Eine Geschichte? Oder doch nicht?

Blau

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21. August 2004
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Autor: ich

Viel Spaß beim Lesen ;)
Wieviel an der Geschichte dran ist, kannst Du selbst entscheiden

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Irgendwo in Afrika..
Er fühlt sich wohl und ganz in seinem Element. Träge schwimmt er umher und spürt das angenehme Gefühl kalten Wassers, welches seinen Körper umgibt. Plötzlich erspäht er seine heutige Mahlzeit. Sie befindet sich an einem naheliegenden Strand und gönnt sich ein kleines Bad. Er nähert sich unbemerkt, heute muß wohl sein Glückstag sein. Sie bemerkt ihn und will fliehen, doch dafür ist es schon zu spät. Blitzschnell schießt er aus dem Wasser und schnappt zu. Er genießt die kleine, leckere Mahlzeit. Satt und zufrieden begibt er sich an den Strand, legt sich in die Mittagssonne und schließt seine Augen. Plötzlich spürt er einen stechenden Schmerz im Nacken. Irgendetwas ist auf seinem Rücken gesprungen. In seinem Todeskampf windet er sich verzweifelt hin und her, versucht es abzuschütteln und zu beißen, doch verfehlt es nur knapp. Der in Lumpen gekleidete Mann stößt die rostige Klinge noch ein Stück tiefer in das Tier. Es zuckt noch ein letztes Mal und dann ist es tot. Schweißperlen tropfen von seiner Stirn und Schmerzen zeichnen sein Gesicht. Es hat ihn am Bein erwischt und eine Fleischwunde hinterlassen. Er reißt ein Stück Stoff aus seinem Hemd und wickelt es fest um die Wunde. Sie tut zwar weh, doch ist nicht allzu tief und wird wieder verheilen. Er steht auf und begutachtet seine Beute. So einen guten Fang hat er schon lange nichtmehr gemacht. Sichtlich abgeschlagen, aber dennoch zufrieden, zerrt er seine Beute einen alten Holzkarren und macht sich auf den Weg zu seiner kleinen, strohbedeckten Holzhütte. Dort angekommen erblickt er seine Frau, wie sie neben der Hütte sitzt und das kleine Neugeborene stillt. Sie lächelt kurz als sie ihn kommen sieht, widmet sich dann aber wieder dem Baby zu. Unweit der Hütte befinden sich zwei weitere seiner Kinder, die schon älter sind und mit ein paar Steinen und Stöcken spielen. Sie sehen sehr abgemagert aus, wie alle im Dorf. Er schiebt den Karren zur Rückseite seiner Hütte und zerrt das tote Tier auf eine Holzablage. Er zieht die Klinge aus dem Kadaver und schlitzt ihn damit vorsichtig auf, entfernt die Innereien, lößt sämtliches Fleisch und wirft alles Eßbare in eine verbeulte Metallwanne. Von dem Fleisch können sich er und seine Familie eine ganze Zeit lang gut ernähren. Er begibt sich in seine Hütte und sieht seinen kleinen Sohn auf einem der fünf Strohbetten liegen. Er besteht nur noch aus Haut und Knochen und liegt nun schon seit Wochen dort. Jedesmal wenn er etwas gegessen hat, hat er es wieder ausgebrochen und wird von Tag zu Tag schwächer. Die anhaltende Hungersnot, unter der sie alle leiden, hat ihre Spuren hinterlassen, welche ihn zu dem selbstmörderischen Unterfangen ein Krokodil zu erlegen überhaupt erst getrieben hat. Wehmütig denkt er an seine verstorbene Tochter. Sie war ein sehr zerbrechliches Kind und ist vor ein paar Monaten verhungert, so wie viele andere im Dorf auch. In diesem Moment kommt seine Frau herein und reißt ihn aus seinen Gedanken. Sie wirft einen besorgten Blick auf seine Wunde und versorgt diese mit ein paar Kräutern. Anschließend fällt er erschöpft in eines der Strohbetten und schläft ein.

