Gefunden - ein spiritueller Kriminalroman

ChrisTina

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Himmelreich des Ortes, wo die Götter Schach spiele
Petra K. Gungl
Gefunden – ein spiritueller Kriminalroman


ISBN 978-3-9502233-6-1
14,8 x 21, ca. 500 Seiten, Hardcover
Weblinks: www.edition.zaunreiter.at

Pressetext

Gibt es den perfekten Mord? Gibt es die wahre Liebe? Gibt es Hexen? Alle diese Fragen stürzen über die junge Juristin Agnes Feder plötzlich herein, die mit einem uneinsichtigen Ex-Geliebten und mit ungeklärten Todesfällen an ihrem Arbeitsplatz, einem Institut für künstliche Befruchtung, zu kämpfen hat. Doch just in dieser für Agnes so schwierigen Zeit wird sie mit einer mystischen Seite des Lebens konfrontiert, die sie bislang nicht kannte. Eine Traumwelt beginnt von ihr Besitz zu ergreifen, die sie immer tiefer in ein scheinbar irreales Dasein zieht. Traum und Wirklichkeit verschwimmen zu einem Ganzen, alte Weisheiten und geheimes Wissen offenbaren sich ihr, ziehen sie in ihren Bann... "Die Autorin zeigt mit Weisheit, spannend und humorvoll die dunklen und hellen Seiten unseres Wesens, eben Leben!" Genro Laoshi, Ch'anmeister. Ein spannender Kriminalroman, der neben der eigentlichen Handlung auch einen tiefen Einblick in eine aktuelle und umstrittene Branche gibt - künstliche Befruchtung und Gentechnik. Die Autorin hat als Juristin über dieses Thema dissertiert. Dazu kommen spirituelle Handlungsteile, die sich nahtlos in die Handlung einfügen, die Leserin / den Leser aber in eine völlig andere Welt entführen. Auch hier weiß die Autorin Bescheid - sie ist langjährige Qi Gong Praktizierende bei Genro Laoshi. Eine ungewöhnliche Kombination, die ein äußerst spannendes Buch ergibt, das noch dazu fundierte und recherchierte Sachinfomationen liefert.

Über die Autorin:

Petra K. Gungl, 1967 in Wien geboren, arbeitete mehrere Jahre im medizinischen Bereich als Juristin und dissertierte zum Thema rechtsethische Probleme der embryonalen Stammzellenforschung, welches im Roman populär verarbeitet wurde. Ebenso fanden die Erfahrungen der Autorin als langjährige Qi Gong-Praktizierende Niederschlag in der mystischen Geschichte. Qi Gong ist Teil der traditionellen chinesischen Medizin und so erwarb sie sich im Laufe der Jahre ein umfangreiches Wissen über TCM und Taoismus, aber auch über indianische, keltische und andere, zur westlichen Schulmedizin komplementäre Heilkünste. Mittelpunkt ihres Lebens stellen ihre beiden kleinen Kinder dar, die ihr die Gelegenheit boten, den immer schon vorhandenen schriftstellerischen Ambitionen nachzukommen. Die Autorin lebt mit ihrer Familie am Riederberg und in Wien und hat beiden Orten einen liebevoll-kritischen Platz in diesem Erstlingsroman eingeräumt.

Lesungen:

12.04.07 18:30 Teehaus Demmer, Wien
1010 Wien, Mölkerbastei 5
 
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Leseprobe

Dr. Wach saß an seinem Schreibtisch, den Kopf auf eine Hand gestützt, die andere kritzelte einige unleserliche Worte auf ein Blatt Papier. Es waren nur ein paar Stichworte für seinen großen Auftritt vor der Geschäftsführung morgen früh, denn dort wollte er richtig zur Sache kommen. Wäre ärgerlich, würde er den einen oder anderen Punkt in der Aufregung vergessen! Nochmals ging er seine Argumente durch, dann schob er das Papier zwischen die losen Seiten eines Aktenordners und legte diesen mit ernster Miene in das Regal zu den anderen Ordnern. Das würde einen mächtigen Aufruhr verursachen, er wollte sie zwingen, deutlich Stellung zu beziehen. Und wenn das alles nichts half, hatte er immer noch seinen Freund bei der Presse. Ein paar Worte zu dem, und das Unternehmen wäre blamiert.

