Der Blick meines Freundes

Ritter Omlett

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7. November 2004
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Wien
Ich saß neben dem Bett meines Freundes. Sein Atem klingt monotom. Zwei bis 3 tiefe Röchler, danach Atemstillstand für so ca. 10 Sekunden. Eigentlich bin ich es schon gewohnt, dauert dieser Zustand länger, man weiß es, der Atem geht dann wieder weiter. Auf alle Fälle, öffnet er die Augen sind sie ganz verdreht. Ich halte ihm die Hand. Sie ist eiskalt. Seine Lippen sind recht eigen geformt, ich denke so ähnlich wie ein Trichter. Ich denke dabei, vielleicht ist es sogar Sinn und Zweck, dass seine Lippen zu einem Trichter geformt sind. Ich sagte ihm nun die drei Worte aus voller Überzeugung. Ich liebe dich. Eigentlich waren wir sogar wie ein Ehepaar. 20 Jahre verheiratet, die meiste Freizeit geteilt. Er öffnete wieder ein Auge und das verdrehte Auge formte sich zu einem Blick. Unerwartet nahm er meine Hand. Wir drückten einander und er drückte immer fester. Ich sagte, ich weiss dass du nicht reden kannst, du musst es auch nicht, ich bin einfach da wie immer, da gibt es nichts besonderes zu sagen. Der Trichtermund nahm normale Gesichtszüge an und er atmete normal. Irgendwie entspannt. Ich wusste es tut ihm gut und ich tue mir gutes. Vor 3 Wochen, als wir den letzten Kampf um das Aufstehen austrugen, sagte er mir :"Junge ich bin zufrieden". Dieser Satz sitzt in meiner Seele. Er kam von einem Mann, der sich ohne fremde Hilfe nicht mehr umdrehen konnte. Wir saßen da Hände haltend. Ich ging auf die andere Seite, um besser für ihm ins Blickfeld zu geraten. Da hielt die Hand mich noch fester, jedoch ich hatte ja nicht vor zu gehen, sondern ich wechselte den Standort. Ich möchte sagen, dass diese Augenblicke die schönsten und traurigsten zugleich sein konnten. Ich lernte ein neues Gefühl kennen, des Glücklichseins und des Traurigseins in einem Augenblick.
Ich hielt meine Hand an seinem Kopf, da schließ er seine Augen voller Genuss, ich nahm die Hand weg da öffneten sich seine Augen. Die Pupille folgte meiner Hand. Zwischendurch hustete er ganz schlimm.
Es war eine schöne Stunde. Ich ging wieder, als er ganz fest schlief. Ein Atemzug, zwei Atemzuge lange Pause. Ich drehte mich noch einmal um, um sicherzugehen, ob er nocht nocheinmal das Auge öffnet, aber er schlief schon tief und fest, so genossen wir an diesem Tag noch eine besondere Stunde.
Das besondere Ritual am frühen Morgen ist, mich einfach umzudrehen und zu sagen ich bin zufrieden.
 
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das erinnert mich ein wenig an das sterben meines vaters .wir konnten oder wollten nicht viel miteinander reden und doch haben wir uns in seiner letzten zeit allein mit gestiken und einfach dasein so viel gesagt -wie im ganzen leben nicht .so hatte ich den eindruck .da war auch dieses röcheln und er kämpfte um jeden atemzug .doch egal wie anstrengend es für ihn war -ein lächeln war immer übrig für mich . das hat mich dermassen beeindruckt und friedlich ist es ganz zum schluss zwischen uns geworden .
alles liebehw
 
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