Gedichte in Mundart

H

Hellequin

Guest
Atlas (2018)

Servus, mei Freind, wo kimmst du etza her?
Sooch, wie lang hamm mir uns nimmer gseeng?
Naa, naa, dis basst scha, iech waß, dasse draam,
iech war grood erst im Schdrooßngroom gleeng.

Ja, s'hott me grissn, iech hob nimmer konnt,
villeicht hobbe an Herzinfarkt griggt.
Deed me net wunnern bei der Blaggerei
wal da Himml, der hodd me nie gmiggt.

Gott hodd sich dacht: "Sua a Oaschluach, der Bu,
den hodd aaner beim Deifl beschdellt!
Hie machin net glei, dis weer aweng oich,
ach, der dreggt etz sei Leem lang a Welt!"


Die, die e drooch, naa, die is ka Blanet,
a Blanet deed net ogwachsn saa.
Und aa net gsund, wal mei Buckl dutt wia
und die gett ma wie Sau auf die Baa.

Fria, do hobbes nu nett su oich gmerkt,
aber fria, do warre nuch glaa,
wosse doo kabbt hob, dis wa hold normol,
und villeicht dächde dis heit nu aa,

weern meine Hoor nu nett stellnweis su grau,
meine Nervn nuch holbwegs okee,
da Blutdruck net dauernd zu dief oder huach.
Naa, dis Leem, dis is echt nimmer schee.


Manchmol, doo denke, die Welt schmeiße weg,
villeicht schbringt me a bessere ô.
Wennes versuch, dann bereies sofort,
wal dann merke, do hänge mied drô.

"Gloor", saggt der Deifl, "dis ollas muss weg.
Brich etz aus, Bu, und sei net nervees!
Gnochn und Musgln, Kuapf, Schnaggl und Oasch:
Wos willsdn etz nuch mit dem Kees?"

Ofdamol miechade echt auf ihn hoing
aber dann sterre doch widder auf.
Servus, mei Freind! An die Welt binne gweent.
Iech ge weider, sulange nuch schnauf.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
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Lautschrift wäre praktisch, hab ich aber nicht. Mit "ô" ist ein lang gezogenes "o" wie in "Holz" oder "Osten" gemeint. Und "aa" meint ein langgezogenes "a" wie in engl. "that" oder "adder".
 
@Argax , leider verstehe ich diesen Dialekt nicht. Ich finde es toll, dass du dich drübertraust. Ich weiß von einigen Schreibbegabten, dass Mundartgedichte schwieriger zu schreiben sind.
 
@Argax , leider verstehe ich diesen Dialekt nicht. Ich finde es toll, dass du dich drübertraust. Ich weiß von einigen Schreibbegabten, dass Mundartgedichte schwieriger zu schreiben sind.
Anders. Gut ist, dass es kein Regelbuch gibt: Du schreibst nicht, wie man einer Studie zufolge in deiner Region sprechen sollte, sondern so, wie du tatsächlich sprichst. Schwierig ist es, nicht einfach hochdeutsche Sätze in Mundart zu übertragen, sondern Sätze zu bilden, wie man sie auch im Alltag bilden würde.

Was ich saukomisch finde, ist die Albernheit, die dadurch entsteht. Dieses Gedicht ist so, wie es hier steht, ein Riesenblödsinn - und wäre im direkten Gespräch dennoch bitterernst.

Muss allerdings noch üben, denn mit mir durchgehen sollte die Albernheit nicht.
 
Spiegelung (2018)

Jedn Dooch dieselbm Gsichder,
olle sinn vom selbm Gsicht;
sich kan Denker, sich kan Dichder,
sich bloß Fleisch in koldn Licht.

Sich na gleichn Buu wie fria,
bloß su mied, su old und leer.
Fria konnda Fungn schbria,
heid schbried bei dem goa nix mehr.

In die Aung, doo kennd ma maana,
kennd a bissla Glut nuch saa,
und a Schdrol, a ganz a glaana,
fasd wie selmols is dort aa,

suchd nuch Leem in dera oldn
schdurn, vergnecherd biasn Weld,
will wos seeng und will se holdn,
eh se ausanannerfeld.

Und iech kennd scha widder hoffm,
folch na Schdrol, suweide kô,
Kurz mol sinn die Aung weid offm,
und dann gett a older Mô

weg vom Schbiegl, naus vom Zimmer,
weg vom Schbuuk und nei ins Bett.
Schleefder ei, dann draamder immer,
dasser Grafd und Jugnd hätt.


Übersetzung:

Jeden Tag dieselben Gesichter,
alle sind vom selben Gesicht;
sehe keinen Denker, sehe keinen Dichter,
sehr nur Fleisch in kaltem Licht.

Sehe den gleichen Jungen wie früher,
nur so müde, alt und leer.
Früher konnte er Funken sprühen,
heut sprüht bei ihm gar nichts mehr.

In den Augen, könnte man meinen,
könnte noch ein bisschen Glut sein,
und da ist auch, kaum zu sehen,
ein Strahl, fast wie früher.

