All diese Symbole sind durchaus "allgemein gültig" in dem Sinne, dass "mein" Tierkreiszeichen Fische dasselbe wie "dein" Tierkreiszeichen Fische ist.
Dazu fällt mir ein entschiedenes Jein ein.
Wenn ich das im Sinne eines "strange attractors" aus der Chaostheorie betrachte, als unscharfe und einerseits unscharf umgrenzte, andererseits beliebig mächtige Menge von Deutungsmöglichkeiten, dann gibt es beides in einem den deckungsgleichen Deutungsbereich und die konkreten Unterschiede in der jeweiligen Deutung.
Mein Zweifel an der identischen Bedeutung eines astrologischen Symbols für dich und für mich beginnen im astrologischen System selbst (ich spreche hier von der abendländischen Astrologie): Mit Ausnahme der Gestirne sind alle anderen Elemente der Astrologie geniale Erfindungen, Konstrukte. Tierkreiszeichen gibt es in dieser exakten Segmentierung nur als Maßstab der Betrachtung, aber nicht real am Sternenhimmel. Häuser sind erst recht astronomisch-mathematische Berechnungsgebilde, die je nach Schulmeinung unterschiedlich eingesetzt werden. Aspekte und Halbsummen können erst dann evident gedeutet werden, wenn ich zuvor ihre Definition im astrologischen System akzeptiert habe Astrologie legt da ein vielschichtiges Raster über die Bewegungen der Gestirne, und was ich da ablesen kann, sind zunächst einmal "nur" Messwerte und Positionsangaben innerhalb der Rasterungen.
Der Deutungsprozess beginnt erst anschließend, wenn ich diese Messwerte interpretiere. (Das verbindet Astrologie m.E. auch mit Wissenschaftsbereichen, die ihre Theorien auf der Basis von Messung und Beobachtung entwickeln ... produziert werden auf der einen Seite Rohdaten, die zu konstruierten Rastern in Beziehung gesetzt werden; auf der anderen Seite werden dann über diesen Datenmengen Theorien entwickelt, die gelegentlich in Bezug auf vergleichbare Daten durchaus divergent ausfallen ...).
Sogenannte Fakten sind also erst einmal Konstrukte, was ja auch schon im Wort steckt ("Fakten kommt von lat. facere = machen). Ein Faktum wird hergestellt, indem ich eine Wahrnehmung in Bezug setze zu einem (Ein-)Ordnungssystem. Faktum Fische: Das ist ein Segment von 30° entlang des Himmelsäquators, in der Höhe begrenzt durch die Erdachse.
Wenn ich dieses Faktum, dieses Konstrukt, als deutbares Symbol begreifen möchte, schaue ich mir an, was sich alles in diesem Himmelsbereich tut und getan hat, und es schauen nicht nur ich, sondern unzählige Andere in Vergangenheit und Gegenwart. Aus diesen Wahrnehmungen wird dann dann herauszufiltern versucht, was es an Gemeinsamkeiten geben könnte, die einerseits nur bei Phänomenen mit Bezug auf diesen zodiakalen Sektor zu beobachten sind und die zugleich auf möglichst viele Beobachtungen in diesem Bereich zutreffen. Das heißt, dass streng genommen nicht das Zeichen Fische direkt gedeutet wird, sondern es wird indirekt auf Merkmale geschlossen, die dem TKZ Fische sinnvoll zuzuschreiben wären. Liegt auf der Hand, dass es sich dabei um Abstraktionen von den konkreten Bedeutungen handelt. Und je allgemein gültiger eine solche Abstraktion formuliert wird, desto weniger konkret kann sie sein. Trotzdem vermag sie nützlich zu sein: Wenn ich sage, alle Kohlestücke sind schwarz, dann tue ich den verschiedenen Schattierungen zwischen grau, anthrazit und Tiefschwarz mit allen Tönungen zwischen warmen und kalten Farben unrecht, die nicht zuletzt dazu beitragen, verschiedene Kohlesorten voneinander zu unterscheiden ... der über den groben Kamm geschorene Gattungsbegriff "Kohle = schwarz" ist dennoch in vielen Situationen hilfreicher als ein penibles Differenzieren in allen Lebenslagen.
