Meister Eckehart über die wahre Geburt

aus der Predigt 59; Meister Eckehart:

"... wenn diese Geburt eigentlich und lauter dort leuchten soll, und dein ganzes Wirken muss zum Erliegen kommen, und alle deine Kräfte müssen dem Seinen dienen, nicht dem Deinen. Soll dies Werk vollkommen sein, so muss Gott allein es wirken, und du musst es lediglich erleiden. Wo du aus deinem Willen und deinem Wissen wahrhaft ausgehst, da geht Gott wahrhaft und willig mit seinem Wissen ein und leuchtet da strahlend ... und er bringt (dann) alles das (wieder) mit sich herein, was du aufgegeben hast und tausendmal mehr ..."

"Willst du Gott auf göttliche Weise wissen, so muss dein Wissen zu einem reinen Unwissen und einem Vergessen deiner selbst und aller Kreaturen werden ..."

"Du möchtest gern zu einem Teil durch dich und zum andern Teil durch Ihn bereitet werden, was doch nicht sein kann. Du kannst nimmer so schnell an das Bereiten denken oder nach ihm begehren, dass Gott nicht schon vorher da wäre, auf dass der dich bereite. Angenommen aber nun, es sei verteilt: das Bereiten sei dein und das Einwirken oder Eingießen sei Sein, was gleichviel unmöglich ist, - so wisse (jedenfalls), dass Gott wirken und eingießen muss, sobald er dich bereit findet. Du darfst nicht wähnen, dass es mit Gott sei wie mit einem irdischen Zimmermann, der wirkt und nicht wirkt, wie er will; es steht in seinem Willen, etwas zu tun oder zu lassen, wie es ihn gelüstet. So ist es bei Gott nicht; wo und wann Gott dich bereit findet, muss er wirken und sich in dich ergießen; ganz so, wie wenn die Luft lauter und rein ist, die Sonne sich (in sie) ergießen muss und sich dessen nicht enthalten kann. Gewiss, wäre es ein großer Mangel an Gott, wenn er nicht große Werke in dir wirkte und großes Gut in dich gösse, dafern er dich so ledig und so bloß findet ..."

"... dass der Herr dem Volke entbot: 'Ich stehe vor der Tür, klopfend und wartend, ob jemand mich einlässt; mit dem will ich ein Abendmahl halten' (Geh. Offenb. 3, 20). Du brauchst ihn weder hier noch dort zu suchen, er ist nicht weiter als vor der Tür des Herzens; dort steht er und harrt und wartet, wen er bereit finde, dass er ihm auftue und ihn einlasse. Du brauchst ihn nicht von weither zu rufen; er kann es kaum erwarten, dass du (ihm) auftust. Ihn drängt es tausendmal heftiger nach dir als dich nach Ihm: das Auftun und das Eingehen, das ist nichts als ein Zeitpunkt."

Kommentare

Und dann kommt die Schwester und holt 3 mal täglich das Töpfchen ab?
Dafern ich in allen Dingen mich des meinen völlig entäußere und voller Hingabe an Gott da hinein gemacht habe, dann wird sie nur schwer widerstehen können, das gesunde Werk mit nach Hause zu nehmen, denn nicht soll ich begründen meine Gesundheit auf ein Tun, vielmehr soll ich begründen meine Gesundheit auf ein Sein und nicht meine Werke sollen mich gesund machen sondern ich sollte gesund Sein und gute Werke machen.

Der Meister ist nicht so schlecht, wie viele sagen. Ich glaub, er würde mir sogar einen kleinen Scherz verzeihen. Die Prinzipien nach denen diese Welt hier funktioniert, sind natürlich anders rum, klar, das ist ja nichts Neues.
 
Hallo Allegrah,

so wie ich es sehe, wird nichts weggestrichen.
Es verändert sich nur die inner Haltung zu den Dingen und auch zur Arbeit.
Wir reden hier von Eckehart, demnach auch von einer Methode, Art und Weise MIT Gott - sich also auch im Alltag nicht getrennt von ihm - zu fühlen und zu leben.
Wenn Gott keinen besonderen Stellenwert hat in meinem Leben, weil ich lieber alles aus meinem ICH heraus in Angriff nehme und manage; und mich in meinem Tun und Werken getrennt fühle von ihm, dann werde ich natürlich auch bei Eckehart auf Ungereimtheiten stoßen.

Beziehe ich aber Gott in mein Alltagsleben mit ein, dann verändert sich meine innere Haltung und dann verstehe ich': Mich des meinen zu enthalten in allen Werken als ein Öffnen hin zu Gott, der natürlich nur dann Sinn macht, wenn er über das leere Wort "Gott" hinaus auch eine "wirkende Kraft" repräsentiert, die dann durch das ICH wirkt.

So ist dann irgendwo zu lesen, so in der Art wie: "Wenn ich nichts für mich will, dann will Gott das allerbeste nur für mich."

Für mich ist eine derartige Haltung durchaus auch im alltäglichen Geschäftsleben denkbar, die auf lange sicht vieles zum Besseren wandeln würde. Und auch, wenn man diese innere Haltung noch nicht zu einer Vollendung gebracht hat, weil man eben noch auf dem Weg ist, kann man, sofern das Herz in diese Richtung geöffnet ist, bereits den Sinn erkennen.