Ulrich Wach seufzte. Dieser Schritt fiel ihm nicht leicht, doch die Firma war sein Zuhause und das musste man schließlich sauber halten! Zuerst hatte er versucht mittels seiner Autorität als Führungskraft die Angelegenheit in Ordnung zu bringen, unter vier Augen sozusagen, was ihm lediglich Spott und Hohn eingebracht hatte. Dabei war er der Leiter des gesamten Bereiches für künstliche Befruchtung! Sein Ruf in der Fachwelt war ausgezeichnet, er genoss mit seinen fünfundfünfzig Jahren höchstes Ansehen! Eine derartige Respektlosigkeit konnte er unmöglich tolerieren, jetzt würde er andere Saiten aufziehen. Wach griff sich ans Herz. Die ganze Affäre in seinem Bereich regte ihn über Gebühr auf und obwohl er seine Herzerkrankung gut unter Kontrolle hatte, mahnte er sich zur Besonnenheit. In der Tat war es an der Zeit Ordnung zu schaffen, damit er sich wieder voll und ganz auf seine eigentlichen Aufgaben konzentrieren konnte.

Seine Finger fuhren durch die kurz geschnittenen, grauen Haare und strichen weiter über die glänzende Stirnglatze. Zufrieden klopfte er sich hernach auf den Bauch, der seit seinem Herzanfall gute zehn Kilo flacher geworden war. Heute war er wieder in guter Form und fühlte sich stark. Das jahrelange starke Rauchen hatte zwar Spuren hinterlassen, jedoch besaß Ulrich Wach trotz allem eine gute Konstitution, lebhafte, neugierige Augen, in denen sich seine ganze Forscherleidenschaft und Vitalität ausdrückten.

Sein Leben hatte er der Medizin geweiht; keine Frau, schon gar nicht Kinder hätten ihm das geben können, was er in der Welt der Zellen und Biochemie gefunden hatte. Zumindest hatte er sich das niemals vorstellen können. Wie unerträglich wären für ihn Kindergeschrei, pubertierende Geldvernichtungsmonster und eine nörgelnde Ehefrau gewesen! Lauter Menschen, die ständig Aufmerksamkeit in unergründlich hohen Dosen forderten, ohne etwas im Gegenzug dafür zu leisten!
Nichts als Probleme und Verwirrung brachte das, was man gemeinhin als „Familie“ bezeichnete. Sein Leben bedurfte klarer Strukturen und er wollte auf niemanden Rücksicht nehmen müssen. Die überambitionierten „Kolleginnen“ reichten ihm vollauf! Wach schmunzelte über sich selbst.
„Kolleginnen“ nannte er die Karriereweiber schon – so indoktriniert war er bereits vom politisch korrekten Gesellschaftstenor!

An erster Stelle kam jedenfalls seine Arbeit. An den Wochenenden besuchte er den Gottesdienst und seine Mutter im Seniorenheim. Abends ging er regelmäßig im Abonnement-Zyklus zu Konzerten des Musikvereins. Für seine Wäsche und Wohnung sorgte eine gut bezahlte Haushaltshilfe, die gegebenenfalls Besorgungen erledigte und sich jeglicher Kommentare zu seiner Person enthielt. Er hatte ein perfektes Leben, hin und wieder gönnte er sich sogar ein erotisches Abenteuer mit klaren finanziellen Abmachungen. Das konnte wohl keiner von seiner Ehe behaupten! Nein, niemand konnte ihm was von Familienidylle einreden. Er hatte die richtige Entscheidung getroffen und das bestätigte sich tagtäglich, wenn er die jungen Kollegen beobachtete, die müde und genervt vor ihren Kindern und angetrauten Gefährtinnen in die Arbeit flüchteten; nicht zu vergessen die verheirateten Männer in seinem Alter, die ihn um seine Freiheit beneideten. Er hatte zu manchen Zeiten sogar mehr Sex als sein gleichaltriger, verheirateter Schulfreund! Gut, er war oft einsam und es gab eigentlich niemanden, der ihn liebte, abgesehen von seiner alten Mutter selbstverständlich. Dafür konnte ihn aber auch niemand verletzen.