Sucht noch Leben in dieser alten
sturen, verknöchert bösen Welt,
will sie sehen, will sie halten,
eh sie auseinanderfällt.

Und ich könnte schon wieder hoffen,
folge dem Strahl, so weit ich kann,
für kurze Zeit sind die Augen weit offen,
und dann geht ein alter Mann

weg vom Spiegel, hinaus aus dem Zimmer,
weg vom Spuk und hinein ins Bett.
Schläft er ein, dann träumt er immer,
dass er Kraft und Jugend hätt'.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Spiegelung (2018)

Jedn Dooch dieselbm Gsichder,
olle sinn vom selbm Gsicht;
sich kan Denker, sich kan Dichder,
sich bloß Fleisch in koldn Licht.

Sich na gleichn Buu wie fria,
bloß su mied, su old und leer.
Fria konnda Fungn schbria,
heid schbried bei dem goa nix mehr.

In die Aung, doo kennd ma maana,
kennd a bissla Glut nuch saa,
und a Schdrol, a ganz a glaana,
fasd wie selmols is dort aa,

suchd nuch Leem in dera oldn
schdurn, vergnecherd biasn Weld,
will wos seeng und will se holdn,
eh se ausanannerfeld.

Und iech kennd scha widder hoffm,
folch na Schdrol, suweide kô,
Kurz mol sinn die Aung weid offm,
und dann gett a older Mô

weg vom Schbiegl, naus vom Zimmer,
weg vom Schbuuk und nei ins Bett.
Schleefder ei, dann draamder immer,
dasser Grafd und Jugnd hätt.


Übersetzung:

Jeden Tag dieselben Gesichter,
alle sind vom selben Gesicht;
sehe keinen Denker, sehe keinen Dichter,
sehr nur Fleisch in kaltem Licht.

Sehe den gleichen Jungen wie früher,
nur so müde, alt und leer.
Früher konnte er Funken sprühen,
heut sprüht bei ihm gar nichts mehr.

In den Augen, könnte man meinen,
könnte noch ein bisschen Glut sein,
und da ist auch, kaum zu sehen,
ein Strahl, fast wie früher.

Sucht noch Leben in dieser alten
sturen, verknöchert bösen Welt,
will sie sehen, will sie halten,
eh sie auseinanderfällt.

Und ich könnte schon wieder hoffen,
folge dem Strahl, so weit ich kann,
für kurze Zeit sind die Augen weit offen,
und dann geht ein alter Mann

weg vom Spiegel, hinaus aus dem Zimmer,
weg vom Spuk und hinein ins Bett.
Schläft er ein, dann träumt er immer,
dass er Kraft und Jugend hätt'.

Ich finde das richtig toll!!!!:D

Bin auch kein Freund vor jeglichen Spiegelungen.

DANKE!!!!
 
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Spiegelung (2018)

Jedn Dooch dieselbm Gsichder,
olle sinn vom selbm Gsicht;
sich kan Denker, sich kan Dichder,
sich bloß Fleisch in koldn Licht.

Sich na gleichn Buu wie fria,
bloß su mied, su old und leer.
Fria konnda Fungn schbria,
heid schbried bei dem goa nix mehr.

In die Aung, doo kennd ma maana,
kennd a bissla Glut nuch saa,
und a Schdrol, a ganz a glaana,
fasd wie selmols is dort aa,

suchd nuch Leem in dera oldn
schdurn, vergnecherd biasn Weld,
will wos seeng und will se holdn,
eh se ausanannerfeld.

Und iech kennd scha widder hoffm,
folch na Schdrol, suweide kô,
Kurz mol sinn die Aung weid offm,
und dann gett a older Mô

weg vom Schbiegl, naus vom Zimmer,
weg vom Schbuuk und nei ins Bett.
Schleefder ei, dann draamder immer,
dasser Grafd und Jugnd hätt.


Übersetzung:

Jeden Tag dieselben Gesichter,
alle sind vom selben Gesicht;
sehe keinen Denker, sehe keinen Dichter,
sehr nur Fleisch in kaltem Licht.

Sehe den gleichen Jungen wie früher,
nur so müde, alt und leer.
Früher konnte er Funken sprühen,
heut sprüht bei ihm gar nichts mehr.

In den Augen, könnte man meinen,
könnte noch ein bisschen Glut sein,
und da ist auch, kaum zu sehen,
ein Strahl, fast wie früher.

Sucht noch Leben in dieser alten
sturen, verknöchert bösen Welt,
will sie sehen, will sie halten,
eh sie auseinanderfällt.

Und ich könnte schon wieder hoffen,
folge dem Strahl, so weit ich kann,
für kurze Zeit sind die Augen weit offen,
und dann geht ein alter Mann

weg vom Spiegel, hinaus aus dem Zimmer,
weg vom Spuk und hinein ins Bett.
Schläft er ein, dann träumt er immer,
dass er Kraft und Jugend hätt'.

Ich find's echt schön und gelungen, @Argax ! Die Mundart und auch die Übersetzung. :thumbup:

Aussergewöhnlich.:)
 
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