Spaziergang im Wald

  • Autor Autor Tide
  • Erstellungsdatum Erstellungsdatum
  • Lesezeit Lesezeit 3 Min. Lesezeit
Ich gehe durch den kühlen, frisch duftenden Wald, hebe kurz die Hände, ah, meine, sehr gut.

Mein Blick geht zu den grausilbernen Stämmen der ziemlich hohen Buchen. Ich erschrecke leicht, weil die ausgewachsenen, dünn gezeichneten Astlöchernarben wie Augen aussehen. Uraltes schaut, unbewegt. Der Wald ist ruhig, gleichmütig, ich fühle mich willkommen. Ich werde gesehen. Leise, im Dauerton, rauschen hoch oben die Blätter in den wie Algize aussehenden Kronen. Wie eine Meeresbrandung mit lang hin auslaufenden, feineren Wellen.

Dann schaue ich nach unten, betrachte die Wurzeln der großen Bäume. Manche sind wie Könige, haben ein Art Thron aus machtvollen Ranken, die tief in die nährende, tragende Erde greifen. Sie nehmen sich sanft ihre Nahrung, ihr Wasser, diese für mich energetisch hellgrün fühlbaren Baumriesen. Ich mag Buchen. Sie sind wie Elefanten, weise und stark.

Ich focussiere meinen Blick auf eine smaragdgrün bemooste Wurzel, in der sich eine kleine Schale befindet, ein ausgebrochenenes, rund geschliffenes braunschwarzes Loch, voll mit klaren Regenwasser. Ich lege eine kleine weiße Blüte hinein. Dann betrachte ich den silbergrauen Stamm der Buche, schaue nach oben, alter, stiller Freund, und betaste die aufgebrochenen Rindenstrukturen. Aus dem Unterholz duftet es so mulchig fruchtbar, nach dem letzten Regen vor ein paar Stunden ist es dort noch feucht.

Meine Hände sind meist nicht so deutlich, ich muß mich schon explizit konzentrieren. Erst wenn ich etwas bewusst berühre, wie die Rinde, werden sie auch realer, dann fühlt es sich wie Fleisch & Knochen an. Meine Füße sind nun ganz undeutlich, da weiß ich auch nicht, wie ich da mehr Festigkeit bewirken soll, ich denke, das entwickelt sich alles. Doch ich habe zumindest klare Gefühle von "stehen bleiben" mit Gewicht nach unten, wenn etwa ein Tier rasch heran kommt.

Angst habe ich keine, nur manchmal fühle ich mich wie ein Baby, es wird alles ein wenig eirig, wackelig in den Knien, und dann huscht die Sequenz fort. Ich finde, das ist ein ganz wichtiges Thema: Erdung - oder Erde - in diese Gefilde bringen.

Ich betrachte dann nochmal ausführlich das Unterholz, altes, totes, hellbraunes Laub, darinnen manchmal wetterzerbröseltes Bruchholz, ganze Stämme gar. Dann schaue ich in die Ferne, genieße die Weite, unterscheide die Silhouetten der Baumarten, die als Bänder sich in der Farbe ausbleichend nach hinten staffeln. Vor meinen Füßen der Waldweg ist leicht sandig, kommt von den abgebrochenen Hängen linker Hand, mit Steinchen und Stöckchen übersät, und macht einen weiten Bogen durch den wärmer werdenden Wald. Ich grüße nochmal meinen Lieblingsbaum, dann sehe ich schon die kleine hölzerne Brücke. Wasser duftet, rauscht aus der Ferne.

Der Bach ist hoch und quirlig nach dem Regen, lustig purzelt das kalte, klare Wasser über und in kleinen Fällen um die bemoosten, braungrauen Felsen herum. Hmm, wie frisch es duftet, und nun kommt die Sonne ganz heraus. Tiefblau der Himmel da, wo sie nicht steht. Ganz hoch oben, weit entfernt, ein ein sehr feines "Kriiii" machender Punkt. Adler! lächele ich. Gut so.

Ich untersuche nun die Holzbrücke, betrachte das nordische Schnitzwerk am Handlauf, die einfachst gearbeiteten Drachenköpfe an den Enden. Alles sehr stabil, Hartholz, keine Ahnung, welches, verzapft, auf Felsen gelegt, damit es nicht fault. Wer das gemacht hat, wusste, was er tat. Wie es geht. Und hält. Ich betrachte nochmal den Bach, sehe die kleinen Wasserfälle an den Felsen, die mit Kraut und Schilf bewachsenen Ufer. Singvögel konzertieren, Insekten schwirren, sirren, summen, zischen vorbei, ich sehe eine Hummel, witzig, wie ein schwarzgelber Lasthubschrauber en Miniature.

Auf der anderen Seite der Brücke geht es weiter, hohe Kiefern mit teilweise roten Stämmen bilden eine Art Tor. Es wird wärmer.
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