Auf der Tür eines Lasters..
ist in verblichenen Lettern das Logo der Firma "Burghans Company" zu sehen. Hinter dem Laster stehen ein paar Männer, vor denen sich eine lange Schlange von Menschen, die allesamt ziemlich ärmlich aussehen, gebildet hat. Manche von ihnen führen Karren mit sich, auf denen sich die verschiedensten Felle und Tierhäute befinden, andere wiederum tragen ihre Waren. Der Nächste, der an die Reihe kommt, sieht jedoch besonders ärmlich aus. Es ist ein leicht humpelnder, in Lumpen gekleideter Mann, mit einer Art Verband am Bein. Auf seinen Schultern trägt er ein stinkendes, ausgeweidetes Krokodil, welches er den Männern präsentiert. Sein Versuch, einen guten Preis dafür zu erhaschen, stellt sich jedoch rasch als ein sinnloses Unterfangen heraus. Die Männer bleiben hart, verweisen auf die lange Schlange hinter ihm und sagen, das wäre nunmal der Preis, den sie zahlen. So nimmt er schließlich dennoch das magere Angebot von umgerechnet etwa 7 Euro an. Er wandert in die nächstgelegene Kleinstadt, betritt einen kleinen Gemischtwarenladen und gibt das Geld für etwas Salz, ein paar Streichholzschachteln und zwei Blechbehälter aus. Danach macht er sich wieder auf dem Weg ins Dorf, und als er dort ankommt, ist es auch schon dunkel. Woanders, zur gleichen Zeit nehmen die Männer am Laster die letzten Waren in empfang, verladen auch sie fahren damit ins Lager. Dort angekommen, wird die Ware von ein paar Einheimischen abgeladen. Gleich neben dem Lager befindet sich eine riesige Fabrik, geziert von einem Logo, welches dem auf der Tür des Lasters gleicht. Doch in der Fabrik wird nicht mehr gearbeitet, die Frauen, Kinder und Männer sind schon längst nach Hause gegangen, und die Maschinen stehen still. In einem kleinen Verwaltungsgebäude neben der Fabrik brennt jedoch noch Licht. Nachdem die Einheimischen alles ordentlich im Lager verstaut haben, haben auch sie endlich Feierabend. Ein paar schwerbewaffnete Männer postieren sich am Lager und die Arbeiter gehen in das Verwaltungsgebäude, wo sie heute ihren Monatslohn ausgezahlt bekommen. Ein Verwaltungsangestellter gibt jeden von ihnen umgerechnet knapp 20 Euro und dann hat auch er Feierabend.

Irgendwo in Deutschland..
Draußen, vor einem Juweliergeschäft, sitzt ein behinderter Penner mit einem Schild aus Pappe, wo draufsteht "Bin behindert und arbeitslos" und einem kleinen, roten Plastikbecher mit ein bisschen Kleingeld drin. "Faules Pack! Vertreibt mir die Kunden!" denkt sich der Juwelier. Wütend kommt er hinausgestürmt und jagt den Penner, begleitet von allerlei Flüchen und Verwünschungen, fort. Als er wieder im Geschäft ist und sich gerade hinsetzen will, kommt eine Frau mittleren Alters herein. Sie trägt einen großen, schwarzen Fellmantel, teure Edelsteinohrringe, goldene Armbänder und einen großen Diamantring. Sie ist hier Stammkunde und dem Juwelier wohlbekannt. Er führt sie in ein Hinterzimmer, welches er für besonders gut betuchte Kunden vorbehält, und präsentiert ihr seine Edel-Kollektion. Sie entdeckt für sich zwei wunderschöne Ringe, doch sie kann sich einfach nicht entscheiden, welchen sie kaufen soll. Nach einer Weile entschließt sie sich kurzerhand alle beide zu kaufen, für knapp 70.000 Euro. Da werden ihre Freundinnen vor Neid erblassen, so denkt sie sich, und schließlich sind das ja noch nicht einmal die teuersten; heutzutage muß man ja auf seinen Geldbeutel achten, wo es doch so vielen Leuten immer schlechter geht. Aus ihrer Handtasche aus echtem Krokodilleder zieht sie die goldene Kreditkarte ihres Ehemannes und bezahlt. In diesem Moment muss sie gerade an ihn denken. Er ist zwar fast doppelt so alt wie sie, recht barsch in seiner Art und auch schon ziemlich verschrumpelt, doch auch wenn sie ihn nicht wirklich liebt - ihren Glauben an die wahre Liebe hat sie schon seit langem verloren - so ist er reich.. und großzügig. Ein Lächeln huscht über ihre Lippen. "Vielen Dank, und einen schönen Tag noch Frau Burghans" wünscht der Juwelier. Sie steckt die Karte wieder ein, verabschiedet sich ebenfalls und verläßt das Geschäft.
 
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Was für den einen reiner Überlebungskampf ist, um nicht zu verhungern, darüber würde der Mensch der sich eine Tasche aus Krokodilleder kauft,glaube ich wenig Geanken machen.
Trauig aber wahr könnte die Geschichte so auch in der Realität stattgefunden haben.

LG Tigermaus:)
 
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