Wie kam das Lustige in Lone Wolf?

Manchmal werde ich gefragt, wie ich denn "so ein Lustiger" wurde, wie ich es schaffe, mich der grund- und sinnlosen Heiterkeit zu ergeben und mich zeitweise selbst über die eigene Begrenztheit noch zu erheitern, anstatt darüber in Tränen auszubrechen, wie man es von jedem anständigen Menschen erwarten würde... wie ich denn überhaupt noch ein Lachen in mir finden könne, wo doch die ganze Welt am Rand zum Wahnsinn dahin taumelt, jeden Moment abzustürzen droht und auch die persönliche Geschichte eher einem Drama gleicht, als einer Komödie. Und dann erzähl ich sie halt, die Geschichte, wie es kam, dass ich zum zwanghaft Lustigen wurde.

Ich wollte ja nicht hier sein. Vor meinem ersten Geburtstag wollte ich die Welt wieder verlassen, weil es mir hier zu wenig harmonisch war. An Mutter lags nicht, die war schwer in Ordnung und gab sich alle Mühe, aber die Schlagzeilen in der Kronenzeitung waren schon damals kein Highlight für das sensible Gemüt eines zart besaiteten Knaben und die Gewissheit, dass ich eines Tages beim Bundesheer einrücken musste, behagte mir auch nicht; also machte ich mich wieder auf den Weg himmelwärts. Im Krankenhaus war ich recht erfolgreich, dort hatte man mich bereits aufgegeben, doch Mama ließ mich nicht gehen. Getrieben von dem Willen, mich durchzubringen, nahm sie mich wieder mit nach Hause, schoppte mich wie eine Weihnachtsgans und irgendwann begann ich wieder zu schlucken. So ungefähr soll es sich zugetragen haben. Den genauen, medizinischen Verlauf kann ich heute nicht mehr wiedergeben; schließlich war ich gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe und hatte auch keinen Notizblock zur Hand.

Auf jeden Fall war ich nach dieser Rettungsaktion ein sehr griesgrämiges, mürrisches und vielleicht sogar etwas böses Kind, wie Kinder manchmal sind, wenn sie nicht bekommen, was sie wollen; und wenn Mutter in der Küche war, klebte ich meistens an der Decke über dem Gitterbett oder kroch an den Wänden durchs Zimmer, schimpfte gen Himmel und war ständig auf der Suche nach einem Ausweg, aus der katholischen Hölle.

Doch Mutter war eine Respektsperson für mich und wenn sie das Zimmer betrat, schwebte ich schnell zurück in mein Gitterbett, rüttelte wie besessen an den Stäben und schrie, als würde ich in Flammen stehn. Und sie nahm, wie immer, diesen Clown aus buntem Stoff, mit den klirrenden Schellen an der Mütze und dem irren Grinsen im Gesicht und versuchte mich aufzuheitern, indem sie mit diesem Unding vor meinem Gesicht herum wackelte und magische Formel rezitierte, die ich nicht verstand.

A guggiguggiguggi.... guggiguggiguggi....
a so a braves Burliiiiiiiiii... guggiguggiguggi...
tu ma a bissi lachilachilachi.... guggiguggiguggi....

Und eines Tages hatte ich genug von diesem grausamen Spiel. In meinem Babykopf vermischte sich das Klirren der Schellen und Mutters Zaubersprüche zu einer hochexplosiven Symphonie des Wahnsinns und als ich es nicht mehr ertragen konnte, fuhr ich mit meiner mächtigen Babypranke durch die Gitterstäbe meines Bettes, riss Mutter den perversen Clown aus den Händen, öffnete mein riesiges Babymaul bis nach hinten zu den Ohren und verschlang den Clown mitsamt Schellen, Kostüm und widerlichem Grinsen im Gesicht, ohne auch nur ein einziges mal zuzubeissen.

So also kam das zwanghaft Lustige in mich und es liegt mir, zugegeben,
an manchen Tagen noch heute schwer im Magen.

Clown700.jpg
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