Religion und Wissenschaft

"Wir glauben nicht aufgrund der Wissenschaft, sondern weil wir an Jesus Christus glauben", hat Kardinal Schönbörn heute in einem Zib2 Interview, zum Turiner Grabtuch gesagt.

Wir, damit ist wohl die christliche Kirche gemeint, glauben nicht aufgrund der Wissenschaft ... Diese Aussage ist leider sehr unstimmig und unrund. Viele Schriftgelehrte und Kirchenväter haben sich mit der Frage des "Glaubens" auseinandergesetzt, wie etwa Klemens von Alexandrien und sind zum Schluss gekommen, dass die persönliche Erkenntnis zu Wissen führt, das dem Prinzip des Glaubens überlegen ist. Wissen steht über dem Glauben. Glauben kann zu etwas höchst Instabilem verkommen und verändert sich möglicherweise im Wandel der Zeit. In Situationen hoher Anspannung und Unsicherheit kann jeder Glaube zusammenbrechen, wenn er nicht von etwas Stabilem getragen wird.

Und was ist dieses Stabile? Wie schon gesagt, es ist die persönliche praktische Erfahrung. Und was ist praktische Erfahrung? Es ist nichts anderes und völlig vergleichbar mit dem Ausgang eines wissenschaftlichen Experiments! Deswegen ist es unerklärlich, warum die Kirche so einen Keil zwischen sich und der Wissenschaft treibt. Wissenschaft und wahre Religion widersprechen sich nicht im Geringsten!

Die wahre Religion bedient sich der Erkenntnisse der Wissenschaft, insbesondere jener Erkenntnisse, die persönlich überprüft und erfahren werden können. Diese Erfahrungen stehen weit über dem Glauben! In gleicher Weise sagte Sant Kirpal Singh einmal: "Sehen steht über allem!"

Nichts geht über die Experimente im Labor des eigenen physischen Körpers. Er ist der wahre Tempel. Über ihn machen wir spirituelle Erfahrungen und gelangen über das Körperbewusstsein ... und können so Gott erfahren. Ein Gott der nicht erfahrbar ist wäre ein reines Hirngespinst. Ein Glaube, der durch nichts gedeckt ist, ist ein Irrglaube, ein Hirngespinst.

Ob man nun an die Echtheit des Turiner Grabtuches glaubt oder nicht ist im Grunde irrelevant. Wahrscheinlich ist es für viele der materielle Beweis, dass Jesus wirklich existiert hat ... ein Stück Tuch an das man sich festklammert, weil der Glaube auf wackeligen Beinen steht (=> da keine praktische Erfahrung). Und auch wenn die Wissenschaft die Echtheit bestätigt, was hilft es UNS persönlich? Nicht wirklich viel. Erst wenn wir uns über das Körperbewusstsein erheben und Jesus persönlich gegenübertreten, werden wir WISSEN und glauben. Dass das schon zu Lebzeiten geht, wissen leider nur die Wenigsten. Wir sind nämlich unser ganzes Leben so sehr mit weltlichen Problemen und Belangen beschäftigt, dass wir dafür keine Zeit haben ... uns damit auch noch zu beschäftigen ... machen wir dann wenn wir in Pension sind ... oder so ähnlich :-)

Kommentare

Hallo TopperHarley

Hmmmm....interessant!

Doch dabei stellt sich von Grund auf eines der Grundprobleme dar. Die Erkenntnis, resp. die Gnosis des eigenen Inneren, steht laut Bibel in einem konträrem Gegensatz zum WAHREN Glauben, im orthodoxen Sinne der Kirchen und deren anhängenden Glaubensgemeinschaften.
Denn die Schlange im Paradies verkörpert den Verführer zur Frucht vom Baum der Erkenntnis.
Somit ist es für Klerus und Kirchenfunktionäre unbestreitbar als etwas "Übles" zu bewerten. Denn sie fordern PISTIS nicht GNOSIS.
Leider.
Doch ich persönlich meine dazu, dass in jedem Glaubenssystem eine eigene Gnosis zugrunde liegen muss um beständig sich an die Gegebenheiten des Lebens anpassen zu können. Denn "ES" ist allgegenwärtig....und einzig der WANDEL ist Beständig.
 
Hallo,

danke für deinen Beitrag!

Für mich sind eigentlich die Gnostiker die wahren Christen. Soweit ich das beurteilen kann haben sie an den ursprünglichen Lehren festgehalten, während der "Kirche-Mainstream" sich dem Druck der Herrscher, Machthaber und Kirchenvorsteher mehr oder weniger beugen musste, um bestehen zu können. Dadurch kam es zur Verfälschung der ursprünglichen Lehren, deren Geist und Wesen nicht unbedingt im Interesse der Machthaber (wie Kaiser Konstantin) stand. Gruppierungen die dennoch an den einstigen Prinzipien festhielten (Gnostiker, Häretiker) wurden verfolgt und bekämpft.

Wirklich eigenartig das mit dem "Baum der Erkenntnis von Gut und Böse" und was der Autor damit bezweckt? Geht wirklich in diese Richtung, wie du schreibst. 'Die' fordern PISTIS (Vertrauen, Glauben) ... was natürlich ohne GNOSIS (Erkenntnis, persönliche praktische Erfahrung) überhaupt keinen Sinn macht. Es kann zwar angebracht sein, so etwas wie ein Vorschuss-Vertrauen zu geben. Aber irgendwann müssen praktische Resultate her. Sonst war das alles nicht der Mühe wert.