Nun kommt dazu, dass das, was da als Grundlage der Abstraktion "Fische" an Beobachtungen benutzt wird, ja nie nie! selbst eindeutig ist. Es ist nicht "Saturn in Fische", der da beobachtet wird, sondern es ist ein ganz konkreter Saturn, der genau so und mit all seinen Konstellationen vorher nicht zu beobachten war und nachher nicht zu beobachten sein wird. Es wird also auch beim "Saturn in den Fischen" sozusagen ein abstrahierter Mittelwert herangezogen, schon bevor es ans Deuten geht. Genauere Beobachtungen differenzieren dann, zum Beispiel je nach Postion des SA innerhalb des TKZ, unterteilt nach Dekaden etc. ... und es wird wechselwirkend dann zum Beispiel auch auf unterschiedliche "Charakteristik" des TKZ Fische geschlossen, je nachdem, ob seine Anfangsgrade oder sein Übergangsbereich zum Widder fokussiert werden.
Es wird also schon beim Betrachten eines einzigen Planeten im TKZ als Quelle für mögliche Bedeutungen dieses TKZ ziemlich kompliziert ... nun setzt sich aber ein solches Herausfiltern einer "allgemein gültigen Bedeutung" aus einer immens großen Zahl von Einzelbeobachtungen zusammen. Was auf der anderen Seite einen praktischen Vorteil ergibt: Wo sich so massenhaft Einzel"messungen" anbieten, lassen sich insgesamt Trends erkennen ... oder eben die oben schon erwähnten "strange attractors". Die sind unscharf, aber alles andere als beliebig.
Was auch noch zu berücksichtigen ist: Wenn aus der Beobachtung von Phänomenen auf einen Charakter (der Begriff gefällt mir, weil der ja auch beim Menschen eine sehr unscharfe, vielschichtige und manchmal intern widersprüchliche Fokussierung beschreibt) des TKZ Fische geschlossen wird, dann ist jedes dieser Phänomene für sich ja aus einem astrologischen Gesamtbild heraus zu beurteilen, an dem alle anderen TKZ, Planeten, Aspekte, weiß das Hugo was alles seinen Anteil hat. Da gezielt den Fische-Anteil für eine gelungene Abstraktion herauszufiltern, halte ich für eine zumindest riskante Operation ... dennoch, was unterm Strich als Trend, als Attraktor herauskommt, scheint mir schlüssig zu sein. Nur eins ist es eben nicht: eindeutig.
Die andere Seite der Medaille, warum
meine Deutung des Symbols nicht
deine Deutung des Symbols sein kann, ist eine erkenntnistheoretische. Wenn ich nicht davon ausgehe, dass ich Erkenntnis der Wahrheit durch Offenbarung erlange (das wäre dann eher ein spiritueller Zugang), bin ich darauf zurückverwiesen, dass ich Wahrheit als vorläufige These im Sinne des kritischen Rationalismus durch Vergleiche mit einer objektiv erkennbaren Wirklichkeit überprüfen muss oder ich gehe in Übereinstimmung mit konstruktivistischen Ansätzen davon aus, dass jedwede Wahrnehmung eine Sinneswahrnehmung ist, die mental zu "Erkenntnis" verarbeitet wird, und zwar im bestimmenden Rahmen der jeweiligen mentalen Struktur, also individuell und alles andere als objektiv.
Nun könnten wir nicht kommunizieren und könnte ich nicht so kompliziert herumschreiben, hätten sich nicht im Laufe der Evolution strukturelle Koppelungen ergeben, die zu Sprache geführt haben, zu Begriffen, die ähnliche Wahrnehmungen mit ähnlichem Verstehen verbinden. Dazu kommt das emotionale Unterfutter, und wie entscheidend das jenseits der als rational bewerteten mentalen Prozesse ist, haben zahlreiche Forschungen der letzten Jahrzehnte ergeben.
Was ich also insgesamt unter "Fische" verstehe und wie ich Beschreibungen des TKZ Fische lese und zu meinem Verständnis verarbeite, hat vermutlich weniger mit deinem Verständnis des TKZ Fische zu tun, als wir beide annehmen. Wir könnten uns kommunikativ annähern, wenn wir wollten ...
Und genau das, eine kommunikative Annäherung an Wirklichkeiten in dynamischen Prozessen, geschieht m.E. bei einer astrologischen Deutung. Wenn's gelingt, kommt es zu Evidenzerfahrungen (die ihrerseits wieder subjektiv bleiben müssen). Wenn's nicht gelingt, kommt es zu Klagen über angeblich unzutreffende oder widersprüchliche (Be-)Deutungen.
So, das war der heutige Frühsport. Und wie der Buddha anmerkte: Alles Maja ...