A
Alicebergamo
Guest
Eine merkwürdige Überschrift, vielleicht vermag sie dazu beitragen, dass mich einige besser verstehen. Wie man aus meiner Erzählung Erinnerungen an meine Kindheit bei Texte, schon zu erkennen vermag, hatte ich keine leichte Kindheit.
Auf Rosen wurde ich wirklich nicht gebettet, was aber den Vorteil hatte, dass ich schnell selbständig wurde. Meine positive Seite war völlig unterdrückt und schaute nur hie und da mal kurz heraus. Später irgendwann begriff ich alles als Kampf und viel später, in der Lebensmitte, begriff ich worum es wirklich geht. Sich selbst anzunehmen und zu lieben, bedingungslos. Aber bis dahin war es noch ein langer Weg
ich habe vor hier ab und zu mal ein paar Episoden zu posten
so beginne ich zu berichten aus einer Zeit, wo ich etwas über sechzehn war
Mein Vater kam mit dem Studium nicht klar und bekam eine Stellung als Waldorflehrer in Strasbourg. Nebenbei arbeitete er an der Zeitung Dernière Nouvelle, als Correcteur. So kam mein Vater zum Journalismus und begann eine Laufbahn, die ihn immer weiter nach oben führen sollte.
Nach zwei Jahren zogen wir nach Oberösterreich, ins Mühlviertel. Ich war inzwischen sechzehn. Meine Eltern hatten ein bruchfälliges Bauernhäuschen im Dreiländereck: Deutschland, Österreich, Tschechien, gekauft.
Mein Vater arbeitet in Linz an den Linzer Nachrichten. Ich besuchte die Kunstschule dort und wir lebten insgesamt zwei Jahre im Mühlviertel.
Es war am Ostermontag 1966. Mein Vater war in der Zeitung und meine Mutter irgendwo in Deutschland Mode-Kollektionen erstellen. Da machte ich mich zusammen mit den Jungen vom Bauernhof nebenan auf die Wanderschaft. Auf in die Tschechei. Damals hieβ das noch Tschechoslowakei.
Am nächsten Tag hätte ich eine wichtige Matheprüfung in der Kunstschule in Linz gehabt, und so wollt ich lieber in die Tschechei und dort erwischt werden und ins Gefängnis nach Prag kommen. So jedenfalls dachte ich mir das mit dem Franzl, gerade Zehn und dem Loisl, vierzehn Jahre, aus. Es lag noch Schnee, unser Haus befand sich auf 1200 Meter. Wir zogen los, Franzl im Schnee mit seinen Filzhausschuhen, war schon ein wenig kindisch. Die Berge hinauf bis zum Steinernen Meer und oben dann auf der anderen Seite hinunter. Und da war dann der Stacheldrahtzaun und die Millitärs, die im Laufschritt mit Maschinengewehren im Anschlag, den Weg neben dem Stacheldraht, von oben her auf uns zu rannten. Jetzt die Ruhe bewahren, raunte ich meinen Freunden zu. Wir spielten die Rolle der unschuldigen, unwissenden Kinder, standen da mit hocherhobenen Armen und sagten immer: Austria, Austria , so als haben wir uns verlaufen. Die tschechischen Soldaten riefen über Funk nach einem Offizier, denn sie wussten nicht, was sie mit uns machen sollten. Ich bat erst mal höflich um eine Zigarette. Ich erinnere mich, wir drei Kinder saβen auf einem Baumstamm. Ich glaube langsam, wenn ich das hier schreibe, ich komme doch aus Hollywood jedenfalls gab es in meinem Leben Abenteuer genug, die ich mir selbst erschuf!
Ich bekam die Zigarette und dann kam der Offizier mit dem Jeep angefahren, und er konnte gebrochen Deutsch. Der Offizier fuhr uns zur Kaserne. Die Fenster des Hauses waren schwarz von den vielen Soldaten, so was hatten die noch nie erlebt. Normalerweise flieht man eher aus ihrem Land. Wir aber kamen freiwillig auf Erkundigungsreise um mal ein Abenteuer zu erleben. Wir blieben dort einige langweilige Stunden vor dem Fernseher verbannt, verstanden nichts davon, versorgt mit leckeren Wurstschnitten. Zwischendurch wurden wir auch einzeln verhört und sagten jeder unser vorher einstudiertes Geschichtlein auf. Endlich dann, spätabends gegen zehn oder elf Uhr wurden Warnböllerschüsse am inoffiziellen Grenzübergang abgegeben. Der Offizier fuhr uns dort hin und übergab uns dem österreichischen Grenzschutz. Mein Vater holte uns ab. Er sprach kein Wort, eine Woche lang. Die Mathearbeit musste ich am nächsten Tag trotzdem machen...
wird fortgesetzt...