Der große Irrglaube der Kirchenkleriker liegt ja darin zu meinen, der Mensch würde alleine durch sein Ableben Befreiung erlangen. In diesem Moment wird er zwar von seiner weltlichen Hülle befreit, aber er erlangt nicht die ewige Befreiung aus dem Rad der Wiedergeburten. Die Seele muss in der einen oder anderen Form zurückkehren und hat in der Regel keine Erinnerung mehr an ihre Präexistenz.

Die Seelen befinden sich in einem fortwährenden Kreislauf von Tod und Leben, also Wiedergeboren-werden. Und als Jesus sagte: "Wer mir nachfolgt, der wird nicht sterben!", da meinte er damit die Befreiung aus diesem beinahe ewigen Kreislauf. Nicht eher können wir Seelenruhe genießen. Die Paradiese (Himmel) der verschiedenen Glaubensrichtungen sind keine Orte dauerhafter Existenz und dauerhafter Glückseligkeit bzw. müssen wir sie zu gegebener Zeit, aufgrund unseres Karmas wieder verlassen.
 
Diese Einstellung der Kirche bewirkt leider auch, dass spirituelle Entwicklung nur eine untergeordnete Rolle spielt, denn jeder Mensch der an Gott glaubt erlangt nach dem Ableben Befreiung ... weil Gott ja ein Gott der Gnade ist. Deswegen kann sich Frömmigkeit und Scheinheiligkeit leichter durchsetzen. Nicht der ist "groß", der reich an spirituellen Erfahrungen ist, sondern jener, der die Sache nach außen hin gut vertreten kann ... ohne natürlich über innere Erfahrungen verfügen zu müssen.

Tatsächlich ist Gott auch ein Gott der Gnade, aber er respektiert die Gesetze der niederen Ebenen, also auch das Gesetz des Karma, das von bestimmten Kräften ins Leben gerufen wurde und für die Steuerung vieler vieler äußerer Vorgänge verantwortlich ist. Und das bedeutet: Das Göttliche greift grundsätzlich NICHT in diese Wirkungskräfte ein. Wir sind selbst für alles verantwortlich ... für alle unsere Taten ... für alle unsere Worte ... ja sogar für alle unsere Gedanken erhalten wir eine Abrechnung. In den verschiedensten Schriften ist auch vom "jüngsten Gericht" die Rede. Das gibt es wirklich. Wir kommen nach dem Ableben in Bereiche, die mit unserem Hintergrund übereinstimmen. So gibt es Bereiche des Himmels aber auch Bereiche der Höllen ... verschiedenster Arten und Ausprägungen ... eine sehr breite Vielfalt.

Ja, die Moral aus dieser Geschichte: Bemühe dich, solange die Sonne scheint (= solange du in diesem Bewusstsein bist)! Arbeitet an dir, wo du nur kannst. Rotte deinen Egoismus aus. Hilf anderen und beschäftige dich mit dir selbst. Entwickle ein Verlangen nach Heimkehr, Liebe und dem Göttlichen ... aber eben noch in diesem Leben. Das meint Jesus mit "ihm nachfolgen". Denn der Tod alleine bringt keine Befreiung!
 
Geben wir der Kirche ein wenig Nachhilfte durch ihre eigenen, ursprünglichen Lehrer, wie vom Format eines Origenes:

Er glaubte nicht einmal an die Auferstehung des Leibes. Die Evangelien sind nicht wörtlich zu nehmen, sagt er; wie soll man stoffliche Körper wieder zusammensetzen, deren sämtliche Bestandteile längst in andere Körper eingegangen sind? Zu welchem Körper gehören diese Moleküle? Da sieht man mal, bemerkt er höhnisch, in welche Tiefen des Unsinns der Mensch abzusteigen bereit ist, wenn er nur zu frommen Versicherungen wie, 'bei Gott ist nichts unmöglich', seine Zuflucht nehmen kann".

Quelle
 
Hab da gerade was geniales entdeckt von Clemens von Alexandrien, einem bedeutenden Kirchenvater. Was die Kirche wohl heute dazu sagen würde?

Wissen ist mehr als Glauben. Glauben ist nur die Kurzfassung von oberflächlichen Wahrheiten und eignet sich für Menschen, die es eilig haben. Aber Wissen ist wissenschaftlicher Glaube.
"Auch Origenes schreibt über den beliebten irrationalen Glauben, der zu dem führt was er "physisches Christentum" nennt, basierend auf der Geschichte der Evangelien, im Gegensatz zum spirituellen Christentum das von der Gnosis der Weisheit getragen wird. Über die Lehren, die auf den geschichtlichen Erzählungen beruhen sagt er: "Gibt es denn eine bessere Methode die Massen zu unterweisen?" Aber für jene die weise sind gibt es immer die höheren Lehren, die nur denen gegeben werden, die sich derer würdig erwiesen haben. Diese Lehren sind nicht verloren. Die Kirche hat sie verstoßen, indem sie die großen gnostischen Gelehrten hinausgeworfen hat."

aus Yogi Ramacharaka (1910): Mystik Christianity, Seite 93.
 

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