Zeichengrenze
 
In meinem Buch von Eckehart, das ich da habe - und ich bin wirklich kein intensiver Student dieser Lehre - steht einleitend:

Wer diese Rede nicht versteht, der bekümmere sein Herz nicht damit. Denn solange der Mensch dieser Wahrheit nicht gleicht, solange wird er diese Rede nicht verstehen. Denn es ist eine unverhüllte Wahrheit, die da gekommen ist aus dem Herzen Gottes unmittelbar.

Und verstehe ich auch noch lange die gesamte lehre nicht, so verstehe ich doch diese Einleitung recht gut.

Klar hat ein Monk, der geschützt ist von seinem Orden und sich fortwährend in einem Zustand der Achtsamkeit bewegen kann, leichter reden und auch tun, als einer, der in der Welt steht und hin und her gerissen ist, zwischen Zwängen, Nöten und beruflichen wie auch privaten Verpflichtungen und Sorgen. Das ist auch mir klar. Aber die Essenz der Lehre verliert dadurch nichts an ihrer Bedeutung und Wahrhaftigkeit für mich. Auch wenn ich ihr selbt noch lange nicht gerecht werden kann. Gottvertrauen schließt Selbstvertrauen nicht aus, umgekehrt genau so wenig und natürlich glaube ich an die Realisierbarkeit im Alltag, denn darauf kommt es letztendlich an.

Nein, es wird nichts weggestrichen.
Es verändert sich nur die innere Haltung zu den Dingen und Taten.
Nach und nach und wahrscheinlich in den seltensten Fällen über Nacht.

Alles Gute Allerseits :-)
 
Noch was fällt mir ein.

So ist dann irgendwo zu lesen, so in der Art wie: "Wenn ich nichts für mich will, dann will Gott das allerbeste nur für mich."

Hier wird gerne argumentiert, dass das einem Abschieben der Verantwortung gleich kommt. Ich halse Gott die Verantwortung für mich und mein Treiben auf.

Dem wäre wohl auch so, wenn ich mich getrennt fühle von Gott, den ich mir in großer Ferne denke. Denn delegieren kann ich Verantwortung nur an etwas, das sich außerhalb von mir befindet.

Es gibt aber keine gesellschaftliche Verpflichtung, sich getrennt von Gott zu fühlen oder zu denken.
 
Ja, Gott is überall drinne, verwirklicht sich selbst, lebt sich selbst. Vielleicht. Mit 100%iger Sicherheit kann ich gar nix sagen, über Gott. Und dann gibt es eben noch den persönlichen Eigenwillen des Menschen, der in vielfältiger Weise zu Tage treten kann. Kooperativ oder auf totalen Abwegen. Mein Eigenwille z.B. kann durchaus die eine oder andere Lehre respektieren, die eine Hilfe sein kann, wenn man mal ein wenig zu weit aus der göttlichen Einheit und Harmonie gefallen ist.

Du sagst: Gott ist überall drinnen und lebt sich selbst.
Hat er dabei eine Absicht oder ist er Absichtslos?
Da bin ich mir nie ganz sicher.

Ja, auch die Tiere leben Gott, so wie die Gepardin, die für ihre Jungen sorgt und nicht viel nachdenkt, warum sie so oder so handelt.

Aber wir sind keine Tiere und Pflanzen mehr. Wir wissen, dass Gott sich durch uns verwirklicht und erkennen uns gleichzeitig als Persönlichkeiten in großer Vielfalt und oft auch großer Widersprüchlichkeit. Manche von uns sind sogar in einem großen Krieg gegeneinander, obwohl sich Gott durch alle verwirklicht und einige fühlen sich, als wären sie ein wenig vom Weg abgekommen und suchen danach, Zwiesprache zu halten mit dem Höchsten, um wieder zurück zu finden. Und manche von uns denken eben darüber nach, warum Gott so tut und wie wir dabei kooperativ mitwirken können. Und manche haben schon Bücher darüber geschrieben. Und wieder andere lesen sie. Warum nicht? Es gibt böseres auf der Welt, als Gedanken zu Gott aufzuschreiben und zu lesen.
 
Wir wissen, dass Gott sich durch uns verwirklicht
Ob wir das wirklich wissen, weiß ich natürlich nicht, aber ich weiß, wenn dem nicht so wäre, wäre das sehr schrecklich, denn dann wäre Gott in einer unerreichbaren Ferne und zwischen den Menschen gäbe es nicht viel Gutes. Nur noch persönliche Willkür und Gesetzestexte, die ein Zusammleben erträglicher machen sollen, doch nicht das geringste Anzeichen für einen gemeinsamen Nenner.
 
*ggggg* *rrrr* :D

Mal abgesehen davon, dass ich es sehr liebe, wenn alte Instinkte mich besser beraten als mein unzulänglicher Verstand :rolleyes: ist das schon richtig:

hat der Mensch ein Ich-Bewusstsein entwickelt. Der Eigenwille ist ein Attribut davon
Individuation ist ja auch ein wichtiges Element in der ganzen Evolutionsgschichte da, das würd ich nie bestreiten. Sogar ich hab schon ein wenig Individualität entwickelt - behaupten andere, ich weiß das ja nicht.

