächstenliebe und der Gerechtigkeit, in der Geschichte von der Kanaaniterin?
Matthäus 15[21] Und Jesus ging in die Gegend von Tyros und Sidon [22] Und siehe, eine kanaanäische Frau kam aus derselben Gegend und rief ihm nach: „Ach Herr, du mein Sohn Davids, erbarme dich mir! Meine Tochter wird vom Teufel übel beklagt.“ [23] Und Jesus antwortete ihr kein Wort. Da traten seine Jünger zu ihm, baten ihn und sprachen: Befrei sie von ihrer Sorge, denn sie schreit hinter uns her. [24] Jesus antwortete: „Ich bin nur zu den verlorenen Schafen vom Hause Israel gesandt.“
[25] Sie aber fiel vor ihm nieder und flehte: Herr hilf mir! [26] Er aber antwortetet: Es ist nicht fein, dass man den Kindern das Brot nimmt und es vor die Hunde wirft. [27] Sie sprach: Ja, Herr; aber doch essen die Hündlein die Brosamen, die vom Tisch des Herrn fallen? [28] Da antwortete Jesus ihr: O Weib, dein Glaube ist groß! Dir geschehe, was Du willst.
Ich denke, dass in dieser Geschichte, der Samariter zur Nächstenliebe getragen werden musste. Welche Schuld der Kanaaniterin soll da der Gerechtigkeit wegen ausgeglichen werden? Gerade in unserer Zeit begegnet man vielerorts den „Kanaaniterinnen“, soll ich da nun auch zaudern, wenn sie meiner Hilfe bedürfen? Ich höre da auch zu oft das Wort von Gerechtigkeit, mit der man sich der Pfründe wegen von den Fremden absondern möchte.
Die Gerechtigkeit sehe ich deshalb als Keim von Neid, Habsucht, Intoleranz und menschlicher Kälte. Ich möchte jedenfalls nicht angestrengt nach den anderen blicken, ob sie etwas haben könnten, was ich nicht habe. Deshalb möchte ich zum Beispiel mit den Engeln verbunden sein, die nicht nach einer Gerechtigkeit suchen und jedem selbstlos die Hand reichen, der zum Nächsten geworden ist. Auch unsere Sorge um das Seelenheil anderer sollte also auch nicht an irgendwelchen Grenzen enden. Der mahnende Zeigefinger einer Gerechtigkeit wird jedenfalls die Welt nicht ändern – sie bleibt damit, wie sie ist
(siehe Matthäus 5 [37-39]) .
Merlin