Auf Rosen wurde ich wirklich nicht gebettet, was aber den Vorteil hatte, dass ich schnell selbständig wurde. Meine positive Seite war völlig unterdrückt und schaute nur hie und da mal kurz heraus. Später irgendwann begriff ich alles als Kampf und viel später, in der Lebensmitte, begriff ich worum es wirklich geht. Sich selbst anzunehmen und zu lieben, bedingungslos. Aber bis dahin war es noch ein langer Weg
ich habe vor hier ab und zu mal ein paar Episoden zu posten
so beginne ich zu berichten aus einer Zeit, wo ich etwas über sechzehn war
Die Mathearbeit
Mein Vater kam mit dem Studium nicht klar und bekam eine Stellung als Waldorflehrer in Strasbourg. Nebenbei arbeitete er an der Zeitung Dernière Nouvelle, als Correcteur. So kam mein Vater zum Journalismus und begann eine Laufbahn, die ihn immer weiter nach oben führen sollte.
Nach zwei Jahren zogen wir nach Oberösterreich, ins Mühlviertel. Ich war inzwischen sechzehn. Meine Eltern hatten ein bruchfälliges Bauernhäuschen im Dreiländereck: Deutschland, Österreich, Tschechien, gekauft.
Mein Vater arbeitet in Linz an den Linzer Nachrichten. Ich besuchte die Kunstschule dort und wir lebten insgesamt zwei Jahre im Mühlviertel.
Es war am Ostermontag 1966. Mein Vater war in der Zeitung und meine Mutter irgendwo in Deutschland Mode-Kollektionen erstellen. Da machte ich mich zusammen mit den Jungen vom Bauernhof nebenan auf die Wanderschaft. Auf in die Tschechei. Damals hieβ das noch Tschechoslowakei.
Am nächsten Tag hätte ich eine wichtige Matheprüfung in der Kunstschule in Linz gehabt, und so wollt ich lieber in die Tschechei und dort erwischt werden und ins Gefängnis nach Prag kommen. So jedenfalls dachte ich mir das mit dem Franzl, gerade Zehn und dem Loisl, vierzehn Jahre, aus. Es lag noch Schnee, unser Haus befand sich auf 1200 Meter. Wir zogen los, Franzl im Schnee mit seinen Filzhausschuhen, war schon ein wenig kindisch. Die Berge hinauf bis zum Steinernen Meer und oben dann auf der anderen Seite hinunter. Und da war dann der Stacheldrahtzaun und die Millitärs, die im Laufschritt mit Maschinengewehren im Anschlag, den Weg neben dem Stacheldraht, von oben her auf uns zu rannten. Jetzt die Ruhe bewahren, raunte ich meinen Freunden zu. Wir spielten die Rolle der unschuldigen, unwissenden Kinder, standen da mit hocherhobenen Armen und sagten immer: Austria, Austria , so als haben wir uns verlaufen. Die tschechischen Soldaten riefen über Funk nach einem Offizier, denn sie wussten nicht, was sie mit uns machen sollten. Ich bat erst mal höflich um eine Zigarette. Ich erinnere mich, wir drei Kinder saβen auf einem Baumstamm. Ich glaube langsam, wenn ich das hier schreibe, ich komme doch aus Hollywood jedenfalls gab es in meinem Leben Abenteuer genug, die ich mir selbst erschuf!
Ich bekam die Zigarette und dann kam der Offizier mit dem Jeep angefahren, und er konnte gebrochen Deutsch. Der Offizier fuhr uns zur Kaserne. Die Fenster des Hauses waren schwarz von den vielen Soldaten, so was hatten die noch nie erlebt. Normalerweise flieht man eher aus ihrem Land. Wir aber kamen freiwillig auf Erkundigungsreise um mal ein Abenteuer zu erleben. Wir blieben dort einige langweilige Stunden vor dem Fernseher verbannt, verstanden nichts davon, versorgt mit leckeren Wurstschnitten. Zwischendurch wurden wir auch einzeln verhört und sagten jeder unser vorher einstudiertes Geschichtlein auf. Endlich dann, spätabends gegen zehn oder elf Uhr wurden Warnböllerschüsse am inoffiziellen Grenzübergang abgegeben. Der Offizier fuhr uns dort hin und übergab uns dem österreichischen Grenzschutz. Mein Vater holte uns ab. Er sprach kein Wort, eine Woche lang. Die Mathearbeit musste ich am nächsten Tag trotzdem machen...
wird fortgesetzt...