Mal angenommen ich habe mich zu der einzigartigen, wenn auch etwas einfälltigen Individualität (2x3)+(6:2)-(4x2) entwickelt und mich als solches erkannt. Etwas komplexere Individualitäten als ich eine bin, haben da möglicherweise noch jede Menge Stellen nach dem Komma und Wurzeln zum Quatrat drinnen, das mag schon sein. Ich bin ja nicht wirklich sehr aufwendig gestaltet, vom Gemüt her und auch nicht bewandert in Rechenangelegenheiten - hier im Forum gibt es ja wirklich richtige Mathematiker - aber als Beispiel dient es mir gut, zum Ausdruck zu bringen, worum es mir geht.

Mir geht es darum, mich als

(2x3)+(6:2)-(4x2)
1

erkennen zu dürfen und in mein Leben und Dasein auch diesen Nenner, diese 1 mit einzubeziehen und mich dazu zu bekennen, ohne von den Hexen des Märchenlandes verfolgt zu werden, nur weil seinerzeit meine Kirchenbrüder ihrerseits die Hexen verfolgt haben. :rolleyes:


Das ändert ja nix an meiner grandiosen Individualität Nr. (2x3)+(6:2)-(4x2). Nur ohne die 1 unter dem Strich bin ich ein Bruch ohne Nenner, da kann ich mir einreden solang ich will, was ich für eine tolle Zahl bin. Ich hoff, ich hab richtig gerechnet :lachen:

Auch hier vermag ich nicht zu widersprechen.

Das Universum ist mind, sagte Hermes Trismegistos.
Gott ist eine lebendige Intelligenz und an wenigen Tagen im Jahr darf ich geringfügig Anteil daran haben :D


 
@Goofy

du hast Recht, wer ist dazu heute (Anm. Selbstaufgabe) bereit? "Der Grat ist schmal und nur wenige können ihn gehen ..."

Am Anfang steht immer ein tiefes Verlangen nach dem Göttlichen, die Sehnsucht nach Liebe, Geliebtwerden und Heimkehr. Und in den versch. Schriften findest du Hinweise darüber, dass es dieser Art Hinwendung bedarf, damit das Göttliche den Prozess der Geburt "umkehren" kann.

Wenn du ein Verlangen nach Ihm hast, dann wird er alles in die Wege leiten. Im Indischen gibt es dazu die Aussagen: "Wenn du nur einen Schritt auf Gott zugehst, wird er dir tausend entgegenkommen."

"Wer ist heute dazu (Anm. für Gott; Selbstaufgabe) bereit?" Ich glaube, wie gesagt, dass es dieses grundsätzliche Verlangen geben muss, ohne das Er nicht eingreift. Hat er dieses Eingeständnis, dann wird er dich aus all den Verstrickungen befreien ... und das in einer ausgesprochen sanften Weise, über die Süße der Liebe. Wir meinen vielleicht wir müssten dies und jenes tun - und es gibt tätsächlich Dinge, die nur wir erledigen können - aber den Großteil der Arbeit macht sowieso Er. Das sagt ja auch Eckehart (es kann nicht sein, dass wir durch einen Teil durch uns selbst bereitet werden).

Diese "Selbstaufgabe" geht auch nicht von heute auf morgen. Sie ergibt sich langsam aus direkten praktischen Erfahrungen, wo das Göttliche dich mit Sanftheit und Liebe so beglückt, dass dein Herz vor Freude nur so hüpft und du dir nichts sehnlicher wünschst, als tiefer in diese Freude einzutauchen. Wir meinen heute, dass aller Reichtum im Materiellen liegt, aber das ist ein trügerischer Irrtum. Aller wirklicher Reichtum liegt bei Gott, und er sehnt sich sehr danach, diesen mit uns zu teilen.

lg
Topper
 
Das Göttliche hat es wirklich nicht leicht uns davon zu überzeugen :) Aber das muss Es aber wohl, weil unsere Seelen schon seit Äonen von Zeitaltern im Rad der Wiedergeburt umherwandern, und wir nur mehr das für Wirklichkeit halten, was wir über die 5 Sinne wahrnehmen. Meister Eckehart bezeichnet deswegen die 5 Sinne auch als die 5 Diebe. Die gesamte Seelenenergie fließt heute über die versch. Körperöffnungen nach außen ... und solange uns kein Mittel gegeben wird diesen Prozess umzukehren sind wir die Sklaven des Herrschers der Materie. Jeder der meinte, es wäre ausreichend Gott in dieser Welt zu erkennen, wird ebenso Sklave bleiben. Jeder der meinte, er wäre doch schon Gott und es bräuchte nichts weiter geschehen ... ist ebenso töricht und Sklave.

Wir haben jede nur erdentliche Hilfe nötig ... aber das widerspricht dem Prinzip selbst die Kontrolle über alles zu haben.

lg
Topper
 

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TopperHarley
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