das taumahaus

silkestaron

Mitglied
Registriert
14. November 2004
Beiträge
361
man sagt dem sternzeichen stier nach, sie bräuchten etwas länger um zu begreifen. bei mir scheint diese tatsache besonders zuzutreffen.
so brauchte die nun folgende geschichte beinahe ein vierteljahrhundert bis
bei mir der knoten aufging:
es war zu meiner studienzeit in münchen. ich suchte ein zimmer und meldete
mich auf eine zeitungsanzeige. 350 DM war günstig und dass es nicht in uninähe war, störte mich nicht. schließlich machte der frischerworbene VW
richtig spaß.
ich verabredete mich also mit der vermieterin. Ihre wegbeschreibung war
perfekt und so kam ich ohne verfahren zum ziel. ich staunte nicht schlecht
als ich an der auffahrtsallee zu einer riesigen villa landete. ich läutete am
tor. über die spechanlage meldete sich eine freundliche stimme "sie kommen
bestimmt wegen des zimmers, ich mache ihnen auf". die auffahrt war lange genug (sogar für einen stier) um zweifel zu hegen, weshalb jemand in solch
einer hütte ein zimmer vermietet und weshalb dieses schon das 3. mal annonciert war. mein leichtes unbehagen sollte sich gleich nach öffnen der
tür verstärken. dort stand die hausherrin. ich kann nicht sofort sagen, was
ihr unheimliches antlitz ausmachte. es waren die augen. etwas stimmte mit
den augen nicht. ihr gesamtes gesicht stimmte nicht. unheimlich, etwas was
an eine behinderung erinnert, befremdend und angsteinflößend.
zu diesem zeitpunkt war für mich schlagartig klar, dass ich hier nicht einziehen
würde ob die dame nun hier verweilte oder nicht. natürlich sagte ich das nicht.
ich trat in die halle und ließ mir den weg zum wohnzimmer zeigen. im normalfall
hätte ich längst eine bemerkung über das traumhafte ambiente verloren aber
ich schwieg und versuchte mich angstfrei und selbstsicher zu geben.
im wohnzimmer nahmen wir platz und begannen eine unterhaltung. die dame
sah mich mit ihren völlig schrägen augen an, als wäre alles an ihr normal.
aber das war es nicht. sie erzählte ,ihre tochter sei in einem pensionat und
da wolle sie deren zimmer vermieten. sie selbst sei viel auf reisen mit einem komponisten...die ganze zeit wünschte ich sie würde endlich von sich selbst aus ,etwas zu ihrer "entstellung" sagen. sie konnte doch nicht davon ausgehen
daß man das einfach übergeht.sie konnte doch auch nicht erwarten, dass ich
sie darauf anspreche. schließlich zeigte sie mir das zimmer und erklärte mir
es ginge ihr einfach darum.,daß das haus nicht leer steht, während sie so
viel auf reisen ist. das appartement hätte unter normalen umständen jedes
stilbwusste herz höher schlagen lassen. das ganze toppte sie indem sie mir
den weinkeller zeigte und meinte dieses haus wäre doch ideal für ein mädchen
wie mich um feste zu feiern und sie würde mir alles zur verfügung stellen,
dann zeigte sie mir die teuren weine im regal und meinte, ich müsste mich ja nicht gerade an diesen flaschen vergreifen.so zeigte sie mir dann auch jeden
weiteren raum als würde ich das ganze haus beziehen. in der küche gab es einen kühlschrank mit eiswürfelautomat , es gab eine bibliothek und ein schwimmbad, das z.zt. nicht eingelassen war aber auch das könnte man regeln. ich dachte die ganze zeit daran, was hier falsch war und malte mir
schon die schauerlichsten vorstellungen von sexuellen perversionen, die diese
frau mit ihrem "freund" beabsichtigen würde aus. welcher mann kann der lebensgefährte so einer frau sein ,dachte ich bei mir. womöglich noch ein monster.ihre erklärung es sei für sie billiger eine untermieterin zu beherbergen
als personal anzustellen klang ganz vernünftig und, dass jemand wie sie nicht
gerade von kontakten überflutet ist schien klar.
ich würde ihr sehr zusagen, sagte sie mir, sie sei sicher, mir könne man vertrauen. da hatte sie in der tat recht. unter normalen umständen hätte ich
dieses haus gehütet und gepflegt und genossen seinen luxus zu genießen.
ich hätte allenfalls blumen dazugestellt als auch nur einen silberlöffel gestohlen
oder die falschen freunde mitgebracht. ich hätte gediegen residiert und mich
in die rolle einer wohlhabenden lady versetzt.
und dann log ich:" ja das ist wirklich alles unfassbar schön und soetwas hätte
ich mir nie erträumt. ich habe einen fabelhaften background und herkunft, was
sie gerne überprüfen können und jetzt muss ich eigntlich nur noch mit meinem
derzeitigen vermieter alles klarmachen und dann melde ich mich telefonisch und wir machen die sache fix". Wunderbar sagte sie und führte mich zum ausgang.
ich konnte 3 nächte nicht schlafen, hatte immer dieses gesicht vor augen
und natürlich hörten wir nie mehr voneinander.
vor einigen tagen hatte ich eine ziemlich unruhige nacht mit wirren träumen,
eigentlich von völlig anderen dingen aber irgendwann setzte ich mich auf
und erinnerte mich an diese 25 jahre alte geschichte und sagte zu meinem
mann:" natürlich, es war ein verrutschtes glasauge, wahrscheinlich erschrak sie selbst als sie es bemerkte nachdem ich weg war."
 
Werbung:
Hi silkestaron! :)

silkestaron schrieb:
...:"natürlich, es war ein verrutschtes glasauge, wahrscheinlich erschrak sie selbst als sie es bemerkte nachdem ich weg war."
Spannend geschrieben. Aber war es "nur" das Glasauge, das an Deinem schlechten Gefühl von damals Schuld war? Vielleicht hatte Dir auch der ganze Luxus als Student nicht behagt.

Liebe Grüße :kiss3:
Toffifee
 
hi toffifee,
danke für deine nette kritik. du hast schon richtig erspürt, dass da noch was
war ,was mich so verängstigte. der luxus wars keineswegs, aber das gesicht war auch entstellt und das verhalten der frau war so sletsam, dass ich bis heute den gedanken nicht losgeworden bin, dass sie für abartige zwecke
jemanden ins haus locken wollte.
l.g. silke
 
Hallo, liebe silke! :)

Glaub mir bitte... Ich wollte gar keine Kritik üben. :) Ich finde die Geschichte wirklich spannend geschrieben und etwas gruselig. Auf jeden Fall scheint der "Kelch" an Dir vorüber gegangen zu sein... Schön zu wissen, daß es Dir gut geht.

Liebe Grüße :kiss3:
Toffifee
 
Werbung:
hi toffifee,
kein grund für dich zur entschuldigung. der begriff "kritik" ist nur fälschlicherweise negativ bei uns bewertet. bei literatur u.kino spricht
man ja immer von positiver bzw. negativer kritik.
dein kritik habe ich positiv empfunden. überhaupt schon nett, dass du meinen
käse liest.
l.g.silke
 
Zurück
Oben