Die Uhr zeigte an, dass es auch heute wieder spät geworden war, ein zwölf Stunden Arbeitstag neigte sich dem Ende zu. Am Gang waren keine Mitarbeiter mehr zu hören, wahrscheinlich war er wie so oft der Letzte, der die Räumlichkeiten der Forschungslabors verließ. Dieser anstrengende Tag am Mikroskop und am Computerbildschirm verlangte als Ausgleich einen ausgedehnten Spaziergang.

Wie gewöhnlich wollte Wach zu Fuß heimgehen. Es war wichtig, viel Bewegung in den Alltag einzubauen, das gehörte zu seinem Trainingsprogramm zur Stärkung des Herzens. Jetzt im Winter belastete die Kälte allerdings den Organismus mehr als sonst. Deswegen sprühte er sich regelmäßig vor dem Verlassen des Büros Nitro in den Mund. Das Medikament erweiterte seine Blutgefäße und ließ ihn den flotten Marsch bis zu seinem Wohnhaus gut bewältigen.

Eben hatte Wach das rote Fläschchen, das wie ein Parfümzerstäuber aussah, zurück in den Medizinschrank gestellt und seine Daunenjacke übergezogen, als ihn ein eigenartiges Gefühl beschlich. Eine kalte Leere im Kopf und schwirrende, graue Schleier vor den Augen ließen Wach nach seinem Schreibtischsessel greifen. Der Arzt in ihm beobachtete erstaunt die Symptome, zu denen nun auch ein stark erhöhter Puls kam. Kündigte sich ein neuerlicher Herzinfarkt an? Sein Zustand verschlechterte sich mit jeder Sekunde und der Arzt wurde von dem hilflosen Menschen abgelöst, der panische Angst um sein Leben hatte. Kalter Schweiß stand auf Wachs Stirn. Schon überkam ihn die Schwärze einer drohenden Ohnmacht. Stöhnend ließ er sich in den Sessel fallen und reflexartig begann er tief durchzuatmen. Was war bloß mit ihm los? Er vertrug das Nitro doch sonst immer tadellos!
Wieso sackte sein Kreislauf derart in den Keller? Das war aus medizinischer Sicht nicht erklärlich!
Außer – in seiner Brust wurde es eng – da gab es tatsächlich eine Contraindikation, die genau diese Wirkung haben würde! Aber er war schließlich Arzt und vermied jedes Risiko! Das konnte nicht sein!
Wach verstand die Welt nicht mehr, er begriff bloß, dass ihm keine Zeit mehr blieb.

Mit letzter Kraft tastete der verzweifelte Mann nach dem Kugelschreiber, der vor ihm lag. Er spürte den Stift kaum zwischen den Fingern und merkte auch nicht, wie schwach die blaue Spur war, die die Mine auf dem weißen Papier der Schreibtischunterlage hinterließ. Der letzte Buchstabe des einzigen Wortes, das hingehaucht dastand, war nur mehr eine Linie in den Abgrund.

*****

Am nächsten Morgen lief eine junge Putzfrau laut schreiend den Gang im ersten Stockwerk des Baby Star-Gebäudes entlang. Der Schwall türkischsprachiger Schreckensbezeugungen wurde sogleich von ihren Kolleginnen mit ebensolch aufgeregten Worten aufgenommen. Gemeinsam stürzten die aufgebrachten Frauen in das Zimmer des ärztlichen Bereichsleiters und drängten voller ängstlicher Neugierde an den Schreibtisch.

Dr. Ulrich Wach lag starr ausgestreckt am Boden, der lederne Chefsessel an die Wand gedrängt. Die toten Augen stierten zur Decke und der bleiche Körper war längst erkaltet. Ein Kugelschreiber lag neben seiner Hand.
.......
 
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